Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 352/03

(BPatG: Beschluss v. 10.01.2006, Az.: 24 W (pat) 352/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2002 und vom 16. September 2003 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 081 750 hinsichtlich der Waren "Kaffee, koffeinhaltige Getränke, Tee" der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 081 750 wird die Löschung der Marke 398 67 239 für die Waren "Kaffee, koffeinhaltige Getränke, Tee" angeordnet.

Gründe

I.

Die nachfolgend schwarzweiß dargestellte, farbige Wort-Bildmarkeist u. a. für die Waren

"Kaffee, koffeinhaltige Getränke, Tee"

unter der Nummer 398 67 239 im Markenregister eingetragen.

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für eine große Anzahl von Waren und Dienstleistungen im Markenregister unter der Nummer 2 081 750 eingetragenen Wortmarke RED BULL gestützt u. a. auf die Waren

"Kaffee, Tee, Kakao; Kaffee-, Tee-, Kakao- oder Schokoladengetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"

Widerspruch erhoben, der sich nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Beschränkung nur noch gegen die Waren

"Kaffee, koffeinhaltige Getränke, Tee"

der angegriffenen Marke richtet.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Marken könnten sich zwar auf identischen oder sehr ähnlichen Waren begegnen. Auch habe die Widersprechende belegt, dass der Widerspruchsmarke für Energydrinks eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukomme. Jedoch sei selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe der die angegriffene Marke prägende Wortbestandteil "AMERICAN BULL" nicht mit der Widerspruchsmarke verwechselbar. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, weil der den beiden in ihrer Gesamtheit nicht verwechselbaren Wortfolgen "AMERICAN BULL" und "RED BULL" gemeinsame Wortbestandteil "BULL" den Gesamteindruck der Marken nicht präge. Es handele sich vielmehr um Gesamtbegriffe, in denen beide Wörter gleichwertig nebeneinander stünden. Außerdem stelle "BULL" einen eher kennzeichnungsschwachen Hinweis auf die stärkende, vitalisierende Wirkung von Energydrinks dar. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen scheide aus, da die Widersprechende nicht über eine Zeichenserie mit dem Bestandteil "BULL" verfüge. Auch finde dieser Begriff auf dem vorliegenden Warengebiet in einer Vielzahl von Marken Verwendung, so dass der hieran gewöhnte Verkehr bei Marken, die den Bestandteil "BULL" enthielten, nicht vermuten werde, entsprechend gekennzeichnete Produkte kämen von demselben Anbieter.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die im wesentlichen damit begründet wird, das Wort "BULL" sei nicht von Hause aus kennzeichnungsschwach, denn Waren wie Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, alkoholfreie Getränke oder Energydrinks würden nicht mit "Bull" oder "Bullen" bezeichnet. Die Waren, auf die sich der Widerspruch stütze, und die angegriffenen Waren der jüngeren Marke lägen nicht nur im engsten Ähnlichkeitsbereich, sondern seien weitestgehend identisch. Der Zeichenbestandteil "BULL" nehme in der angegriffenen Marke eine beherrschende Stellung ein. Da die Adjektive "AMERICAN" als geografische Herkunftsangabe und "RED" als Hinweis auf die Farbe der Waren beschreibenden und damit nicht unterscheidungskräftigen Charakter hätten, sei in beiden Marken der substantivische Bestandteil "BULL" dominant und prägend. Außerdem könne durch eine GfK-Studie aus Mai 2000 belegt werden, dass dem Bestandteil "BULL" der Widerspruchsmarke besondere Kennzeichnungskraft und Hinweischarakter auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden zukomme. Nach dieser Verkehrsbefragung seien 45,0 % aller Befragten und 72,8 % der Käufer/Trinker von Energydrinks der Auffassung, ein Erzeugnis mit der Bezeichnung "BULL" stamme immer nur von demselben Hersteller. 33,6 % bzw. 56,3 % dieser Personenkreise könnten den Namen des Herstellers als "Red Bull" identifizieren. Da die angegriffene Marke den Begriff "BULL" enthalte, und dieses Wort deren Gesamteindruck präge, werde der Verkehr bei identischen Waren die beiden Marken verwechseln. Es sei außerdem denkbar, dass der Verkehr die gegenseitigen entsprechend gekennzeichneten Waren zwar verschiedenen Produktserien, aber demselben Hersteller, d. h. der Widersprechenden, zuordne.

