Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 9. November 2007
Aktenzeichen: 39 O 33/07

(LG Düsseldorf: Urteil v. 09.11.2007, Az.: 39 O 33/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Düsseldorf hat in der Entscheidung vom 9. November 2007 (Aktenzeichen 39 O 33/07) die Klage abgewiesen. Die Klägerin, eine Aktionärin der beklagten Aktiengesellschaft, hatte gegen Beschlüsse der Hauptversammlung vom 21.02.2007 geklagt. Sie war der Ansicht, dass die Einberufung der Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und dass die Beklagte die Vorbereitung ihrer Teilnahme an der Hauptversammlung vereitelt habe. Außerdem seien Fragen in Bezug auf die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat unbeantwortet geblieben und die wirtschaftlichen Kennzahlen des Geschäftsjahres 2006 seien nicht genannt worden. Die Klägerin beantragte daher die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Beschlüsse weder nichtig noch anfechtbar sind. Die Einberufung der Hauptversammlung durch den Vorstand war ordnungsgemäß erfolgt und die Teilnahmebedingungen entsprachen den gesetzlichen Anforderungen. Etwaige Mängel bei der Auslage der Unterlagen und der Beantwortung von Fragen führten nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Die Klage wurde somit abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 09.11.2007, Az: 39 O 33/07


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstrecken-den Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Aktionärin der beklagten Aktiengesellschaft und wendet sich gegen Beschlüsse der Hauptversammlung vom 21.02.2007. Sie war bereits vor Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung im elektronischen Bundesanzeiger am 12.01.2007 Aktionärin der Beklagten. Nach Ziffer 2 der Satzung der Beklagten war Gegenstand des Unternehmens die Beteiligung an Unternehmen jedweder Art, die ihren Sitz vornehmlich innerhalb der Grenzen des ehemaligen Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe haben, der An- und Verkauf von Wertpapieren einschließlich der Teilnahme an Börsentermin- und Differenzgeschäften. Ende 2005 kaufte sie das österreichische Unternehmen Aaaaaaaaaaaaaa, um mit deren Lizenz in Deutschland Wetten anbieten zu können. Die Beklagte ist nicht börsennotiert. Ihre Aktien sind an den Börsen von Frankfurt, Stuttgart, Berlin und Bremen in den Freiverkehr einbezogen und werden im Xetra-System gehandelt. Wegen der Satzung der Beklagten wird auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Kopie (Bl. 16 ff. GA) Bezug genommen.

Der Vorstand der Beklagten lud die Aktionäre mit einer am 12.01.2007 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung zur Hauptversammlung vom 21.02.2007 ein. Wegen der Einzelheiten, insbesondere zur Tagesordnung und zu den Teilnahmebedingungen wird auf die zu den Akten gereichte Kopie der Bekanntmachung (Bl. 25 ff. GA) verwiesen. Die Klägerin ließ sich in der Hauptversammlung von dem weiteren Aktionär der Beklagten Bbbbbbbbbbbbbbb vertreten. Die Hauptversammlung fasste die in der Bekanntmachung von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagenen Beschlüsse, unter anderem zu

TOP 2: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2004

TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2004

TOP 5: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2005

TOP 6: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2005

TOP 7: Wahl der Aufsichtsratsmitglieder

TOP 8: Beschlussfassung über die Änderung der Firma

TOP 10: Beschlussfassung über die Ergänzung des Geschäftsgegenstands

TOP 11: Beschlussfassung über die Neueinteilung des Grundkapitals

TOP 13: Beschlussfassung über die Aufhebung und Schaffung eines genehmigten Kapitals und Änderung von Ziffer 4.4. der Satzung

TOP 14: Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien

TOP 15: Beschlussfassung über die Veräußerung eigener Aktien in anderer Weise als durch Angebot an alle Aktionäre oder über die Börse.

