Bundesverwaltungsgericht:
Beschluss vom 11. März 2010
Aktenzeichen: 7 B 36.09

(BVerwG: Beschluss v. 11.03.2010, Az.: 7 B 36.09)

Wird bei einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung in einer ihm beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung abstrakt darüber belehrt, dass gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden kann, bezieht sich die Rechtsbehelfsbelehrung ohne Weiteres auch auf einen potentiell Drittbetroffenen und setzt - wenn ihm der Verwaltungsakt bekannt gegeben wird - ihm gegenüber die Widerspruchsfrist in Lauf.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. August 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, durch den das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz gemäß § 42 Abs. 1 BBergG auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen festgestellt hat, dass in deren Bewilligungsfeld die Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist.

Die Beigeladene baut im Landkreis G. Quarzkies ab. Eine rohstoffgeologische Untersuchung des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz bestätigte im Jahre 1999 das Vorkommen von Gold im Boden dieses Gebietes. Das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und Rheinland-Pfalz erteilte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf deren Antrag im November 2000 eine Bewilligung gemäß § 8 BBergG. Diese gewährt der Beigeladenen unter anderem auf 50 Jahre befristet das Recht, in einem 913 000 qm großen Bewilligungsfeld Gold aufzusuchen und zu gewinnen. Die Grundstücke im Bewilligungsfeld stehen nur zum Teil im Eigentum der Beigeladenen. Neben anderen ist der Kläger dort Eigentümer zweier Grundstücke.

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beantragte im April 2006 bei dem Oberbergamt, ihr bezogen auf die beiden Grundstücke des Klägers die Berechtigung zur Mitgewinnung des Bodenschatzes Quarz im Rahmen der Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold zu erteilen. Das Oberbergamt gab diesen Antrag und einen parallel gestellten Antrag auf Grundabtretung dem Kläger zur Kenntnis. Der Kläger erhob Einwendungen gegen die beantragte Grundabtretung und die Einräumung einer Berechtigung zur Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold.

Durch Bescheid vom 14. Februar 2007 stellte das Oberbergamt fest, dass im Bewilligungsfeld der Beigeladenen die Gewinnung des Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden kann. Der Bescheid war an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen adressiert und wurde dieser mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Das Oberbergamt übersandte den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit Anschreiben vom 14. Februar 2007 eine Durchschrift des Bescheids. Das Anschreiben enthält Ausführungen zum Verfahren nach § 42 Abs. 1 BBergG, insbesondere zum Verhältnis dieses Verfahrens zum grundgesetzlich geschützten Eigentum des Klägers. Im Anschluss an Ausführungen hierzu führt das Oberbergamt weiter aus, ein (vom Kläger geltend gemachter) Rechtsmissbrauch durch die Beigeladene sei nicht gegeben.

Der Kläger legte gegen den Bescheid des Oberbergamts mit Schreiben vom 22. März 2007, beim Oberbergamt am 26. März 2007 eingegangen, Widerspruch ein. Das Oberbergamt wies den Widerspruch durch Bescheid vom 12. November 2007 mit der Begründung zurück, der Widerspruch sei unzulässig. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, jedenfalls fehle ihm die Widerspruchsbefugnis.

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen des § 42 BBergG für die Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold lägen vor.

