Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 85/03

(BPatG: Beschluss v. 14.09.2006, Az.: 17 W (pat) 85/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist durch Ausscheidung aus der am 15. April 1993 unter Inanspruchnahme von drei Prioritäten vom 16. April 1992, 17. April 1992 und 6. Mai 1992 angemeldeten Stammanmeldung P 43 12 922.6-55 hervorgegangen.

Sie trägt die Bezeichnung

"Aufzeichnungs-/Wiedergabe-Gerät".

Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G11B des Deutschen Patentamts durch Beschluss vom 16. Juli 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1-6 vom 7. Juli 2006, eingegangen am 10. Juli 2006, Beschreibung Seiten 6-10, 12-20 vom 8. April 2004, Seiten 5, 11, 11a vom 7. Juli 2006, eingegangen am 10. Juli 2006, 6 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 2ah, 3-5 vom 8. April 2004.

Der Anspruch 1, mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:

"Aufzeichnungs- und Wiedergabe-Gerät zum Aufzeichnen und/oder Wiedergeben von Datensignalen und den Signalen zugeordneten Subcode-Daten, wobei die Datensignale und die Subcode-Daten auf unterschiedlichen Flächen eines Aufzeichnungsmediums aufgezeichnet sind und die Subcode-Daten Programmzeiten entsprechend Programmen von Datensignalen anzeigen, mita) einer Bezeichnungsvorrichtung zur Bezeichnung einer Nummer entsprechend einem willkürlichen Programm von Datensignalen, die bereits aufgezeichnet sind, undb) einer Aufzeichnungs-Steuervorrichtung zur Steuerung einer Aufzeichnung von Programmen von Datensignalen unter Verwendung eines Ausgangssignals der Bezeichnungsvorrichtung und der Subcode-Daten, die zuvor wiedergegeben wurden, ba) wobei die Aufzeichnung eines Programms von Datensignalen an einer Startposition eines bezeichneten Programms gestartet wird und, wenn die Fläche des bezeichneten Programms vollendet ist, die Aufzeichnung zu einer Startposition einer freien Aufzeichnungsfläche springt, die anhand der Subcoe-Daten festgestellt wird, undbb) Daten in den Subcode-Daten aufgezeichnet werden, die anzeigen, dass die Aufzeichnungsfläche des aufzuzeichnenden Programms in mehrere Teile unterteilt ist."

Hinsichtlich der weiteren Ansprüche wird auf die Akte verwiesen.

Die Anmelderin führt aus, dass der entgegengehaltene Stand der Technik ihrer Ansicht nach das beanspruchte Aufzeichnungs- und/oder Wiedergabegerät nicht nahe legen könne. Das aus der US 4 932 016 (Druckschrift 1) bekannte Gerät unterscheide sich von dem beanspruchten Gerät schon dadurch, dass die "table of contents" Start- und Endzeiten enthielten, während in den Subcode-Daten Programmdauern angegeben seien. Einen weiteren wesentlichen Unterschied sieht sie darin, dass bei dem bekannten Gerät eine neue Aufzeichnung lediglich in eine ausreichend lange Lücke zwischen anderen Aufzeichnungen eingefügt oder am Ende der Aufzeichnungen angefügt werden könne. Eine Anregung, eine Aufzeichnung auf mehrere Lücken zwischen bestehende Aufzeichnungen zu verteilen, ist ihrer Ansicht nach nicht entnehmbar.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nicht patentfähig ist, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

In der Beschreibung wird ausgeführt, dass bei einer bekannten Plattenvorrichtung, bei der Daten auch aufgezeichnet werden können, die Anfangszeiten der Programme (bspw. Musikstücke) wie bei einer CD-Platte in einer Inhaltstabelle aufgezeichnet werden. Die Behandlung der Inhaltstabelle sei aber schwieriger als bei einer (nur lesbaren) CD-Platte. Denn die für eine Aufzeichnung zur Verfügung stehende Zeitspanne zwischen den Musikstücken müsse nicht mit der Länge eines (neu) aufzuzeichnenden Programms übereinstimmen, wodurch das Problem entstehe, dass bei Einfügen eines (kürzeren) Programms eine längere Ruheperiode auftrete (vgl. S. 10, Abs. 2 - S. 11 Abs. 1 der Beschreibung). Aus dem dargestellten Zusammenhang schließt der Fachmann, ein Elektronikingenieur mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräte, ohne weiteres, dass auch das Problem auftreten kann, dass eine durch Löschung eines Musikprogramms entstandene Lücke zu kurz für die Aufzeichnung eines neuen Musikprogramms ist.

Entsprechend wird als der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe genannt, ein Aufzeichnungs- und/oder Wiedergabegerät zu schaffen, welches eine Aufzeichnungsfolge realisiert, bei der die Platte wirksam ausgenutzt wird (vgl. S. 11, Abs. 4).

Ein Aufzeichnungs- und Wiedergabegerät der angesprochenen Art ist aus der US 4 932 016 (Druckschrift 1) bekannt (apparatus for recording and reproducing data). In Übereinstimmung mit dem Anspruch 1 weist der in diesem Gerät verwendete Aufzeichnungsträger (disc) einen Bereich mit einer Inhaltstabelle (table of contents, TOC) auf, in dem Daten mit Programmnummern und Programmzeiten (absolute time information, at least the numbers and the start time points of ... musical pieces) als "Subcode-Daten" i. S. d. Anspruchs 1 aufgezeichnet sind, und einen davon getrennten Bereich für Daten (data region) (vgl. Anspruch 1 der US 4 932 016). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der in der US 4 932 016 erwähnte "subcode" einen vorab aufgezeichneten Teil im Bereich der Datensignale bezeichnet (vgl. Sp. 3, Z. 13-22 i. V. m. Fig. 3) und daher nicht gleichzusetzen ist mit den im vorliegenden Anspruch 1 genannten "Subcode-Daten", die im anderen Bereich aufgezeichnet sind und als Inhaltstabelle fungieren (vgl. S. 20, Abs. 2 der Beschreibung).

