Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 1. März 2013
Aktenzeichen: 6 U 168/12

(OLG Köln: Urteil v. 01.03.2013, Az.: 6 U 168/12)

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.08.2012 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 14 O 89/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.827,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.780,20 EUR sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz aus 1.046,88 EUR jeweils seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Klägerin zu 87 % und der Beklagte zu 13 % zu tragen. Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil und das angefochtene Urteil, soweit es nicht abgeändert ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin vertreibt als Großhändlerin Textilprodukte. Sie besitzt ausschließliche Nutzungsrechte an insgesamt 74 Fotografien, die ihre Geschäftsführerin, Frau B, von drei Hosenmodellen der Klägerin (davon eine Nadelstreifenhose in den Varianten schwarz mit schwarzen Nadelstreifen, schwarz mit weißen Nadelstreifen und weiß mit Nadelstreifen), einem von der Klägerin angebotenen Minirock sowie einem Westenmodell der Klägerin in zwei Ausführungen (schwarz mit weißem Besatz und weiß mit schwarzem Besatz) gefertigt hat. Dabei sind von den jeweiligen Produkten Lichtbildserien dergestalt erstellt worden, dass eine mit der Textilie bekleidete Mitarbeiterin der Klägerin vor demselben statischen Hintergrund in unterschiedlichen Posen und von verschiedenen Ansichtsseiten fotografiert wurde. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist es ihren Kunden erlaubt, die Lichtbilder im Rahmen der Weiterveräußerung der von der Klägerin bezogenen Bekleidungsstücke einzusetzen.

Zu den Kunden der Klägerin zählte zunächst auch der Beklagte. In den Jahren 2010 und 2011 verwendete dieser die 74 Fotografien auf der Internetplattform "F" in fünf wiederkehrenden "Sofort-Kaufen"-Auktionen mehrere Monate lang zur Bebilderung der dort angebotenen Bekleidungsstücke, die er indessen nach dem erstinstanzlich unstreitigen Vortrag der Klägerin nicht von dieser, sondern wegen der günstigeren Preise von einem anderen Großhändler bezogen hatte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.10.2011 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen Verletzung ihrer Urheberrechte an den Lichtbildern ab und verlangte von diesem die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung, Auskunft sowie das Anerkenntnis der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach. Der Beklagte gab am 18.10.2011 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab und teilte der Klägerin mit, seit wann er die Fotografien bei Verkaufsauktionen eingesetzt hatte. Auf der Grundlage der vom Beklagten erteilten Auskunft forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 09.11.2011 auf, wegen der Nutzung der Lichtbilder sowie des unterlassenen Bildquellennachweises Schadensersatz in Höhe von 53.565,00 EUR sowie Abmahnkosten über EUR 5.084,80 EUR jeweils bis zum 23.11.2011 zu zahlen.

Mit Schreiben vom 25.11.2011 beanstandete der Beklagte die Forderungen der Klägerin als überzogen und bot vergleichsweise die Zahlung eines Schadensersatzes von 40,00 EUR je Lichtbild, mithin von 2.960,00 EUR, sowie die Erstattung von Abmahnkosten über 1.780,20 EUR auf der Basis eines Gegenstandswerts von 100.000,00 EUR an. Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 12.12.2011 an der Berechtigung ihrer Schadensersatzforderung fest, erklärte sich jedoch mit der vergleichsweisen Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes von 5.000,00 EUR und der vom Beklagten vorgeschlagenen Abmahnkosten einverstanden, sofern dieser zusätzlich eine Einigungsgebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000,00 EUR übernehme. Letzteres lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 09.01.2012 ab.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 53.565,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 geltend. Diesen Betrag hat sie errechnet, indem sie an Hand der Bildhonorar-Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing 2011 (im Folgenden MFM-Empfehlungen 2011) im Hinblick auf jedes der 74 Lichtbilder ein Grundhonorar für die Einstellung auf einer Internet-Unterseite während des vom Beklagten angegebenen Gesamtzeitraums ermittelt, darauf wegen der Vielzahl der Verkaufsangebote einen 50-prozentigen Zuschlag vergleichbar einem Online-Shop erhoben und die sich daraus ergebenden Einzelhonorare addiert hat. Einen weiteren Aufschlag von 100 % hat die Klägerin wegen der unterlassenen Bezeichnung ihrer Geschäftsführerin als Urheberin der Lichtbilder vorgenommen, dessen Zahlung an sich sie im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft verlangt.

Des Weiteren begehrt die Klägerin die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 5.084,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011. Dieser Forderung hat sie einen Gegenstandswert von 798.565,00 EUR zu Grunde gelegt, der sich aus Einzelwerten von 10.000,00 EUR für jedes der 74 Lichtbilder, von 5.000,00 EUR für die Auskunft und von 53.565,00 EUR für den Schadensersatz errechnet.

