Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2009
Aktenzeichen: 24 W (pat) 90/08

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2009, Az.: 24 W (pat) 90/08)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patentund Markenamts vom 30. Mai 2007 und vom 7. August 2008 insoweit aufgehoben, als die angemeldete Marke für die Waren und Dienstleistungen

"Verkaufsautomaten; wissenschaftliche Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, technologische Forschungsarbeiten; Forschungen auf dem Gebiet der Technik; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten"

zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 13. November 2006 angemeldete Wortmarke Kraftmeier ist für folgende Waren und Dienstleistungen bestimmt: "Klasse 7: Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge); Kupplungen und Vorrichtungen zur Kraftübertragung

(ausgenommen solche für Landfahrzeuge); Generatoren (elektrisch), insbesondere zur Erzeugung von Wechselstrom; Antriebsmaschinen für Generatoren; Elektrogeneratoren; Wassererhitzer (Maschinenteile); Motorenteile, insbesondere Kraftstoffpumpen und Kraftstoffvorwärmer; Kühler für Motoren; Maschinen zur Erzeugung von elektrischem Strom; Stromerzeugeraggregate; Notstromaggregate; Notstromgeneratoren; Pumpen (Maschinenoder Motorenteile); Pumpen für Heizungsanlagen; Regler (Maschinenteile); Wärmeaustauscher (Maschinenteile);

Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Verkaufsautomaten; Akkumulatoren (elektrisch); Akkumulatorenkästen; Anzeigegeräte (elektrisch); elektronische Anzeigetafeln; Kabel (elektrisch); Messgeräte für elektrische Größen; Netzanschlussgeräte (elektrisch); Netzeinspeisevorrichtungen (elektrisch); Schaltgeräte (elektrisch); Schalttafeln (Elektrizität); Solarzellen (elektrisch); Spannungswandler (elektrisch); Umwandler; Überspannungsschutzgeräte; Wärmemessgeräte; Zähler;

Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Kühl-, Lüftungsund Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Brenner; Druckwasserspeicher; Luftfilter (Klimatisierung); Filter (Teile von häuslichen oder gewerblichen Anlagen); Heißwassergeräte; Heizgeräte (elektrisch); Heizgeräte für feste, flüssige oder gasförmige Brennstoffe; Heizkessel; Heizungen; Warmwasserheizungsanlagen; Heizungsanlagen; Heizkessel; Kühlanlagen und Maschinen; Kühlapparate und Anlagen; Luftkühlgeräte; Wasserleitungsanlagen; Wärmepumpen; Solarkollektoren (Heizung); Wärmespeicher; Wärmerückgewinner; Wärmetauscher; Warmwasserbereiter (Apparate); Blockheizkraftanlagen;

Klasse 37: Bauwesen, Installationsarbeiten; Schachtoder Brunnenbohrungen; Wartung und Reparaturen von Heizungsanlagen; Wartung, Installation und Reparatur von Stromerzeugungsanlagen; Entstörung in elektrischen Anlagen; Installation und Reparatur von Heizungen;

Klasse 40: Erzeugung von Energie; Vermietung von Generatoren; Vermietung von Solarzellenanlagen zur Stromerzeugung; Vermietung von Blockheizkraftwerken;

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten; Bauberatung; Dienstleistung von Ingenieuren; Forschungen auf dem Gebiet der Technik; Konstruktionsplanung; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; technische Projektplanungen; Erstellung von technischen Gutachten; Beratung auf dem Gebiet der Energieerzeugung".

Seitens der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der 2 Blatt Internetausdrucke beigefügt waren, in einem ersten Beschluss vom 30. Mai 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Der ursprünglich personengebundene Begriff "Kraftmeier" als umgangssprachliche Bezeichnung eines leistungsstarken, kraftvollen, belastbaren Menschen werde auch in Bezug auf Sachen verwendet, um zum Ausdruck zu bringen, dass diese besonders leistungsfähig sind bzw. aus Einzelkomponenten zu einer kraftvollen, leistungsstarken Einheit zusammengestellt werden. Es handele sich um einen für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres verständlichen berühmenden Hinweis auf Kraftentfaltung und Leistungsfähigkeit. Dem Beschluss waren weitere Belege aus dem Internet (14 Blatt) und aus einem Beitrag in einer Fachzeitschrift (2 Blatt) beigefügt.

Der Anmelder hat Erinnerung eingelegt und u. a. beanstandet, dass die zusätzlichen Belege erst zusammen mit dem Beschluss der Markenstelle übermittelt worden sind. Diese Verfahrensweise verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und gebiete die Erstattung der Erinnerungsgebühr.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung, unter Zurückweisung des Antrags auf Rückzahlung der Erinnerungsgebühr, mit Beschluss vom 7. August 2008 zurückgewiesen. "Kraftmeier" sei ein dem Verkehr geläufiger Begriff der Umgangssprache, der in Bezug auf so beworbene Waren lediglich darauf hinweise, dass diese durch besondere Kraftentfaltung und Leistungsfähigkeit ausgezeichnet seien; bezüglich der Dienstleistungen werde angezeigt, dass diese entweder für derartige Waren bestimmt seien oder von besonders kräftigen Männern erbracht würden. Der Verkehr verstehe die angemeldete Bezeichnung in erster Linie als werbemäßige Anpreisung, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft, zumal die Bezeichnung "Kraftmeier" in der betroffenen Branche bereits tatsächlich in Gebrauch sei. Einer Monopolisierung stehe somit auch das Interesse der Allgemeinheit an einer freien Verwendung entgegen. Eine schutzbegründende begriffliche Unbestimmtheit folge nicht daraus, dass der angemeldete Begriff nicht nur in einem positiven Sinn, sondern auch negativ bzw. abwertend verstanden werden könne. Werbeaussagen würden häufig in ironisierender und humoristischer Form übermittelt, was gerade zur Einprägsamkeit beitrage.

