Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2005
Aktenzeichen: 7 W (pat) 315/05

(BPatG: Beschluss v. 14.09.2005, Az.: 7 W (pat) 315/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass das Patent widerrufen wird. Gegen die Erteilung des Patents wurde ein Einspruch erhoben, der auf die Behauptung gestützt war, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Zur Begründung des Einspruchs wurden verschiedene Dokumente vorgelegt, die den Stand der Technik darstellen. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung Patentansprüche vorgelegt und eingeräumt, dass der Gegenstand des Patents zum Stand der Technik gehört. Das Gericht hat festgestellt, dass der Gegenstand des Patents weder in der erteilten Fassung noch in den vorgelegten Hilfsanträgen eine patentfähige Erfindung darstellt. Es wurde ein Diplomingenieur des Maschinenbaus als Fachmann betrachtet. Das Gericht hat den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen I, II, III und IV untersucht und festgestellt, dass der Gegenstand des Patents naheliegend aus dem Stand der Technik abgeleitet werden kann. Daher wurde das Patent widerrufen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 14.09.2005, Az: 7 W (pat) 315/05


Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen die am 16. September 2004 veröffentlichte Erteilung des Patents 197 57 729 mit der Bezeichnung "Gliederschürze" ist am 22. September 2004 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende ua die DE 40 33 541 A1 (D1), die DE 42 14 928 A1 (D3) und Auszüge aus dem Katalog "Das Erfolgsprogramm" der Firma H... (D2) mit den Blättern "Aluminium-Gliederschürze" (D2a) und "Rollo-Abdeckung mit Gehäuse" (D2b) genannt und in Kopie vorgelegt. Sie hat außerdem geltend gemacht, Aluminium-Gliederschürzen gemäß dem Katalogblatt Aluminium-Gliederschürze (D2a) seien vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents an Kunden geliefert worden und hat dazu weitere Unterlagen vorgelegt und Zeugenbeweis angeboten. In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende das Original des Katalogs "Das Erfolgsprogramm" (D2) zur Einsichtnahme vorgelegt.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen I bis IV vorgelegt. Sie hat eingeräumt, dass Aluminium-Gliederschürzen gemäß dem entsprechenden Katalogblatt (D2a) vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents bekannt waren und somit zum Stand der Technik gehören. Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents neu sei und sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergäbe.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise nach den jeweils am 14. September 2005 überreichten Patentansprüchen 1 bis 13 nach Hilfsantrag I bzw 1 bis 12 nach Hilfsantrag II bzw Hilfsantrag IV, jeweils mit einer Seite 3/14, die die Seite 3/14 der Beschreibung in der Patentschrift ersetzt, im übrigen jeweils gemäß Beschreibung und Zeichnungen nach Patentschrift.

Die Einsprechende stellte den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentansprüche 1 gemäß dem erteilten Patent (Hauptantrag) und den Hilfsanträgen I bis IV lauten:

Hauptantrag:

"Gliederschürze, insbesondere zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile, mit einer Vielzahl von gelenkig verbundenen Gliedern, die jeweils eine einen Abdeckungsflächenabschnitt bildende Großfläche und sich daran anschließende Seitenflächen aufweisen, wobei die einzelnen Glieder mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden, dadurch gekennzeichnet , dass die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung zumindest abschnittsweise aneinander anliegen und dass die Seitenflächen mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung bündig sind."

Hilfsantrag I:

"Gliederschürze, insbesondere zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile, mit einer Vielzahl von gelenkig verbundenen Gliedern, die jeweils eine einen Abdeckungsflächenabschnitt bildende Großfläche und sich daran anschließende Seitenflächen aufweisen, wobei die einzelnen Glieder mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden, dadurch gekennzeichnet , dass die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung zumindest abschnittsweise aneinander anliegen und dass die Seitenflächen mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung bündig sind und die einzelnen Großflächen in der Streckstellung eine glatte Gesamtoberfläche ergeben."

Hilfsantrag II:

"Gliederschürze, insbesondere zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile, mit einer Vielzahl von gelenkig verbundenen Gliedern, die jeweils eine einen Abdeckungsflächenabschnitt bildende Großfläche und sich daran anschließende Seitenflächen aufweisen, wobei die einzelnen Glieder mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden, dadurch gekennzeichnet , dass die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung zumindest abschnittsweise aneinander anliegen und dass die Seitenflächen mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung bündig sind und die einzelnen Großflächen in der Streckstellung eine glatte Gesamtoberfläche ergeben, und mit einer Abstreifvorrichtung, die auf den Großflächen der Glieder vorhandene Stoffe entfernt."