Die Klägerin, vertreten durch den Aktionär Bbbbbbbbbbbbbbb erklärte Widerspruch zu den Tagesordnungspunkten 7., 11., 13., 14. und 15. Wegen der Einzelheiten zur Hauptversammlung und der Beschlüsse wird auf das Protokoll des Notars Brünger (Anlage B 4) Bezug genommen. Inzwischen ist die in der Hauptversammlung beschlossene Änderung des Firmennamens von Cccccccccccccc in DDDDDDDDDDDDDD und des Geschäftsgegenstands im Handelsregister eingetragen.

Mit der am 21.03.2007 per Fax bei Gericht eingegangenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wendet sich die Klägerin gegen die Beschlüsse zu den oben wiedergegebenen Tagesordnungspunkten. Sie macht geltend, die Einberufung sei nicht ordnungsgemäß gewesen, weil sie nicht nur im elektronischen Bundesanzeiger, sondern auch in der Papierausgabe des Bundesanzeigers hätte veröffentlicht werden müssen. Bei den Teilnahmebedingungen habe die Beklagte zu Unrecht eine Hinterlegungsfrist bestimmt. Die Satzung sehe eine Hinterlegungsfrist nicht vor. Außerdem sei ein Fristende an einem Samstag nicht satzungsgemäß. Die Beklagte habe die Vorbereitung der Teilnahme der Klägerin an der Hauptversammlung vereitelt, indem sie trotz Anforderungen der Klägerin die Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2004 und 2005, den Lagebericht sowie Berichte des Aufsichtsrats über die Geschäftsjahre 2004 und 2005 nicht übersandt und Herrn Bbbbbbbbbbbbbbb die Berichte des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 13. und 15. nicht übersandt habe. Als Herr Bbbbbbbbbbbbbbb die Geschäftsräume der Beklagten aufgesucht habe, habe dort lediglich der Geschäftsbericht für das Jahr 2005 aufgefunden werden können. In der Bekanntmachung sei der Bericht des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 13. und 15. nur auszugsweise mitgeteilt worden. Der Vorstand habe entgegen Ziffer 22.1 der Satzung für das Geschäftsjahr 2005 keinen Prüfbericht eines Wirtschaftsprüfers vor der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat vorgelegt. Die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats leide daran, dass im Rahmen der Einladung zur Hauptversammlung die von den Kandidaten jeweils ausgeübten Berufe nicht mitgeteilt worden seien. Außerdem sei der Name des Kandidaten Eeeeeeeee falsch geschrieben worden, nämlich "Ffffffffffff". Darüber hinaus habe Herr Bbbbbbbbbbbbbbb für die Klägerin eine Reihe von Fragen in Bezug auf die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt. Eine Großzahl der Fragen sei dabei unbeantwortet geblieben. Die unbeantwortet gebliebene Frage nach den wirtschaftlichen Kennzahlen des Geschäftsjahres 2006 sei für die beschlossenen Kapitalmaßnahmen bedeutsam gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 2.

"Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2004"

nichtig ist;

2.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 3.

"Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2004"

nichtig ist;

3.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 5.

"Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2005"

nichtig ist;

4.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 6.

"Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2005"

nichtig ist;

5.

die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder xxxxxxxx, xxxxxxxx und Frau xxxxxxx wird für nichtig erklärt;

6.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 8.

"Beschlussfassung über die Änderung der Firma"

nichtig ist;

7.

festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 10.

"Beschlussfassung über die Ergänzung des Geschäftsgegenstands"

nichtig ist;

8.

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 11.

"Beschlussfassung über die Neueinteilung des Grundkapitals"

für nichtig zu erklären;

9.

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 13.

"Beschlussfassung über die Aufhebung und Schaffung eines genehmigten Kapitals und Änderung von Ziffer 4.4. der Satzung";

für nichtig zu erklären;

10.

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 14.

"Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien";

für nichtig zu erklären;

11.

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 15.