Das Oberverwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Es fehle an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens. Der Kläger habe die Widerspruchsfrist nicht eingehalten. Der Bescheid des Oberbergamts sei dem Kläger ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Einer förmlichen Zustellung habe es nicht bedurft. Der erforderliche Wille des Oberbergamts zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts sei vorhanden gewesen. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gelte der Bescheid am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid sei am 15. Februar 2007 in den Postlauf gelangt. Er gelte deshalb als am 18. Februar 2007 bekanntgegeben. Demgemäß sei die Widerspruchsfrist am 19. März 2007 abgelaufen. Der Widerspruch sei indes erst mit Schreiben vom 22. März 2007 eingelegt worden, das beim Oberbergamt am 26. März 2007 und damit verfristet eingegangen sei. Unzutreffend sei die Auffassung des Klägers, die Rechtsmittelfrist habe mangels einer an ihn gerichteten Rechtsbehelfsbelehrung ihm gegenüber nicht zu laufen begonnen. Allerdings könne bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO (partiell) "unterblieben" sein, wenn eine entsprechende Belehrung zwar erteilt worden sei, der Dritte sie nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt aber nicht auf sich habe beziehen müssen. Der Drittbezug habe sich grundsätzlich aus der Rechtsbehelfsbelehrung selbst oder aus der zweckentsprechenden Abfassung eines Begleitschreibens an den Dritten zu ergeben. Die zuletzt genannte Voraussetzung sei hier hinreichend erfüllt. Das Oberbergamt habe mit der Übersendung des Bescheids vom 14. Februar 2007 an den Kläger umfassende Ausführungen zur Rechtsauffassung des Oberbergamts im Rahmen der Prüfung des § 42 BBergG gemacht. Aus diesen Darlegungen werde deutlich, dass das Oberbergamt bei der Bekanntgabe des Bescheides an den Kläger durchaus nicht von einer hinreichend gesicherten Rechtslage hinsichtlich der Anwendung und Auslegung des § 42 BBergG ausgegangen sei, sodass dem Kläger hierdurch die Gelegenheit geboten worden sei, Rechtsmittel innerhalb der Monatsfrist zu erwägen. Das Begleitschreiben erfülle damit die hinreichende Information des Betroffenen, sodass der Fristenlauf mit Bekanntgabe des Bescheides auch gegenüber dem Kläger begonnen habe. Die versäumte Widerspruchsfrist sei nicht durch eine Entscheidung der Behörde in der Sache geheilt worden. Eine Sachentscheidung im eigentlichen Sinne habe nicht vorgelegen, da der Widerspruch aus anderen Gründen als unzulässig verworfen worden sei. Darüber hinaus handele es sich bei der Mitgewinnungsentscheidung um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, sodass es der Behörde auf Grund des schutzwürdigen Vertrauens der Beigeladenen in die Bestandskraft der Entscheidung schon aus Rechtsgründen verwehrt gewesen wäre, sich über die eingetretene Verfristung hinwegzusetzen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

1. Das angefochtene Urteil beruht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf einer Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die der Kläger in seiner Beschwerde benannt hat.

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 - BVerwG 6 B 14.08 - (Buchholz 442.066 § 131 TKG Nr. 1) die abstrakten Rechtssätze aufgestellt, bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung könne eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO partiell "unterblieben" sein, wenn der Dritte eine entsprechende Belehrung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt nicht auf sich habe beziehen müssen. Falls sich der Drittbezug der Rechtsmittelbelehrung nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus ihr selbst ergebe, könne und müsse erforderlichenfalls die Behörde etwaige Unklarheiten durch die zweckentsprechende Abfassung eines an den Dritten gerichteten Begleitschreibens beseitigen.

Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung diese abstrakten Rechtssätze ausdrücklich zugrunde gelegt. Der Kläger ist der Auffassung, bei ihrer zutreffenden Anwendung auf den zu entscheidenden Einzelfall hätte das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, das Begleitschreiben des Oberbergamts sei nicht geeignet gewesen, die Unklarheit zu beseitigen, ob sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch an ihn - den Kläger - richte. Auf diese Weise kann aber eine Abweichung nicht dargelegt werden. Die unrichtige Anwendung von als solchen nicht in Frage gestellten Rechtssätzen auf den Einzelfall stellt keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Namentlich hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 über die Vorgabe "zweckgerecht" hinaus keine näheren abstrakten Anforderungen an ein Begleitschreiben gestellt, durch das dem Drittbetroffenen verdeutlicht wird, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch auf ihn beziehen soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat insbesondere nicht verlangt, das Begleitschreiben dürfe sich nicht (nur) zur materiellen Rechtslage äußern, sondern müsse sich dazu verhalten, wer formell durch die Rechtsbehelfsbelehrung angesprochen wird, zur Wahrung seiner Rechte den dort genannten Rechtsbehelf einzulegen. Ob - wie der Kläger meint - die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - NVwZ-RR 2000, 556) insoweit genauere Vorgaben enthält, kann offen bleiben. Eine Abweichung von dieser Entscheidung rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