Hilfsantrag III:

"Gliederschürze, insbesondere zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile, mit einer Vielzahl von gelenkig verbundenen Gliedern, die jeweils eine einen Abdeckungsflächenabschnitt bildende Großfläche und sich daran anschließende Seitenflächen aufweisen, wobei die einzelnen Glieder mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden, dadurch gekennzeichnet , dass die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung zumindest abschnittsweise aneinander anliegen und dass die Seitenflächen mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung bündig sind und die einzelnen Großflächen in der Streckstellung eine glatte Gesamtoberfläche ergeben, und mit einem feststehenden Abstreifer als Abstreifvorrichtung, der auf den Großflächen der Glieder vorhandene Stoffe entfernt."

Hilfsantrag IV:

"Gliederschürze, insbesondere zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile, mit einer Vielzahl von gelenkig verbundenen Gliedern, die jeweils eine einen Abdeckungsflächenabschnitt bildende Großfläche und sich daran anschließende Seitenflächen aufweisen, wobei die einzelnen Glieder mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden, dadurch gekennzeichnet , dass die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung zumindest abschnittsweise aneinander anliegen und dass die Seitenflächen mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung bündig sind und die einzelnen Großflächen in der Streckstellung eine glatte Gesamtoberfläche ergeben, wobei jede Aussparung jeweils im wesentlichen eine Hälfte des Gliederverbinders aufnimmt, und mit einem feststehenden Abstreifer als Abstreifvorrichtung, der auf den Großflächen der Glieder vorhandene Stoffe entfernt."

Laut Beschreibung (Abschn [0012]) soll die Aufgabe gelöst werden, Probleme im Stande der Technik zu lösen sowie eine Gliederschürze zu schaffen, die im Betrieb eine zuverlässige Bewegungsfreiheit mit geringem Widerstand dauerhaft aufrechterhält.

Die auf den Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw den Hilfsanträgen I Bis IV folgenden Ansprüche sind jeweils auf Merkmale gerichtet, mit denen der Gegenstand des Anspruchs 1 weiter ausgebildet werden soll.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1.

Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2.

Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.

3.

Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt weder in der erteilten Fassung, noch in einer der nach den Hilfsanträgen I bis IV verteidigten Fassungen eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.

Als Fachmann ist im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur (FH) des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der Konstruktion von bewegbaren Schutzabdeckungen von Maschinen, insbesondere von Schutzabdeckungen aus beweglich miteinander verbundenen Gliedern, anzusehen.

3.1 Zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag:

Die unstreitig zum Stand der Technik gehörende Gliederschürze gemäß dem Katalogblatt "Aluminium-Gliederschürze" (D2a) ist zur Abdeckung bewegbarer Werkzeugmaschinenteile geeignet und weist eine Vielzahl von flachen Gliedern auf, die untereinander mittels Gliederverbindern verbunden sind, die sich zwischen jeweils zwei Gliedern befinden. Die Glieder weisen jeweils zwei Großflächen und sich im Bereich der Gliederverbinder daran anschließende gekrümmte Seitenflächen auf. Dieser Stand der Technik ist in der Beschreibung des Streitpatents anhand der Figuren 8 und 9 dargestellt. Der erst im Verlauf des Erteilungsverfahrens hinzugekommene Hinweis auf die DE 40 33 541 A1 (D1) ist allerdings zumindest missverständlich, denn die in dieser Druckschrift beschriebene Gliederschürze mit ähnlichen Gliedern (Fig 5 und zugehöriger Text) weist zumindest ein in der Längsrichtung der Gliederbahn verlaufendes durchgehendes flexibles Halterungselement auf, so dass die Glieder dieser bekannten Gliederkette nicht ausschließlich über die Gliederverbinder zwischen jeweils zwei Gliedern verbunden sind.

Bei der bekannten Gliederschürze (D2a) sind zwischen je zwei Gliedern kleine Spalte vorhanden. Auch wenn diese Spalten eng gehalten sind (D2a liSp Abs 3), ist nicht auszuschließen, dass kleine Späne in den Verbindungsbereich der Glieder bis an den Gliederverbinder gelangen. Außerdem ist die Oberfläche der Gliederschürze auch in deren gestreckter Lage durch die Krümmung der Seitenflächen der Glieder nicht eben. Diese Probleme sollen durch die Gliederschürze nach dem Streitpatent gelöst werden.