"Beschlussfassung über die Veräußerung eigener Aktien in anderer Weise als durch Angebot an alle Aktionäre oder über die Börse";

für nichtig zu erklären;

12.

hilfsweise

festzustellen, dass die in den Hauptanträgen 5., 8. - 11. benannten Beschlüsse nichtig sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, die Bekanntmachung der Einladung im elektronischen Bundesanzeiger sei ausreichend gewesen. Die bestimmte Hinterlegungsfrist entspreche dem Gesetz. Ein etwaiger Verstoß sei für die angefochtenen Beschlüsse nicht relevant geworden, weil 45,01 % des Kapitals erschienen sei. Ein Verlangen der Klägerin zur Übersendung der Jahresabschlüsse 2004 und 2005 sei nicht bei der in der Bekanntmachung genannten Adresse eingegangen. Außerdem hätten die Unterlagen in den Gesellschaftsräumen und am Tag der Hauptversammlung ausgelegen. Sie seien am Tag vor der Hauptversammlung und am Tag der Hauptversammlung an den Aktionär Bbbbbbbbbbbbbbb übergeben worden. Darüber hinaus seien die Jahresabschlüsse, Lageberichte, Berichte des Aufsichtsrats sowie die Berichte des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 13. und 15. in die Homepage der Beklagten eingestellt und herunterladbar gewesen. Der Bericht des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 13. und 15. sei in der Einladung vollständig bekannt gemacht worden. Die Berufsangabe der Aufsichtsratskandidaten in der Einladung zur Hauptversammlung sei ausreichend gewesen. Darüber hinaus hätten sich die Kandidaten in der Hauptversammlung vorgestellt und ihren beruflichen Werdegang geschildert. Soweit in der Hauptversammlung Fragen nicht beantwortet worden seien, seien diese nicht relevant gewesen.

Die Klägerin bestreitet, dass die Jahresabschlüsse der Gesellschaft und die sonstigen Unterlagen in den Gesellschaftsräumen auslagen. Weiter bestreitet sie mit Nichtwissen, dass die Unterlagen sowie der Bericht des Vorstands zum download verfügbar gewesen seien. Ihr sei die Internetseite der Beklagten nicht bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, weil die angegriffenen Beschlüsse weder nichtig noch anfechtbar sind.

A. Anträge 1. - 4., 6. - 7.

Hinsichtlich dieser Beschlüsse macht die Klägerin nach Rücknahme der Hauptanträge noch die Nichtigkeit geltend.

I.

Die Beschlüsse sind nicht nach § 241 Nr. 1 AktG nichtig. Danach sind Beschlüsse nichtig, die in einer Hauptversammlung gefasst worden sind, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 oder 4 einberufen war. Solche Einberufungsmängel liegen nicht vor. Nach § 121 Abs. 2 AktG wird die Hauptversammlung durch den Vorstand einberufen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, weil die im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichte Einladung im Namen des Vorstands erfolgt ist (Bl. 36 GA).

Die Einberufung ist durch die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger ordnungsgemäß gem. § 121 Abs. 3 AktG bekannt gemacht worden. Die inhaltlichen Anforderungen an die Bekanntmachung gem. § 121 Abs. 3 AktG sind erfüllt, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger war ausreichend, weil dieser das (einzige) Gesellschaftsblatt der Beklagten war. Nach § 25 AktG in der Fassung ab 01.01.2003 ist eine Bekanntmachung, die durch die Gesellschaftsblätter erfolgen soll, in den elektronischen Bundesanzeiger einzurücken. Daraus, dass in Ziffer 3 der Satzung der Beklagten der elektronische Bundesanzeiger nicht erwähnt ist, sondern nur vom "Bundesanzeiger" als Gesellschaftsblatt die Rede ist, folgt keine Pflicht zur Veröffentlichung der Bekanntmachung in der Papierausgabe. Regelt nämlich die Satzung einer Aktiengesellschaft, die vor dem 01.01.2003 (Neufassung des § 25 AktG) bestand, allgemein, dass Veröffentlichungen im Bundesanzeiger zu erfolgen hat, ist damit seit dem 01.01.2003 der elektronische Bundesanzeiger gemeint (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 25 Rn. 6; Braunfels in Heidel, AktG, 2. Auflage, § 25 Rn. 2). Weitere Gesellschaftsblätter sind in Ziffer 3 der Satzung nicht genannt.

II.

Weitere im Gesetz genannten Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor; nach dem eindeutigen Wortlaut des § 241 Nr. 1 führen etwaige sonstige Einberufungsmängel nicht zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse.