Zu berücksichtigen sei auch die Bekanntheit der Marke "RED BULL", die sich aus den Werbeausgaben und Marktanteilen (zwischen 1994 - 1999 im Bereich von 61 % - 79,7 %) ergebe. Die Widerspruchsmarke sei überdurchschnittlich bekannt, wie durch eine Verkehrsbefragung aus dem Oktober 1998 belegt werden könne. Demnach betrage der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke beispielsweise bei den Verwendern von Energydrinks 92,9 %. Aufgrund dieser Bekanntheit der Marke komme ihr ein sehr hoher Schutzumfang zu.

Die Widersprechende stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Waren "Kaffee, koffeinhaltige Getränke, Tee" der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist, und insoweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 081 750 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht weder Anträge gestellt noch sich zur Sache geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die von der Widersprechenden eingereichten Schriftsätze mit Anlagen, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist gem. § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat ist der Auffassung, dass zwischen der prioritätsjüngeren Marke und der Widerspruchsmarke 2 081 750 im Umfang des nunmehr beschränkten Widerspruchs Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Markenrechtsrichtlinie, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese jeweils hervorrufen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 f. "Sabl/Puma"; GRUR Int. 1999, 734, 736 "Lloyd"; BGH GRUR 2004, 783, 784 "NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRALEX"; GRUR 2004, 235, 234 "Davidoff II"). Die Bewertung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. "Canon"; GRUR Int. 2000, 899, 901 "Marca/Adidas"; BGH GRUR 2003, 332, 334 "Abschlussstück").

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke 2 081 750 gegeben.

2. Die Marken können sich nach der Registerlage auf gleichen und relativ geringwertigen Waren begegnen, die sich an breite Verkehrskreise richten und meist ohne erhöhte Aufmerksamkeit ausgewählt und erworben werden. Dies alles sind Umstände, die Verwechslungen begünstigen.

3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist überdurchschnittlich.

3.1 Die originäre Kennzeichnungskraft eines Zeichens wird durch seinen anhand des Gesamteindrucks produktbezogen festzustellenden Grad der Eigenart nach Klang, Bild bzw. Form sowie vor allem auch Sinngehalt bestimmt. Ausgangspunkt ist die Vermutung normaler originärer Kennzeichnungskraft (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 337; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rn. 288). Diese normale originäre Kennzeichnungskraft kann allerdings durch beschreibende Verwendung verringert oder durch intensive Benutzung erhöht werden.

Eine Verringerung der Kennzeichnungskraft durch beschreibende Verwendung ist nicht eingetreten. Die Bezeichnung "roter Bulle" ist für Getränke der Klasse 32 keine im Vordergrund stehende Sachaussage. Es gibt zwar Säfte, die aufgrund ihrer Inhaltsstoffe rot sind, wie z. B. Tomatensaft, Johannisbeersaft, Kirschsaft, Früchteteegetränke etc. Damit liegt eine Sachaussage aber nur für den Markenteil "RED" vor. Für die Beurteilung des Gesamtbegriffs "roter Bulle" ist sie jedoch nicht aussagekräftig. Die Tatsache, dass einer der Inhaltsstoffe des mit "RED BULL" bezeichneten Energydrinks der Wirkstoff "Taurin" (abgeleitet von "tauros" = "Stier") ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Den angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich um durchschnittliche Endverbraucher handelt, ist dieser Wirkstoff und die Herleitung seines Namens weitestgehend unbekannt. Allerdings bedeutet "Bull" im Deutschen "Bulle, Stier", wobei dieser Begriff auch für Kraft und Leistungsfähigkeit steht und damit die Wirkung entsprechender Getränke andeuten könnte. Jedoch erfordert die Wahrnehmung des Begriffs "Stier" als Symbol für Stärke ein analytisches Reflektieren, was für den Verkehr beim Betrachten einer Marke in der Regel fern liegt. Damit ist ein gedanklicher Bezug zu den hier relevanten Waren allenfalls vage, so dass sich hieraus keine relevante Originalitätsschwäche herleiten lässt (so auch BPatG 29 W (pat) 286/02 "Bullcap = RED BULL", Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS CD-ROM).

