Landgericht Hamburg:
Urteil vom 7. April 2005
Aktenzeichen: 315 O 1075/04

(LG Hamburg: Urteil v. 07.04.2005, Az.: 315 O 1075/04)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 763,86 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. April 2004 zu zahlen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.200 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz der Kosten eines Abschlussschreibens in Anspruch.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört (§ 8 Abs.3 Nr. 2 UWG).

Der Beklagte schaltete die aus der Anl. K1 ersichtliche Werbung für ein "homöopathisches Arzneimittel gegen ernährungsbedingte (alimentäre) Fettleibigkeit". Diese Werbung wurde dem Beklagten auf Antrag des Klägers mit Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 9. Dezember 2003 (Az. 416 O 309/03, Anl. K 2) verboten. Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung forderte der Kläger mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 unter Fristsetzung zum 15. Januar 2004 die Abgabe einer Abschlusserklärung (Anl. K3). Mit Schreiben vom 15. Januar lehnte der Beklagte die Abgabe der Abschlusserklärung ab (Anl. K4) und legte gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch ein. Mit Urteil vom 30. Januar 2004 (Anl. K5), das den Parteien am 12. Februar 2004 zugestellt worden ist (Anl. K5, B1), wurde die einstweilige Verfügung bestätigt.

Mit Schreiben vom 12. März 2004 forderte der Kläger, diesmal vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, die Abgabe einer Abschlusserklärung, die am selben Tag per Fax abgegeben wurde (Anl. K6, K7, B2).

Der Kläger verlangt Zahlung der ihm hieraus entstandenen Kosten auf der Grundlage einer 5/10 - Gebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer nach einem Streitwert von EUR 90.000 und trägt vor,

nachdem er selbst bereits einmal erfolglos die Abgabe einer Abschlusserklärung verlangt habe, habe er nunmehr anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen können, zumal er zum damaligen Zeitpunkt angesichts des Verhaltens des Beklagten habe damit rechnen müssen, nur mit einer Hauptsacheklage zum Ziel zu kommen und überdies seine Prozessbevollmächtigten schon wegen des Widerspruchsverfahrens habe einschalten müssen.

Dem Beklagten habe vor Absenden des Abschlussschreibens eine ausreichende Überlegungsfrist, von sich aus die Abschlusserklärung abzugeben, zur Verfügung gestanden.

Er beantragt,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor,

der Kläger sei als Wettbewerbsverband verpflichtet, zur Erfüllung seines Satzungszwecks personell und sachlich so ausgestattet zu sein, dass er durchschnittlich schwierige Abmahnungen ohne anwaltliche Hilfe bearbeiten könne.

Ferner sei die Überlegungsfrist zu kurz bemessen. Regelmäßig seien vier Wochen einzuräumen. Diese Frist habe mit Zustellung des Urteils am 12. Februar 2004 zu laufen begonnen, so dass sie erst am 12. März 2004 abgelaufen sei. Der Kläger hätte also erst am 13. März 2004 seinen Rechtsanwalt beauftragen dürfen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Abschlusserklärung vom 12. März 2004 aber schon per Fax bei dem Kläger eingelangt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien mit Beschluss vom 15. Februar 2005 das schriftliche Verfahren angeordnet. Beide Parteien hatten Gelegenheit, noch bis zum 9. März 2005 Schriftsätze einzureichen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist vollen Umfangs begründet.

Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung der Kosten des Abschlussschreibens verlangen. Ihm steht insoweit ein Anspruch aus § 12 Abs.1 S.2 UWG, bzw., da der Anspruch vor Inkrafttreten des neuen UWG entstanden ist, aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB zu.

Das Abschlussschreiben war berechtigt und geschah auch im Interesse des Beklagten. Denn regelmäßig hat der Verletzte vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens dem Verletzer die Möglichkeit zu geben, eine ergangene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen. Tut er dies nicht, läuft er Gefahr, im Hauptsacheverfahren nach § 93 ZPO in die Kosten verurteilt zu werden.

Die Einwendungen des Beklagten sind unerheblich. Weder ist in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zu beanstanden, noch war die dem Beklagten zustehende Überlegungsfrist zu kurz bemessen.

1. Die durch die Einschaltung der Rechtsanwälte entstandenen Kosten sind notwendige Kosten. Zwar ist bei einem Verband in der Regel die Notwendigkeit zu verneinen, einen Rechtsanwalt einzuschalten, falls es um typische, unschwierig zu verfolgende Verstöße geht. In einem solchen Fall sind weder die Kosten der Abmahnung noch die des Abschlussschreibens erstattungsfähig (Harte/Bodewig - Brüning, UWG, § 12 Rnr. 86 und Harte/Bodewig - Retzer, § 12, Rnr. 665).

So stehen die Dinge hier aber nicht. Vielmehr hatte der Kläger bereits erfolglos selbst ein Abschlussschreiben versandt. Statt eine Abschlusserklärung abzugeben hat der Beklagte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt und damit gezeigt, dass mit einer Abschlusserklärung nicht zu rechnen ist. Auch nach Bestätigung der einstweiligen Verfügung hat er sich sechs Wochen lang überhaupt nicht geäußert. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Rahmen des Verfügungsverfahrens ohnehin anwaltlicher Vertretung bedurfte und angesichts des streitig geführten Widerspruchsverfahrens mit einer Abschlusserklärung ohnehin nicht zu rechnen war, ist dem Kläger das Einschalten eines Rechtsanwaltes zu einem weiteren Abschlussschreiben nicht vorzuwerfen.

2. Dem Beklagten stand auch eine hinreichende Überlegungsfrist zu. Nach der ständigen Rechtsprechung der Hamburger Wettbewerbskammern und der Hamburger Wettbewerbssenate beträgt die Überlegungsfrist bezüglich des Abschlussschreibens im Normalfall zwei Wochen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 24. Juni 1999, Az. 3 U 125/98, Abs. 25, 26, zitiert nach juris). Selbst wenn man das Urteil im Widerspruchsverfahren vom 30. Januar 2004 als weitere Zäsur mit neuem Fristbeginn sehen oder auch nur auf die Zustellung des Urteils am 12. Februar 2004 abstellen wollte, war ein Überlegungszeitraum bis zum 12. März 2004 allemal ausreichend. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann das Verhalten des Klägers nicht beanstandet werden.

3. Den Ausführungen des Klägers zur Höhe der Kosten des Abschlussschreibens, die sich im Wesentlichen auf eine Bezugnahme auf die Kostenrechnung zum Schreiben Anl. K 6 beschränken, ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Auf der Grundlage einer 5/10 - Gebühr nach einem Streitwert von EUR 90.000 zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergibt sich der geltend gemachte Betrag.

4. Der Anspruch zu den Zinsen ist begründet aus §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff.11, 711 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 07.04.2005
Az: 315 O 1075/04


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