Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 115/09

(BPatG: Beschluss v. 15.06.2009, Az.: 27 W (pat) 115/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss vom 28. November 2008 die Anmeldung der Bildmarkefür Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38 und 41 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG zurückgewiesen, weil sie entgegen diesen Vorschriften eine als solche erkennbare Nachahmung der Bundesflagge enthalte, von der sie sich nur durch die Hinzufügung der Europaflagge unterscheide.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 28. November 2008 aufzuheben.

Er hält die Anmeldemarke für schutzfähig, weil die Anmeldemarke keine Flagge enthalte, sondern sich sowohl von der Bundeswie von der Europaflagge deutlich unterscheide, weil diese rechtwinklig seien und gleich große Balken enthielten, was bei der Anmeldemarke aber nicht der Fall sei.

II. A. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Allerdings ist dem Anmelder insoweit zuzustimmen, als er -worauf sich seine Beschwerdebegründung im Wesentlichen konzentriert -ausführt, dass seine Marke weder die Bundesnoch die Europaflagge enthält. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, der Art. 3 Abs. 1 lit. h Markenrechtsrichtlinie umsetzt, sind nämlich nur Marken von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen, die Staatswappen, Staatsflaggen, andere staatliche Hoheitszeichen oder bestimmte inländische Wappen enthalten, wobei es genügt, wenn die Marke lediglich in einem ihrer Bestandteile ein derartiges staatliches Hoheitszeichen hinreichend deutlich aufweist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 8 Rn. 406). Nach dem Willen des Gesetzgebers schließt diese Vorschrift aber nur solche Marken von der Eintragung aus, die mit den dort genannten Hoheitsund anderen Zeichen übereinstimmen (vgl. Begründung zum MarkenG, BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, S. 70).

Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die linke obere Abbildung in der Anmeldemarke weder mit der Bundesnoch mit der Europaflagge identisch ist. Nach der Anordnung des Bundespräsidenten über die deutschen Flaggen vom 13. November 1996 (BGBl. I S. 1729) besteht die Bundesflagge aus drei gleich breiten Querstreifen, oben schwarz, in der Mitte rot, unten goldfarben, Verhältnis der Höhe zur Länge des Flaggentuches wie 3 zu 5. Hiervon unterscheidet sich die vorgenannte Abbildung aber schon durch die parallelogrammartige Anordnung der drei farbigen Streifen und die -dezent gehaltene -Einblendung von Bestandteilen der Europaflagge in der linken unteren Ecke. Umgekehrt ist sie auch mit der Europaflagge nicht identisch, weil sie die Bundesfarben enthält.

2. Die Anmeldemarke ist aber nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie eine Nachahmung der Bundesflagge enthält, die unschwer erkennbar ist.

a) Nach § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung auch dann ausgeschlossen, wenn sie Abbildungen enthalten, welche zwar mit den in § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG genannten Staatssymbolen und anderen Hoheitszeichen nicht identisch sind, diese aber nachahmen. Ob in der Marke ein staatliches Hoheitszeichen nachgeahmt wird, ist dabei nicht durch Rückgriff auf die allein das Markenkollisionsrecht regelnden Vorschriften in § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG mittels der Prüfung einer etwaigen Ähnlichkeit oder einer Gefahr der Verwechslung der betreffenden Marke mit staatlichen Hoheitszeichen zu ermitteln (vgl. amtl. Begr. MarkenG, BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, S. 71). Der Begriff der Nachahmung i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG knüpft vielmehr an den in Art. 6ter Abs. 1 PVÜ enthaltenen Begriff der "Nachahmung im heraldischen Sinne" an (vgl. amtl. Begr., a. a. O.). Hierunter fallen ohne Weiteres solche Nachahmungen, die gerade die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweisen (vgl. EuG GRUR 2004, 773 [Rz. 40] -Verwendung des Europa-Emblems in einer Marke; s. a. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 407). Bei dem Vergleich "im heraldischen Sinne" ist dabei gerade auf die heraldische Beschreibung abzustellen und nicht auf die geometrische, die ihrem Wesen nach wesentlich detaillierter ist (vgl. EuG, a. a. O. [Rz. 44]). Eine Nachahmung im heraldischen Sinne wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass das Hoheitszeichen in bestimmter Weise stilisiert oder dass nur ein Teil von ihm verwendet worden ist (vgl. EuG, a. a. O. [Rz. 41]).