In der DE 40 33 541 A1 (D1) ist eine Gliederbahn, insbesondere eine bewegliche Abdeckschürze für Werkzeugmaschinen oder eine Späne-Transporteinrichtung, beschrieben, die aus einer Anzahl von gelenkig miteinander verbundenen, um einen begrenzten Winkel relativ zueinander schwenkbeweglichen Gliedern besteht. Die Glieder sind mit wenigstens einer in Längsrichtung der Gitterbahn verlaufenden Führungsausnehmung versehen, durch die ein mit den beiden Enden der Gliederbahn verbundenes flexibles Halterungselement hindurchgeführt ist (Anspruch 1 der Entgegenhaltung). Gemäß einem Ausführungsbeispiel weisen die Glieder im Querschnitt im oberen Bereich die Form eines Rechtecks und im unteren Bereich die Form eines Trapez auf. In der Strecklage der Gliederbahn sollen die Glieder mit ihren vertikal verlaufenden Anschlagflächen und in der maximal gekrümmten Lage mit den angrenzenden Seitenflächen des trapezförmigen Querschnitts aneinander anliegen (Sp 2 Z 23 bis 36). In der Figur 1 sind die Glieder allerdings nicht mit aneinander anliegenden Seitenflächen, sondern mit einem geringen Abstand voneinander dargestellt. Die Längsspannung der Halterungselemente ist jeweils durch eine Spanneinrichtung einstellbar, wodurch die Druckkraft, mit der die Glieder der Gliederbahn zusammengedrückt werden, veränderbar ist (Sp 2 Z61 bis 65).

In der Darstellung der Figur 2 der Entgegenhaltung liegen die Halterungselemente im Bereich der senkrechten Seitenflächen der Glieder; die Glieder gehen erst unterhalb der Ebene, in der die Halterungselemente liegen, in den trapezförmigen Querschnittsverlauf über. Wenn solche Glieder mit flexiblen, aber unelastischen Halterungselementen, wie zB einem Draht oder Seil, verbunden werden und die Halterungselemente soweit gespannt werden, dass die Seitenflächen der Glieder aneinander anliegen, ist eine Schwenkung der Glieder gegeneinander und damit eine Krümmung der Gliederbahn nicht möglich. Dies hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung auch an einem entsprechenden Modell demonstriert.

In der Entgegenhaltung ist hierzu vorgeschlagen, die Halterungselemente in der Nähe der sogenannten neutralen Zone der Glieder, dh in der Nähe des Überganges der vertikalen Anschlagflächen zu den schräg verlaufenden Anschlagflächen vorzusehen, so dass sich die Länge der Strecke bzw der Sehne, längst der das Halterungselement angeordnet ist, nicht ändert, wenn die Glieder eine Schwenkbewegung relativ zueinander ausführen (Sp 2 Z 66 bis Sp 3 Z 5).

Der Patentinhaberin ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass der Begriff einer neutralen Zone bei Gliederketten nicht allgemein eingeführt und unbestimmt ist. Dennoch ist die entsprechende Lehre der Entgegenhaltung für den Fachmann ohne weiteres verständlich. Er erkennt aufgrund der Beschreibung und der Figur 2 ohne weiteres, dass sich die Länge der Strecke bzw Sehne, längs der ein Halterungselement angeordnet ist, bei einer Schwenkbewegung der Glieder relativ zueinander dann nicht ändert, wenn das Halterungselement am Übergang des oberen rechteckförmigen Querschnitts zum unteren trapezförmigen Querschnitt der Glieder angeordnet ist. Dann liegen nämlich die Glieder im erlaubten Schwenkbereich, dh, zwischen der gestreckten Lage, in der die vertikalen Seitenflächen der Glieder aneinander liegen, und der maximalen gekrümmten Lage, in der die schrägen Seitenflächen aneinander liegen, stets mit der durch die Halterungselemente vorgegebenen Spannung aneinander an.

Dem Einwand der Patentinhaberin, das eine solche Gliederbahn nicht funktionsfähig sei, da ihr Krümmungszustand (im möglichen Schwenkbereich) unbestimmt sei, kann sich der Senat nicht anschließen. Im Einsatz ist nämlich die Krümmungslage solcher Führungsbahnen in der Regel durch seitliche Führungen bzw durch den Durchmesser der Aufwickelvorrichtung vorgegeben. Der Fachmann entnimmt somit der DE 40 33 541 A1 (D1) eine Gliederbahn, bei der die Seitenflächen zweier benachbarter Glieder in einer Streckstellung mit an den Großflächen angrenzenden Abschnitten derart aneinander anliegen, dass die einzelnen Großflächen der Glieder bündig sind, wie es im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 des angefochtenen Patents angegeben ist. Bei einer solchen Gliederbahn ergeben offensichtlich die ebenen Oberflächen der einzelnen Glieder in der gestreckten Lage eine durchgehende glatte Gesamtoberfläche ohne Spalte.

