Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. November 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 45/04

(BPatG: Beschluss v. 03.11.2004, Az.: 29 W (pat) 45/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke SmartFindersoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/ oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 36: Finanzwesen; Immobilienwesen;

Klasse 38: Telekommunikation; Betreiben und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere Funk und Fernsehen;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Schreiben vom 23. Oktober 2002 beanstandet und mit Beschluß vom 18. Dezember 2003 (Bl. 21 ff. d. Amtsakten) teilweise zurückgewiesen.

Das Zeichen sei schutzfähig für die Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen wegen bestehender Eintragungshindernisse gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückzuweisen.

Die lexikalisch nicht nachweisbare Wortkombination SmartFinder verstehe der angesprochene Verkehrskreis nur als beschreibende Angabe im Sinne eines "intelligenten Finders". Das zum englischen Grundwortschatz gehörende Wort "Finder" komme auch in der deutschen Sprache in dieser Bedeutung, wie "der ehrliche Finder ..." vor und sei den Worten "Scout" und "Navigator" vergleichbar. "Smart" stehe demgegenüber für "gerätetechnische Intelligenz" und bedeute in der Zusammensetzung mit "Finder" in Bezug auf die Waren der Klasse 9 lediglich, dass diese Geräte mit technischer Intelligenz funktionierten. Im Bereich der Dienstleistungen komme dem angemeldeten Zeichen nur die beschreibende Angabe zu, intelligente Suchvorgänge zu ermöglichen. Mit Ausnahme der in Klasse 16 angemeldeten Waren sei das Zeichen daher schutzunfähig.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 23. Januar 2004 (Bl. 5ff. d.A.) trägt die Anmelderin vor, dass SmartFinder eine Wortneuschöpfung sei, die vom Verkehr als Phantasiebegriff verstanden werde. Es gebe zwar das deutsche Wort "finden", nicht aber "Finder". Der deutschsprachige Verbraucher könne deshalb das Verb und das Substantiv nicht unmittelbar in Beziehung setzen und werde die Kombination daher höchst ungewöhnlich finden. Bereits darin sei das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft zu sehen. Die Wortverbindung SmartFinder könne nicht als normale, sprachübliche Ausdrucksweise aufgefasst werden, sei daher nicht beschreibend und unterliege damit auch keinem Freihaltebedürfnis.

Die Anmelderin beantragt daher (Bl. 5 d.A.), den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Dezember 2003 aufzuheben und der Markenanmeldung "SmartFinder" in vollem Umfang Schutz zu gewähren.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolglos. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, außerdem liegt ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an dem Begriff SmartFinder vor.

1. Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH WRP 2002, 1073/1074,1075 - BONUS II).

Kann einem Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082/1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK, BGH WRP 2002, 1073/1074,1075 - BONUS II).

Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH MarkenR 2003, 187/190 Rn. 41 - Linde, Winward und Rado; EuGH MarkenR 2004, 116/120 Rdn. 50 - Waschmittelflasche).

1.1. Das aus der englischen Sprache kommende Wort "Smart" hat in der deutschen Sprache die Bedeutung "hübsch, elegant, clever, gewitzt, geschäftstüchtig" (Wahrig, Universalwörterbuch, 2002; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl., 2001 [CD-ROM]). Durch eine Sinnänderung im technischen Bereich kennzeichnet es dort nicht mehr nur die gewinnende Äußerlichkeit, sondern bedeutet Verknüpfung und Integration und wird als Hinweis auf gerätetechnische Intelligenz verwendet (Loskant, Das neue Trendwörter Lexikon, 1998, Stichwort: "Smart..."; BPatG GRUR 2003, 157 - Smartweb m.w.N.).

1.2. "Finder" ist verzeichnet als Substantiv zum Verb "finden", also derjenige, der etwas zufällig entdeckt hat (Wahrig, a.a.O.). Mit gleicher Bedeutung wird es im englischen Sprachgebrauch verwendet (Pons, Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2007, S. 320).

Insgesamt ergibt sich daher für breite Verkehrskreise leicht erfassbar bei der Wortkombination Smartfinder der Begriffsinhalt für eine "intelligente Suchhilfe", d.h. ein Gerät, das als elektronischer Finder mit gerätetechnischer Intelligenz funktioniert, oder Dienstleistungen aus dem Bereich der Datenverarbeitung und Telekommunikation, die - online - intelligente Suchvorgänge zu jedem beliebigen Thema, u.a. zum Finanz- o. Immobilienwesen ermöglichen.

1.3. Die Recherche hat insoweit die unterschiedlichsten Themengebiete aufgezeigt, auf denen ein Smartfinder derartige intelligente Hilfestellungen leistet, z.B. bei der Suche nach geeigneten Telefontarifen, wo der Smartfinder als besonderes "Zuckerl"(www.futurebytes.at/news/news_20010814_infocenter.html) beschrieben wird, weil er "von allen Seiten aus stets einen direkten Zugriff auf die wichtigsten Datenkomplexe des InfoCenters Tarife" erlaube. Weiterhin ist der Smartfinder als Softwareprodukt die "Video-Archiv-Lösung für Film, Tourismus, Werbung und Unternehmen aus der Wirtschaft" (www.ivs.tv/smartproducts.htm). Die Firma K... bietet in der "Smart"-Produktserie" nützliche und innovative Module für die Website, und zwar den Smartfinder als "Suchmodul" für Begriffe auf allen Seiten und Dokumenten (www.keyseven.de). Es gibt weiterhin den Smartfinder, der günstigere Parkplätze unter 3 Meter für das Kraftfahrzeug "Smart" sucht (www.smartforum.de). Windows kennt die Startseite "smartfinder.us" und ruft diese zum Ärger der Kunden immer wieder auf (www.trojanerboard.de/showthread.php€t=8134).

