Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 27. August 2014
Aktenzeichen: L 8 R 728/13

(LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 27.08.2014, Az.: L 8 R 728/13)

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 7.6.2013 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 10.9.2008 bis zum 31.7.2012.

Die Klägerin zu 1) wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 19.2.2008 gegründet und am 25.3.2008 in das Handelsregister eingetragen (Amtsgericht L [HRB 000]). Nach § 3 Abs. 1 des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) betrug deren Stammkapital 25.000,00 EUR. Hierauf haben die E GmbH, L eine Einlage von 12.200,00 EUR sowie der Kläger zu 2) und Herr E L eine Einlage von jeweils 6.400,00 EUR geleistet (§ 3 Abs. 2). Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages vom 19.2.2008 Bezug genommen.

Mit Beschluss der Gründungsgesellschafter vom 19.2.2008 wurden als gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Gesellschaft der Kläger zu 2) sowie Herr E L bestellt.

Mit zwischen den Gründungsgesellschaftern vereinbartem notariellen "Investor Agreement (Beteiligungsvertrag bzw. Kauf- und Abtretungsverpflichtung)" vom 19.2.2008 (Investor Agreement) verpflichteten sich der Kläger zu 2) sowie Herr E L, den Aufbau der Klägerin zu 1) mit ihrer Arbeitskraft als Geschäftsführer sicherzustellen. Zugleich vereinbarten die Gründungsgesellschafter der Klägerin zu 1) eine Verteilung der Ressortzuständigkeit beider Geschäftsführer. Hiernach war der Kläger zu 2) für die Bereiche "Marketing & Sales, Strategie & Konzeption", der weitere Geschäftsführer L für die Geschäftsbereiche "Personal & Business Development, Strategie & Konzeption" zuständig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Investor Agreements vom 19.2.2008 Bezug genommen.

Am 2.9.2008 übertrug die E GmbH Anteile des von ihr geleisteten Stammkapitals an der Klägerin zu 1) an Herrn D H, Herrn N B sowie Herrn J T. Der Stammkapitalanteil des Klägers zu 2) blieb unverändert.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.9.2008 wurde der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) neu gefasst und eine Erhöhung des Stammkapitals auf 33.350,00 EUR beschlossen. In diesem Zuge trat als weitere Gesellschafterin der Klägerin zu 1) die E Holding GmbH & Co. KG hinzu, die auch die weitere Einlage auf das Stammkapital leistete. Der neu gefasste Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) enthielt auszugsweise folgenden Wortlaut:

"1. Firma, Sitz, Geschäftsjahr

1.1 Die Gesellschaft führt die Firma Q GmbH.

( ...)

2. Gegenstand des Unternehmens

2.1 Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen zu veranstaltungsfördernden Maßnahmen und der Planung von Freizeitaktivitäten, insbesondere durch den Betrieb einer Suchmaschine und eines Content Netzwerkes im Internet sowie die Vermarktung von Veranstaltungen in Onlinewie Offline Medien.

( ...).

4. Stammkapital

4.1 Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 33.350,00 ( ...).

( ...).

5. Geschäftsführer

5.1 Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein; sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft entweder durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten.

5.2 Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann einem Geschäftsführer - auch einem solchen, der Geschäftsanteile innehat - die Befugnis zur Einzelvertretung und auch allgemein oder für Einzelfälle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden.

6. Geschäftsführung

6.1 Die Geschäftsführer sind verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem Gesetz, diesem Gesellschaftsvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung, den Geschäftsführerdienstverträgen, einer ggfs. bestehenden Geschäftsordnung sowie den Beschlüssen und Weisungen der Gesellschafter zu führen.

( ...).

7. Gesellschafterversammlung

7.1 Die Gesellschafterversammlung wird durch die Geschäftsführer einberufen. Jeder Geschäftsführer ist einzeln einberufungsberechtigt. Jeder Gesellschafter kann die Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verlangen.

7.2 Die Einberufung erfolgt an jeden Gesellschafter unter der der Gesellschaft zuletzt schriftlich bekannt gegebenen Anschrift unter Angabe von Ort, Tag, Zeit und Tagesordnung mit einer Frist von mindestens zwei (2) Wochen bei ordentlichen Gesellschafterversammlungen und von mindestens einer (1) Woche bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen. ( ...).

7.3 Eine Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn 80% des Stammkapitals vertreten sind. Andernfalls ist unter Beachtung von Ziffer 7.2 unverzüglich eine neue Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen. Diese ist ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital beschlussfähig, falls hierauf in der Einberufung hingewiesen worden ist und die neue Gesellschafterversammlung nicht später als sechs (6) Wochen nach der nicht beschlussfähigen Versammlung stattfindet.

( ...).

8. Gesellschafterbeschlüsse

8.1 Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. ( ...).

