Amtsgericht Köln:
Urteil vom 14. Februar 2007
Aktenzeichen: 137 C 566/06

(AG Köln: Urteil v. 14.02.2007, Az.: 137 C 566/06)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 180,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien schlossen miteinander einen Rechtsschutzversicherungsvertrag.

Danach beauftragte der Kläger eine Rechtsanwaltskanzlei O. und Kollegen aus I. mit der Vertretung in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit. Bei Mandatsübernahme unterzeichnete der Beklagte folgende Erklärung:

Ich wurde darüber aufgeklärt, dass die D. GmbH die Leistungen meines Rechtsanwalts meiner Rechtsschutzversicherung gegenüber durch die anwaltliche Verrechnungsstelle in Rechnung stellen und für eigene Rechnungen einziehen wird.

Sollte es über die Berechtigung der Forderung unterschiedliche Auffassungen geben, kann der Rechtsanwalt in einer etwaigen Auseinandersetzung als Zeuge gehört werden. Ich entbinde meinen Rechtsanwalt von seiner anwaltlichen Schweigepflicht, soweit dies für die Abrechnung und Geltendmachung der Forderung erforderlich ist.

Nach Ausführung des Auftrags erteilten die Rechtsanwälte unter dem 24. 07. 2006 eine Kostenrechnung, die mit einem Betrag in Höhe von € 419,80 abschließt (Blatt 13 der Gerichtsakten).

Unter dem 25. 07. 2006 erteilte eine Anwaltliche Verrechnungsstelle AG dem Kläger eine gleiche Abrechnung (Blatt 15 der Gerichtsakte).

Die Rechtsanwälte einigten sich mit der D. GmbH darüber, dass diese das Honorar für eigene Rechnung einzieht.

Der Kläger verlangt Freistellung von einer Verpflichtung gegenüber jener GmbH.

Er meint, es habe kein Übertragungsverbot gemäß § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO bestanden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Rechnung der Deutsche Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG, Rechnungs-Nr. … vom 25. 07. 2006 durch Zahlung in Höhe von € 419,80 an die D. GmbH, Konto-Nr. … bei der Landesbank Hessen - Thüringen (BLZ 500 500 00) freizustellen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger muss nicht von einer anderen Forderung als derjenigen der Rechtsanwälte O. und Kollegen freigestellt werden.

Die auf Rechtsgeschäfte, die auf die Abtretung oder Ermächtigung zur Einziehung gerichtet sind, sind gemäß § 134 BGB nichtig. Sie verstoßen gegen das gesetzliche Verbot gemäß § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO. Die D. GmbH wie im Übrigen auch die Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG sind nicht als Rechtsanwalt zugelassene Dritte im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und dem Kläger. Weder ist die Honorarforderung rechtskräftig festgestellt noch ist ein erster Vollstreckungsversuch erfolglos ausgefallen.

Die Norm ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB, die nicht nur die Nichtigkeit des zu der Abtretung bzw. der Einziehungsermächtigung führenden Grundgeschäfts, sondern auch dieser selbst führt (vgl. Erman - Palm, 11. Auflage, § 134 Rn. 84; Berger NJW 1995, 1406).

Das Gericht sieht keine Möglichkeit, sich über den eindeutigen Wortlaut von § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO in der Weise hinweg zu setzen, dass es die Unzulässigkeit der Abtretung oder einer Einziehungsermächtigung bereits verneint, wenn der Mandant ihr zugestimmt hat. Es sieht sich an das Gesetz gemäß Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz gebunden. Freilich lautet die Verpflichtung auf Gesetz und Recht, so dass etwa eine teleologische Reduktion oder eine einschränkende Auslegung möglich sind. Das Gericht sieht aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber versehentlich handelte, als er sich entschied, nicht allein die rechtskräftige Feststellung der Forderung und den fruchtlosen Ausfall eines ersten Vollstreckungsversuchs für die Abtretbarkeit genügen zu lassen, sondern zusätzlich das Erfordernis der Zustimmung des Mandanten aufstellte, er aber "eigentlich" die bloße Zustimmung für ausreichend hielt.

Sinn und Zweck der Norm erzwingen es nicht, diese entgegen ihrem Wortlaut so zu verstehen, dass die Zustimmung des Mandanten allein ausreicht. Beabsichtigt ist zwar der Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Mandanten. Es kann jedoch einen Sinn ergeben, dieses so stark zu schützen, dass allein der Verzicht auf die Beachtung dieses Rechts seitens des Inhabers nicht ausreicht, den Rechtsanwalt von seiner Beachtung zu befreien. Gerade die typische Überlegenheit in rechtlichen Dingen gegenüber dem Mandanten kann es ermöglichen, dass ihm vom Anwalt bei Aufnahme der Mandatsbeziehung schmackhaft gemacht wird, auf seine Rechtsposition zu verzichten. Das spricht für weitere Erschwernisse bei der Übertragbarkeit von Honorarforderungen bis zu einem Punkt, an dem die Belange des Anwalts, auch grundrechtlicher Art, schwerer wiegen als diejenigen des Mandanten grundrechtlicher Art. Mit dem zusätzlichen Erfordernis der rechtskräftigen Titulierung und eines ersten erfolglos gebliebenen Vollstreckungsversuchs ist gerade der Rechtsanwalt auch nicht überfordert, handelt er doch in seinem ureigensten Wirkungskreis, wenn er diese Voraussetzungen herbeiführt. Insoweit ist auch eine andere Behandlung als (gesetzlich) bei Ärzten und (durch die Rechtssprechung) bei Steuerberatern gerechtfertigt. Der Anwalt wird typischerweise für die Titulierung und die Vollstreckung nicht noch Auslagen auf Grund Beauftragung eines (anderen) Anwalts haben.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass eine Honorarforderung gegen einen Schuldner, bei dem der erste Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen ist, allenfalls deutlich ungünstiger zu "verkaufen" sein dürfte. Eine gesetzliche Regelung, die das zur Folge hat, verletzt aber nicht ohne Weiteres Grundrechte des Gläubigers. Es gibt kein Grundrecht darauf, aus Erwerbstätigkeit erlangte Forderungen übertragen zu dürfen.

Der Anwalt als Erwerbstätiger ist gegen das Bonitätsrisiko seines Auftraggebers außerdem auch recht weitgehend dadurch geschützt, dass er gemäß § 9 RVG Vorschuss in Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen verlangen kann. Auch insoweit rechtfertigt sich eine Andersbehandlung im Verhältnis zum Arzt, der nach der Gebührenordnung für Ärzte dieses Recht nicht hat.

Die Entscheidungen über die Kosten, die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Vollstreckungsabwendungsbefugnis beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Die Berufung wird entsprechend der Anregung der Parteien zugelassen gemäß § 511 Abs. 4 ZPO. Die Rechtssache hat nach Auffassung des Gerichts grundsätzliche Bedeutung, was insbesondere auch durch die Vorlage eines umfassenden Rechtsgutachtens deutlich wird, das zu einem anderen Ergebnis kommt. Ferner ist dem Vorbringen der Parteien zu entnehmen, dass die Rechtssprechung zur Übertragbarkeit anwaltlicher Honorarforderungen unter dem Gesichtspunkt von § 49 b Abs. 4 Satz 2 ZPO uneinheitlich ist.

Gebührenstreitwert: € 305,09.






AG Köln:
Urteil v. 14.02.2007
Az: 137 C 566/06


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