III.

Die Klägerin kann die vorgenannten Beschlüsse nicht gem. § 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG anfechten, weil sie insoweit in der Hauptversammlung keinen Widerspruch eingelegt hat.

B. Anträge 5., 8., 9., 10., 11

Die Klägerin ist gem. § 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG zur Anfechtung dieser Beschlüsse befugt, weil die Klage innerhalb der Monatsfrist bei Gericht eingegangen ist und die Klägerin in der Hauptversammlung Widerspruch eingelegt hat. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die angefochtenen Beschlüsse weder Gesetz noch Satzung verletzen (§ 243 AktG) und auch kein Nichtigkeitsgrund vorliegt.

I.

Der Beklagten sind keine Verfahrensfehler bei der Einberufung und Vorbereitung der Hauptversammlung, die zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führen würden, unterlaufen.

1.

Einberufungsmängel liegen nicht vor.

a)

Die Einberufung zu Hauptversammlung ist ordnungsgemäß veröffentlich worden (siehe oben A. I.)

b)

Die Teilnahmebedingungen, insbesondere die Bestimmung einer Hinterlegungsfrist nebst der Fristdauer und der Frist zur Vorlage der Hinterlegungsbescheinigung entsprechen Gesetz und Satzung.

Die Beklagte durfte in der Einladung eine Hinterlegungsfrist bestimmen. Ihre Satzung enthält zwar keine Regelung einer Hinterlegungsfrist, geht aber davon aus, dass eine solche zu bestimmen ist, wie sich aus Ziffer 18 Satz 3 ergibt, wonach im Fall der Hinterlegung der Aktien bei einem Notar die Hinterlegungsbescheinigung spätestens einen Tag nach Ablauf der Hinterlegungsfrist einzureichen ist. Wenn die Satzung keine Regelung der Dauer der Hinterlegungsfrist enthält, gilt die gesetzliche Frist (vgl. Kubis in Münchener Kommentar zum AktG, § 123 Rn. 29).

Die Dauer der Hinterlegungsfrist - Hinterlegung bis Freitag, 16.02.2007, d.h. 5 Tage vor der Hauptversammlung - ist nicht zu beanstanden. Gemäß dem hier einschlägigen § 123 AktG a.F. genügt es nämlich, wenn die Aktien spätestens am siebten Tag vor der Hauptversammlung hinterlegt werden. Mit der festgesetzten Frist von 5 Tagen ist die Beklagte zugunsten der Aktionäre hiervon abgewichen. Eine solche Abweichung zugunsten der Aktionäre begründete keine Anfechtung (vgl. Kubis aaO Rn. 29). Die Frist zur Vorlage der Hinterlegungsbescheinigung entspricht der Satzung, nämlich ein Tag nach Ablauf der Hinterlegungsfrist. Es ist unerheblich, dass diese Frist auf einen Samstag fällt. Hierdurch wurden die Aktionäre begünstigt, da die Hinterlegungsfrist zu ihren Gunsten verlängert wurde. Abweichungen von der im Gesetz vorgesehen Hinterlegungsfrist zugunsten der Aktionäre begründen nicht die Anfechtbarkeit von Beschlüssen (Kubis aaO Rn. 48 und § 121 Rn. 42).

2.

Etwaige Mängel bei der Auslage der Jahresabschlüsse, Lageberichte und Berichte des Aufsichtsrats für die Jahre 2004 und 2005 führen nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Die Parteien streiten darüber, ob die Unterlagen in den Geschäftsräumen der Beklagten auslagen und ob die Beklagte einem ordnungsgemäßen Verlangen der Klägerin auf Erteilung von Abschriften nicht nachgekommen ist. Unabhängig davon, ob der Vortrag der Klägerin insbesondere zur Anforderung der Unterlagen hinreichend substantiiert ist, rechtfertigen etwaige Mängel bei der Übersendung von Unterlagen und deren Auslage nicht die Anfechtung der Beschlüsse.