Der ferner erwähnte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - (Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69) behandelt nur die hier nicht einschlägige Frage, ob eine für sich ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung statt dem Bescheid selbst einem Begleitschreiben beigefügt sein kann, mit dem der Bescheid versandt wird.

b) Unabhängig davon hat das Oberverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich den Beschluss vom 7. Juli 2008 möglicherweise missverstanden, ihr jedenfalls Rechtssätze entnommen, auf die es für die hier gegebene Fallgestaltung nicht entscheidungserheblich ankam. Auch deshalb ist unerheblich, ob das Oberverwaltungsgericht die abstrakten Rechtssätze aufgestellt hat, die der Kläger der Entscheidung entnehmen will, und ob gegebenenfalls diese Rechtssätze von abstrakten Rechtssätzen in den benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweichen. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wäre jedenfalls im Ergebnis richtig.

Nach § 58 Abs. 1 VwGO hat die Rechtsbehelfsbelehrung über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren. Nach dieser Vorschrift ist es nicht erforderlich, darüber zu belehren, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs berechtigt, also widerspruchsbefugt oder klagebefugt ist. Enthält die Rechtsbehelfsbelehrung keine Belehrung über ihren Adressaten, ist sie nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben oder unrichtig erteilt. Dies gilt uneingeschränkt auch bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 bezieht sich ausschließlich auf solche Fälle, in denen über die gesetzlichen Erfordernisse hinaus die Rechtsbehelfsbelehrung Hinweise darauf enthält, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs befugt sein soll, an wen sich also die Rechtsbehelfsbelehrung wendet. Ist ein solcher Hinweis in dem Sinne unvollständig, dass er nicht alle möglicherweise widerspruchs- oder klagebefugten Personen erfasst, ist die Rechtsbehelfsbelehrung insoweit teilweise unterblieben. Sie kann in einem solchen Fall durch ein Anschreiben an diejenigen ergänzt werden, die von der Rechtsbehelfsbelehrung nach deren Formulierung als mögliche Adressaten noch nicht erfasst werden.

Eine solche Fallgestaltung ist hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts indes nicht gegeben. Der streitige Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden konnte. Die Rechtsbehelfsbelehrung war in ihrer Formulierung mithin neutral abgefasst. Sie wandte sich einschränkungslos an jeden, der glaubt, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche abstrakte (passive) Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung ist in jedem Falle auch mit Blick auf mögliche Drittbetroffene richtig. Auch ihnen gegenüber ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unterblieben. Bei einer solchen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung wird der Lauf der Rechtsmittelfrist auch gegenüber potentiell Drittbetroffenen ausgelöst. Das alles wird durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 nicht in Frage gestellt. Diese Entscheidung und mehr noch die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - a.a.O.) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 29. Januar 2007 - 10 S 1.07 - LKV 2007, 322) beziehen sich auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, die in ihrer Formulierung einen Adressaten konkret anspricht und dadurch den Eindruck erweckt, dass andere potentiell ebenfalls widerspruchs- oder klagebefugte Personen von der Rechtsbehelfsbelehrung nicht betroffen sind. Das ist namentlich bei einer Rechtsbehelfsbelehrung der Fall, die dahin formuliert ist: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb ...". Die Rechtsbehelfsbelehrung bezieht sich dann nur auf einen konkreten Adressaten, nämlich nur auf den im Adressfeld genannten unmittelbaren Adressaten des Bescheids selbst. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, zur Einlegung des Rechtsbehelfs sei nur er widerspruchsbefugt. Gegenüber anderen potentiell Drittbetroffenen ist die Rechtsbehelfsbelehrung dagegen unterblieben.

