Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. September 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 160/01

(BPatG: Beschluss v. 23.09.2002, Az.: 30 W (pat) 160/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 398 56 911 Gesis, eingetragen für

"Elektrische, elektrotechnische und elektronische Geräte, Apparate, Instrumente und Installationsmaterial (soweit in Klasse 9 enthalten) sowie Teile der vorgenannten Waren, insbesondere zum Überwachen, Regeln, Steuern und Schalten sowie zum Verteilen und Verbinden, sämtliche vorgenannten Waren nur für das technische Gebiet der Gebäudeinstallation", ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren, international registrierten Wortmarke GEWISS, eingetragen unter IR 502 937 für

"Appareils et instruments scientifiques, nautiques, geodesiques, electriques, photographiques, cinematographiques, optiques, de pesage, de mesurage, de signalisation, de contr™le (inspection), de secours (sauvetage) et d'enseignement; appareils pour l'enregistrement, la transmission, la reproduction du son ou des images; supports d'enregistrement magnetiques, disques acoustiques; distributeurs automatiques et mecanismes pour appareils à prepaiement; caisses enregistreuses, machines à calculer et equipement pour le traitement de l'information; extincteurs, interrupteurs en general, canaux pour installations electriques, bornes pour connexions èlectriques".

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, die Widersprechende hat sodann Unterlagen vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat mit Beschluss vom 18. Juni 2001 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, nach der zulässigen Einrede der Nichtbenutzung durch die Markeninhaberin sei eine solche nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. Dabei könne dahinstehen, ob die eidesstattliche Versicherung des Präsidenten der Widersprechenden als persönliche Erklärung über Tatsachen anzusehen sei, da sie jedenfalls auch dann nicht ausreiche, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Insbesondere sei keine Aufschlüsselung nach Einzelwaren festzustellen, was von Bedeutung sei, weil lediglich für wenige Kleinteile und für ein Steuergerät die tatsächliche Anbringung der Widerspruchsmarke an der Ware beziehungsweise deren Verpackung dargetan worden sei. Da eine Aufschlüsselung der mit geteilten Umsatzzahlen fehle, sei nicht glaubhaft gemacht, ob für einzelne oder mehrere Waren oder Warengruppen eine rechtserhaltende Benutzung vorliege.

Die Widersprechende hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens eine neue eidesstattliche Versicherung vom 17. Januar 2002 vorgelegt. Des weiteren trägt sie vor, eine Aufschlüsselung nach einzelnen Waren sei nicht zumutbar, da sie ein so großes Sortiment von Kleinteilen anbiete, dass sie die geforderten Zahlen - insbesondere für die Vergangenheit - nicht angeben könne. Aus Kopien der von ihr verwendeten Kataloge ließen sich die Kleinteile ersehen. Die Marken seien fast identisch, so dass eine Verwechslungsgefahr bestehe.

Die Widersprechende beantragt, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Juni 2001 aufzuheben.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurück zu weisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Widersprechenden eine ausreichende Glaubhaftmachung der Benutzung nicht gelungen sei, insbesondere die Form der Benutzung einer Marke nicht allein durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht werden könne. Auch die neue eidesstattliche Versicherung der Widersprechenden enthalte keine Aufschlüsselung des Umsatzes nach Einzelwaren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten, insbesondere auf die von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sowie den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Juni 2001 Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 Abs 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke IR 502 937 mangels Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen. Auch das Beschwerdevorbringen, insbesondere die eidesstattliche Versicherung vom 17. Januar 2002, bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaber hätte die Widersprechende eine Benutzung ihrer Marke für den Zeitraum zwischen 1995 und 1999 sowie zwischen 1997 und 2002 glaubhaft machen müssen, § 43 Abs 1 Satz 1, Satz 2 iVm §§ 116 Abs 1, 115 Abs 2 MarkenG (vgl BGH GRUR 1999, 54 - Holtkamp; GRUR 2000, 510 - Contura). Das ist ihr nicht gelungen. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, insbesondere auch die vom 17. Januar 2002 geben nur pauschale Jahresumsätze an und lassen somit nicht erkennen, welcher Umsatz für welche Ware erzielt wurde, so dass es - wie die Markenstelle bereits feststellte - sein kann, dass für einige Waren ein hoher, für eine rechtserhaltende Benutzung ausreichender Umsatz, für andere Waren dagegen ein äußerst geringer oder gar kein Umsatz erzielt wurde. Nachdem bei der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG jedoch nur diejenigen Waren zu berücksichtigen sind, für die eine ernsthafte Benutzung gemäß § 26 MarkenG glaubhaft gemacht wurde, ist eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne nicht erfolgt. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die eidesstattlichen Versicherungen Produktgruppen aufzählen, die sich unter das allein maßgebliche Warenverzeichnis nicht subsumieren lassen wie zB Scheinwerfer und Leuchten.

