Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 56/04

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2006, Az.: 32 W (pat) 56/04)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Anmelder erstrebt die Eintragung der am 20. November 2002 angemeldeten Wortmarkeaugenweidefür Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25, 35, 38, 41 und 42. Das geltende, als Anlage zu einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 21. Juli 2003 eingegangenen Schriftsatz eingereichte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis lautet wie folgt:

Druckereierzeugnisse für Freizeitgestaltungsanbieter, Bilder und Poster, Photographien, graphische Darstellungen und Reproduktionen;

Damen- und Herrenbekleidungsstücke, Badebekleidung, Unterwäsche, Sportbekleidung;

Online - Werbung;

Bereitstellung von Informationsangeboten zum Abruf aus dem Internet, Bereitstellung eines Internet-Portals für Dritte, nämlich zum Betrieb von Chatforen, Diskussionsforen und zur Herstellung von Kontakten, Dienstleistungen eines E-Mails-Dienstes, nämlich E-Mail-Datendienste, Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich Bereitstellen von Speicherplätzen für Dritte und von Informationen im Internet, Web-Messaging, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen, Unterhaltung, nämlich Fotowettbewerbe, Vermittlung und Kontakten und Bekanntschaften, nämlich mittels Internet und Druckereierzeugnissen; kulturelle Aktivitäten;

Betrieb einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern, Aktualisierung und Zurverfügungstellung von Daten, Bildern, Audio- und Videoinformationen an Dritte, Design und Bereitstellung von Homepages und Webseiten.

Mit Bescheid vom 13. August 2003 ist die Anmeldung seitens der Markenstelle für Klasse 41 als nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig beanstandet worden. Aufgrund ihres für den inländischen Verkehr unmissverständlichen Bedeutungsgehalts (etwas, das einen sehr schönen Anblick biete) stelle die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, der kein betrieblicher Herkunftshinweis entnommen werde.

Mit einem nachfolgenden Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 19. Januar 2004 ist die Anmeldung aus den Gründen des Beanstandungsbescheids zurückgewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 19. Januar 2004 aufzuheben.

Der Begriff "augenweide" beschreibe in keiner Deutungsmöglichkeit die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar. Was als Augenweide angesehen werde, hänge von unterschiedlichen ästhetischen Anschauungen ab. Vorliegend gehe es nicht um Schutz für einzelne Gegenstände, vielmehr stelle er - der Anmelder - einen Speicherplatz und ein Internet-Portal zur Verfügung und biete somit Dritten die Möglichkeit, ihre persönliche Augenweide zu zeigen. Das Internet selbst stelle keine solche dar, allenfalls einzelne abrufbare Webseiten. Selbstverständlich solle die Bezeichnung bereits einen Hinweis auf den Inhalt der Webseiten geben, wobei aber nur nach Art eines Wortspiels assoziativ auf etwas Schönes verwiesen werde.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG). In der Sache bleibt sie aber ohne Erfolg, weil die als Marke angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft ermangelt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Dass Augenweide ein allgemein geläufiger und in seiner Bedeutung feststehender Begriff der deutschen Sprache ist, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden; bereits die Markenstelle hat dies ausreichend belegt (vgl. ergänzend Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Bd. 1, S. 362 "Sehr schöner, ästhetischer Anblick, den etw. od. jmd. bietet"). Auch Waren aller Art können - etwa in der Werbung - als "Augenweide" bezeichnet werden. Gerade bei Bekleidungsstücken, Badebekleidung, Unterwäsche usw., wie sie hier beansprucht werden, liegt eine derartige beschreibende Verwendung nicht fern. Bei Druckerzeugnissen aller Art in Klasse 16 (Bücher, Zeitschriften, Broschüren), Bildern und Postern, Fotografien usw. kommt hinzu, dass diese ohne weiteres eine "Augenweide", z. B. schöne Menschen, abbilden und beschreiben können, daneben aber auch schöne Gegenstände oder Landschaften. Der Begriff wird auch dann nicht als Hinweis auf die Herkunft so gekennzeichneter Erzeugnisse aus einem (einzigen) Geschäftsbetrieb verstanden, wenn er - wie hier - in der Schreibweise mit kleinen Anfangsbuchstaben in Erscheinung tritt; denn auch dies ist in der Werbung als Mittel zur Erzielung von Aufmerksamkeit durchaus üblich.

Die verbleibenden Dienstleistungsangebote - unabhängig davon, ob der Anmelder, seinem Vortrag gemäß, (nur) einen Speicherplatz und ein Internet-Portal Dritten zur Verfügung stellt - können sich sämtlich auf die Präsentation von schönen Menschen und/oder schönen Dingen beziehen, was der Anmelder wohl auch nicht in Abrede stellen will. Dass, bedingt durch unterschiedliche ästhetische Maßstäbe und Vorlieben, jeweils einzelne Nutzer und Interessenten der Dienstleistungen zu einer abweichenden Beurteilung der Frage, wer oder was als Augenweide zu bezeichnen sei, gelangen werden, bewirkt keine Mehrdeutigkeit oder Unklarheit des Markenworts an sich (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Entgegen der Auffassung des Anmelders liegt kein den ursprünglichen Wortsinn völlig verfremdender Gebrauch des Markenworts vor, wenn dieses in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen in Erscheinung tritt. Diese sind sämtlich inhaltsbezogen und nicht rein technischer Art.

Ob die angemeldete Marke außerdem auch als Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann und deshalb von Monopolrechten eines einzelnen Unternehmens freizuhalten ist, bedarf - da nicht entscheidungserheblich - keiner Entscheidung.

Auf Durchsetzung der angemeldeten Marke im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG hat der Anmelder sein Eintragungsbegehren nicht gestützt.






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2006
Az: 32 W (pat) 56/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b6653db474c0/BPatG_Beschluss_vom_24-April-2006_Az_32-W-pat-56-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share