Dieses bekannte Gerät weist entsprechend den Merkmalen a) und b) des Anspruchs 1 auch eine Bezeichnungsvorrichtung zur Eingabe von Nummern eines bereits aufgezeichneten Programms (Sp. 5, Z. 58-64, operating key, buffer memory) und eine Aufzeichnungs-Steuervorrichtung auf, die die Aufzeichnung eines Programms (piece of music) unter Verwendung eines Ausgangsignals der Bezeichnungsvorrichtung und der von der Platte wiedergegebenen bzw. gelesenen "Subcode-Daten" (im buffer memory) steuert (vgl. Figuren 1, 6, Sp. 5, Z. 60-64 und Sp. 6, Z. 9-19).

Hinsichtlich der Positionierung einer neuen Programmaufzeichnung wird bei dem bekannten Aufzeichnungs- und Wiedergabegerät vorgeschlagen, das aufzuzeichnende Programm entweder in eine Lücke einzufügen, die durch Löschung eines anderen Programms entstanden ist, wobei ein unbenutzter Rest (remnant) verbleiben kann (vgl. Sp. 7, Z. 10-17 i. V. m. Fig. 8 A) oder, im einfachsten Fall, das neue Programm am Ende der aufgezeichneten Programme anzufügen (vgl. Sp. 7, Z. 30-37). Für den Fall, dass auf dem Aufzeichnungsmedium nicht nur eine, sondern mehrere Lücken zwischen den Aufzeichnungen (a plurality of unrecorded portions) vorhanden sind, die gefüllt werden sollen, weist die US 4 932 016 darauf hin, dass hierzu eine kompliziertere Steueroperation erforderlich ist (vgl. Sp. 7, Z. 37-39).

Entgegen der Auffassung der Anmelderin regt die letztgenannte Textstelle den Fachmann an, ein neu aufzuzeichnendes Programm auf mehrere Lücken zwischen Aufzeichnungen auf dem Aufzeichnungsmedium zu verteilen. Nichts anderes aber besagt Merkmal ba) des Anspruchs 1, wonach die Aufzeichnung eines Programms an einer Startposition gestartet wird und, wenn die Fläche des bezeichneten Programms vollendet ist, die Aufzeichnung zu der Startposition einer (weiteren) freien Aufzeichnungsfläche "springt". Dass hierfür die Startpositionen der Lücken (und implizit auch deren Endpositionen) durch Auswertung der "Subcode-Daten" ermittelt werden können, liegt für den Fachmann auf der Hand. Denn die "Subcode-Daten" umfassen, wie in der US 4 932 016, Sp. 3 . 34-39, erläutert, nach Art eines Inhaltsverzeichnisses (table of content) die Nummern und die Zeiten aller aufgezeichneten Programme, geben also auch die Position der Lücken zwischen den aufgezeichneten Programmen an.

Angesichts des Charakters der "Subcode-Daten" als Inhaltsverzeichnis des Aufzeichnungsmediums lag es für den Fachmann auch nahe, entsprechend Merkmal bb) des Anspruchs 1 Programme, die anregungsgemäß auf mehrere Lücken verteilt sind, durch entsprechende Daten im TOC als solche kenntlich zu machen, bspw. durch einen Verweis auf die Startposition der zur Fortsetzung der Aufzeichnung verwendeten nachfolgenden Lücke. Denn der Fachmann konnte absehen, dass bei Nichtvorsehen solcher Daten keine ordnungsgemäße Wiedergabe eines in mehrere Lücken eingefügten Programms möglich ist.

Die Anmelderin hat als weiteren Unterschied geltend gemacht, dass bei dem bekannten Gerät in den Subcode-Daten die Start- und Endzeiten der Programme aufgezeichnet würden, während das beanspruchte Gerät Programmdauern als Subcode-Daten verwende.

Dieser Unterschied vermag eine erfinderische Qualität des beanspruchten Gerätes nicht zu begründen. Denn für das Auffinden eines bestimmten aufgezeichneten Programms ist bei dem bekannten und auch bei dem beanspruchten Gerät die Bestimmung von Start- und Endzeit (ggf. als entsprechende Angabe von Start- und Endposition) des Programms erforderlich. Diese Bestimmung kann für den Fachmann gleichwertig entweder durch die Angabe von Startposition und Programmzeit (i. S. v. Dauer) erfolgen, wie auf Seite 14 Tabelle 1 i. V. m. Z. 12 der geltenden Beschreibung erläutert, oder aber, wie nach der US 4 932 016 (vgl. Sp. 5, Z. 60-64: start time, end time), durch die Angabe von Startzeit und Endzeit des Programms, deren Differenz der Fachmann unschwer als Programmdauer erkennt.

Das Aufzeichnungs- und Wiedergabegerät nach Anspruch 1 ist daher nicht patentfähig.

Die dem Anspruch 1 nebengeordneten Ansprüche 3 und 5 betreffen ein Aufzeichnungsgerät bzw. ein Wiedergabegerät und haben jeweils einen Teilaspekt der zum Anspruch 1 erläuterten Lehre zum Gegenstand. Sie sind daher nicht anders zu bewerten als der Anspruch 1.

Im Übrigen kann über den Antrag der Anmelderin nur einheitlich befunden werden, so dass die Beschwerde der Anmelderin schon aufgrund der mangelnden Patentfähigkeit des Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräts nach dem Anspruch 1 zurückzuweisen war.






BPatG:
Beschluss v. 14.09.2006
Az: 17 W (pat) 85/03


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