Bundespatentgericht:
Urteil vom 11. Dezember 2007
Aktenzeichen: 4 Ni 69/05

(BPatG: Urteil v. 11.12.2007, Az.: 4 Ni 69/05)

Tenor

I. Das europäische Patent EP 0 898 682 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 898 682 (Streitpatent), das am 23. Mai 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 196 20 827 vom 23. Mai 1996 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch verfasst und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 597 10 922 geführt. Es betrifft eine Leuchteinrichtung zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung. Es umfasst 52 Ansprüche und ist vollständig angegriffen. Der Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; und - mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung.

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 52 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 898 682 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Patents sei weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit; zudem fehle es an der Ausführbarkeit. Hierzu beruft sie sich u. a. auf Druckschrift:

D1 FR 2 697 617 A1 (LR2)

und die in der mündlichen Verhandlung überreichte D2 DE 40 08 932 A1.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 898 682 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im vollen Umfang nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 folgende in der mündlichen Verhandlung überreichte Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 52 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 1):

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; und - und mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung,

- wobei die Optikeinrichtung ein Reflexionsprisma umfasst.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 52 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 2):

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; und - mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung,

- wobei eine zwischen den lichtabstrahlenden Dioden und der Strahlungsaustrittsfläche (6) des Clusters (3) angeordnete Spiegeloberfläche (10) vorgesehen ist.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 52 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 3):

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; und - mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung,

- wobei die Optikeinrichtung eine Optikeinrichtung zur Strahlenbrechung und zur Totalreflexion ist, womit eine Hochleistungsoptik geschaffen ist, mittels derer die Lichtabstrahlung so ausformbar ist, dass sie den Anforderungen im Flughafenbetrieb in jedem Fall genügt, nämlich den Standards gemäß ICAO, FAA, DOT, CIE, IL-C-25050.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 52 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 4):

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; und - mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung,

- wobei die Optikeinrichtung eine Optikeinrichtung in Form eines Reflexionsprismas zur Strahlenbrechung und zur Totalreflexion ist, womit eine Hochleistungsoptik geschaffen ist, mittels derer die Lichtabstrahlung so ausformbar ist, dass sie den Anforderungen im Flughafenbetrieb in jedem Fall genügt, nämlich den Standards gemäß ICAO, FAA, DOT, CIE, IL-C-25050.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 52 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 5):

Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen,

- mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

- mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind; wobei ein oder mehrere Cluster als auswechselbare Teileinheit ausgebildet ist bzw. sind und die Leuchteinrichtung modulartig zusammenstellbar ist um je nach Anforderungsprofil aus einer vergleichsweise geringen Anzahl unterschiedlicher Cluster eine große Anzahl unterschiedlicher Leuchteinrichtungen, die an unterschiedlichste Anforderungen und Verhältnisse anpassbar sind, herzustellen;

- mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung,

- wobei eine zwischen den lichtabstrahlenden Dioden und der Strahlungsaustrittsfläche (6) des Clusters (3) angeordnete Spiegeloberfläche (10) vorgesehen ist.

Die Beklagte bestreitet die mangelnde Ausführbarkeit des Streitpatents und hält dieses zumindest im hilfsweise verteidigten Umfang für patentfähig.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der Gegenstand des Streitpatents ist weder in der erteilten Fassung noch in den Fassungen nach den Hilfsanträgen patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), i. V. m. Art. 54, Abs. 1 und Art. 56 EPÜ).

Dabei kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Streitpatents sowohl nach der erteilten Fassung als auch nach den verteidigten Fassungen gegenüber dem Stand der Technik neu ist, denn jedenfalls beruht er nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

II.

1. Das Streitpatent betrifft eine als Flughafen-Unterflurfeuer ausgebildete Leuchteinrichtung zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen mit Lichtquellen, die als Halbleiterelement (etwa LED) oder als lichtabstrahlende Polymere ausgebildet sind (vgl. PS, Abs. [0001].

2. Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs eine im Stand der Technik bekannte Auslegung einer derartigen Leuchteinrichtung im Straßenverkehr, wie sie in der französischen Patentschrift FR 27 13 747 (A1) aufgeführt wird. Gegenüber den bisher eingesetzten und als Glüh- oder Wolframhalogenlampen ausgebildeten Lichtquellen sollen die Halbleiterelemente sich durch die längere Nutzungsdauer von 70.000 h gegenüber 1.000 h bis 1.500 h, den geringeren Energiebedarf, die Lichtabstrahlung in einer vorgegebenen Farbe ohne Notwendigkeit einer Filterung, durch die kaum vorhandene Strahlung außerhalb des Bereichs des sichtbaren Lichts sowie die Konstanz des Wellenlängenbereichs der Abstrahlung auszeichnen [Absatz 0002].

3. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine Leuchteinrichtung der eingangs genannten Art derart weiter zu bilden, dass sie mit einem weitaus geringeren technisch konstruktiven Aufwand an unterschiedliche Anforderungen angepasst werden kann und dass ein Weiterbetrieb der Leuchteinrichtung auch bei Ausfall einzelner Halbleiterelemente möglich ist [Absatz 0003].

4. Zur Lösung dieser Aufgabe weist das Flughafen-Unterflurfeuer gemäß dem verteidigten Patentanspruch aus der Patentschrift (mit einer Gliederung versehen) folgende Merkmale auf:

M1 Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen, M2 mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittsöffnung;

M3 mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED), oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, M4 wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind, M5 und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind M6 und mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung.

Der Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 weist zusätzlich zu den Merkmalen [M1 bis M6] jeweils auf:

Hilfsantrag 1:

M6a - wobei die Optikeinrichtung ein Reflexionsprisma umfasst.

Hilfsantrag 2:

M7 - wobei eine zwischen den lichtabstrahlenden Dioden (1) und der Strahlungsaustrittsfläche (6) des Clusters (3) angeordnete Spiegeloberfläche (10) vorgesehen ist.

Hilfsantrag 3:

M6b wobei die Optikeinrichtung eine Optikeinrichtung zur Strahlenbrechung und zur Totalreflexion ist, womit eine Hochleistungsoptik geschaffen ist, mittels derer die Lichtabstrahlung so ausformbar ist, dass sie den Anforderungen im Flughafenbetrieb in jedem Fall genügt, nämlich den Standards gemäß ICAO, FAA, DOT, CIE, IL-C-25050.

Hilfsantrag 4:

M6b' - wobei die Optikeinrichtung eine Optikeinrichtung in Form eines Reflexionsprismas zur Strahlenbrechung und zur Totalreflexion ist, womit eine Hochleistungsoptik geschaffen ist, mittels derer die Lichtabstrahlung so ausformbar ist, dass sie den Anforderungen im Flughafenbetrieb in jedem Fall genügt, nämlich den Standards gemäß ICAO, FAA, DOT, CIE, IL-C-25050.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 lautet:

M1 Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen, M2 - mit einem für Überrollbelastungen, wie sie beispielsweise bei einer Start- oder Landebahn auftreten, ausgelegten Gehäuse mit mindestens einer Lichtaustrittöffnung;

M3 - mit als Halbleiterelemente (1), z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) oder als lichtabstrahlende Polymere, ausgebildeten Lichtquellen, M4 wobei jeweils mehrere Halbleiterelemente (1) zu einem Cluster (3) zusammengefasst sind M5 und eine beliebige Anzahl gegebenenfalls unterschiedlicher Cluster (3) in Form von Modulen vorgesehen sind;

M5a wobei ein oder mehrere Cluster als auswechselbare Teileinheiten ausgebildet ist bzw. sind M5b und die Leuchteinrichtung modulartig zusammenstellbar ist um je nach Anforderungsprofil aus einer vergleichsweise geringen Anzahl unterschiedlicher Cluster eine große Anzahl unterschiedlicher Leuchteinrichtungen, die an unterschiedlichste Anforderungen und Verhältnisse anpassbar sind, herzustellen M6 - mit einer Optikeinrichtung zur horizontalen Lichtabstrahlung gemäß den einschlägigen Standards für die Flughafenbefeuerung, M7 - wobei eine zwischen den lichtabstrahlenden Dioden (1) und der Strahlungsaustrittsfläche (6) des Clusters (3) angeordnete Spiegeloberfläche (10) vorgesehen ist.

