Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Januar 2007
Aktenzeichen: 6 W (pat) 55/02

(BPatG: Beschluss v. 30.01.2007, Az.: 6 W (pat) 55/02)

Tenor

Die Beschwerde der Einsprechenden wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Patent 42 34 844 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten wird:

Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Beschluss der Patentabteilung 1.12 vom 8. Mai 2003, Seite 3.

Gründe

I.

Die Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat im Einspruchsverfahren das am 15. Oktober 1992 angemeldete und am 27. Februar 1997 veröffentlichte Patent 42 34 844 mit Beschluss vom 8. Mai 2002 dem Tenor nach beschränkt aufrechterhalten.

Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Dämpfungsvorrichtung für linear geführte, gegenseitig bewegbare Maschinenteile (101, 104), von denen das erste Maschinenteil (101) mit einer Führung (3) und das zweite Maschinenteil (104) mit einem auf der Führung (3) rollend bewegbaren Wälzkörperlager (103) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Dämpfungsschlitten (5) vorgesehen ist, der zwei gegeneinander begrenzt bewegliche Dämpferteile (1, 2) aufweist, von denen das erste Dämpferteil (1) mit dem zweiten Maschinenteil (104) verbunden ist und das zweite Dämpferteil (2) mit einem zugehörigen, auf der Führung (3) rollend bewegbaren Wälzkörperlager (4) verbunden ist, wobei die beiden Dämpferteile (1, 2) zwischen sich einen Dämpfungsspalt (6) bilden, in welchem im Betrieb unverlierbares, fließfähiges, einen Drosseleffekt ausnutzendes Dämpfungsmedium angeordnet ist.

Hinsichtlich des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche 2 bis 18, sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Patentschrift bzw. auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften berücksichtigt:

DE 37 42 965 A1 US 45 29 255 A US 30 58 559 A EP 03 91 072 A1.

Die Einsprechende hat ihren Einspruch argumentativ ausschließlich auf die nachveröffentlichte DE 42 19 340 A1 unter Erwähnung der EP 06 46 223 B1, die die Priorität der DE 42 19 340 A1 in Anspruch nimmt, gestützt. Daneben hat sie in ihrem Einspruchsschriftsatz pauschal auf weiteren Stand der Technik in Form der Entgegenhaltungen E7 bis E40 hingewiesen, "insbesondere für den Fall, dass die Patentinhaberin im Lauf des Einspruchsverfahrens geänderte Ansprüche vorlegen sollte ..." ohne inhaltlich allerdings auf die Entgegenhaltungen in irgendeiner Weise einzugehen. Weder in ihrem schriftlichen Vortrag im Einspruchsverfahren noch in den Schriftsätzen des Beschwerdeverfahrens und auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist eine dieser Entgegenhaltungen von ihr aufgegriffen worden. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird daher auf den Einspruchsschriftsatz vom 27. Mai 1997, Seite 11, verwiesen.

Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen den Beschluss der Patentabteilung vom 8. Mai 2002. Sie stützt sich ausschließlich auf die Dämpfungsvorrichtung nach der DE 42 19 340 A1, von der sie behauptet, diese nehme eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents neuheitsschädlich vorweg.

Die Einsprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent 42 34 844 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde insoweit zurückzuweisen, dass das Patent DE 42 34 844 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten wird:

Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie angefochtener Beschluss.

Sie begründet ihren Antrag damit, dass aus der DE 42 19 340 A1 eine Dämpfungsvorrichtung mit den Merkmalen nach Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht hervorgehe, insbesondere keine Vorrichtung offenbare, bei der die beiden Dämpferteile zwischen sich einen Dämpfungsspalt bilden, in welchem im Betrieb unverlierbares, fließfähiges, einen Drosseleffekt ausnutzendes Dämpfungsmedium angeordnet sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen über die Beschlussformel hinausgehenden Erfolg.

Der Senat hatte über die geltenden Patentansprüche zu entscheiden, so dass dahingestellt bleiben kann, inwieweit die Tenorierung des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft ist.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von der ursprünglichen erteilten Fassung - zum Einen durch das Merkmal, "... von denen das erste Dämpferteil (1) mit dem zweiten Maschinenteil (104) verbunden ist und das zweite Dämpferteil (2) mit einem zugehörigen, auf der Führung (3) rollend bewegbaren Wälzkörperlager (4) verbunden ist ..., sowie - zum Anderen durch Aufnahme des Merkmals, wonach das Dämpfungsmedium einen Drosseleffekt ausnutzt.

In der ursprünglichen Beschreibung (vgl. S. 5, 2. Satz nach der Figurenaufzählung) und in der Patentschrift (vgl. Spalte 3, Z. 64 - 65) ist der Aufbau der Dämpfungsvorrichtung in zutreffender Weise beschrieben, mit dem Wortlaut:

"Das erste Dämpferteil l ist mit einem Tisch 104 fest verbunden, während das zweite Dämpferteil 2 mit dem Rollenumlauflager 4 einstückig verbunden ist".

Gleichzeitig ist im Oberbegriff aller Fassungen des Patentanspruchs 1 das erste und zweite Maschinenteil jeweils zutreffend und mit Positionsnummer bezeichnet. Daraus wird offensichtlich, dass im Kennzeichen des ursprünglichen bzw. des erteilten Patentanspruchs 1 erkennbar zwar die richtige Angabe des Maschinenteils mit der Positionsnummer 104 getroffen wird, allerdings mit der unrichtigen Ordnungszahl "ersten".

