Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. November 2006
Aktenzeichen: NotZ 34/06

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1980 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und wurde im Jahr 1984 zum Notar mit Amtssitz in W. (Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg) bestellt.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 hat der Antragsgegner dem Antragsteller mitgeteilt, dass er dessen Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO beabsichtige, weil die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers die Interessen der Rechtsuchenden gefährde. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist ohne Erfolg geblieben; vielmehr hat das Oberlandesgericht festgestellt (§ 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO), dass die Voraussetzungen für die endgültige Amtsenthebung des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen diese Entscheidung hat der Senat mit Beschluss vom 20. März 2006 (NotZ 48/05) zurückgewiesen. Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Verfassungsbeschwerde hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 2. Mai 2006 (1 BvR 795/06) nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit Bescheid vom 21. März 2006 hat der Antragsgegner den Antragsteller gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO endgültig seines Amtes als Notar enthoben. Den hiergegen vom Antragsteller gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 111 Abs. 4 BNotO, § 42 Abs. 4 BRAO), bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Ist im Verfahren nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO festgestellt, dass gegen den Notar einer der Amtsenthebungsgründe des § 50 Abs. 1 Nrn. 5 bis 9 BNotO vorliegt, ist es diesem grundsätzlich verwehrt, die nachfolgende endgültige Amtsenthebung mit der Begründung anzufechten, der Amtsenthebungsgrund sei nicht gegeben. Vielmehr ist die Feststellung des Amtsenthebungsgrundes für den anschließenden Streit über die Rechtmäßigkeit der endgültigen Amtsenthebung im Allgemeinen bindend. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Notar durch einen entsprechenden Antrag eine gerichtliche Entscheidung über das Vorliegen des Amtsenthebungsgrundes herbeigeführt hat (st. Senatsrechtsprechung, s. etwa BGHZ 44, 65, 72; 78, 229, 230 f.; 149, 230, 232; Beschluss vom 22. März 2004 - NotZ 23/03 = NJW 2004, 2018); hiergegen bestehen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Bedenken (BVerfG NJW 2005, 3057). Ob an der Ansicht des Senats festzuhalten ist, dass diese Grundsätze entsprechend auch dann gelten, wenn der Notar, nachdem ihm die Justizverwaltung ihre Absicht seiner Amtsenthebung aus einem der Gründe des § 50 Abs. 1 Nrn. 5 bis 9 BNotO eröffnet hat, von seinem Antragsrecht nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO keinen oder keinen rechtzeitigen Gebrauch macht (vgl. Senat BGHZ 78, 232, 233 f.; 149, 230, 232; Beschluss vom 22. März 2004 aaO), oder ob die von der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hiergegen geäußerten Bedenken (BVerfG NJW 2005, 3057 f.) insoweit eine Abkehr von dieser Rechtsprechung veranlassen, bedarf keiner Entscheidung; denn ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.

Im Verfahren über die endgültige Amtsenthebung sind jedoch solche Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluss des Vorschaltverfahrens nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO und vor dem Ausspruch der endgültigen Amtsenthebung durch die Justizverwaltung eingetreten sind (Senat, BGHZ 149, 230, 233 ff.; Beschluss vom 22. März 2004 aaO). Auch gegen diese Rechtsauffassung des Senats hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts Bedenken insoweit erhoben, als es dem Notar danach verwehrt ist, gegen die Rechtmäßigkeit seiner endgültigen Amtsenthebung Umstände geltend zu machen, die erst nach dem Ausspruch der endgültigen Amtsenthebung durch die Justizverwaltung entstanden sind (BVerfG NJW 2005, 3057, 3058). Hierzu ist aber ebenfalls keine nähere Erörterung veranlasst; denn auch diese Bedenken sind vorliegend nicht von entscheidungserheblichem Belang. Der Antragsteller zeigt keine nach dem Bescheid des Antragsgegners vom 21. März 2006 eingetretenen Umstände auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, durch die Art seiner Wirtschaftsführung seien die Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gefährdet:

Das schriftsätzliche Vorbringen des Antragstellers vor dem Oberlandesgericht und dem Senat erschöpft sich der Sache nach im Wesentlichen in dem Versuch aufzuzeigen, dass aus verschiedenen einfach- und verfassungsrechtlichen Gründen das Vorliegen des Amtsenthebungsgrundes im Verfahren nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO nicht hätte festgestellt werden dürfen. Damit kann er - wie oben dargelegt - nicht mehr gehört werden. Aus dem Beschluss des Senats vom 20. März 2006 sowie dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Mai 2006 ergibt sich im Übrigen das Gegenteil. Darüber hinaus hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht vom 20. Juli 2006 lediglich einige Schreiben von Banken, Versicherungen und dem zuständigen Finanzamt vorgelegt, die kurz vor dieser Verhandlung erstellt worden waren, und in der Beschwerdeschrift den Nachweis einer Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse angekündigt. Damit ist indessen nicht belegt, dass der Amtsenthebungsgrund gegen den Antragsteller entfallen ist. Den vorgelegten Schreiben lässt sich zwar entnehmen, dass der Antragsteller jedenfalls zum 17. Juli 2006 den ursprünglichen Sollsaldo auf seinem Geschäftskonto bei der O. Landesbank fast vollständig ausgeglichen sowie sein Darlehen bei der Sparkasse L. -W. teilweise zurückgeführt hatte und diese Sparkasse zu einer weiteren Kreditgewährung an den Antragsteller bereit wäre. Eine Rückkehr zu einer geordneten Art der Wirtschaftsführung ist daraus jedoch nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf das vom Antragsteller vorgelegte Schreiben des Finanzamts L. vom 17. Juli 2006, aus dem sich ergibt, dass der Antragsteller relativ geringfügige Steuerforderungen nicht zum Fälligkeitstermin erfüllt hat, so dass bereits ein Säumniszuschlag festgesetzt werden musste. Sonstige Belege für eine umfassende Bereinigung seiner Vermögenslage, die die Bewertung rechtfertigen könnten, der Antragsteller sei wieder zu einer ordnungsgemäßen Art der Wirtschaftsführung zurückgekehrt, hat er nicht beigebracht. Im Gegenteil sind seit dem Bescheid des Antragsgegners vom 21. März 2006 acht Vollstreckungsanträge gegen den Antragsteller eingegangen, davon sechs noch nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts. Dies zeigt, dass sich an der Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers, trotz der behaupteten Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, nichts geändert hat. Da sein Vorbringen somit keine nach Ausspruch der endgültigen Amtsenthebung eingetretenen Umstände aufzeigt, die seinem Rechtsschutzbegehrens zum Erfolg verhelfen könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob derartige Umstände zur Aufhebung des Bescheids des Antragsgegners vom 21. März 2006 führen könnten.

Die sofortige Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Schlick Wendt Becker Lintz Bauer Vorinstanz:

OLG Celle, Entscheidung vom 20.07.2006 - Not 8/06 -






BGH:
Beschluss v. 20.11.2006
Az: NotZ 34/06


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