1.4. Die Wortverbindung mit "smart" ist entgegen der Auffassung der Anmelderin daher allgemein bekannt und sprachüblich. Sie steht damit in einer Reihe mit anderen Bezeichnungen wie z.B. Smart Card. Dieses Wort ist inzwischen ein geläufiger Begriff für Plastikkarten, die mit einem Chip ausgestattet sind, und Funktionen von Personalausweis und Kreditkarte verbinden oder aber auch als Club-, Telefon- und Versicherungskarten Verwendung finden (Loskant, Das neue Trendwörter Lexikon, 1998, Stichwort: "Smart..., Smart Card"). Auch Smart Clothes sind bekannt als mit eingepassten Computerteilen versehene Kleidungsstücke, die mit Sensoren die Außen- bzw. Innentemperatur abgleichen (a.a.O.).

Eine sprachübliche Zusammensetzung mit "Finder" ist z.B. der "pathfinder", der im Internet bei der Suche nach unterschiedlichen Pfaden hilft.

1.5. In der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts finden sich weitere mit "smart" zusammengesetzte Zeichen, die nicht eingetragen wurden, weil sie jeweils beschreibend waren, so z.B. SmartAssist für Klasse 9 (BPatG 30 W (pat) 271/97), SmartATM (BPatG 30 W (pat) 111/98), SmartBox (Klasse 38; BPatG 29 W (pat) 63/00), smartbuilding.de (Klassen 42, 16, 36; BPatG 25 W (pat) 167/01), SMARTCLOCK (BPatG 24 W (pat) 69/96), SmartConnect (Klasse 38; BPatG 29 W (pat) 131/03), SmartDrive (Klassen 9, 16, 42; HABM R0637/01-4), SMART-DRIVE (Klassen 7, 9, 12; HABM R0688/03-1), SmartEther (Klasse 9; BPatG 30 W (pat) 113/98), Smart Shopper (Klassen 9, 35, 42; BPatG 30 W (pat) 132/02), SMARTNET (BPatG 33 W (pat) 152/99), Smartweb (Klasse 38; BPatG 29 W (pat) 80/02) usw..

Ausgehend hiervon handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung "Smart-Finder" um eine naheliegende, den zahlreichen bereits gebräuchlichen Fachausdrücken mit dem Bestandteil "smart" vergleichbare Wortkombination, die in ohne weiteres verständlicher Weise die "intelligente Suchhilfe" bezeichnet.

2. Aufgrund dieser Feststellungen ist SmartFinder insgesamt auch für die hier angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36, 38, 42 lediglich eine im Vordergrund stehende Sachangabe einer Suchmaschine spezialisiert auf die Dienstleistungen der beanspruchten Klassen, nicht aber ein Hinweis auf den Hersteller.

2.1. Der SmartFinder ist geeignet bei Finanzen und Immobilien, eine intelligente Suchhilfe nach den entsprechenden Begriffen zu bieten, z.B. um geeignete Geldanlagen, Investitionsobjekte, Finanzierungslösungen o.ä. zu finden.

2.2. Ähnlich verhält es sich mit Werbung und Geschäftsführung in Klasse 35. Mithilfe des Smartfinders werden im Internet bestimmte Fenster geöffnet oder (Werbe-)Links angezeigt, die ein Feld für einen Suchbegriff anbieten, über den man zur beworbenen Firma kommt. Er kann aber auch das Medium sein, mit dem Werbung gemacht wird, und auf "intelligente Weise" individuelle Werbestrategien für den Kunden herausfinden. Bei Geschäftsführung ist es die Zweckbestimmung, nämlich das Auffinden intelligenter Strategien mittels gerätetechnischer Intelligenz.

2.3. Auch bezüglich der weiter beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der Klasse 38 besteht keine Schutzfähigkeit. Angesichts des engen Sachzusammenhangs zwischen den technischen Übertragungsdienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und den übermittelten Inhalten wird der Verkehr das Zeichen auch insoweit nur als Hinweis auf eine Suchhilfe auffassen und nicht als Herkunftshinweis. Das allgemein aufgeklärte Publikum im Sinne des europäischen Verbraucherleitbildes wird den SmartFinder z.B. als beschreibenden Hinweis auf eine Suchmaschine oder ein Internetportal verstehen, nicht aber einen Hersteller damit assoziieren.

2.4. Dasselbe gilt für das "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation". Auch hier reduziert sich die angemeldete Wortfolge auf eine verständliche Beschreibung des möglichen Inhalts der Dienstleistungen bzw. eine Beschreibung des Inhalts der Programme, die Gegenstand der Dienstleistung sein können, wie z.B. Programme für Suchmaschinen.

3. Das Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG liegt vor, wenn im Interesse der Mitbewerber der Monopolisierung des Zeichens entgegengetreten werden muß. Deshalb ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Aufgrund der fortschreitenden Technisierung aller Lebensbereiche und des ubiquitären Einsatzes von technischer Geräteintelligenz, sowie der damit verbundenen Wortschöpfungen kann das angemeldete Zeichen ohne weiteres zu einer Angabe über den Einsatzzweck und die Art weiterer Dienstleistungen dienen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die beschreibende Verwendung des einzutragenden Zeichens im Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen noch erheblich an Bedeutung gewinnen wird (EuGH, GRURInt. 2004, 410 - BIOMILD; EuGH, GRUR 2003, 58 - Companyline).

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Hu






BPatG:
Beschluss v. 03.11.2004
Az: 29 W (pat) 45/04


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