Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 22. April 2004
Aktenzeichen: 2-3 O 341/03

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 22.04.2004, Az.: 2-3 O 341/03)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrem Vorstandsvorsitzenden, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die zugunsten der Klägerin geschützte Bezeichnung "fplaner" also sog. Second Level Domain unterhalb jeglicher Top Level Domain (d. h. .de, .com, .org, .net etc.) für Angebote im Internet zu benutzen oder benutzen zu lassen, die im Bereich der Veranstaltungs- und Eventplanung oder als redaktionell aufbereitetes Informationsangebot zum Abruf bereitgestellt werden.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der unter vorstehender Ziff. I bezeichneter Handlungen sowie über den Umsatz ihrer Geschäfte über die Internetpräsenz unter der Domain "e.net" sowie der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, ihren Erscheinungszeitpunkten und ihrer Auflagenhöhe sowie über die Anzahl der Besucher auf den Seiten unter der vorgenannten Domain sowie die Anzahl der Seitenabrufe Auskunft zu erteilen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziff. I bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftighin entstehen wird.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt unter dem Gesellschaftsnamen "fplaner.de GbR" die Domain "fplaner.de". Sie betreibt im Internet unter der Second-Level-Domain "fplaner.de" unterhalb der Top-Level-Domain ".de" seit dem 01.05.2002 ein überwiegend werbefinanziertes regionales Event- und Veranstaltungsportal für die Region der Stadt S in Nordrhein-Westfalen mit zahlreichen zusätzlichen Dienstleistungen und insbesondere redaktionellen Inhalten (z. B. Forum, Chat usw.).

Die Beklagte betreibt unter der URL "www.....net" ebenfalls ein Veranstaltungsportal für die Region Soest. Ferner auf die Beklage registriert sind die Domains Afplaner.com{a}, "fplaner.net" sowie "fplaner.org", welche bei ihrem Aufruf automatisch auf die URL "www.....net" weiterleiten.

Der Beklagte ist das Internetportal der Klägerin bekannt.

Mit Schreiben vom 10.06.2003 forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, die Weiterleitung zu beseitigen und eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Im Herbst 2003 hat die Beklagte die streitgegenständlichen Domains auf die Fa. U T in Hongkong übertragen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Zeichenfolge "fplaner" genieße als Geschäftsbezeichnung Schutz. Diese weise auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf.

Ferner behauptet sie, aufgrund der geringen Anzahl von Usern Nachteile im Rahmen von Werbevertragsverhandlungen zu erleiden.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, bei "fplaner" handele es sich um eine beschreibende Angabe. Dieser Begriff sei in der neueren Umgangssprache gerade nicht nur für Angebote der Klägerin bekannt. Hierbei handele es sich um eine Gattungsbezeichnung für eine Übersicht über diverse Veranstaltungen. Demgemäß könnten die Nutzer des Internets auf eine Vielzahl von Fetenplanern zurückgreifen, ohne dass sie zwischen den verschiedenen Angeboten unterscheiden würden.

Gründe

Die Klage ist begründet.

I.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 5 II S. 1, 15 II, IV MarkenG zu.

Nach §§ 5 II 1, 15 II, IV MarkenG kann der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung denjenigen auf Unterlassung in Anspruch nehmen, der die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise nutzt, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

Ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist danach zu beurteilen, welchen Gesamteindruck die beiderseitigen Bezeichnungen im Verkehr erwecken. Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit des Vergleichszeichens mit der geschützten geschäftlichen Bezeichnung, der Branchennähe der Parteien und der Kennzeichnungskraft der geschützten geschäftlichen Bezeichnung. Die vorgenannte Wechselwirkung bewirkt u. a., dass das hochgradigere Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringerer Grad der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 15 Rn. 50 m. w. N.).

Bei der Bezeichnung "fplaner" handelt es sich um die unterscheidungskräftige, schlagwortartige Geschäftsbezeichnung der Klägerin, welche den Gesellschaftsnamen "fplaner.de GbR" führt.

Unterscheidungskraft kommt einer Kennzeichnung dann zu, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft dürfen nicht zu hoch geschraubt werden. Eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder durch Heraushebung aus der Umgangssprache, ist nicht vorausgesetzt. Vielmehr reicht es, dass eine beschreibende Verwendung nicht feststellbar ist (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 5 Rn. 36).

Entgegen der Ansicht der Beklagte liegt bei der Bezeichnung "fplaner" insoweit keine rein beschreibende Angabe vor, denn der gewählte Begriff erschöpft sich nicht in einer beschreibenden Wiedergabe des Gesellschaftsgegenstands der Klägerin. Bei dem zusammengesetzten Begriff "fplaner" handelt es sich nicht um einen stehenden Begriff der neueren Umgangssprache mit einem klaren Bedeutungsgehalt, den der Verkehr lediglich als Hinweis auf die von dem betreffenden Unternehmen angebotene Dienstleistung versteht. Der erste Teil "F" weist zwar beschreibend auf eine Party, Feier bzw. Veranstaltung hin, dem Begriff "Planer" kommt die Bedeutung von Plänemacher, Ordner, Organisator zu. Jedoch verbindet der Verkehr mit der streitgegenständlichen Gesamtbezeichnung nicht eindeutig einen bestimmten Begriff. Wer im Internet "fplaner" anklickt, wird zum einen erwarten, was die Klägerin u. a. auch bietet, nämlich einen Veranstaltungs- und Eventkalender, d. h. eine Übersicht über soziokulturelle Veranstaltungen/Events in einer Stadt/Region sowie ggf. auch Veranstaltungsberichte. Doch ist dieser Bedeutungsgehalt des Wortes "Fplaner" nur einer von mehreren möglichen. So kann der Verkehr unter dem fraglichen Begriff auch ein Dienstleistungsangebot für Planung oder Catering von Feiern erwarten. Schließlich bietet die Klägerin unter der Bezeichnung "fplaner" auch noch weitere Dienstleistungen und redaktionell aufbereitete Inhalte an wie etwa z. B. Partyfotos, Chat, Forum. Da der angesprochene Verkehr im Hinblick auf die streitgegenständlichen Geschäftsbereiche keine Anhaltspunkte dafür hat, in welchem Sinne die Bezeichnung verstanden werden soll, scheidet eine rein beschreibende Verwendung aus.

