Landgericht Köln:
Urteil vom 6. August 2008
Aktenzeichen: 28 O 786/04

(LG Köln: Urteil v. 06.08.2008, Az.: 28 O 786/04)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.000 € nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 89% und dem Beklagten zu 11% auferlegt. Die Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin zu 89% im Übrigen trägt sie die Streithelferin selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche für eine unlizenzierte Verwendung und Ausstrahlung von Filmsequenzen in einer Auftragsproduktion der Beklagten.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein international tätiges Filmproduktionsunternehmen. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Q, gründete im Jahr 1951 die Firma G. Mit dieser produzierte er in der Folgezeit eine Reihe von Filmen, u.a. im Jahr 1968 auch den Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität". Auf einer Freigabebescheinigung der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) aus dem Jahr 1968 sind die Q3 in Zusammenarbeit mit der Q2 KG sowie G2 AG als Hersteller des Films "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" genannt. Auf einer Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft vom 25.03.1971 sind als Hersteller des zuvor genannten Films die Q3 und die Q KG genannt. Ferner heißt es in einer schriftlichen Erklärung der Q KG gegenüber der Q3 vom 11.02.1981: "(...)Soweit uns als Co-Produzenten Rechte an dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" zustehen, übertragen wir diese Rechte hiermit in vollem Umfang und unwiderruflich an die Q3 (...)".

Am 13.06.2001 strahlte der Beklagte um 21.45 Uhr im 1. Programm der ARD bundesweit eine Auftragsproduktion mit dem Titel "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel" aus, die im Auftrag des Beklagten von der Streithelferin gedreht worden war. In der Produktion der Beklagten waren insgesamt acht Filmsequenzen - der genaue Zeitrahmen der einzelnen Filmausschnitte ist streitig - aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" eingeschnitten. Die Verwendung dieses Materials erfolgte ohne Genehmigung der Klägerin. Darüber hinaus wurden weder der Geschäftsführer noch das ihm gehörende Produktionsunternehmen als Urheber- bzw. Leistungsschutzberechtigte der maßgeblichen Sequenzen genannt. Die Klägerin setze sich daraufhin mit dem Beklagten in Verbindung und machte eigene Ansprüche geltend. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 05.07.2001, dass der Film "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel" nunmehr mit einer internen Untersagungsverfügung versehen sei, also keine weitere Ausstrahlung stattfinde. Entgegen dieser Zusage wurde die Produktion am 19.07.2001 nochmals ausgestrahlt. Daraufhin mahnte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 25.07.2001 anwaltlich ab. In der Folgezeit erklärte sich der Beklagte im vorgerichtlichen Schriftverkehr nicht bereit, die von der Klägerin für die Nutzung der Filmausschnitte geforderte Vergütung zu zahlen. Der konkrete Umfang des zwischen den Parteien geführten Schriftverkehrs ist streitig.

Mit Schriftsatz vom 27.12.2004, bei Gericht eingegangen am 29.12.2004, legte die Klägerin Klage ein. In einem weiteren Schriftsatz des Herrn Q an das Gericht vom 22.07.2005 bestätigt dieser, dass er alle Rechte an dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" inklusive der Verwertung von Ausschnitten an die F GmbH, I, übertragen habe.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.02.2005 die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" zu sein. Die Firma Q3 habe sämtliche ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film auf die Klägerin übertragen. G2 AG stünden keinerlei Rechte an dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" zu. Dies ergebe sich zum einen aus dem am 07.02.1968 mit der Q3, der Q2 KG und G2 AG geschlossenen Vertrag, wonach G2 AG keinerlei Verwertungsrechte an dem Film für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zustünden. Im Übrigen sei dieser Vertrag im Jahr 1970 im Rahmen eines Schiedsverfahrens aufgelöst worden, so dass zumindest alle Rechte bei der Q3 liegen würden.

Bei dem Filmmaterial handle es sich um besondere Dokumente der Zeitgeschichte, die aufgrund ihrer Einmaligkeit und Originalität nicht mit üblicherweise in den Archiven vorrätigen Filmstoffen vergleichbar seien.

Im Rahmen Produktion "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel" seien insgesamt acht Filmsequenzen aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" mit einer Gesamtlänge von 53 Sekunden verwendet worden. Die einzelnen von dem Beklagten verwendeten Sequenzen seien wie folgt zu unterteilen:

Beate Uhse wirbt (3,0 Sek.) Kondomproduktion (5,5 Sek.)

