Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. November 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 34/00

(BPatG: Beschluss v. 27.11.2000, Az.: 10 W (pat) 34/00)

Tenor

Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patentamt hat auf eine Anmeldung vom 25. September 1993 ein Patent unter der Bezeichnung "Hitzebad-Kabine" erteilt. Veröffentlichungstag der Erteilung ist der 29. Februar 1996. Patentanspruch 1 lautet:

"Hitzebad-Kabine, bestehend aus einzelnen, die Kabinenwände und das Kabinendach bildenden, insbesondere wasserdampfdichten Elementen, mit einer Dampfzufuhreinrichtung und einer Ablufteinrichtung, mit einer Türe und einer externen oder internen Heizvorrichtung sowie mit einer Steuerung für die Heizvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der externen oder internen Heizvorrichtung (5, 16) Heißluft zur Vorheizung in den Kabineninnenraum bis zu einer Innenraumtemperatur von ca 30 C bis 38 C eingebracht wird, wobei diese Innenraumtemperatur mittels mindestens eines Temperatur-Meßfühlers (6) oberhalb der Heizvorrichtung (15, 16) an der Kabinendecke (2) erfasst wird und nach Erreichen dieser Temperatur der Dampferzeuger (12) automatisch angesteuert und eingeschaltet sowie die Heizvorrichtung (5, 16) angesteuert und automatisch abgeschaltet werden".

Gegen das Patent hat die K... GmbH & Co am 29. Mai 1996 Ein- spruch erhoben mit dem Antrag, das Patent wegen mangelnder Patentfähigkeit gemäß § 21 Patentgesetz zu widerrufen. Zur Begründung hat die Einsprechende ausgeführt, der Gegenstand des angegriffenen Patents werde durch eine offenkundige Vorbenutzung neuheitsschädlich vorweggenommen. Sie habe seit Mitte der 80er Jahre Saunakabinen gemäß dem Prospekt "K...-Sanarium" (E1), der Preisliste "K...-Sanarium" vom Juli 1987 und der Bedienungs- und Montagean- eitung "K...-Sanarium" vertrieben, die auch als Dampfbad betrieben werden könnten. Hierzu werde ein Zusatzgerät ("Sanarium") mitgeliefert, das einen Verdampfer und eine Steuerung aufweise. Diese steuere sowohl den Saunaofen als auch den Verdampfer. Diese Steuerung werde von der Firma G. ... Regeltechnik GmbH hergestellt und seit 8. April 1993 mit einer SoftwareÄnde- rung, die in dem EPROM vom 2. Mai niedergelegt sei, ohne Geheimhaltungsvereinbarung an die Einsprechende geliefert. Diese Steuerung arbeite bei dem Dampfbadbetrieb in der Weise, daß der Saunaofen in drei Phasen bis zum Erreichen der Soll-Temperatur, die je nach gewähltem Programm zwischen 40 C und 60 C betrage, hochgeheizt werde. Diese Soll-Temperatur werde über ein Raumthermometer kontrolliert. Nach Beendigung des Badebetriebes erfolge eine Trocknung der Saunakabine, indem der Saunaofen bis auf 80 C hochgeheizt werde. Vor und während des Aufheizens schalte sich automatisch der Abluftventilator ein, durch den über die stets offenen Zuluftöffnungen trockene Zuluft in die Saunakabine eingesogen werde. Diese offenkundig vorbenutzte Saunakabine erfülle sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruches 1 des Streitpatentes.

Die Patentinhaberin hat geltend gemacht, der Einspruch sei nicht ausreichend substantiiert und damit unzulässig. Nach ihrer Auffassung fehlen konkrete Angaben zu Art, Zeit und Ort der Benutzung und zur Offenkundigkeit mit der Möglichkeit der Nachbenutzung. Die Firma L... sei Inhaberin der Einsprechenden, so daß zwischen diesen beiden Firmen jedenfalls Vertraulichkeit bestehe. Es bestehe zudem Personalunion in der Geschäftsführung beider Firmen. Die Firma L... sei Zulieferer und nicht Öffentlichkeit. Es fehlten Angaben dazu, wann und auf welche Weise Dritte von der Funktion der Steuerung Kenntnis erlangt hätten.