Eine Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke lässt sich auch nicht aus der Registerlage ersehen (vgl. auch BPatG GRUR 2005, 773, 776 "Blue Bull/RED BULL"). Die Originalitätsschwäche einer Marke setzt die Eintragung zahlreicher im engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke liegender Drittmarken voraus (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 318). Dies ist vorliegend sowohl hinsichtlich der Bestandteile der Widerspruchsmarke als auch der Widerspruchsmarke insgesamt nicht gegeben. In der Klasse 30 sind gegenwärtig nur 10 Marken mit dem Bestandteil "Bull" eingetragen, von denen drei Marken "Red Bull", der Widersprechenden gehören. In der Klasse 32 gibt es 22 Marken mit dem Bestandteil "Bull". Hiervon enthalten 12 Marken den Bestandteil "Red Bull" und gehören der Widersprechenden. Außerdem ist zur Benutzung von entsprechenden Marken anderer Anbieter nichts bekannt.

3.2 Festzustellen ist im konkreten Fall dagegen eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch intensive Benutzung auf dem Warensektor der alkoholfreien koffeinhaltigen Getränke. Beurteilungskriterien der nachträglichen Steigerung sind alle für die Marke relevanten Umstände, insbesondere Eigenschaften und Bekanntheitsgrad derselben, deren geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung, der Werbeaufwand, der Marktanteil und andere tatsächliche Anhaltspunkte (vgl. Ströbele/ Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 297; BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder").

Die Widersprechende hat zum Beleg einer durch Benutzung gestärkten Kennzeichnungskraft Unterlagen vorgelegt, die eine intensive Benutzung der Widerspruchsmarke für den Zeitraum vom Anmeldetag der jüngeren Marke bis heute glaubhaft machen und von der Inhaberin der jüngeren Marke nicht bestritten worden sind. Nach einer GfK-Studie vom Oktober 1998 ist die Bezeichnung "RED BULL" 74,9 % aller Befragten bekannt, darunter 77,5 % derjenigen Personen, die alkoholfreie Erfrischungsgetränke trinken oder kaufen, und 92,9 % derjenigen, die Energydrinks kaufen oder trinken. 56,2 % der Käufer oder Trinker von alkoholfreien Erfrischungsgetränken und 74,4 % der Käufer oder Trinker von Energydrinks weisen der Bezeichnung eine eindeutige Herkunfts-Hinweisfunktion auf einen bestimmten Hersteller zu. Der Verantwortliche für Verkauf, Marketing und Vertrieb in Europa der Widersprechenden hat in einer im Beschwerdeverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherung außerdem angegeben, der Umsatz von "RED BULL" habe in den Jahren 1998 und 1999 bei 78 Mio. bzw. 125 Mio. Dosen gelegen. Die gesamten Marketingkosten für Deutschland hätten in den Jahren 1994 bis 1999 ca. 86 Mio. € betragen. In den Jahren 1998 bis 2001 habe "RED BULL" im Bereich der Energydrinks einen Marktanteil von zwischen 66,6 % und 75 % belegt. Nach einer weiteren Untersuchung habe "RED BULL" im Jahre 2003 bei der jüngeren Bevölkerung bis 29 Jahre eine Bekanntheit von 77,9 % gegenüber maximal 25,7 % für andere Energydrinks wie Flying Horse, Coca Cola oder Isostar aufgewiesen.

Damit ist von einer durch langjährige, bis in die Gegenwart andauernde, intensive Benutzung erlangten gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf dem entscheidungserheblichen Warensektor auszugehen.

4. Aus diesen Gründen ist ein großer Abstand der angegriffenen von der Widerspruchsmarke erforderlich, um Verwechslungen auszuschließen. Diese Anforderungen erfüllt die jüngere Marke nicht.