3. u. 4. Briefeingang und Schreibmaschine (11 Sek.)

Kondomproduktion (6,5 Sek.) Kondomproduktion (3,0 Sek.) EDV (7,0 Sek.) Beate Uhse erkläre Produkte (17 Sek.)

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie als konkreten Schadensersatz das verlangen könne, was sie als Rechtsinhaberin normalerweise für die Einräumung der Lizenz gefordert und erhalten hätte. Für die streitgegenständlichen Filmsequenzen hätte sie - wenn sie überhaupt verkauft hätte - den im Rahmen der Klageforderung geltend gemachten Betrag erhalten. Sie habe bereits vom NDR im Jahre 1999 für eine einmalige Ausstrahlung ähnlicher Filmausschnitte 26.000 DM (13.293 €) erhalten (Anlage K 1). Die Klägerin behauptet, sie nutzte das streitgegenständliche Filmmaterial als Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Produzenten, die über dieses Material nicht verfügen. Sie hätte auf keinen Fall einer erheblich niedrigeren Verwertung des Filmmaterials zugestimmt.

Die Klägerin ist hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Zahlung einer angemessenen Entschädigung der Ansicht, dass es hierfür darauf ankomme, was der Lizenzgeber üblicherweise als Lizenz verlange. Für historisches Material, wie das streitgegenständliche Material, verlange sie in der Regel 138,47 € pro Sekunde für das Sendegebiet N3. Üblicherweise hätte sie für die zweimalige Ausstrahlung der insgesamt 53 Sekunden andauernden Filmausschnitte aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" im Gesamtgebiet der ARD eine 100%ige Erhöhung der Lizenzgebühr von 138,47 € auf 276,94 € gefordert. Danach sei eine Lizenzgebühr von insgesamt 29.355,65 € für die streitgegenständliche Ausstrahlung üblich (Berechnung siehe Bl. 148 f. d.A.).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Lauf der Verjährung nach § 203 BGB gehemmt sei, da sie unmittelbar nach der Verletzungshandlung mit Gesprächen über eine Entschädigung begonnen habe und die Verhandlungen darüber bis in den Januar 2002 fortgesetzt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 26.587,00 € nebst 8% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

Der Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht Inhaberin der Leistungsschutz- und Verwertungsrechte an der Produktion "Du - Zwischenzeichen der Sexualität". Er selbst habe den Film nicht hergestellt. Produzentin dieses Films sei die Q Filmproduktion. Außerdem seien auf der Freigabebescheinigung aus dem Jahr 1968 als Hersteller neben der Q3 nur die Q KG sowie die G2 AG genannt und gerade nicht die Klägerin. Aus dem Umstand, dass Herr H der Klägerin sei, ergebe sich noch nicht, dass dieser irgendwelche Rechte auf die Klägerin übertragen habe.

Der Beklagte behauptet, er habe allenfalls 32 Sekunden aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" verwendet. Außerdem sei das verwendete Filmmaterial durchaus mit üblichen Filmstoffen vergleichbar.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Filmausschnitten um Zitate im Sinne des § 51 UrhG handle, die einem dort genannten Zitatzweck dienen.

Die von der Klägerin vorgebrachte Lizenzgebühr, die sie einmalig für die Vergabe von Lizenzen mit dem NDR verhandelt habe, stelle nicht die branchenübliche Lizenzgebühr für derartige Filmausschnitte im Sinne der Lizenzanalogie dar. Bei der von der Klägerin vorgelegten Vereinbarung mit dem NDR handele es sich lediglich um einen Einzelfall, dessen spezifischen Hintergründe mit dem hier streitgegenständlichen Fall überhaupt nicht vergleichbar seien. Dieser könne keine Aussage über die übliche Vergütung treffen. Zum anderen handele es sich bei der von der Klägerin verlangten Vergütung jedenfalls nicht um eine angemessene. In der Praxis üblich und angemessen für die Klammerteilverwertung von Filmen in anderen Produktionen seien derzeit etwa bis zu 1.500,00 € pro angefangener Sendeminute.

Ferner ist der Beklagte der Ansicht, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei am 25.07.2004 nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB verjährt. Darüber hinaus sei auch keine Hemmung der Verjährung eingetreten. Der Beklagte behauptet, er habe mit Schreiben vom 29.08.2001 auf eine Beanstandung der Klägerin im August 2001 reagiert. Danach habe es keine "Verhandlungen" zwischen ihm und der Klägerin gegeben.