Mit Urteil vom 16.08.2012 hat das Landgericht der Klägerin unter Abweisung der Klage im Übrigen Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR sowie Abmahnkosten von 1.780,20 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zugesprochen. Dabei hat es die Höhe einer angemessenen fiktiven Lizenz für die Nutzung der Lichtbilder an Hand der als Lizenzierungsangebot eingestuften Offerte der Klägerin während der vorgerichtlichen Verhandlungen der Parteien geschätzt; im Hinblick auf die unterbliebene Urheberbenennung hat das Landgericht die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft wegen der verlangten Zahlung nicht an die Lichtbildnerin, sondern an die Klägerin verneint. Den zugesprochenen Abmahnkosten hat das Landgericht einen Gegenstandswert von bis zu 110.000,00 EUR, basierend auf Werten von jeweils 18.000,00 EUR für jede zu unterlassende Bebilderung von fünf verschiedenen Auktionen, von 1.000,00 EUR für die Auskunft und von 5.000,00 EUR für den Schadensersatzanspruch zu Grunde gelegt.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre abgewiesenen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, als Grundlage für die Schätzung der Schadenshöhe sei nicht ihr vorgerichtliches Vergleichsangebot, sondern seien die - marktübliche Lizenzen für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern ausweisenden - MFM-Empfehlungen 2011 heranzuziehen. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs wegen fehlender Urheberbenennung ihrer (der Klägerin) Geschäftsführerin, aber auch wegen einer Urheberanmaßung seitens des Beklagten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft lägen vor. Die den Abmahnkosten zu Grunde gelegten Gegenstandswerte seien vom Landgericht unangemessen niedrig bemessen worden. Dies gelte insbesondere für den Unterlassungsanspruch, dessen Wert sich nicht an den - nicht fünf, sondern acht - Fotoserien jeweils unterschiedlichen Umfangs ausrichte, sondern für jedes einzelne der 74 Lichtbilder anzusetzen sei.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Er führt an, die Parteien hätten sich vorgerichtlich auf die Zahlung einer fiktiven Lizenz in Höhe von 5.000,00 EUR verständigt. Im Übrigen seien die MFM-Empfehlungen für Produktfotos bei "F"-Verkäufen im Bekleidungssegment nicht branchenüblich, zumal die darin ausgewiesenen Honorare vor allem bei niedrigpreisigen Waren wegen der geringen Gewinnmargen und der dann zu kalkulierenden höheren Preise auf dem einschlägigen Markt nicht erzielbar seien. Branchenüblich sei demgegenüber, dass - in Abweichung von den MFM-Empfehlungen - ein Honorar nicht für jedes einzelne Lichtbild verlangt, sondern bei Fotoserien von demselben, nur aus verschiedenen Ansichten fotografierten Produkt wie den vorliegend fünf Serien ein Mengenrabatt eingeräumt werde. Dies gelte auch für die Bemessung des Gegenstandswerts für den mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Hinsichtlich des Zuschlags wegen unterlassenen Bildquellennachweises sei eine gesetzliche Grundlage nicht erkennbar; zudem könne die Klägerin keine Zahlung an sich selbst verlangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat nur zu einem geringen Anteil Erfolg. Die Klägerin kann über die erstinstanzlich zugesprochenen 5.000,00 EUR hinaus weiteren Schadensersatz in Höhe von 1.046,88 EUR beanspruchen. Die der Klägerin zustehenden Abmahnkosten übersteigen die vom Landgericht für ersatzfähig erachtete Summe von 1.780,20 EUR nicht.

1. Der Klägerin steht gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Indem dieser die 74 Fotografien im Rahmen des Verkaufs der darauf abgebildeten, von einem anderen Großhändler als der Klägerin bezogenen Produkte auf der Internetplattform "F" verwendet hat, hat er die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin an den nach § 72 UrhG schutzfähigen Lichtbildern verletzt. Dabei hat der Beklagte jedenfalls fahrlässig verkannt, dass ihm nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin die Verwendung der Fotos im Rahmen des Weiterverkaufs nur erlaubt war, wenn und soweit er die abgelichteten Textilien von der Klägerin bezogen hatte. Soweit der Beklagte in der Berufungsverhandlung vorgebracht hat, bei den in Rede stehenden bebilderten Auktionen habe er teilweise Textilien der Klägerin angeboten, handelt es sich ausweislich der mit der Beweiskraft des § 314 ZPO ausgestatteten Feststellungen im angefochtenen Urteil um eine neue Behauptung, die gemäß den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich und im Übrigen unsubstantiiert ist.

