Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Januar 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 87/04

(BPatG: Beschluss v. 25.01.2005, Az.: 24 W (pat) 87/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die für die Waren "Cl 11 Collecteurs solaires" in den Farben "blau, gelb, schwarz"

international registrierte Marke 788 008 sucht um Schutz in Deutschland nach.

Mit Beschluß vom 18. Februar 2004 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts der IR-Marke den Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, Art 6 quinqies B Nr 2 PVÜ) verweigert. Der Prüfer begründet dies damit, daß die Angabe "prima SUN" iSv "excellent, sehr gut, ausgezeichnet, prima für die Sonne" bzw "die Nutzung der Sonne geeignet" nur ein betriebsneutraler Hinweis auf bestimmte Eigenschaften einer Sache sei. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise würde durch die Bezeichnung "prima SUN" damit sofort und ohne weiteres Nachdenken ausschließlich ein konkreter und direkter Bezug zu den beanspruchten Waren hergestellt. Der Verkehr habe daher keine Veranlassung, die Angabe als individualisierenden betrieblichen Herkunftshinweis zu verstehen. Die Ausgestaltung und die Farbgebung, welche iü den Schutz der Marke nicht auf die gewählten Farben beschränke, halte sich im Rahmen üblicher werbegrafischer Gestaltungsmittel und sei nicht geeignet, der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Nach ihrer Auffassung besitzt die IR-Marke die erforderliche Unterscheidungskraft und besteht auch nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Beschreibung von Merkmalen der für die Marke registrierten Waren dienen können. Der Verkehr werde die Wortzusammenstellung "prima SUN" bei der zu erwartenden nicht analysierenden Betrachtungsweise nächstliegend mit "prima Sonne" übersetzen. In diesem Sinn aber könne ihr für die beanspruchten Waren kein im Vordergrund stehenden unmittelbar beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. In der ihr innewohnenden Bedeutung sei die Marke lediglich geeignet, die Sonne selbst zu beschreiben. Zur Beschreibung der beanspruchten Waren müßten hingegen weitere Bestandteile hinzugedacht werden, zB "prima for sun energy", was aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zulässig sei (vgl BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Hinzu komme, daß die Marke in fantasievoller Weise grafisch ausgestaltete sei und auch deshalb als markenmäßige Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens wirke.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die nach § 165 Abs 4 und 5 Nr 1 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen dem Schutz der international registrierten Marke in Deutschland keine absoluten Schutzhindernisse nach §§ 107, 113 Abs 1 Satz 1, 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG iVm Art 5 Abs 1 MMA, Art 6 quinquies B Nr 2, 1. u 2. Alt PVÜ entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmungen ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; MarkenR 2003, 187, 190 - Nr 40 - "Linde ua"; MarkenR 2004, 116, 120 - Nr 48 - "Waschmittelflasche"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"; MarkenR 2003, 148, 149 "Winnetou"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl ua EuGH aaO - Nr 41 - "Linde ua "; aaO - Nr 50 - "Waschmittelflasche"). Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen idR so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl ua BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; EuGH aaO - Nr 53 - "Waschmittelflasche"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt oder auch eine bloße Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art zuordnen (vgl ua EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 86 - "Postkantoor"; BGH aaO "marktfrisch"; GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; GRUR 2000, 323, 324 "Partner with the Best"). Diese Voraussetzungen können bei der vorliegend zu beurteilenden IR-Marke nicht festgestellt werden.

Zwar besitzen die in der IR-Marke enthaltenen Wortbestandteile "prima" und "SUN" einzeln für sich betrachtet nicht die erforderliche Unterscheidungseignung bezüglich der von der Marke erfaßten Waren "Collecteurs solaires" (= Sonnenkollektoren). Das deutsche Adjektiv "prima" stellt in seiner Bedeutung "erster Güte, erstklassig, hervorragend, sehr gut" (vgl Bertelsmann, Wörterbuch der deutschen Sprache, 2004, S 1085) ersichtlich nur eine allgemein werbliche Qualitätsanpreisung dar. Und auch das in seiner Bedeutung "Sonne" dem angesprochenen inländischen Publikum ohne weiteres verständliche einfache englische Grundwort "SUN" weist gerade für Sonnenkollektoren lediglich auf deren Bestimmung bzw Einsatzgebiet hin. Allein aus der fehlenden Unterscheidungskraft der in einer Marke enthaltenen einzelnen Wortbestandteile kann jedoch noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß auch einer Kombination aus diesen Wortbestandteilen keine Unterscheidungskraft zukommt. Vielmehr ist stets auf das durch die Wörter gebildete Ganze, dh auf die Gesamtwahrnehmung dieser Wortzusammenstellung durch die angesprochenen Verkehrskreise, abzustellen und danach zu fragen, ob ein nicht unterscheidungskräftiger beschreibender oder werblicher Charakter auch der Wortkombination insgesamt zu entnehmen ist (vgl EuGH GRUR 2001, 1145, 1147 - Nr 40 - "Babydry"; GRUR 2004, 943, 945 - Nr 35 - "SAT.2"; BGH GRUR 2001, 2001 162, 163 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2002, 64, 65 "AC"), etwa weil sich die Zusammenstellung der Wörter nur in einer bloßen Aneinanderreihung der einzelnen Sach- oder Werbeangaben erschöpft, oder weil sie einen eigenen (Gesamt-)Begriff bildet, der als solcher wiederum lediglich eine beschreibende oder rein werbliche Aussage vermittelt (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 136). Davon kann bei der vorliegend zu beurteilenden Wortkombination "prima SUN" nicht ausgegangen werden.