Der Beklagte hat der Streithelferin mit Schriftsatz vom 17.02.2005 den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beizutreten. Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 17.03.2005 beigetreten.

Gemäß Beweisbeschluss vom 27.10.2005 hat die Sachverständige H am 26.11.2007 ein schriftliches Gutachten erstattet, das diese in der Sitzung vom 16.07.2008 mündlich erläutert hat. Auf das Gutachten vom 26.11.2007 und das Protokoll vom 16.07.2008 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in Höhe von 3.000 € begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des konkreten Schadens in Höhe von 26.587,00 € nach §§ 97, 20 UrhG ist verjährt. Insofern kann dahinstehen, ob der Klägerin ein konkreter Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden ist, denn jedenfalls ist der eingeklagte Anspruch nach § 137i UrhG, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB i.V.m. § 102 UrhG a.F. bereits am 25.07.2004, also vor Klageerhebung am 29.12.2004 verjährt.

Nach § 137i UrhG, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB bestimmt sich der Beginn der Verjährung nach § 102 UrhG a.F., da der Anspruch auf Schadensersatz vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 entstanden ist. Die streitgegenständliche Ausstrahlung der Filmausschnitte erfolgte im Juni und Juli 2001. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist damit der konkrete Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat, § 102 UrhG a.F. i.V.m. § 187 BGB a.F. Danach begann die Verjährungsfrist in Bezug auf den hier geltend gemachten Anspruch spätestens am 25.07.2001 zu laufen. Unter diesem Datum mahnte die Klägerin den Beklagten für die am 19.07.2001 zum zweiten Mal erfolgte Ausstrahlung der Produktion "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel" ab. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 102 UrhG lief damit am 25.07.2004 ab.

Eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB wegen fortdauernder Verhandlungen ist nach Ansicht der Kammer nicht eingetreten. Zum einen ist nach § 137 i UrhG i.Vm. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB die Regelung des § 203 BGB für eine etwaige Hemmung der Verjährung bis zum 31.12.2001 nicht anwendbar. Die alte Rechtslage sah eine Hemmung i.S.d. § 203 BGB n.F. gar nicht vor. Nach altem Recht bestand nur ausnahmsweise die Möglichkeit eine Quasi-Hemmung auf eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB zu stützten (vgl. Palandt, BGB, 61. Aufl., Einf 10 ff v § 194). Dies wurde dann angenommen, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat oder wenn der Gläubiger nach objektiven Maßstäben darauf vertrauen durfte, sein Anspruch werde auch ohne Rechtsstreit befriedigt werden (vgl. Palandt, BGB, 61. Aufl., Einf 10 ff v § 194). Zur Annahme eines derartigen Vertrauenstatbestandes hat die Klägerin nach Ansicht der Kammer nicht hinreichend vorgetragen. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin trägt lediglich vor, sie habe die Verhandlungen über eine Entschädigung bis in den Januar 2002 geführt. Dieser von der Beklagten bestrittene Vortrag ist zu unsubstantiiert. Die Klägerin legt weder Schreiben noch andere Umstände dar, aus denen sich ergibt, dass nach dem Antwortschreiben des Beklagten am 29.08.2001 weitere Verhandlungen zwischen den Parteien stattgefunden haben sollen.

2.

Der Klägerin steht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenz i.H.v. 3.000,- € nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB für die unberechtigte Nutzung der streitgegenständlichen Filmausschnitte zu. Der Beklagte hat durch die Ausstrahlung der Produktion "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel", in welcher Filmsequenzen aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" eingeschnitten waren, in den Zuweisungsgehalt des der Klägerin zustehenden Senderechts eingegriffen und damit auf ihre Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt (vgl. zum Bereicherungsanspruch BGH GRUR 1995, 673, 676 - Mauerbilder).