5. Der hier zuständige Fachmann ist im Hinblick auf die beim Patent insbesondere im Vordergrund stehenden optischen Problemstellungen ein mit der Entwicklung von Unterflurfeuern befasster berufserfahrener Diplom-Physiker, der bei seiner Tätigkeit für die mechanische Gestaltung des Unterflurfeuers im ständigen Kontakt mit einem Konstrukteur steht.

6. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 ist jeweils durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt und erweitert den Schutzbereich des Streitpatents nicht.

7. Nach Auffassung der Klägerin waren die am Anmeldetag des Patents bekannten LEDs mit ihrer Lichtausbeute überhaupt nicht zur Verwendung in einem Unterflurfeuer der hier in Rede stehenden Art geeignet. Da sich der Patentschrift dazu auch keine Hinweise darauf fänden, wie entsprechende Halbleiterbauelemente gebaut werden müssten, um überhaupt für ein hier in Frage stehendes Unterflurfeuer geeignet zu sein, erachtet sie das Patenterfordernis der Ausführbarkeit mangels vollständiger Offenbarung als nicht erfüllt. Dieser Sichtweise steht jedoch entgegen, dass zum Einen die Lichtstärke einer Beleuchtungseinheit nicht nur von der Lichtstärke einer einzelnen Lichtquelle abhängt, sondern u. A. insbesondere auch von der Anzahl der darin enthaltenen Lichtquellen, im vorliegenden Falle in zumindest in einem Bündel angeordneten LED's des Unterflurfeuers, bestimmt wird, zum Anderen waren mit LED's versehene Unterflurfeuer für Rollbahnen aus der D1 (LR2), auf die sich die Klägerin u. A. selbst beruft, am Anmeldetag des Patents ohnehin bereits bekannt und eingesetzt.

8. Der Gegenstand des verteidigten, erteilten Patentanspruchs 1 beruht gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser Patentanspruch enthält ebenso wie der Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 eine Reihe von Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben. So ist z. B. Merkmal [M1] auf ein Flughafen-Unterflurfeuer zur Signalabgabe, Kennzeichnung oder Markierung von Verkehrswegen auf einem Flughafen gerichtet.

Der Schutzbereich eines Erzeugnispatents wird durch die Aufnahme entsprechender Merkmale im Regelfall nicht eingeschränkt. Diese Angaben sind dem besseren Verständnis dienende Erläuterungen, die lediglich die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung seiner räumlichkörperlichen Ausgestaltung haben (vgl. hierzu BGH GRUR 1979, 149, Ls - "Schießbolzen", BGH GRUR 1991, 436, Ls3 - Befestigungsvorrichtung II"). Im Umkehrschluss können aus solchen Merkmalen keine patentbegründenden Unterschiede gegenüber dem Stand der Technik hergeleitet werden. Diese Merkmale sind mit anderen Worten bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit als unbeachtlich einzustufen.

Die aus D1 bekannte Leuchtvorrichtung ist insbesondere für Landungssysteme für Luftfahrzeuge auf Schiffsdecks vorgesehen (vgl. die Bezeichnung "Spot lumineux destine...sur le pont d'une unite navale"). Um den dies betreffenden Erfordernissen gerecht zu werden, müssen sowohl die Lichtquelle und die Optikeinrichtung als auch das Gehäuse der Leuchtvorrichtung entsprechend der Verwendung als Unterflurfeuer gestaltet sein.

Die Gestaltung der Lichtquelle betreffend sind in D1 mit als Halbleiterelemente, z. B. als lichtabstrahlende Dioden (LED) ausgebildete Lichtquellen vorgesehen (vgl. Anspruch 1 bzw. Seite 2, Zeile 34 "LED") [M3]. Die Halbleiterelemente sind in einer Matrix-Anordnung zusammengefügt (Figur 4 bzw. Seite 2 Zeile 34 ...une matrice ... de LED"), die ihrerseits als Untermatrix aufgebaut sein kann (Anspruch 6 bzw. Seite 3, Zeile 28..."agencee en sousmatrice..."), womit jeweils mehrere Halbleiterelemente zu einem Bündel - Cluster - zusammengefasst sind [M4].