Zum einen war nämlich die Beklagte nach dem seit dem 01.01.2007 geltenden § 175 Abs. 2 Satz 4 AktG weder zur Auslage noch zur Übersendung der Unterlagen verpflichtet, weil sie die betreffenden Dokumente auf ihrer Homepage eingestellt hat. Dies hat die Klägerin nicht wirksam bestritten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist im vorliegenden Fall nicht zulässig. Es mag zwar insoweit an eigenen Wahrnehmungen der Klägerin - bzw. ihres Geschäftsführers - fehlen, wenn ihr die Homepage der Beklagten nicht bekannt ist, wie sie behauptet. Damit ist allerdings unvereinbar, dass sie auf Seite 6 der Klageschrift aus der Homepage der Beklagten zitiert. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen ist jedenfalls missbräuchlich und daher unbeachtlich, denn die Klägerin weiß nach eigenen Angaben nur deshalb nicht, ob die Informationen in die Homepage eingestellt worden sind, weil sie die Möglichkeit zur Einsicht in die Homepage nicht genutzt hat. Wer eine ihm zumutbare und vom Gesetz als ausreichend angesehene Möglichkeit zur Informationsbeschaffung nicht nutzt und deshalb nicht über das erforderliche Wissen verfügt, kann die entsprechende Behauptung der Gegenseite nicht mit Nichtwissen bestreiten. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Beklagte die entsprechenden Berichte tatsächlich nicht veröffentlicht hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Zum anderen sind etwaige Mängel bei der Auslage bzw. Veröffentlichung der erwähnten Unterlagen für die zu beurteilenden Beschlüsse nicht relevant. Ein Verfahrensverstoß ist dann relevant, wenn der Verstoß bei einer wertenden, am Schutzzweck der Norm orientierten Betrachtung die Rechtfolge der Anfechtbarkeit rechtfertigt (BGH NJW 2005, 828, 830). Die angeblich der Klägerin vorenthaltenen Unterlagen rechtfertigen die Anfechtbarkeit nicht, denn sie waren zur Vorbereitung der Beschlüsse, um die es hier geht nicht von Bedeutung. Die Jahresabschlüsse nebst den dazugehörigen Unterlagen mögen für die Feststellung der Jahresabschlüsse sowie der Entscheidung über die Entlastung der Personen, die die Jahresabschlüsse zu verantworten haben, von Bedeutung sein. Die anfechtbaren Beschlüsse betreffen jedoch Themen, die damit nichts zu tun haben. Sie sind weder für die Wahl des Aufsichtsrats noch für die Kapitalmaßnahmen relevant. Bei den Kapitalmaßnahmen handelt es sich ohnehin nach den Ausführungen des Vorstands zu Tagesordnungspunkt 13. um Vorratsbeschlüsse, mit denen nicht auf gegenwärtige oder frühere Geschäftsergebnisse reagiert werden soll, sondern der Vorstand in die Lage versetzt werden soll, künftige Geschäftsmöglichkeiten auszunutzen. Dementsprechend hat die Klägerin auch nicht zu begründen vermocht, weshalb sie auf die Informationen zur Vorbereitung der Beschlussfassung angewiesen war.

II.

Die einzelnen Beschlüsse sind auch nicht aus sonstigen Gründen anfechtbar.

1.

Die Wahl des Aufsichtsrats gemäß Tagesordnungspunkt 7. (Antrag 5) ist nicht wegen Verstoß gegen § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG unwirksam. Allerdings hat die Beklagte in der Bekanntmachung gegen § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG verstoßen, weil die ausgeübten Berufe der Aktionäre nicht angegeben sind. Zu veröffentlichen ist nämlich die konkret ausgeübte Tätigkeit unter Angabe des Unternehmens, in dem sie ausgeübt wird (Kubis aaO, § 124 Rn. 57; Hüffer, AktG, § 124 Rn. 12). Hiergegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie lediglich die berufliche Qualifikation der Aufsichtsratskandidaten angegeben hat. Fehler bei der Angabe des Berufs rechtfertigen aber nicht die Anfechtung von Beschlüssen; unzureichende Angaben können nämlich durch die Ausübung des Fragerechts in der Hauptversammlung präzisiert werden (vgl. Kubis aaO Rn. 67; Hüffer aaO Rn. 18; OLG Frankfurt ZIP 2007, 232 ff.).