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte des Films "Du - Zwischenzeichen der Sexualität". Dieser stellt ein Filmwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG dar. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film von der Q3 durch den Alleininhaber, Herrn Q, auf die Klägerin übertragen wurden. Zur Rechtekette trägt die Klägerin substantiiert vor. Der Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" wurde im Jahr 1968 u.a. von der Einzelfirma Q3 produziert. Dabei kann dahin stehen, ob zeitweise auch noch den Q KG und B AG, die auf der Freigabebescheinigung der FSK aus dem Jahre 1968 genannt sind, Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Film zustanden. Jedenfalls war die Klägerin im Zeitpunkt der unberechtigten Verwertung der Filmausschnitte durch den Beklagten im Jahr 2001 Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität". Dies ergibt sich zum einen aus dem von der Klägerin vorgelegten Vertragsausschnitt aus dem Jahr 1968, wonach G2 AG keinerlei Rechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zustehen. Darüber hinaus zeigt die Vereinbarung mit der Q KG vom 11.02.1981, dass diese ihr zustehende Rechte an dem Film auf die Q3 übertragen hat. Folglich hat die Q3 als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte diese auf die Klägerin wirksam übertragen. Der klägerische Vortrag wird zudem durch das Bestätigungsschreiben des Herrn Q vom 22.07.2005 gestützt. Aufgrund dieses substantiierten Vortrages reicht es nicht aus, dass der Beklagte lediglich, ohne nähere Ausführung die Aktivlegitimation der Klägerin pauschal bestreitet. Es handelt sich hierbei lediglich um ein Bestreiten ins Blaue hinein, welches unter Berücksichtigung des substantiierten Klägervortrages unbeachtlich ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 138 Rn. 8a, 10a).

Der Beklagte hat gegen das der Klägerin zustehende Senderecht nach § 20 UrhG verstoßen, indem er Ausschnitte aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" ohne Erlaubnis der Klägerin am 13.06.2001 und am 19.07.2001 im Rahmen der Produktion "Beate Uhse - Ein deutscher Sittenspiegel" ausstrahlte.

Dieser Eingriff geschah auch ohne rechtlichen Grund, da ein Rechtfertigungsgrund nicht vorliegt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 97 Rn. 87). Soweit sich der Beklagte auf ein etwaiges Zitatrecht nach § 51 Nr. 2 UrhG analog beruft, kann dies nicht überzeugen. Nach § 51 UrhG ist das Zitieren aus fremden geschützten Werken zu den dort genannten Zwecken und im dort genannten Umfang zwar zustimmungs- und vergütungsfrei. Die Regelung dürfte insoweit auch auf Filmwerke Anwendung finden (vgl. BGH GRUR 1987, 362 ff. - Filmzitate). Im vorliegenden Fall liegt jedoch eine zustimmungs- und vergütungsfreie Nutzung nicht vor, da es an dem nach § 51 UrhG vorausgesetzte Zitatzweck fehlt. Der Zitatzweck ergibt sich insbesondere daraus, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke bzw. Werkteile hinzugefügt sind. Das Zitat darf dabei nicht ununterscheidbar in das zitierende Werk integriert sein, sondern muss als fremde Zutat erkennbar sein (vgl. OLG München NJW 1999, 1975 - Stimme Brechts). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Nach Ansicht der Kammer sind die streitgegenständlichen Filmausschnitte in dem von dem Beklagten ausgestrahlten Filmbeitrag weitgehend ununterscheidbar aufgegangen (Schricker/Schricker, UrhG, 2. Aufl. 1999, § 51 Rn. 15 f). Für den Zuschauer ist nicht erkennbar, dass es sich um ein fremdes in den Film eingeschnittenes Werk handelt. Diesbezüglich fehlt es insbesondere an einer nach außen sichtbaren Kenntlichmachung der Werkteile als "Zitate".

Schließlich ist nach Auffassung der Kammer der Klägerin ein Bereicherungsausgleich in Höhe von 3.000 €, d.h. 1.500 € pro angefangener Sendeminute und erfolgter Ausstrahlung, gem. §§ 812, 818 Abs. 2 BGB zu gewähren. Die Höhe des Bereicherungsausgleichs steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens zur Überzeugung der Kammer fest.