b) Nach diesen Vorgaben enthält die hier in Rede stehende Abbildung eine Nachahmung sowohl der Bundesflagge als auch der Europaflagge. Denn sie weist alle charakteristischen heraldischen Merkmale dieser Flaggen auf. Zwar unterscheidet sie sich -wie der Anmelder zutreffend ausgeführt hat -von diesen Flaggen in geometrischer Hinsicht; hierauf ist aber beim Vergleich der Ähnlichkeit mit den in Frage stehenden Hoheitszeichen nach der vorgenannten Rechtsprechung gerade nicht abzustellen.

c) Etwas Anderes folgt auch nicht aus den vom Anmelder genannten früheren Entscheidungen; denn allen diesen Fällen lagen von der hiesigen Markengestaltung abweichende Sachverhalte zugrunde. Die Entscheidung 27 W (pat) 136/02 des Senats vom 22. März 2005 (GRUR 2005, 679 -D-Info) nämlich betraf eine Marke, die ohne Weiteres erkennbar weder eine identische noch eine ähnliche Wiedergabe der Bundesflagge, sondern lediglich als bloßes in den Hintergrund tretendes Ausstattungsmerkmal die sog. Bundesfarben (also die Farben Schwarz, Rot und Gold) enthielt, mit denen der Buchstabe "D" ausgefüllt war; Gegenstand dieser Entscheidung war somit allein die Frage, inwieweit die Verwendung der Bundesfarben ein Schutzhindernis begründet (was der Senat verneinte). Ebenso lag der Fall in der Entscheidung des 32. Senats vom 30. Mai 2001 (32 W (pat) 11/01), in dem nach Ansicht des Senats lediglich die schweizerischen und deutschen Bundesfarben verwendet, aber die Flaggen beider Staaten weder identisch wiedergegeben noch nachgeahmt wurden. In dem der Entscheidung des 29. Senats vom 14. Juli 1995 (29 W (pat) 110/92) zugrunde liegenden Sachverhalt schließlich enthielt das angemeldete Bild eine Vielzahl an farbig ausgestatteten parallelen Streifen, wobei die Farbgebung von links nach rechts von der Farbe Rot über Weiß nach Blau überging; soweit dies eine Erinnerung an die französische Nationalflagge hervorrufen könnte, handelte es sich nach der Beurteilung des 29. Senats allenfalls um eine Form der Auflösung dieses Hoheitszeichens; maßgeblich für die Schutzgewährung war aber schließlich, dass selbst dann, wenn hierin eine nach § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG unzulässige Nachahmung dieser Flagge gesehen werden könnte, die Anmelderin als 100 %-iges Tochterunternehmen des französischen Staates zur Verwendung nach § 8 Abs. 4 Satz 2 MarkenG berechtigt war. Alle diese Fälle sind also nicht mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vergleichbar, in dem die heraldisch wesentlichen Merkmale der Bundesund Europaflagge lediglich in einer geometrisch leicht geänderten Form wiedergegeben und damit für das angesprochene Publikum ohne Mühe erkennbar nachgeahmt werden. Gerade der hierdurch beim Publikum hervorgerufene -vom Anmelder offenbar beabsichtigte -Eindruck, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen einen amtlichen Ursprung hätten und mit bundesdeutschen und europäischen Institutionen in engem Zusammenhang stünden, verbietet es nach den eingangs genannten Vorschriften, der angemeldeten Marke einen staatlichen Schutz zu gewähren.

3. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 2 Satz 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, § 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Soweit ersichtlich, besteht über die Auslegung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG in der bisherigen Rechtsprechungspraxis Übereinstimmung. Aus denselben Gründen hat der Senat davon abgesehen, dem Präsidenten des Deutschen Patentund Markenamtes gemäß § 68 Abs. 2 MarkenG den Beitritt zum Beschwerdeverfahren anheim zu geben.

Dr. Albrecht Dr. van Raden Schwarz Ko






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Beschluss v. 15.06.2009
Az: 27 W (pat) 115/09


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