Befeuerungen für Start- und Landebahnen obliegen höchsten Sicherheitsanforderungen, zu denen insbesondere die ständige Funktionsfähigkeit der Lichtquellen beiträgt. Der Fachmann wird deshalb sein besonderes Augenmerk auf diese richten und bei deren Auslegung auf eine schnelle Auswechselbarkeit defekter Lichtquellen oder Teilen derselben achten; dabei bietet es sich an, eine beliebige Anzahl von Clustern in Form von Modulen vorzusehen (die im Bedarfsfalle einfach und schnell auszuwechseln sind). Unterschiedliche Matrizen - Cluster - sind im Übrigen auch in D1 vorgesehen (Seite 3 ab Zeile 28 ..."ou de couleurs differentes"...) [M5]. Für die horizontale Lichtabstrahlung der von den Halbleiterelementen ausgesandten Lichtstrahlung ist in dem Ausführungsbeispiel sowohl gemäß der Figur 6a, b als auch gemäß Figur 7 eine Optikeinrichtung vorgesehen (Seite 6 ab Zeile 22). Selbstverständlich die einschlägigen Standards erfüllen muss [M6].

Bei der Leuchtvorrichtung aus D1 stehen ebenso wie beim Gegenstand des Patents zwar lichttechnische Gesichtspunkte im Vordergrund; jedoch wird in D1 zu der Leuchtvorrichtung schon einleitend darauf hingewiesen, dass mit der vorgeschlagenen Lösung jedem beliebigen der wichtigen Funktionserfordernisse bei der Landung von Luftfahrzeugen entsprochen werde (Seite 2, Zeile 28..."satisfaire l'une quelconque des exigences de fonctionnement importantes"...). Damit wird dem Fachmann bereits ein Hinweis auf die konstruktive Gestaltung der Leuchtvorrichtung gegeben. Selbstverständlich muss er das Gehäuse der Leuchteinrichtung mit Lichtaustrittsöffnungen als Unterflurfeuer für auf Rollbahnen auftretende Überrollbelastungen auslegen [M1, M2].

Nach alledem beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der Leuchtvorrichtung aus D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Übrigen ist die konstruktive Gestaltung des Gehäuses des Unterflurfeuers beim Patent, insbesondere beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ohnehin dem Fachmann im Einzelnen überlassen.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung nochmals den Standpunkt vertreten, dass die Leuchtvorrichtung aus D1 mit ihrer gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 6a, b außen auf dem Deckel aufgeklebten, somit über die Rollbahn überstehenden optischen Vorrichtung nicht als Unterflurfeuer für Überrollbelastungen auf Rollbahnen ausgelegt sein könne. Dieser Sichtweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zum Einen offenbart D1 mit dem Ausführungsbeispiel der Figur 7 ohnehin ein mit dem Deck bündiges Unterflurfeuer (Seite 7, Zeile 9 ..."une structure de spot encastree et affleurant le sol du pont"); zum Anderen ist auch die Leuchtvorrichtung gemäß Figur 6a, b (um jedem Funktionserfordernis zu entsprechen) wie oben dargelegt, so zu gestalten, dass deren auch die optische Vorrichtung umschließendes und gegenüber dem Deckboden vorstehendes Gehäuse Überrollbelastungen Stand hält. Im Übrigen sind derart ausgelegte Gehäuse für Unterflurfeuer hinlänglich bekannt (bei Straßenmarkierungen als "Schildkröten" bezeichnet); beispielsweise sei dazu auf das Beleuchtungssystem für eine Fahr- oder Rollbahn aus D2 verwiesen (vgl. Figur 1 mit der über das Niveau der Fahrbahn hinausragenden Höhe h sowie Spalte 5, Zeile 21 bis 33).

9. Auch die im Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 5 jeweils beanspruchten weiteren Merkmale, in denen sich diese Ansprüche vom erteilten Patentanspruch 1 unterscheiden, können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

9.1 Die Optikeinrichtung mit einem Reflexionsprisma zu versehen, wie im Merkmal [M6a] des Hilfsantrags 1 beansprucht, ist aus D1 bekannt. Die Optikeinrichtung gemäß Figur 6a, b (insgesamt mit Bezugszeichen 13 versehen) umfasst ebenfalls eine Reflexionsprisma 14 zum Umlenken des Strahlenganges an der Ebene 16.