Auch die Frage, ob die einzelnen Waren der Widersprechenden überhaupt mit der Widerspruchsmarke versehen waren (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 26 Rdnr 11) lässt sich den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht entnehmen. Sie erklären zwar, die Widerspruchsmarke sei seit 1987 von der Widersprechenden zur Kennzeichnung benutzt worden. Bei der Frage der (rechtserhaltenden) Benutzung handelt es sich aber um eine Rechtsfrage, die als solche nicht durch die Widersprechende festgestellt werden kann. Die zur Beurteilung der Rechtsfrage notwendigen tatsächlichen Angaben enthalten die Versicherungen jedoch allenfalls vage, so dass sie eine ausreichend sichere Beurteilung nicht zulassen.

Auch aus dem vorgelegten Katalogmaterial ist eine entsprechende Anbringung der Marke auf der Ware nicht ersichtlich, allenfalls ein firmenmäßiger Gebrauch. Denn in den Katalogen wie auch in den vorgelegten Rechnungskopien erscheint die Marke im wesentlichen nur in den Kopfleisten, allenfalls vereinzelt auch bei bestimmten Produkten. Bei den Rechnungen sind dabei zusätzlich rein firmenbezogene Angaben beigefügt. Soweit die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung einzelne Produkte vorgelegt hat, die mit der Marke versehen sind, ist offen geblieben, ob diese überhaupt nach Deutschland geliefert wurden und damit auch, ob auf sie ein hinreichender Umsatz entfällt.

Deshalb ist das vorgelegte Material schon aus diesen Gründen für eine Glaubhaftmachung nicht geeignet, weil sich daraus keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Umfang und die Art der Benutzung der Marke in unmittelbarer Verbindung mit den eingetragenen Waren ziehen lassen. Ob es der Widersprechenden nicht oder nur sehr schwer möglich ist, die Umsätze auf die einzelnen Produkte aufzuteilen, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn nämlich unterstellt wird, dass diese, von ihr nicht näher belegte oder glaubhaft gemachte Angabe zutrifft, kann dies nicht dazu führen, dass ihr besondere Beweiserleichterungen gewährt werden, zumal dies zu Lasten der Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede derNichtbenutzung weitgehend entwerten würde. Es kann nicht angehen, nur deshalb geringere Anforderungen an die vorzulegenden Benutzungsbelege zu stellen, weil Warenverzeichnis und Produktpalette besonders umfangreich sind. Nur aufgrund ausreichender Angaben, die einen auf Einzelprodukte (oder wenigstens abgrenzbare Produktgruppen) bezogenen Umsatz aufzeigen (unter markenmäßigem Einsatz des Widerspruchszeichens), lässt sich die gemäß § 43 Abs 1 S 3 MarkenG für das weitere Verfahren notwendige Feststellung hinreichend sicher treffen. Etwaige Schwierigkeiten, diese Unterlagen vorzulegen, muss die Widersprechende sich selbst zuschreiben. Der 1967 eingeführte - bedingte - Benutzungszwang hat dem Vertrauensschutz bereits dadurch Rechnung getragen, dass er erst zum 1.1.1973 effektiv geworden ist. Nunmehr besteht er seit fast 30 Jahren. Deshalb kann und muss jeder Markeninhaber seinen Geschäftsbetrieb und seine Buchhaltung so einrichten, dass er gegebenenfalls jederzeit in der Lage ist, die für die Benutzung seiner Marke maßgebenden Fakten in ausreichendem Umfang vorzutragen und zu belegen. Erscheint ihm dies unter Kostengesichtspunkten zu aufwändig, mag er die erforderlichen Unterlagen jeweils nur für bestimmte einzelne Produkte bereit halten. Er kann so sein Markenrecht wenigstens für einen Teil der Produktion sicherstellen. Unterlässt er es jedoch ganz, auf Einzelprodukte bezogene Umsätze zu erfassen, so können die daraus resultierenden Schwierigkeiten, die Benutzung glaubhaft zu machen, nur ihm (und nicht dem Gegner) angelastet werden.

Nachdem es sich beim Widerspruchsverfahren um ein echtes Streitverfahren handelt, das außer von der in § 73 Abs 1 MarkenG normierten Amtsermittlung von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird (vgl BGH GRUR 1998, 940 - Sanopharm), bedurfte es insoweit auch keines Hinweises an die Widersprechende (vgl BGH GRUR 1998, 938 - DRA-GON). Dies umso mehr, als die Markeninhaberin bereits mit Schriftsatz vom 31. Januar 2000 im patentamtlichen Verfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hatte und die Mängel der Benutzungsunterlagen Gegenstand des Beschlusses der Markenstelle waren, so dass die Widersprechende ausreichend Zeit hatte, Unterlagen nachzureichen.

Da der Widerspruch nach alledem schon mangels Glaubhaftmachung einer Benutzung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg haben konnte (vgl § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG), war die Beschwerde zurück zu weisen, ohne dass es noch auf die Frage einer möglichen Verwechslungsgefahr ankam.

Zu einer Auferlegung der Kosten besteht (noch) kein Anlass (§ 71 Abs 1 MarkenG). Die Widersprechende war nicht völlig untätig, sondern bestrebt, Benutzungsunterlagen beizubringen.

Dr. Buchetmann Winter Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 23.09.2002
Az: 30 W (pat) 160/01


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