Der Höhe nach steht der Klägerin nach dem von ihr gewählten Grundsatz der Lizenzanalogie ein Schadensbetrag zu, der mit 6.046,88 EUR aber nicht in dem Maße über der vom Landgericht zugesprochenen Summe von 5.000,00 EUR liegt, wie die Berufung geltend macht.

a) Gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadenersatzanspruch auf der Grundlage des Betrags berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des maßgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftig denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 23, 26 - Pressefotos; OLG Brandenburg vom 15.05.2009 - 6 U 37/08 - Rn. 28, zitiert nach juris = GRUR-RR 2009, 413 - MFM-Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig GRUR-RR 2012, 920, 922). Hierfür kommt es auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH a.a.O. Rn. 26). Nach diesen Grundsätzen ist der der Klägerin als fiktive Lizenz zustehende Betrag gemäß § 287 ZPO mit 6.046,88 EUR zu bemessen.

aa) Das vom Landgericht herangezogene vorgerichtliche Vergleichsangebot der Klägerin stellt keine geeignete Schätzungsgrundlage dar. Insoweit ist entgegen der Ansicht des Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 BGB kein verbindlicher Teilvergleich zu Stande gekommen, da die Klägerin in ihrem Schreiben vom 12.12.2011 die gütliche Beilegung auch des Streits über den vom Beklagten zu leistenden Schadensersatz davon abhängig gemacht hatte, dass letzterer eine - von ihm abgelehnte - Einigungsgebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000,00 EUR übernehme. Zu berücksichtigen ist überdies, dass die nach wie vor eine höhere fiktive Lizenz für berechtigt erachtende Klägerin das konkrete Angebot zur gütlichen Beilegung der Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage unterbreitet hat. Dabei erscheint die vorgerichtliche Bereitwilligkeit der Klägerin, den Beklagten durch ihr Schadensersatzverlangen nicht in finanzielle Bedrängnis zu bringen, zwar nachvollziehbar und naheliegend. Sie stellt jedoch in rechtlicher Hinsicht kein geeignetes Indiz für die Angemessenheit einer fiktiven Lizenz dar. Denn dafür ist unerheblich, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in entsprechender Höhe zu zahlen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 23; OLG Braunschweig a.a.O.). Dann aber muss sich die Klägerin an ihrem Vergleichsangebot, nachdem der Beklagte dessen Gesamtkonditionen abgelehnt hat, nicht festhalten lassen.

bb) Auf der Basis der von Klägerin herangezogenen MFM-Empfehlungen 2011 ist indessen eine insgesamt nur unwesentlich höhere Lizenz von 6.046,88 EUR angemessen.

Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenz ist es naheliegend, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hatte (vgl. BGH a.a.O. Rn. 27; LG Düsseldorf vom 01.04.2009 - 12 O 277/08 - Rn. 24, zitiert nach juris). Die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen (vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 - Informationsbroschüre; OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 29; offen gelassen in BGH NJW 2010, 2354 Rn. 36 - Restwertbörse). Dabei enthalten die MFM-Empfehlungen 2011 im Abschnitt "Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)" Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblicher Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. S. 394; Hanseatisches OLG vom 26.09.2007 - 5 U 165/06 - Rn. 56 ff., zitiert nach juris; Senat vom 30.04.2010 - 6 U 201/09 -; vom 12.05.2010 - 6 U 198/09 -), so auch auf Online-Plattformen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 4; LG Düsseldorf vom 19.03.2008 - 12 O 416/06 - Rn. 1 f., 35, zitiert nach juris), als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen.

Die MFM-Empfehlungen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 28 ff. - Pressefotos; OLG Braunschweig a.a.O. S. 922; OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 29; Senat vom 30.04.2010 - 6 U 201/09 -; vom 23.05.2012 - 6 U 79/12 -). Insofern ist auch zu beachten, dass es sich bei den MFM-Empfehlungen weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr eher um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt (vgl. BGH NJW 2010, 2354 Rn. 36 - Restwertbörse). Die Anpassung der in den MFM-Empfehlungen 2011 ausgewiesenen Grundhonorare und Vergütungssätze auf den vorliegenden individuellen Fall ergibt, dass die vom Beklagten zu entrichtende fiktive Lizenzgebühr mit 6.046,88 EUR zu veranschlagen ist.