Ebenso wenig rechtfertigt die falsche Schreibweise des Namens des Aufsichtsratskandidaten Eeeeeeeee (Ffffffffffff) die Anfechtung. Die Klägerin hat nicht aufzuzeigen vermocht, dass durch diesen offensichtlichen Schreibfehler eine Unklarheit über die vorgeschlagene Person bestand. Diese ist vielmehr auszuschließen, weil der Name in der Einleitung zum Tagesordnungspunkt richtig geschrieben war.

2.

Eine etwaige unzureichende oder unterbliebene Beantwortung von Fragen des Aktionärs Bbbbbbbbbbbbbbb führt nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung. Um welche Frage es sich dabei gehandelt haben soll, trägt die Klägerin nicht vor. Soweit der Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung ausweislich S. 8 des Protokolls der Hauptversammlung Fragen zu Geschäftszahlen der Beklagten im Jahr 2006 und der xxxxxxx GmbH für die Jahre 2005 und 2006 nicht beantwortete, ist eine Relevanz der Fragen für die Entscheidung über die streitgegenständlichen Beschlüsse nicht erkennbar. Die Geschäftszahlen für die Jahre 2005 und 2006 haben mit der Wahl des Aufsichtsrats nichts zu tun. Für die Beurteilung der Kapitalmaßnahmen gemäß den Anträgen 8. - 11. sind sie ebenfalls ohne Bedeutung. Die Beschlüsse sind nämlich ausweislich des Vorstandsberichts zu Tagesordnungspunkt 13. reine Vorratsbeschlüsse. Danach bestehen nämlich "konkrete Erwerbsvorhaben, zu deren Durchführung in Ausnutzung des genehmigten Kapitals das Kapital ... erhöht werden soll, ... zur Zeit nicht". Die Kapitalmaßnahmen sind mithin keine Reaktion auf die gegenwärtige oder frühere wirtschaftliche Situation, für deren Beurteilung die Kenntnis der Ergebnisse des Jahres 2006 notwendig gewesen wäre.

3.

Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 13. und 15. sind schließlich nicht wegen Mängeln bei der Veröffentlichung des Vorstandsberichts zu diesem Tagesordnungspunkt anfechtbar. Zum einen sind die Berichte nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten (siehe oben) auf der Homepage der Beklagten veröffentlich worden, so dass gem. § 175 Abs. 2 Satz 4 AktG eine Auslage oder Übersendung an die Aktionäre nicht erforderlich war. Zum anderen waren etwaige Verstöße gegen die Informationspflicht für die Beschlussfassung nicht relevant, weil die Berichte in der Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 12.01.2007 vollständig abgedruckt waren, die Klägerin mithin über alle zur Entscheidung notwendigen Informationen verfügte. Die Klägerin will aus der Einleitung zur Wiedergabe des Berichts des Vorstands in der Einladung "der Bericht, ... wird mit seinem wesentlichen Inhalt wie folgt bekannt gemacht" schließen, dass er nur auszugsweise veröffentlicht wurde. Nach der Vorlage der Originalberichte (Anlage B 7) steht jedoch fest, dass die Vorstandsberichte in der Bekanntmachung vollständig abgedruckt worden sind. In der Veröffentlichung fehlt lediglich der Einleitungssatz "der Vorstand erstattet hiermit der für den 21. Februar 2007 einberufenen Hauptversammlung zu Punkt ... der Tagesordnung gem. § ... den folgenden schriftlichen Bericht über den Grund für die Ermächtigung ...".

III.

Der Hilfsantrag der Klägerin, mit dem diese die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse begehrt, ist ebenfalls unbegründet. Nichtigkeitsgründe liegen hier ebenso wenig wie bei den unter A. geprüften Beschlüssen der Hauptversammlung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführung zu A. verwiesen.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 09.11.2007
Az: 39 O 33/07


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