9.2 Den Strahlengang gemäß Hilfsantrag 2 durch Spiegel umzulenken, ist in der Optik eine hinlänglich bekannte Maßnahme. Beispielsweise zeigt dazu D2 in Figur 1 einen Spiegel 6, der zwischen Lichtquelle und Strahlenaustrittsfläche eines Unterflurfeuers vorgesehen ist [M7].

9.3 Die Lichtstrahlen mittels Totalreflexion umzulenken, wie in [M6b] gemäß Hilfsantrag 3 beansprucht, ist ebenfalls aus D1 bekannt. In Figur 6b werden die Lichtstrahlen an der Grenzfläche 16 des Prismas 14 beim Übergang von optisch dichteren ins optisch dünneren Medium bei entsprechendem Einfallswinkel, wie in Figur 6a vorgesehen, gemäß dem Reflexionsgesetz totalreflektiert. Da bei der Totalreflexion an einem Prisma im Gegensatz zur Reflexion an einer Spiegeloberfläche keine Aufspaltung der Lichtstrahlen erfolgt, bleibt deren Lichtstärke im Hinblick auf die Anforderungen an das Unterflurfeuer ("Hochleistungsoptik") in Flughafenbetrieb erhalten. Die Einhaltung der durch die einschlägigen Standards beim Flughafenbetrieb vorgegebenen Anforderungen an das Unterflurfeuer versteht sich ohnehin von selbst.

9.4 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 präzisiert im Merkmal [M6b'] die im Merkmal [M6b] des Hilfsantrags 3 angegebene "Optikeinrichtung zur Strahlenbrechung" lediglich in eine "Optikeinrichtung in Form eines Reflexionsprismas". Letzteres ist, wie unter 9.3 zum Hilfsantrag 3 bereits dargelegt, auch bei dem Unterflurfeuer aus D1 vorhanden, so dass sich damit keine abweichende Bewertung ergibt.

9.5 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 schließlich sind gemäß Merkmal [M5a] ein oder mehrere Cluster als auswechselbare Einheit ausgebildet und gemäß Merkmal [M5b] die Leuchteinrichtung modulartig zusammenstellbar (um, wie dann im Einzelnen ausgeführt mit diesem je nach Anforderungsprofil unterschiedliche Leuchteinrichtungen herzustellen). Auch zu diesen Maßnahmen, in denen sich dieser Anspruch von den vorangehenden unterscheidet, entnimmt der Fachmann Anregungen und Hinweise aus dem Beleuchtungssystem der D2. Dessen Unterflurfeuer ist mit einer Basisplatte versehen (Bezugszeichen 24 in Figur 1), in der sich mindestens ein unabhängiger modularer Einsatz 30 mit einer Lichtquelle 1 befindet (Anspruch 1). Es können bis zu vier gleichartige modulare Einsätze 30 vorgesehen sein (Anspruch 4). Diese sind jeweils mit Schnellverschlüssen versehen (Anspruch 3) und somit als auswechselbare Teileinheiten ausgebildet [M5a]. Unterschiedliche Anordnungen von Modulen schaffen dabei die Voraussetzung, um verschiedene Anforderungen zu erfüllen (Spalte 2, Zeilen 15 bis 18). Somit ist auch diese Leuchteinrichtung modulartig zusammenstellbar und es sind mit ihren Modulen, die gleich aufgebaut sind, sich jedoch in der Intensitätsverteilung, ausgeleuchtetem Raumwinkel und/oder Farbe unterscheiden können (Spalte 2, Zeilen 32 bis 36), je nach Anforderungsprofil unterschiedliche Leuchteinrichtungen herstellbar [M5b].

10. Die Unteransprüche 2 bis 52 teilen aufgrund ihres Rückbezuges auf den jeweiligen Patentanspruch 1 dessen Schicksal.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Winkler Voit Dr. Häußler istan das DPMA abgeordnet.

Winkler Dr. Morawek Bernhart Pü






BPatG:
Urteil v. 11.12.2007
Az: 4 Ni 69/05


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