Die Klägerin hat die von ihr veranschlagten Grundhonorare für die Online-Nutzung der Lichtbilder auf einer Unterseite gemäß den MFM-Empfehlungen 2011 an Hand angemessener Zeiträume ermittelt. Die jeweilige Zeitdauer orientiert sich an den vom Beklagten mitgeteilten Gesamtzeiträumen der jeweiligen Lichtbildnutzung. Der Beklagte hat die Fotografien zwar nicht im Rahmen durchgängiger mehrmonatiger Verkaufsangebote, sondern ausweislich des angefochtenen Urteils bei wiederkehrenden Verkaufsaktionen verwendet. Die Klägerin hat in der Berufungsverhandlung aber unwidersprochen vorgebracht, die nachfolgenden Verkaufsaktionen hätten sich zeitlich unmittelbar an das jeweils zuvor endende entsprechende Angebot angeschlossen. Dann aber erscheint es angemessen, der Bemessung des Grundhonorars einen einheitlichen Verkaufszeitraum zu Grunde zu legen.

Die von Klägerin auf der Basis der MFM-Empfehlungen 2011 kalkulierten Grundhonorare bedürfen vorliegend indessen der Kürzung. Bei den in Rede stehenden 74 Lichtbildern handelt es sich um vergleichsweise schlichte Werbefotografien zur Präsentation von Damentextilien. Anders als bei aufwändig gestalteten künstlerischen Produktlichtbildern eines professionellen Fotografen, wie sie den Mitgliedern des Senats aus dem Werbematerial gewerblicher Bekleidungsunternehmen bekannt sind und an denen die MFM-Empfehlungen ausgerichtet sind, hat die Geschäftsführerin der Klägerin eine Mitarbeiterin hier vor einem einfachen statischen Hintergrund ohne zusätzlichen Einsatz besonderer Requisiten (abgesehen von einem Barhocker) abgelichtet (vgl. zu einer solchen Konstellation AG Köln vom 21.04.2011 - 137 C 691/10 - Rn. 23 f.; AG Düsseldorf vom 13.07.2011 - 57 C 1701/11 - Rn. 23; jeweils zitiert nach juris). Dabei hat der Beklagte schon in erster Instanz vorgebracht, die in den MFM-Empfehlungen 2011 festgelegten Honorare seien für Produktfotografien auf dem Damenbekleidungssektor jedenfalls im Niedrigpreissegment wegen der geringen Gewinnspanne und der anderenfalls deutlich zu erhöhenden Preise gegenüber gewerblichen Anbietern nicht durchsetzbar und darum in diesem Marktsegment nicht branchenüblich (vgl. dazu auch AG Düsseldorf a.a.O. Rn. 21). Dem ist die für die Angemessenheit der verlangten fiktiven Lizenz darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht durch konkreten abweichenden Sachvortrag substantiiert entgegengetreten. Unter diesen Umständen erscheint dem Senat im Ausgangspunkt eine Kürzung der von der Klägerin veranschlagten Grundhonorare um 25 % angebracht.

Die so ermittelten Grundhonorare sind mit einem 50-prozentigen Zuschlag zu versehen, wie ihn die MFM-Empfehlungen 2011 für einen Online-Shop vorsehen. Der Beklagte hat jeweils eine Mehr- bis Vielzahl des jeweiligen Textilprodukts zum Verkauf angeboten. Eine solche "Multi-Auktion" gleicht einem Online-Shop, bei dem ebenfalls durch die Nutzung eines Lichtbilds mehrere Vertragsschlüsse über das identische Produkt herbeigeführt werden sollen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 30). Eine zusätzliche Berücksichtigung auch der Anzahl der nachfolgend verkauften Artikel kommt demgegenüber, auch weil ein Online-Shop regelmäßig auf die Veräußerung einer Vielzahl von Produkten ausgerichtet ist, nicht in Betracht (vgl. OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 33).

Allerdings können die auf diese Weise ermittelten Honorare nicht für jedes der vom Beklagten verwendeten 74 Lichtbilder gesondert veranschlagt werden. Die in den MFM-Empfehlungen 2011 ausgewiesenen Honorare beziehen sich zwar nach den darin angeführten marktüblichen allgemeinen Konditionen für die Nutzung von Bildern auf einzelne Bilder. Im vorliegenden Fall besteht aber die - von den allgemeinen MFM-Empfehlungen 2011 nicht erfasste - Besonderheit, dass von konkreten Textilien im Rahmen jeweils eines einheitlichen Foto-Shootings Lichtbildserien erstellt worden sind, bei denen die Produkte bei ansonsten gleichbleibender Dekoration nur aus unterschiedlichen Perspektiven und in verschiedenen Posen der Mitarbeiterin der Klägerin abgelichtet worden sind. Diese Fotoserien dienten jeweils der einheitlichen Bebilderung des jeweiligen zum Verkauf angebotenen Produkts. In dieser Form nutzt sie nicht nur die Klägerin in ihrem Online-Shop, sondern werden diese auch ihren Kunden zur Veranschaulichung der Verkaufsangebote überlassen. Die Klägerin hat insoweit nicht vorgebracht, dass sie die angeblich in die Verkaufspreise einkalkulierten Lizenzgebühren nach der genauen Anzahl der zur Verfügung gestellten Fotografien bemessen hat.