Der Bereicherungsausgleich der Klägerin nach der Verletzung des ihr zustehenden Senderechts aus § 20 UrhG ist auf die Zahlung einer angemessenen Lizenz zu begrenzen. Auf den konkret individuellen Wert des Erlangen für den Bereicherungsempfänger, wie z.B. den Verletzergewinn oder auf die subjektive Vorstellung des Bereicherungsgläubigers kommt es für die Frage des Bereicherungsausgleichs nach §§ 812, 818 BGB nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Wertbestimmung der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeblich (vgl. BGH NJW 1953, 1466; BGH NJW 1963, 651; BGH NJW 1971, 609; BGH NJW 1982, 1154, 1156 - Kunststoffhohlprofil II; BGH GRUR 1987, 524, 525 - Chanel No. 5 II; Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 97 Rn. 188 m.w.N.; Dreier/Schulze, 2. Aufl., UrhG, § 97 Rn. 88 m.w.N.). Erlangt hat der Beklagte vorliegend den Gebrauch der fremden urheberrechtlich geschützten Filmausschnitte. Da das Erlangte seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist der objektive Wert zu ersetzen, § 818 Abs. 2 BGB. Der wirtschaftliche Wert für die Nutzung, die als solche nicht herausgegeben werden kann, wird in dem Betrag der üblichen Lizenz wiedergegeben. Die Höhe der üblichen Lizenzgebühr bestimmt sich nach den im Schadensrecht anerkennten Grundsätzen der Lizenzanalogie (NJW 1982, 1154, 1156 - Kunststoffhohlprofil II).

Danach kommt es für die Bestimmung der üblichen Lizenzgebühr maßgeblich darauf an, was bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (BGH GRUR 1987, 36 - Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage 2000, § 97 Rn 185-187 m.w.N.). Als Maßstab kommt zunächst die branchenübliche Vergütung in Betracht, sofern sich eine solche Übung herausgebildet hat (vgl. BGH GRUR 1987, 36 - Liedtextwiedergabe II). Die branchenübliche Vergütung ergibt sich insbesondere durch einen Vergleich mit ähnlichen Fällen (Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage 2000, § 97 Rn 188). Dieser Vergleich wurde durch die Sachverständige H im Rahmen ihres Gutachtens vorgenommen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die von der Sachverständigen ermittelten Lizenzpreise angemessen und üblich sind.

Aus dem überzeugenden Gutachten der Sachverständigen H ergibt sich, dass für die Verwendung der streitgegenständlichen Filmausschnitte ein Lizenzpreis von 750,- bis 1500,- € pro angefangene Minute und Ausstrahlung angemessen und branchenüblich ist. Die Sachverständige führt zunächst nachvollziehbar und überzeugend aus, in welche einzelnen Kategorien sich Filmmaterialien grundsätzlich unterteilen lassen und welche unterschiedlichen Berechnungsmethoden in der Praxis üblich sind. Im weiteren begründet die Sachverständige ausführlich und nachvollziehbar, die von ihr im konkreten Fall vorgenommene Einstufung der streitgegenständlichen Filmausschnitte.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen geht die Kammer davon aus, dass die Lizenzgebühr für die streitgegenständlichen Filmausschnitte auf dem deutschen Markt im oberen Bereich der von der Sachverständigen festgestellten Lizenzpreise und zwar in Höhe von 1.500,- € pro angefangene Minute als angemessen und branchenüblich nach § 287 ZPO anzusetzen ist.

Soweit die Parteien über den konkreten Umfang bzw. die Gesamtdauer der unberechtigt genutzten Filmausschnitte streiten, kommt es für die Entscheidung hierauf wegen der branchenüblichen Minutenabrechnung nicht an. Selbst die Klägerin trägt vor, dass der Einschnitt der streitgegenständlichen Filmsequenzen insgesamt unter einer Minute, nämlich nicht mehr als 53 Sekunden, gedauert hat.

Die Einstufung der Filmausschnitte in den oberen Bereich der von der Sachverständigen als angemessen erachteten Lizenzgebühr beruht im Wesentlichen auf der Erwägung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Filmmaterial aus dem Film "Du - Zwischenzeichen der Sexualität" um seltenes Filmmaterial aus dem Jahre 1968 handelt. Insoweit hat die Gutachterin überzeugend ausgeführt, dass es im wesentlichen drei Gruppen von Filmmaterialien, nämlich einzigartiges, seltenes und gängiges Filmmaterial, gibt. Die Einordnung des vorliegenden Filmmaterials in die Kategorie "selten" ergibt sich daraus, dass Aufnahmen mit Beate Uhse und Produkten, wie Kondomen, aus den 60er Jahren sehr rar sind und nicht wie gängiges Material einfach am Markt erhältlich sind. Dagegen handelt es sich nach dem Sachverständigengutachen bei dem vorliegenden Filmausschnitten nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, um "einzigartiges" Material. Einzigartiges Filmmaterial nimmt nach den Ausführungen der Sachverständigen lediglich einen Anteil von 1-2% am deutschen Filmmarkt ein. Von einzigartigem Filmmaterial ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen im Grunde nur auszugehen, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, wie z.B. dass es sich um unwiederbringliches Material handelt, welches besonders künstlerisch aufgenommen wurde. Dies hat die Sachverständige durch Beispiele erläutert. Diese besonderen Faktoren liegen bei dem gegenständlichen Filmmaterial nicht vor. Insbesondere liegt keine besondere Aufnahmetechnik oder eine besondere Situation vor, die eine Erhöhung der Lizenz rechtfertigen würde. Die Einstufung des streitgegenständlichen Materials als selten ist daher nachvollziehbar und überzeugend.