Die Wortfolge stellt syntaktisch als Zusammenstellung eines Adjektivs und eines nachfolgenden Substantivs wie auch semantisch in ihrer ohne weiteres verständlichen Bedeutung "prima, erstklassige, hervorragende, sehr gute Sonne" eine aufeinander bezogene gesamtbegriffliche Einheit dar. Diese Gesamtbegrifflichkeit steht der Annahme entgegen, die Wortzusammenstellung könne im Verkehr als bloße Aneinanderreihung von einer die beanspruchten Sonnenkollektoren als "prima, erstklassig, sehr gut" allgemein anpreisenden Werbeangabe einerseits und einer auf die Bestimmung der Waren für die "Sonne" hinweisenden Angabe andererseits aufgefaßt werden. Ferner läßt sich der Wortkombination als solcher keine die in Rede stehenden "Sonnenkollektoren" direkt beschreibende oder werblich anpreisende Aussage entnehmen. Insofern weist die Markeninhaberin zutreffend darauf hin, daß mit "prima SUN" bzw "prima Sonne" an sich nur die Sonne näher mit "prima, ausgezeichnet, sehr gut etc" bezeichnet wird. Eine unmittelbar produktbezogene Anpreisung würde sich vielmehr erst ergeben, wenn das Adjektiv "prima" mit der Warenbezeichnung "Sonnenkollektor(en)" oder ggf auch mit einem die Wirkung von Sonnenkollektoren bezeichnenden Begriff, zB "Solarstrom", kombiniert wäre. Nachdem aber das Wort "sun" bzw "Sonne" kein Synonym oder Kurzwort für Sonnenkollektoren (engl = "solar panel"), Solarstrom (engl = "solar power") oä Begriffe ist, erschließt sich ein unmittelbarer werblich beschreibender Begriffsgehalt der Bezeichnung "prima SUN" allenfalls nach weiteren Überlegungen und gedanklichen Ergänzungen. Als einer Wortkombination, welcher lediglich eine die Art, Wirkung, Bestimmung oder sonstige Merkmale von Sonnenkollektoren mittelbar andeutende, vage und interpretationsbedürftige Aussage innewohnt, kann jedoch dem Wortbestandteil "prima SUN" und damit auch der IR-Marke insgesamt nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Hinzu kommt, daß die Wortfolge "prima SUN" in der schutzsuchenden Marke eine farbige grafische Ausgestaltung erfahren hat, in der sie unter Bezeichnung der beanspruchten Farben "schwarz, blau, gelb" im internationalen Register eingetragen ist. Dabei wird, entgegen der Auffassung der Markenstelle, durch die erfolgte farbige Registrierung der Schutzgegenstand der Marke auf die angegebene Farbgestaltung beschränkt (vgl BGH GRUR 2004, 683, 684 "Farbige Arzneimittelkapsel"). Zwar bewegen sich die konkret verwendeten Gestaltungsmittel, die rechteckige schwarze Unterlegung des Schriftzuges sowie die unterschiedlichen Schrifttypen und die unterschiedlichen Farben blau und gelb der beiden Worte "prima" und "SUN", durchaus im Rahmen werbeüblicher Gebrauchsgrafik zur Ausschmückung von Werbe- oder Sachangaben, die weder als solche noch in Kombination mit einem ebenfalls nicht nicht kennzeichnenden Wort Unterscheidungskraft begründen könnten (vgl BGH GRUR 2001, 1153 "anti KALK" mwNachw). Zusammen mit der einen werblichen Sachhinweis für die beanspruchten Waren lediglich mittelbar andeutenden Wortkombination "prima SUN" verstärken die farbigen grafischen Elemente hier jedoch den Charakter einer in dieser konkreten Gestaltung und Farbgebung unterscheidungskräftigen Marke.

Aus den dargelegten Gründen besteht die schutzsuchende IR-Marke auch nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der in Rede stehenden Waren dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; Art 6 quinquies B Nr 2, 2. Alt PVÜ).

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 25.01.2005
Az: 24 W (pat) 87/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bb46d3188230/BPatG_Beschluss_vom_25-Januar-2005_Az_24-W-pat-87-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share