Unter diesen Umständen hätten vernünftige Lizenzvertragsparteien wegen der Anfertigung ähnlicher, in sachlichem Zusammenhang stehender und im Rahmen eines einheitlichen Shootings angefertigter Lichtbilder, nicht zuletzt wegen des damit verbundenen verhältnismäßigeren geringeren Erstellungsaufwands, nicht für jedes einzelne der 74 Fotografien eine Vergütung vereinbart (vgl. auch AG Düsseldorf a.a.O. Rn. 32). Naheliegend und angemessen erscheint vielmehr, dass sich die Entlohnung an der jeweiligen Fotoserie orientiert hätte. Die Qualifikation als einheitliche Lichtbildserie bestimmt sich dabei nach dem im Rahmen des jeweiligen Shootings konkret abgelichteten Produkt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für die drei Ausführungen des Modells der Nadelstreifenhose eigenständige Lichtbildserien von der jeweils unterschiedlich gekleideten Mitarbeiterin der Klägerin erstellt worden sind. Entsprechendes gilt für die zweifache Ausführung des Westenmodells. Dass der Beklagte die bebilderten Ausführungen der Nadelstreifenhosen und Westen im Rahmen jeweils einheitlicher Verkaufsaktionen angeboten hat und es sich deshalb nur um fünf verschiedene "F"-Angebote handelt, ist für die - sich an den zu nutzenden Lichtbildserien und nicht an den Verkaufspräsentationen orientierende - Lizenz nicht entscheidend.

Zuzüglich der von der hellen Jeans mit Waschung und weißem Gürtel, der blauen Jeans mit weißem Gürtel und dem Minirock erstellten Lichtbilder ist daher von acht zu lizenzierenden Fotoserien auszugehen. Im Hinblick auf deren Umfang ist anzunehmen, dass vernünftige Parteien das Grundhonorar für ein Lichtbild bei Abschluss eines Lizenzvertrags - ähnlich wie bei dem in den MFM-Empfehlungen 2011 vorgesehenen Zuschlag für einen Online-Shop - angemessen erhöht hätten. Dabei erscheint, soweit die Fotoserien aus 9 bis 12 Lichtbildern (dabei jeweils eines als vergrößerter Ausschnitt eines anderen Fotos) bestehen, eine Verdreifachung sowie im Hinblick auf die beiden aus 4 bzw. 6 Lichtbildern bestehenden Fotoserien betreffend die Westen eine Verdoppelung angebracht.

Weitergehende Zuschläge sind nicht angezeigt. Soweit in den MFM-Empfehlungen 2011 als marktübliche allgemeine Kondition für die Nutzung von Bildern ein 30-prozentiger Zuschlag für Fotomodell-Aufnahmen vorgesehen ist, hat die Klägerin nicht dargetan, dass für ihre als Modell eingesetzte Mitarbeiterin Zusatzkosten in vergleichbarer Höhe wie beim Engagement eines professionellen Fotomodells angefallen sind. Ebenso wenig ist ein Zuschlag angezeigt, weil der Beklagte die Lichtbilder zur Präsentation der Textilprodukte eines Wettbewerbers eingesetzt hat (vgl. dazu OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 30, 36 ff.). Dieser Aspekt wird vorliegend hinlänglich dadurch berücksichtigt, dass die Klägerin vom Beklagten - anders als von ihren eigenen Abnehmern - ein gesondertes Entgelt für die Nutzung der Lichtbilder erhält. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, sie habe die Lizenzgebühr in ihre Preise einkalkuliert, hat sie nicht näher dargelegt, dass sich die Entgelte wegen der Zurverfügungstellung der Produktabbildungen um einen konkreten Betrag nennenswert erhöht haben. Der von der Klägerin weiter angeführte Grad des Verschuldens des Beklagten ist für den nach dem Grundsatz der Lizenzanalogie bemessenen Schaden irrelevant. Die fiktive Lizenzgebühr richtet sich am hypothetischen Abschluss eines regulären Lizenzvertrags und nicht an der begangenen Rechtsverletzung aus.