Durch Beschluß vom 14. März 2000 hat die Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes den Einspruch als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass die mit E2 und E3 bezeichneten Druckschriften im Jahre 1987 veröffentlicht worden seien und daher zur Beurteilung der offenkundigen Vorbenutzung, die ab 8. April 1993 stattgefunden haben solle, nichts beitragen könnten. Der als Anlage E1 eingereichte Prospekt lasse kein Druckdatum erkennen. Er habe auch mit dem vorbenutzten Gegenstand nichts zu tun, denn eine spezielle Steuerung, wie sie der geltende Patentanspruch 1 vorsehe, sei dem Prospekt nicht entnehmbar. Die Einsprechende habe innerhalb der Einspruchsfrist auch keinerlei Unterlagen wie zB Schaltbilder, Funktionsbeschreibungen und/oder Gebrauchsanweisungen der Steuerung bzw Lieferscheine vorgelegt und Angaben dazu gemacht, von welchen Personen zu welchem Zeitpunkt und wo eine Sauna mit der speziellen Steuerung geliefert, eingebaut oder benutzt worden sei.

Mit der Beschwerde macht die Einsprechende geltend, daß sie innerhalb der Einspruchsfrist ausreichend substantiiert sowohl zu dem Gegenstand als auch der Offenkundigkeit der Vorbenutzung Stellung genommen habe. Insbesondere habe sie vorgetragen, daß die Steuerung seit 8. April 1993 mit einer Softwareänderung ohne Geheimhaltungsvereinbarung an die Einsprechende ausgeliefert worden sei. Die Wirkung dieser Steuerung sei genau erläutert worden. Für die Offenkundigkeit sei entscheidend, ob der betreffende Gegenstand einem unbestimmten Personenkreis zugänglich und dieser Personenkreis in der Lage gewesen sei, die technische Wirkung zu erkennen. Dies treffe im vorliegenden Fall zu, da die Lieferung des EPROMS von der Firma L... an die Einsprechende ohne Geheimhal- tungsvereinbarung erfolgt sei.

Die Einsprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Patentinhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 19. April 2000 und den Schriftsatz des Patentinhabers vom 22. August 2000 Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Patentabteilung hat den Einspruch im Ergebnis zu Recht als unzulässig erachtet, weil er nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise begründet worden ist.

Nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und 5 Patentgesetz sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, innerhalb der Einspruchsfrist im einzelnen anzugeben. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen Umstände so vollständig dargelegt sind, daß der Patentinhaber und das Patentamt aus dieser Darlegung abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Widerrufsgrundes ziehen können (BGH GRUR 1972, 592 "Sortiergerät"; 1987, 513 "Streichgarn"; 1988, 364 "Epoxidationsverfahren").

Diesen Anforderungen an die Begründungpflicht wird der Einspruch nicht gerecht.

Die Einsprechende beruft sich auf eine offenkundige Vorbenutzung, die den Gegenstand des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents neuheitsschädlich vorwegnehmen soll. Damit hätte sie sowohl den Gegenstand der Benutzung so beschreiben müssen, daß anhand dieser Beschreibung das Vorliegen des behaupteten Widerrufsgrunds vom Patentamt und der Patentinhaberin überprüft und festgestellt werden kann, als auch darlegen müssen, daß der Gegenstand der Benutzung vor dem Anmeldetag öffentlich zugänglich gemacht worden ist und damit zum Stand der Technik gehört (vgl BGH GRUR 1987, 513 "Streichgarn"; 1997, 740 "Tabakdose"; BPatG Mitt 1990, 35).

Vorliegend läßt die Einspruchsbegründung schon nicht erkennen, aus welchen Gründen die Einsprechende den Gegenstand des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents in der Gesamtheit seiner Merkmale durch den Gegenstand der Benutzung für verwirklicht hält. Dieser besteht nach ihrem Vortrag aus einer seit Mitte der 80iger Jahre vertriebenen Saunakabine gemäß dem Prospekt "K...-Sanarium" (E1), der Preisliste "K...-Sanarium" Mai 1987 (E2) und der Bedienungs- und Montageanleitung vom Juni 1987 (E3). Diese Saunakabine enthält, wie die Einsprechende ausführt, eine von der Firma G. ... Regeltech- nik GmbH hergestellte Steuerung, die wahlweise einen Betrieb als f... Sau- na und als Dampfbad ermöglicht. Seit 8. April 1993 soll die Saunakabine mit einer von der Firma L... gelieferten geänderten Steuerung ausgerüstet gewesen sein. Gegenstand der behaupteten Vorbenutzung ist damit eine Saunakabine nach E 1 bis E 3, jedoch mit geänderter Steuerung.

Der Prospekt "Sanarium" (E1) zeigt zwar eine Saunakabine, welche die Merkmale des Oberbegriffs des patentgemäßen Anspruchs 1 sowie eine automatische Steuerung der Heizeinrichtung (Saunaofen) und des Dampferzeugers aufweist.