4.1 Der Gesamteindruck der jüngeren Marke wird vom Wortbestandteil "AMERICAN BULL" bestimmt, wobei unmittelbare Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit wegen der deutlichen und unübersehbaren Unterschiede ausgeschlossen sind. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr käme nur in Betracht, wenn der Gesamteindruck von "AMERICAN BULL" und "RED BULL" jeweils durch das Wort "BULL" geprägt würde (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 370). Hiergegen sprechen jedoch verschiedene Gesichtspunkte. Der Bestandteil "BULL" ist in beiden Marken nicht in einer Weise gegenüber dem vorangestellten Bestandteil hervorgehoben, dass der andere Bestandteil zum Gesamteindruck nichts mehr beitragen würde. Ein Bedürfnis, die relativ kurzen und prägnanten Wortfolgen noch weiter zu verkürzen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind die Begriffe als Adjektive und Substantive bei beiden Marken aufeinander bezogen und bilden jeweils einen Gesamtbegriff, der vom Verkehr im allgemeinen als solcher wahrgenommen und nicht in seine Bestandteile zerlegt wird, auch wenn das Adjektiv isoliert gesehen warenbeschreibend sein mag (vgl. BGH GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling"). Zwar hat die Widersprechende eine GfK-Untersuchung aus dem Jahre 2000 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass 33,6 % der Befragten "RED BULL" als Hersteller eines mit "Bull" gekennzeichneten Energydrinks nennen. Dies lässt aber noch nicht zwingend den Schluss zu, dass der Verkehr in einem Mehrwortzeichen, das wie im vorliegenden Fall einen Gesamtbegriff bildet, "BULL" als allein kennzeichnenden Markenbestandteil ansieht und den weiteren Markenbestandteilen keinerlei betriebskennzeichnende Eigenart beimisst.

4.2 Die Frage der Prägung des Gesamteindrucks der Vergleichsmarken durch "BULL" kann aber letztlich dahingestellt bleiben, denn jedenfalls können die Marken in dem Sinne verwechselt werden, dass auf eine gemeinsame betriebliche Herkunft der in Einzelteilen als voneinander abweichend erkannten Zeichen geschlossen wird.

Die Gefahr, dass die angegriffene Marke - im Sinne der in § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besonders angesprochenen Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens der Zeichen - infolge einer teilweisen Übereinstimmung in einem wesensgleichen Kern dem Inhaber der älteren Marke zugeordnet wird, setzt voraus, dass maßgebliche Teile des Verkehrs die Zeichen etwa wegen ihres Sinngehalts oder ihrer Zeichenbildung aufeinander bezogen erachten (vgl. dazu BGH GRUR 1999, 735, 737 " MONOFLAM/POLY-FLAM"; BGH GRUR 2004, 779 "Zwilling/Zweibrüder"; BPatG GRUR 2005, 773, 776 "Blue Bull/RED BULL"). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar verwendet die Widersprechende keine Zeichenserie, deren Stammbestandteil der Begriff "BULL" ist. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass beide Markenwörter deutliche Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten in Aufbau und Sinngehalt aufweisen. Die Wortfolgen bilden jeweils einen Gesamtbegriff, der sich aus dem Substantiv "BULL" und einem darauf bezogenen Adjektiv zusammensetzt, das gewisse Anklänge hinsichtlich der entscheidungserheblichen Waren aufweist. Sie beruhen daher - für den angesprochenen Durchschnittsverbraucher ersichtlich - auf dem gleichen Zeichenbildungsprinzip (vgl. auch BPatG a. a. O. "Blue Bull/RED BULL"). Hinzu kommt der Umstand, dass der den Zeichen gemeinsame Bestandteil "BULL" auf dem hier entscheidungserheblichen Warengebiet der koffeinhaltigen Getränke nach der von der Widersprechenden bereits im Verfahren vor der Markenstelle eingereichten GfK-Studie aus dem Jahr 2000 von erheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden angesehen wird. Für den Verkehr liegt es deshalb nahe, aufgrund der genannten Gemeinsamkeiten der Marken und einer gewissen Bekanntheit des Bestandteils "BULL" auch die jüngere Marke der Widersprechenden zuzuordnen (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 506; BPatG a. a. O. "Blue Bull/RED BULL"). Zusätzlich wird eine solche Vorstellung durch den Umstand nahe gelegt, dass der abweichende Bestandteil "AMERICAN" in der jüngeren Marke lediglich den Eindruck eines Hinweises auf die geographische Herkunft der Waren vermittelt (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 167, 170 "Bit/Bud"). Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein entscheidungserheblicher Teil des Verkehrs "AMERICAN BULL" mit speziellen Importwaren aus dem Bereich solcher Getränke in Verbindung bringt, die ihm unter der häufig benutzten Marke "RED BULL" bekannt sind.

5. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 MarkenG) bestand kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 10.01.2006
Az: 24 W (pat) 352/03


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