Da die Rechtsbehelfsbelehrung hier abstrakt gefasst war, sich also nicht auf einen bestimmten Adressaten bezog, musste der Kläger sie eindeutig auch auf sich beziehen. Es bedurfte ihm gegenüber keines Anschreibens, durch das das Oberbergamt erst deutlich machen musste, dass die Rechtsbehelfsbelehrung sich auch auf den Kläger beziehen sollte. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob das Begleitschreiben des Oberbergamts die Anforderungen erfüllt, die an ein Schreiben zu stellen sind, das eine für sich genommen unklare Rechtsmittelbelehrung in Bezug auf den drittbetroffenen Adressaten erläuternd klarstellen soll.

Übersendet die Behörde ihren Bescheid mit einem gesonderten Begleitschreiben einem potentiell Drittbetroffenen, kann sich allerdings eine andere Frage stellen. Auch wenn die Behörde die Rechtsbehelfsbelehrung abstrakt gefasst und damit auch auf potentiell Drittbetroffene als Adressaten bezogen hat, darf ein Begleitschreiben nicht so formuliert sein, dass die für sich eindeutige Rechtsmittelbelehrung im Lichte des Begleitschreibens unklar wird, für den Adressaten des Begleitschreibens also zweifelhaft wird, ob sich die Rechtsmittelbelehrung auch auf ihn beziehen soll. In einem solchen Fall geht es aber um eine andere Frage, als das Bundesverwaltungsgericht sie in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 erörtert hat. Es geht nicht darum, ob ein Begleitschreiben geeignet ist, eine für sich unklare Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich des Adressaten klarzustellen, sondern umgekehrt darum, ob das Begleitschreiben geeignet ist, eine an sich klare Rechtsmittelbelehrung in Zweifel zu ziehen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob in einem solchen Fall die Rechtsmittelbelehrung wegen eines irreführenden Zusatzes in dem Begleitschreiben im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig wird, die Rechtsbehelfsfrist mithin schon nicht zu laufen beginnt, oder ob bei Versäumung der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, weil der Drittbetroffene auf Grund des irreführenden Begleitschreibens sich in einem unverschuldeten Irrtum darüber befand, ob diese Frist auch für ihn gilt, er also ohne Verschulden gehindert war, die Rechtsmittelfrist zu wahren. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte hier das Begleitschreiben an den Kläger keinen Inhalt, der geeignet gewesen wäre, die für sich zutreffende und klare Rechtsmittelbelehrung in Frage zu stellen. Der Kläger konnte dem Schreiben nichts dafür entnehmen, dass er nach Auffassung des Oberbergamts kein anfechtungsbefugter Adressat des Bescheids sein sollte, sich die Rechtsmittelbelehrung unter dem Bescheid also nicht auf ihn beziehen sollte. Nur unter dieser Fragestellung konnte das Begleitschreiben überhaupt entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Bescheid lediglich Ausführungen der Behörde zur materiellen Rechtslage enthält, insbesondere zu der Frage, inwieweit das Eigentum des Klägers an seinem Grundstück durch die Entscheidung nach § 42 BBergG betroffen wird und inwieweit deshalb die Belange des Klägers in die Entscheidung einzubeziehen waren. Wie der Kläger selbst ausführt, enthält das Schreiben keine Hinweise zur formalen Berechtigung, einen Widerspruch einzulegen. Es ist deshalb nicht geeignet, die sich aus der Rechtsmittelbelehrung auch für den Kläger ergebende Möglichkeit einer Einlegung des Widerspruchs in Zweifel zu ziehen.