Stellen sich nun beim Betrieb von bekannten Gliederschürzen die verbleibenden geringen Spalten zwischen den Gliedern und die unebene Oberfläche als nachteilig heraus, weil sich darin Späne verhaken können, findet der Fachmann in der DE 40 33 541 A1 (D1) die Lösung, die Glieder mit unsymmetrischem Querschnitt, nämlich oberhalb der Verbindungselemente mit einem rechteckigen Querschnitt mit vertikalen Seitenflächen und unterhalb der Verbindungselemente mit einem verjüngten, eine Krümmung der Gliederschürze zu dieser Seite hin zulassenden Querschnitt auszubilden. Er wird dieses Vorbild nicht deshalb außer acht lassen, weil in der Druckschrift die Verbindung der Glieder untereinander mit den durchgehenden Verbindungselementen im Vordergrund steht und das Problem des Eindringens von Spänen und ähnlichem in Spalte und das Abstreifen von Spänen nicht angesprochen ist. Diese Probleme muss der Fachmann nämlich bei Gliederbahnen bzw Gliederschürzen, die für Werkzeugmaschinen und als Späne-Transporteinrichtung geeignet sein sollen (um eine solche handelt es sich bei dem Gegenstand der Entgegenhaltung) routinemäßig berücksichtigen.

Somit ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des angefochtenen Patents für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

3.2 Zum Patentanspruch1 gemäß Hilfsantrag I Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I enthält zusätzlich zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag das Merkmal aus dem erteilten Patentanspruch 3, das die einzelnen Großflächen in der Streckstellung eine glatte Gesamtoberfläche ergeben. Der Patentanspruch ist somit zulässig.

Das zusätzlich eingefügte Merkmal geht über eine Klarstellung des Anspruchsgegenstandes nicht hinaus, denn das Merkmal im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, das die einzelnen Großflächen der Glieder in der Streckstellung der Gliederschürze bündig sind, enthält -angesichts des Gesamtinhalts des Gesamtinhalts des Patents -bereits diese Aussage. Hinsichtlich der Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag gelten daher die Ausführungen zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I ist somit nicht gewährbar.

3.3 Zum Patentanspruch1 gemäß Hilfsantrag II Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II enthält zusätzlich zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I das Merkmal aus dem erteilten Patentanspruch 4, dass eine Abstreifvorrichtung vorgesehen ist, die auf den Großflächen der Glieder vorhandene Stoffe entfernt. Der Patentanspruch ist somit zulässig.

Abstreifvorrichtungen für bewegliche Abdeckvorrichtungen an Werkzeugmaschinen mit glatter Oberfläche, zB Aluminium-Leichtbauschürzen oder faltbare Abdeckeinrichtungen, sind bekannt, siehe Katalogblatt "Rollo-Abdeckung mit Gehäuse" (D2b) und DE 42 14 928 A1 (D3). Der Einsatz solcher Abstreifer bei Abdeckeinrichtungen mit glatten Oberflächen ist daher nicht erfinderisch. Dieses Merkmal bedingt auch keine andere Ausführung der Gliederschürze als die in den Patentansprüchen 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag I angegebene.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II ist somit ebenfalls nicht patentfähig.

Zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III enthält zusätzlich zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II das Merkmal aus dem erteilten Patentanspruch 5, dass der Abstreifer ein feststehender Abstreifer ist. Der Patentanspruch ist somit zulässig.

Was unter einem feststehenden Abstreifer zu verstehen ist, ist in der Patentschrift abgesehen davon, dass es sich dabei um eine Alternative zu einem als Bürste ausgebildeten Abstreifer handelt, nicht näher erläutert. Hinsichtlich der Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag III gilt daher das zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II Ausgeführte, wobei weiter zu berücksichtigen ist, dass es nicht über das normale Wissen und Können des Fachmanns hinaus geht, einen Abstreifer zweckentsprechend auszubilden.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III ist somit ebenfalls nicht gewährbar.

Zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV enthält zusätzlich zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III das Merkmal, das jede Aussparung der Gliederschürzenglieder jeweils im wesentlichen eine Hälfte des Gliederverbinders aufnimmt. Dieses Merkmal ist aus der Beschreibung (Patentschrift [0039]) entnommen. Der Patentanspruch ist zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag IV unterscheidet sich praktisch nicht vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III. Zwar bewirkt das hinzugekommene Merkmal formal eine nähere Spezifizierung des Anspruchsgegenstandes. Jedoch versteht der Fachmann bereits die Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen I bis III als dieses Merkmal enthaltend, denn eine andere Lösung ist schwer vorstellbar und in der Patentschrift auch nicht offenbart. Das nunmehr ausdrücklich spezifizierte Zusammenwirken von Aussparungen und Gliederverbindern entspricht im übrigen der bereits bei der bekannten Gliederschürze verwirklichten Verbindungstechnik. Eine Erfindungsqualität des Anspruchsgegenstandes ergibt sich durch die Aufnahme dieses Merkmals in den Patentanspruch nicht.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV ist somit ebenfalls nicht gewährbar.

Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.

Tödte Eberhard Köhn Dr. Pösentrup Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.09.2005
Az: 7 W (pat) 315/05


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