Die Funktionsweise dieser Steuerung hat die Einsprechende jedoch in bezug auf die die Steuerung betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents nur unvollständig erläutert. Hinsichtlich der Steuerung der Saunakabine nach den Druckschriften E 1 bis E3 hat sie sich in der Einspruchsbegründung auf den allgemeinen Hinweis beschränkt, daß die Steuerung wahlweise einen Betrieb als finnische Sauna und als Dampfbad ermöglicht und damit sowohl den Saunaofen als auch den Verdampfer ansteuert. Zu der seit dem 8. April 1993 geänderten Steuerung hat sie vorgetragen, daß der Saunaofen in drei Phasen bis zur Erreichen der Solltemperatur von zwischen 40¡ und 60¡ hochgeheizt und dann der Verdampfer aktiviert wird.

Anhand dieser Angaben können Patentamt und Patentinhaberin zwar prüfen, ob mit dieser Temperaturführung das patentgemäße Merkmal des Einschaltens des Dampferzeugers nach erfolgter Vorheizung des Kabineninnenraums bis zu einer Temperatur von 30¡ bis 38¡ neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Der Einspruchsbegründung ist jedoch nicht zu entnehmen, daß bei der vorbenutzten Saunakabine das in Anspruch 1 enthaltene Merkmal einer Steuerung erfüllt ist, die nach Erreichen der Solltemperatur des Innenraums sowohl den Dampferzeuger automatisch ansteuert und einschaltet als auch die Heizvorrichtung automatisch ansteuert und ausschaltet. Die weiteren Ausführungen der Einsprechenden zu der geänderten Steuerung, für die im übrigen auch keine Schaltpläne oä vorgelegt worden sind, betreffen die Funktion bei der Beendigung des Badebetriebs, nämlich Trocknung der Saunakabine durch Aufheizen der Temperatur auf 80¡ und gleichzeitige Einschaltung des Abluftventilators. Die Steuerung bei der Beendigung des Badebetriebs steht der in Anspruch 1 des angegriffenen Patents offenbarten Steuerung während des Dampfbadbetriebs, die aufgabengemäß die Kondensatbildung an der Kabinendecke von vorneherein verhindern soll (Beschreibung Sp 1 Z 38 ff), jedoch nicht gleich.

Auch zu dem weiteren, im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 als erfindungswesentlich enthaltenen Merkmal eines Temperaturfühlers, der das Erreichen der Innenraumtemperatur von 30¡ bis 38¡ an der Kabinendecke oberhalb der Heizvorrichtung mißt, hat die Einsprechende nicht Stellung genommen. Ihr Vortrag innerhalb der Einspruchsfrist beschränkt sich auf die Angabe, daß die vorbenutzte Saunakabine über ein Raumthermometer verfüge, das die Solltemperatur messe. An welcher Stelle dieses Thermometer angebracht ist, hat die Einsprechende nicht ausgeführt. Selbst wenn man im übrigen davon ausgeht, daß das Patentamt und die Patentinhaberin auch ohne ausdrücklichen Hinweis der Einsprechenden anhand der eingereichten Bedienungs- und Montageanleitung (E3) ohne weiteres erkennen konnten, daß die Saunakabine mit Temperaturfühlern ausgestattet ist (vg S 9), wäre für die Beurteilung der Neuheitsschädlichkeit eine Erläuterung erforderlich gewesen, welcher der dargestellten Temperaturfühler (8 D, 9 E) dem patentgemäßen Merkmal entspricht.

Da es somit schon an einem vollständigen und nachvollziehbaren Vergleich der Merkmale des Gegenstandes des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents mit dem Gegenstand der behaupteten Vorbenutzung fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob deren Offenkundigkeit substantiiert dargelegt worden ist, insbesondere, ob dem Vortrag der Einsprechenden entnommen werden kann, daß ein unbeschränkter Personenkreis von der ab dem 8. April 1993 ohne Geheimhaltungsvorbehalt gelieferten neuen Steuerung tatsächlich in Verbindung mit den Saunakabinen Kenntnis nehmen konnte. Hierzu ist jedenfalls innerhalb der Einspruchsfrist nichts vorgetragen. Diese zweifelhafte Frage kann jedoch dahin stehen, da sich der Anspruch bereits aus den oben genannten Gründen als formal unvollständig erweist.

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BPatG:
Beschluss v. 27.11.2000
Az: 10 W (pat) 34/00


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