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob eine versäumte Rechtsmittelfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung auch dann nicht durch eine Entscheidung der Behörde und deren rügelose Einlassung in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt wird, wenn der begünstigte Dritte selbst nicht von einer Bestandskraft des Verwaltungsaktes und einem Vertrauensschutz ausgegangen ist.

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie nicht mehr klärungsbedürftig ist. Die Antwort auf die gestellte Frage ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO und der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung.

Danach ist die Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung nicht befugt, über einen Widerspruch, der erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt worden ist, sachlich zu entscheiden. Die mit Ablauf der Widerspruchsfrist eingetretene Bestandskraft vermittelt dem dadurch Begünstigten eine gesicherte Rechtsposition, die diesem nur dann entzogen werden darf, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren enthalten eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht (Beschluss vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69). Darf die Widerspruchsbehörde wegen der zugunsten des begünstigten Dritten eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts über den verspäteten Widerspruch sachlich nicht entscheiden, so kommt einer gleichwohl ergehenden Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde nicht die Wirkung zu, dass die versäumte Frist geheilt ist. Dem Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall gleichfalls eine Sachentscheidung verwehrt (Urteil vom 4. August 1982 - BVerwG 4 C 42.79 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 49).

Hat schon eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde in der Sache nicht die Wirkung, dass dem Verwaltungsgericht trotz eingetretener Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Überprüfung in der Sache ermöglicht wird, kommt einer bloßen Einlassung der Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Sache diese Wirkung erst recht nicht zu. Dies folgt unmittelbar daraus, dass bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung die eingetretene Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht mehr ohne Weiteres, also ohne eine besondere Ermächtigungsgrundlage, zur Disposition der Behörde steht. Dies ergibt sich unmittelbar aus der bereits ergangenen Rechtsprechung und muss nicht für die bloße Einlassung der Behörde im Prozess im Revisionsverfahren nochmals entschieden werden.

Ist dem Verwaltungsgericht danach wegen der eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Sachprüfung verwehrt, kommt es auch nicht darauf an, ob der durch die Bestandskraft begünstigte Dritte sich im Prozess auf die Unzulässigkeit der Klage beruft oder Ausführungen zur Sache macht.

3. Das angefochtene Urteil leidet nicht an dem geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Der Kläger rügt zum einen, das Oberverwaltungsgericht habe eine aktenwidrige Feststellung insoweit getroffen, als es angenommen hat, das Oberbergamt habe ihm - dem Kläger - den Bescheid mit Bekanntgabewille zugesandt, mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe im Sinne des § 41 VwVfG vorliege.

Der Kläger greift damit die Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann nur mit der näher zu begründenden Behauptung angegriffen werden, sie beruhe auf einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen oder auf einem aktenwidrig angenommenen Sachverhalt oder sie sei offensichtlich sachwidrig und damit objektiv willkürlich. Die Rüge, das Urteil beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen, erfordert dabei die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass es keiner weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts bedarf. Der Widerspruch muss also zweifelsfrei sein. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, weil eine Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 7 B 16.09 - juris; und vom 4. Oktober 2005 - BVerwG 6 B 40.05 - juris).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Der Kläger benennt keine Textstelle in den Akten, aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass das Oberbergamt bei der Zusendung des Bescheids an ihn keinen Bekanntgabewillen im Sinne des § 41 VwVfG hatte. Er legt lediglich das Anschreiben des Oberbergamts anders aus, als das Oberverwaltungsgericht es getan hat. Damit wird lediglich die Tatsachenwürdigung als solche angegriffen. Eine Aktenwidrigkeit kann auf diese Weise nicht dargelegt werden.

Dasselbe gilt für die weitere Rüge, aktenwidrig sei auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe auf Grund des Anschreibens die Rechtsmittelbelehrung auch auf sich beziehen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.






BVerwG:
Beschluss v. 11.03.2010
Az: 7 B 36.09


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