Diese Mehrdeutigkeit des Domainnamens spricht gegen die Annahme einer rein beschreibenden Angabe sowie gegen die Bejahung eines Freihaltebedürfnisses. Denn der Verkehr ordnet eine mehrdeutige Abkürzung in Ermangelung einer klaren Aussage eher nicht als beschreibend ein (BGH GRUR 1997, 468 (469) - NetCom; OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 226 (227) - Berlin location).

Fehlt dem Begriff "fplaner" aber ein klarer Bedeutungsgehalt, kann ihm eine hinreichende, wenn auch - da an beschreibende Begriffe angelehnt - schwache namensmäßige Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Denn in "fetenplaner" ist ungeachtet der angesprochenen Mehrdeutigkeit eine willkürliche Kombination zweier verwandter Begriffe (Fete und Planer) zu erblicken, die zwar beide - deskriptiv auf das Tätigkeitsgebiet des betreffenden Unternehmens hinweisen, die aber in einem sich nicht in der beschreibenden Angabe erschöpfenden Schlagwort zusammengefasst sind.

Da der Bezeichnung "fplaner" mangels klarer Zuordnung zu einem erkennbaren Begriff eine gewisse originäre Unterscheidungskraft zukommt, ist auch ein schützenswertes Interesse des Verkehrs an einer Freihaltung dieser Bezeichnung zu verneinen.

Der Domainname der Klägerin www.fplaner.de ist mit den von der Beklagten verwendeten URLs "www.fplaner.com", "www.fplaner.com" sowie "www.fplaner.org" identisch. Die unterschiedlichen Top-Level-Domains (.net, .com und .net) sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Aufgrund dessen sind die Bezeichnungen verwechslungsfähig. Im Hinblick auf die Branchenidentität der von den Parteien angebotenen Dienstleistungen unter den streitgegenständlichen Domains - beide betreiben ein Veranstaltungsportal für die Region S, welches sich primär an ein eventinteressiertes junges Publikum richtet - besteht auch Verwechslungsgefahr.

Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der in der Vergangenheit begangenen Kennzeichenverletzung zu vermuten. Ihre Ausräumung ist nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung möglich. Dass die Beklagte die streitgegenständlichen Domains im Herbst 2003 auf die Fa. U T in Hongkong übertragen hat, genügt nicht. Denn hierdurch ist nicht jede Wahrscheinlichkeit beseitigt, dass die Beklagte die beanstandeten Domain-Namen erneut übernimmt oder unter einer anderen Top-Level-Domain neuerlich verwendet (Ingerl/Rohnke, a. a. O., vor §§ 14 - 19 Rn. 54 f).

II.

Des Weiteren steht der Klägerin gegen die Beklagte ein gewohnheitsrechtlich anerkannter Auskunftsanspruch als Hilfsanspruch zur Durchsetzung ihrer kennzeichenrechtlichen Ersatzansprüche zu, § 242 BGB:

Der Verletzter schuldet Auskunft, wenn und soweit erforderlich, um den Verletzten die Prüfung zu ermögliche, ob und in welcher Höhe ein Ersatzanspruch besteht, es sei denn, die Auskunftserteilung ist ausnahmsweise unzumutbar (BGH GRUR 1995, 50 (53) - Pizza & Pasta).

Vorliegend sind die Voraussetzungen eines Ersatzanspruchs der Klägerin aus entgangenem Gewinn dem Grunde nach gegeben und ein ersatzfähiger Schaden zumindest wahrscheinlich. Die Auskunftserteilung ist zur Prüfung und Berechnung eines Ersatzanspruchs der Klägerin erforderlich und der Beklagten angesichts der begangenen Rechtsverletzung zuzumuten. Es bestehen auch keine Bedenken an dem verlangten Auskunftsumfang, wobei die Angaben sich auf den gesamten Verletzungszeitraum zu erstrecken haben.

III.

Auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch ist begründet, § 15 V MarkenG.

Wie in allen Schutzrechtssachen bejaht die Rechtsprechung auch bei Kennzeichenverletzungen das für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) schon bei entfernter Möglichkeit eines noch so ungewissen Schadenseintritts (BGH GRUR 1972, 180 (183) - Cherie). Auch die als Begründetheitsvoraussetzung für den Feststellungsausspruch erforderliche Wahrscheinlichkeit eine Schadenseintritts ist jedenfalls bei Verletzung benutzter Kennzeichen - wie hier - gegeben, denn es ist nicht auszuschließen, dass der Klägerin durch die Benutzung ihres Kennzeichenrechts seitens der Beklagten Werbeeinnahmen entgangen sind.

Schließlich ist auch ein schuldhaftes Handeln der Beklagten zu bejahen. Dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin zufolge war der Beklagten das Internetportal der Klägerin bekannt und damit die Identität der von ihr registrierten Domain mit dem Geschäftskennzeichen der Klägerin; bei demgemäß zumindest erkennbar unklarer Rechtslage durfte sie jedoch das Kennzeichenrecht der Klägerin nicht ohne vorherige rechtliche Klärung in Frage stellen, ohne sich dem Vorwurf jedenfalls fahrlässigen Verhaltens auszusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 22.04.2004
Az: 2-3 O 341/03


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