Die Vornahme weiterer Abschläge scheidet ebenfalls aus. Der Beklagte hat durch die Bebilderung der Produkte nicht nur ein ihm eingeräumtes Nutzungsrecht überschritten. Denn sein Recht zur Nutzung der Fotos war durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin von vornherein auf die Bebilderung der konkret erworbenen Produkte beschränkt. Die streitgegenständlichen Präsentationen bezogen sich indes nach dem unstreitigen erstinstanzlichen Parteivortrag auf Textilien, die der Beklagte nach dem Verkauf der von der Klägerin bezogenen Ware von einem anderen Großhändler bezogen hatte. Die anderweitige pauschale Behauptung des Beklagten in der Berufungsverhandlung ist, wie aufgezeigt, prozessual unbeachtlich. Demzufolge kann dem Beklagten auch nicht in Form eines Lizenzabschlags zu Gute kommen, dass die Klägerin von ihren Abnehmern keine Lizenzgebühr für die Verwendung der Lichtbilder im Zuge der Weiterveräußerung verlangt. Insoweit handelt es sich um eine andere geschäftliche Situation, da die Erlaubnis zur Bebilderung von der Klägerin bezogener Waren deren eigenen Absatz und nicht denjenigen eines konkurrierenden Großhändlers gefördert hat.

Danach errechnet sich die der Klägerin zustehende fiktive Lizenz auf der Basis der von ihr in der Klage zu Grunde gelegten Grundhonorare wie folgt:

- Hose mit Nadelstreifen:

(310,00 EUR (Grundhonorar) - 25 % (wegen einfacher Werbefotografien für Produkte mit geringer Gewinnspanne)) x 1,5 (Online-Shop-Zuschlag) x 3 (Serien-Zuschlag) x 3 (Anzahl der Bildserien) = 3.138,75 EUR

- helle Jeans mit Waschung und weißem Gürtel:

(150,00 EUR - 25 %) x 1,5 x 3 = 506,25 EUR

- blaue Jeans mit weißem Gürtel:

(255,00 EUR - 25 %) x 1,5 x 3 = 860,63 EUR

- Minirock:

(150,00 EUR - 25 %) x 1,5 x 3 = 506,25 EUR

- Weste:

(230,00 EUR - 25 %) x 1,5 x 2 x 2 = 1.035,00 EUR

insgesamt 6.046,88 EUR

b) Soweit die Klägerin sich dagegen wendet, dass das Landgericht 100-prozentige Zuschläge auf die fiktiven Lizenzen wegen Verletzung des Urheberbenennungsrechts ihrer Geschäftsführerin in Höhe von insgesamt 26.782,50 EUR abgelehnt hat, hat ihre Berufung keinen Erfolg.

aa) Die Klage ist insoweit bereits mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin unzulässig. Die Klägerin macht einen Anspruch ihrer Geschäftsführerin wegen Verletzung von deren Recht auf Urheberbenennung geltend. Die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft sind indessen nicht dargetan.

Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte in der Klageerwiderung eine Ermächtigung bestritten hat, nicht konkret dargelegt, bei welcher Gelegenheit sie von ihrer Geschäftsführerin zur gerichtlichen Geltendmachung deren Zahlungsanspruchs ermächtigt worden sein will. Auf die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 2 UrhG vermag sich die Klägerin nicht zu stützen, weil bekannt ist, dass ihre Geschäftsführerin die Fotografien erstellt hat und darum keine Unsicherheit über die Person des Urhebers besteht. Auch ist die Klägerin nicht als "Herausgeberin" der Lichtbilder bezeichnet worden. Soweit diese sich in Ziffer 8. ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst als Rechteinhaberin bezeichnet haben sollte, handelt es sich nicht um einen Bildnachweis auf den geschützten Werken selbst.

Des Weiteren ist ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Verfolgung des Zahlungsanspruchs ihrer Geschäftsführerin nicht erkennbar. Hierfür können zwar auch wirtschaftliche Belange des Klägers heranzuziehen sein (vgl. BGH NJW-RR 1989, 690 - Kronenthaler; NJW-RR 1995, 358, 360 - Nicoline; GRUR 2008, 1108 Rn. 54 - Haus & Grund III; GRUR 2009, 181 Rn. 18 - Kinderwärmekissen). Die Klägerin hat aber nicht näher aufgezeigt, dass ihr ausschließliches Nutzungsrecht an den Lichtbildern mit einem wirtschaftlichen Interesse einhergeht, dass der Beklagte ihre (der Klägerin) Geschäftsführerin für deren fehlende Ausweisung als Lichtbildnerin zu entschädigen hat.

bb) Darüber hinaus ist das Zahlungsbegehren der Klägerin sachlich nicht gerechtfertigt. Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, kann der Prozessstandschafter, da er nicht Inhaber des geltend gemachten Anspruchs ist, grundsätzlich keine Leistung an sich selbst verlangen (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, vor § 50 Rn. 53). Etwas anderes gilt nur, wenn er vom Rechtsträger über die Prozessführung hinaus gemäß den §§ 185 Abs. 1, 362 Abs. 2 BGB zur Einziehung der eingeklagten Forderung ermächtigt worden ist (vgl. Vollkommer a.a.O. Rn. 52; so auch LG Düsseldorf vom 19.03.2008 - 12 O 416/06 - Rn. 40, 43, 45, zitiert nach juris). Soweit die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen erstinstanzlichen Schriftsatz vom 09.08.2012 pauschal vorgebracht hat, ihre Geschäftsführerin sei mit einer Zahlung zu ihren (der Klägerin) Händen einverstanden, hat sie die näheren Umstände der Ermächtigung nicht dargelegt. Im Übrigen hat sie an dieser Behauptung im Rahmen der Erörterungen in der Berufungsverhandlung nicht festgehalten.

Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschäftsführerin der Klägerin aus dem Umstand, dass sie vom Beklagten nicht als Urheberin der veröffentlichten Fotografien benannt worden ist, ein Zahlungsanspruch aus dem vom Landgericht herangezogenen § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG oder nach Art einer Vertragsstrafe (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Brandenburg a.a.O. Rn. 54) erwachsen ist.

Zwar ist allgemein anerkannt, dass der Lichtbildner bei einem unterlassenen Bildquellennachweis wegen der Verletzung seines aus den §§ 72 Abs. 1, 13 S. 2 UrhG resultierenden Rechts, bei der Verwertung seines Werks als solcher benannt zu werden, regelmäßig einen 100-prozentigen Aufschlag auf das für die jeweilige Nutzung übliche Honorar, also in Höhe der angemessenen Lizenzgebühr, beanspruchen kann (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Brandenburg a.a.O.; Senat vom 12.05.2010 - 6 U 198/09 -; Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage, § 13 Rn. 35, § 72 Rn. 27). Wegen der besonderen Sachverhaltsumstände kommt eine Vergütung vorliegend jedoch nicht in Betracht.

Die Geschäftsführerin der Klägerin hat die Lichtbilder nicht als professionelle Fotografin erstellt, so dass ihr an einer Bezeichnung als Urheberin nicht schon aus dem wirtschaftlich motivierten Grund der Steigerung eines beruflichen Bekanntheitsgrads und/oder einer persönlichen Werbewirkung gelegen sein musste (einen Zuschlag wegen unterbliebenen Bildquellennachweises in einem solchen Fall deshalb generell verneinend AG Düsseldorf a.a.O. Rn. 27). Dementsprechend ist Frau B weder im Online-Shop der Klägerin noch bei bebilderten Verkaufsangeboten von deren Abnehmern als Fotografin der eingesetzten Lichtbilder ausgewiesen worden. Dabei war im Rahmen der Verkaufspräsentionen der Kunden der Klägerin nicht erkennbar, ob die Anbieter die offerierten Produkte von der Klägerin oder einem anderen Großhändler bezogen hatten. Daher ist davon auszugehen, dass die Geschäftsführerin der Klägerin generell kein Interesse daran hatte, in der Öffentlichkeit als Fotografin der in Rede stehenden Lichtbilder in Erscheinung zu treten. Erst recht fehlt ein solches Interesse aber bei der Verwendung der Fotos für die werbliche Präsentation von Konkurrenzprodukten. Unter diesen Umständen vermag sich die Klägerin nicht darauf zu berufen, der fehlende Quellennachweis bei der Bebilderung der vom Beklagten angebotenen Produkte habe das Recht ihrer Geschäftsführerin auf Benennung als Urheberin der Lichtbilder erheblich beeinträchtigt (vgl. dazu Senat vom 12.10.2012 - 6 U 83/12 -).

Ebenso wenig greift der Vorwurf der Klägerin, der Beklagte habe sich die Stellung des Lichtbildurhebers angemaßt. Soweit dieser bei einigen Fotografien seitlich in vertikalen Großbuchstaben seine Geschäftsbezeichnung "C" eingeblendet hat, handelt es sich weder nach der Platzierung noch nach dem Inhalt um eine übliche Urheberbezeichnung (§ 10 Abs. 1 UrhG). Dann aber erscheint fernliegend, dass der Verkehr aus jener Angabe auf die Lichtbildnerschaft der Firma "C" schließt.

2. Soweit die Klägerin die Erstattung von anwaltlichen Kosten für ihre Abmahnung vom 12.10.2011 verlangt, beläuft sich ihr Ersatzanspruch gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG auf nicht mehr als die vom Landgericht zugesprochenen 1.780,20 EUR.