Eine Rückzahlung der Erinnerungsgebühr sei nicht geboten, da der Anspruch des Anmelders auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sei. Die dem ersten Beschluss beigefügten (weiteren) Internet-Ausdrucke seien nur ergänzend zu der ansonsten selbständigen Begründung der Entscheidung herangezogen worden.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt, mit der er bei sachund interessengerechter Auslegung die Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle vom 30. Mai 2007 und vom 7. August 2008 sowie die Eintragung der angemeldeten Marke für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen erstrebt. Eine -zunächst angekündigte -Begründung ist nicht zur Gerichtsakte gelangt.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist nur teilweise, bezüglich der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen, begründet; im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Für die Mehrzahl der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen (d. h. die im Tenor nicht aufgeführten) entbehrt die Bezeichnung "Kraftmeier" jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 29 -Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 -STREETBALL; GRUR 2009, 952, Nr. 9 -DeutschlandCard). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jedes der beanspruchten Produkte und Angebote zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.).

Der Senat folgt der Beurteilung der Markenstelle, dass "Kraftmeier" in Bezug auf technische Geräte und Dienstleistungen als sachbezogene werbliche Anpreisung, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem (einzigen) Geschäftsbetrieb verstanden wird. Der in seiner ursprünglichen Bedeutung meist negativ besetzte Wortsinn (jemand, der seine Körperkraft vor anderen in angeberischer Weise zur Schau stellt) wird durch die als witzig verstandene Übertragung auf das Gebiet der Warenwirtschaft usw. verfremdet und ins Positive gewendet. Dass der Begriff "Kraftmeier" sich auf dem hier maßgeblichen Produktsektor (ebenso wie für Kraftfahrzeuge) als Werbeschlagwort eignet, zeigen zudem die von der Markenstelle im patentamtlichen Verfahren belegten Beispiele einer tatsächlichen Verwendung hinreichend deutlich auf.

Für sämtliche technischen Geräte und Maschinen in den hier betroffenen Klassen 7, 9 und 11 kommt dem Begriff "Kraft" -sei es als allgemeiner Hinweis auf Leistungsstärke und Robustheit, sei es als Bestimmungsangabe in Bezug auf die Erzeugung, Speicherung und Übertragung von (z. B. elektrischer) Energie besondere Bedeutung zu. Das Wort "Kraftmeier" weist daher, ohne glatt beschreibend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu sein, jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug zu den betreffenden Waren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 48). Entsprechendes gilt für technische Dienstleistungen aller Art, wie sie hier in den Klassen 37 und 40 sowie teilweise in Klasse 42 beansprucht werden (ohne dass es allerdings naheliegt, dass diese -wie der Erinnerungsbeschluss angenommen hat -von "besonders kräftigen Männern" erbracht werden müssten).

2.

Eine andere Beurteilung ist demgegenüber für die in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen geboten, da "Kraftmeier" insoweit weder eine Produktmerkmalsangabe (i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) verkörpert noch des erforderlichen Maßes an betriebskennzeichnender Hinweiskraft (nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entbehrt. Bei einer Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für "Verkaufsautomaten" liegt ein enger beschreibender (Sach-)Bezug nicht nahe. Da der Begriff "Kraftmeier" naheliegenderweise mit körperlicher Stärke in Verbindung gebracht wird, ergibt sich zu -notwendig geistigen -Dienstleistungen auf den Gebieten der Wissenschaft und Forschung, auch soweit diese sich auf technische Anwendungen beziehen, keine auf der Hand liegende Verbindung. Bei der Dienstleistung "Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten" ist keinerlei Bezug zum Markenwort ersichtlich.

3.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Entscheidung des Erinnerungsbeschlusses richtet, die beantragte Rückzahlung der Erinnerungsgebühr abzulehnen, bleibt sie ohne Erfolg. Es stellte keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Anmelders (gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG) dar, dass dem eingehend -auf sieben Seiten -gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 MarkenG selbständig begründeten Erstbeschluss zusätzliche Belegstellen (überwiegend aus dem Internet) zur tatsächlichen Verwendung des Markenworts beigefügt waren, auf die lediglich an einer Stelle durch den in Klammern stehenden Hinweis "siehe Anlagen" Bezug genommen wurde.

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BPatG:
Beschluss v. 10.11.2009
Az: 24 W (pat) 90/08


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