Nach Ansicht der Kammer ist die Lizenzgebühr für das streitgegenständliche Filmmaterial insbesondere aufgrund seiner Unwiederbringlichkeit und Originalität in der oberen Preiskategorie für seltenes Filmmaterial in Höhe von 1.500 € pro angefangene Minute anzusetzen. Der von der Kammer festgelegte Lizenzpreis ergibt sich aus der Gesamtschau der unberechtigt genutzten Filmmaterialien, da auch der Lizenznehmer beim Lizenzgeber üblicherweise ein Gesamtpaket an Minuten einkauft und dafür einen einheitlichen Preis zahlt. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass ein Teil der streitgegenständlichen Filmsequenzen von der Sachverständigen bestenfalls mit 750 € pro Minute bewertet wurden. Da die streitgegenständlichen acht Filmsequenzen zum Teil aber auch sehr seltenes Material, wie z.B. die ersten beiden Filmausschnitte und die sechste Filmsequenz, enthalten, geht die Kammer davon aus, dass ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer als angemessene Gebühr eine Lizen in Höhe von 1500 € pro angefangene Minute und Ausstrahlung für das Gesamtpaket vereinbart hätten. Auch das ZDF hat unter anderem für Material eines deutschen Filmproduzenten, der vor allem in den 60er und 70er Jahren Aufklärungsfilme geschaffen hat, nach einer ungenehmigten Nutzung für Ausschnitte 1.500,- € pro angefangener Minute gezahlt.

Sofern die Klägerin vorträgt, sie habe im Jahre 1999 für vergleichbares Filmmaterial bereits vom NDR einen Sekundenpreis von 138,47 € erhalten, kann dies für die Bemessung des Lizenzentgelts nicht überzeugen. Dabei kann dahinstehen, ob sie diesen Betrag tatsächlich erhalten hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, so handelt es sich hierbei unter Berücksichtigung der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht um den üblichen und angemessenen Lizenzpreis der Filmbranche, sondern vielmehr um einen individuell auf die Klägerin ausgerichteten Preis. Hierauf kommt es, wie oben bereits dargelegt, jedoch nicht an. Die Klägerin kann sich im Rahmen des Bereicherungsanspruchs gerade nicht auf die Geltendmachung des konkreten Schadens berufen. Der Bereicherungsausgleich orientiert sich vielmehr an der in der Branche üblichen Lizenzberechnung. Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen sind auf dem Markt Sekundepreise nicht mehr üblich. Danach war ein erster Schritt zur Ablösung der Sekundenpreise schon im Jahr 1982 mit der Gründung des Privatfernsehens geschehen. Ab Mitte der 90er Jahre, mit Ende des sog. Kirch-Monopols, ist in der Filmbranche die Abrechnung nach Minutenpreisen üblich.

Zudem kommt eine Erhöhung der Lizenzgebühr aufgrund des Anteils des Beklagten im Sendegebiet der ARD nicht in Betracht. Die Sachverständige führt hierzu überzeugend aus, dass seit der Ausstrahlung über Satellit der Klammerteilerwerb nicht mehr regional bezogen erfolgt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die ARD mit allen dritten Programmen auch über Satellit ausstrahlt, so dass keine wesentlichen Unterschiede mehr zum ZDF bestehen. Ausnahmen hiervon sind nur im Falle einer regionalbezogenen Landesschau üblich.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verjährt nach § 102 S. 2 UrhG n.F. i.V.m. § 852 S. 2 BGB erst in 10 Jahren von seiner Entstehung an.

Der Antrag der Klägerin zum Zinsanspruch ist dahin gehend auszulegen, dass die Klägerin 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit im Sinne der Formulierung des § 288 Abs. 2 ZPO verlangt. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 2, 291 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 26.587,- €






LG Köln:
Urteil v. 06.08.2008
Az: 28 O 786/04


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