Die Abmahnung war dem Grunde nach lediglich teilweise berechtigt. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war nur gerechtfertigt, soweit sich diese gegen die öffentliche Zugänglichmachung der 74 Lichtbilder in Form von Verkaufsangeboten des Beklagten auf der Internetplattform "F" sowie deren Vervielfältigung in Gestalt der Einstellung in wiederkehrende Verkaufsauktionen gewandt hat. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Zugänglichmachung sowie anderweitige Nutzung oder Verwertung zur Unterlassung begehrt hat, standen solche im Kern andersartigen Handlungen nicht zu befürchten, da der Beklagte die mit den Fotografien bebilderten Textilien nebenberuflich allein über das "F"-Portal vertrieben hat (vgl. dazu BGH GRUR 2010, 616 Rn. 35 f. - marionskochbuch.de). Darüber hinaus konnte die Klägerin den in der Abmahnung angeführten Entschädigungsanspruch ihrer Geschäftsführerin wegen fehlenden Fotoquellennachweises nicht geltend machen. Im Hinblick auf das nach alledem zu weitreichende Begehren der Klägerin ist deren Abmahnung zu mindestens 20 % als unberechtigt anzusehen.

Das Landgericht hat die vom Beklagten zu ersetzenden Abmahnkosten zu Recht auf nicht mehr als 1.780,20 EUR beziffert. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das Unterlassungsbegehren der Klägerin hat es zutreffend darauf abgestellt, dass deren wirtschaftliches Interesse an Hand der Fotoserien zu bemessen ist, welche der einheitlichen Präsentation eines bestimmten Produkts dienen und als solche von beiden Parteien verwendet worden sind. Dabei stellt sich der vom Landgericht - auf der Basis des nach ständiger Senatsrechtsprechung mit 6.000,00 EUR festzusetzenden Streitwerts für die gewerbliche Lichtbildnutzung - veranschlagte Gegenstandswert von 18.000,00 EUR für jeweils eine Fotoserie nicht als unangemessen niedrig dar. Insofern hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung der Serien aus optisch und sachlich zusammengehörigen Lichtbildern auf der Internetplattform "F" nicht mathematisch an Hand der Anzahl der Fotografien ermitteln lässt (vgl. auch OLG Köln GRUR-RR 2010, 173, 175 - 964 Musikdateien zum Download) und sich der Gegenstandswert für eine Fotoserie deshalb nicht durch die schlichte Addition von Einzelwerten für die davon jeweils umfassten Lichtbilder ermitteln lässt. Veranschlagt man hinsichtlich der beiden Fotoserien zu dem Westenmodell trotz deren überschaubaren Umfangs von 4 bzw. 6 Fotos wie das Landgericht keinen niedrigeren Gegenstandswert als für die jeweils aus 9 bis 12 Lichtbildern bestehenden anderen Serien, so ergibt sich auf der Basis von acht (statt der erstinstanzlich angenommenen fünf) Fotoserien ein Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren von 144.000,00 EUR. Selbst wenn man auf der Grundlage des damaligen Erkenntnisstands das Auskunftsverlangen der Klägerin mit den von dieser angesetzten 5.000,00 EUR und das (einer Feststellungsklage entsprechende) Verlangen nach Anerkenntnis der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach mit 10.000,00 EUR bemessen sollte, so beläuft sich der Gegenstandswert der Abmahnung insgesamt auf nicht mehr als 159.000,00 EUR.

Eine danach zu errechnende 1,3-fache Geschäftsgebühr in Höhe von 2.160,60 EUR ist, da die Abmahnung teilweise unberechtigt war, wegen der vorzunehmenden Quotelung (vgl. BGH GRUR 2010, 744 Rn. 52 - Sondernewsletter; GRUR 2012, 949 Rn. 49 - Missbräuchliche Vertragsstrafe) um jedenfalls 20 % auf 1.728,48 EUR zu kürzen. Zuzüglich der Auslagenpauschale belaufen sich die erstattungsfähigen Abmahnkosten danach auf 1.748,48 EUR.

3. Der weitergehende Zinsanspruch ist dem Grunde nach unter Verzugsgesichtspunkten aus den §§ 288 Abs. 1 S. 1, 286 Abs. 2 S. 1 BGB gerechtfertigt. Allerdings steht der Klägerin aus dem in zweiter Instanz zusätzlich zugesprochenen Schadensersatzbetrag von 1.046,88 EUR gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB nur ein Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Ein Schadensersatzanspruch stellt, auch wenn er an Hand einer fiktiven Lizenz berechnet wird, keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB dar.

4. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 08.02.2013 hat vorgelegen, aber zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 525 S. 1, 156 ZPO) keinen Anlass gegeben. Gleiches gilt für den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 25.02.2013, in dem er sich erstmals auf die Üblichkeit konkreter Stücklizenzen berufen hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze in einem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkreten Sachverhalts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 65.000,00 EUR






OLG Köln:
Urteil v. 01.03.2013
Az: 6 U 168/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bc6b54b5bcda/OLG-Koeln_Urteil_vom_1-Maerz-2013_Az_6-U-168-12




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