Das weitere Merkmal, wonach das Dämpfungsmedium einen Drosseleffekt ausnutzt, ist in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 8 oben bzw. in der DE 42 34 844 C2, Sp. 5, Zeile 16 offenbart.

Die Patentansprüche 2 bis 18 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen. Sie enthalten z. T. sprachliche Veränderungen, die aber im Umfang der ursprünglichen Offenbarung liegen.

Die Zulässigkeit des Einspruchs wurde im Übrigen auch von keiner Seite angezweifelt.

2. Der Patentgegenstand ist patentfähig nach §§ 1 bis 5 PatG.

a. Die gewerblich anwendbare Dämpfungsvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 ist neu.

Die nachveröffentlichte DE 42 19 340 A1 offenbart mehrere unterschiedliche Ausführungsformen, die in Übereinstimmung mit der streitpatentgemäßen Vorrichtung Dämpfungsvorrichtungen für linear geführte, gegenseitig bewegbare Maschinenteile 10, 30, von denen das erste Maschinenteil 10 mit einer Führung 12 und das zweite Maschinenteil 30 mit einem auf der Führung 12 rollend bewegbaren Wälzkörperlager 18a verbunden ist, zeigen.

Im Ausführungsbeispiel nach der Figur 4 offenbart die DE 42 19 340 A1 zusätzlich, dass ein Dämpfungsschlitten vorgesehen ist, der zwei gegeneinander begrenzt bewegliche Dämpferteile 236, 18a aufweist, von denen das erste Dämpferteil 236 mit dem zweiten Maschinenteil 30 verbunden ist und das zweite Dämpferteil 18a mit einem zugehörigen, auf der Führung 12 rollend bewegbaren Wälzkörperlager (in der Figur 3 mit Bezugszeichen 22) verbunden ist, wobei die beiden Dämpferteile 18a, 236 zwischen sich einen Dämpfungsspalt 234 bilden, in welchem im Betrieb unverlierbares Dämpfungsmedium angeordnet ist.

Laut der Figurenbeschreibung handelt es sich bei dem im Dämpfungsspalt befindlichen Dämpfungsmedium um eine haftvermittelnde Schicht, bspw. um eine Kleberschicht oder eine vulkanisierte Gummischicht. Dieses, im Dämpfungsspalt befindliche Dämpfungsmedium ist unter der Bezeichnung "Zwischenschicht" zusätzlich auch im Anspruch 9 der DE 42 19 340 A1 aufgeführt. Im, auf den Anspruch 9 rückbezogenen Anspruch 17 wird darüber hinaus ausgeführt, dass es sich bei dem im Dämpfungsspalt befindlichen Dämpfungsmedium - respektive der Zwischenschicht - auch um eine Flüssigkeit, wie z. B. hochviskoses Öl handeln kann.

Insoweit es sich bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 9 innerhalb des Dichtrings 755 tatsächlich um fließfähiges Dämpfungsmedium handelt, wird daraus zumindest dessen Wirkungsweise in Bezug auf die Dämpfung soweit klar, dass ein Drosseleffekt nicht auftritt. Aufgrund des in die Ringnut 754 eingelegten, rundum geschlossenen Dichtrings 755 sowie fehlender anderweitiger Öffnungen, kann nämlich ausgeschlossen werden, dass eine bauliche Gestaltung ausgeführt ist, aufgrund der das darin befindliche Dämpfungsmedium einen Drosseleffekt für diese Dämpfungsarbeit ausnutzen könnte.

Auch die weiteren in der DE 42 19 340 A1 beschriebenen Ausführungsformen zeigen nur Dämpfungsvorrichtungen, die nicht über alle Merkmale der streitpatentgemäßen Vorrichtung verfügen.

Insofern ist die Dämpfungsvorrichtung mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 neu gegenüber Ausführungsformen, wie in der DE 42 19 340 A1 offenbart.

Dies gilt in gleicher Weise für die EP 06 46 223 B1, die inhaltlich nicht über die DE 42 19 340 A1 hinausgeht.

Von den übrigen im Prüfungs- und Einspruchsverfahren berücksichtigten Druckschriften zeigt keine eine Dämpfungsvorrichtung mit einem, einen Drosseleffekt ausnutzenden Dämpfungsmedium, zusammen mit den restlichen im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmalen.

b. Die Dämpfungsvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die in der nachveröffentlichten DE 42 19 340 A1 gezeigte Dämpfungsvorrichtung wird als Stand der Technik nach § 3, Abs. 2 PatG nicht bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit berücksichtigt.

Demgegenüber liegen die Dämpfungsvorrichtungen nach den restlichen, im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften deutlich weiter ab und sind weder für sich noch in Zusammenschau geeignet, eine Dämpfungsvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruch 1 nahe zu legen.

Patentanspruch 1 ist daher bestandsfähig.

Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 18 erfüllen die an rückbezogene Patentansprüche zu stellenden Anforderungen und sind damit ebenfalls bestandsfähig.






BPatG:
Beschluss v. 30.01.2007
Az: 6 W (pat) 55/02


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