( ...).

8.3 Sämtliche Gesellschafterbeschlüsse werden mit einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag ein höheres Mehrheitserfordernis vorsehen. Je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Stimmenthaltungen zählen als nicht abgegebene Stimme.

( ...).

8.5 Soweit dieser Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, ist ein Geschäftsführer nur dann, aber auch immer dann von der Stimmabgabe ausgeschlossen, wenn darüber Beschluss zu fassen ist,

- ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist,

- ob die Gesellschaft einen Anspruch gegen ihn geltend machen soll;

- ob ihm bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Amt oder eine Befugnis entzogen werden soll oder

- ob sein Geschäftsanteil eingezogen oder bei Vorliegen der Einziehungsvoraussetzungen über diesen anderweitig verfügt werden soll.

8.6 Abweichend von Ziffer 8.3 dürfen Gesellschafterbeschlüsse hinsichtlich der nachfolgenden Gegenstände nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterin E Holding GmbH & Co. KG (im folgenden "Investor") und der Gesellschafterin E gmbh gefasst werden (Vetorechte):

a) Feststellung des Jahresabschlusses auf Vorschlag der Geschäftsführung;

b) Verwendung des Bilanzgewinnes;

c) Entlastung der Geschäftsführung;

d) Wahl eines Abschlussprüfers;

e) Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie Beschlüsse zur Einräumung von Einzelvertretungsberechtigung und zur Befreiung von § 181 BGB;

f) Abschluss, Änderung und Beendigung von Geschäftsführerdienstverträgen;

g) Zustimmung zur Übertragung von Geschäftsanteilen;

h) Einziehung und Abtretung von Geschäftsanteilen;

i) Freistellung vom Wettbewerbsverbot;

j) Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung, die nach der Geschäftsordnung für die Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen und

k) Beschlüsse, die nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedürfen. Für den Fall, dass der Investor und E GmbH das ihnen zustehende Vetorecht in einem Gesellschafterbeschluss unterschiedlich ausüben wollen, ist der entsprechende Gesellschafterbeschluss durch die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen ohne Berücksichtigung eines Vetorechts zu fassen.

( ...).

9. Beirat

9.1 Bei der Gesellschaft kann ein Beirat errichtet werden, der nur beratende Funktion hat.

9.2 § 52 GmbHG findet auf den Beirat keine Anwendung.

9.3 Der Beirat kann sich eine Geschäftsordnung geben."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) in seiner Fassung vom 10.9.2008 Bezug genommen.

Mit Wirkung zum 10.9.2008 schlossen die Kläger einen "Geschäftsführervertrag" mit auszugsweise folgenden Regelungen:

1. Tätigkeit

1.1 Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft - ggf. mit weiteren Geschäftsführern - mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gewissenhaft zu führen und die ihm durch Gesetz, Satzung, Vertrag, Geschäftsordnung oder Beschlüsse und Weisungen der Gesellschafterversammlung übertragenen Obliegenheiten verantwortungsbewusst wahrzunehmen.

1.2 Die Tätigkeit des Geschäftsführers besteht insbesondere in der verantwortlichen Führung und Überwachung des gesamten Tätigkeitsbereiches der Gesellschaft, einschließlich der Veranlassung, Abstimmung und Durchführung aller Maßnahmen, soweit nach Gesetz, Satzung, Gesellschafter- und Beiratsbeschlüssen sowie der Geschäftsordnung zulässig. Die Gesellschafterversammlung behält sich das Recht vor, die Zuständigkeitsbereiche der Geschäftsführer neu zu regeln.

1.3 Der Geschäftsführer stellt seine gesamte Arbeitskraft sowie sein gesamtes Wissen und Können ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung.

1.4 Der Geschäftsführer hat sich bei seiner Tätigkeit kollegial mit etwaigen weiteren Geschäftsführern abzustimmen.

2. Rechte und Pflichten

2.1 Die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers ergeben sich aus dem Gesetz, der Satzung, der bestehenden Geschäftsordnung sowie Beschlüssen und Weisungen - allgemein oder im Einzelfall - der Gesellschafterversammlung.

2.2 Folgende Geschäftsführungsmaßnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung:

a) Bestellung und Abberufung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;

b) Aufnahme von Krediten ab EUR 50.000,00;

c) Gewährung von Darlehen ab EUR 10.000,00;

d) Zustimmung zur Teilung von Geschäftsanteilen;

e) Errichtung, Erwerb, Schließung und Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Zweigniederlassungen und Übernahme anderer Unternehmen oder deren Veräußerung oder Kündigung;

f) Aufnahme von Geschäftsbereichen und deren Aufgabe;

g) Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen einschließlich der Begründung beteiligungsartiger Finanzierungsgeschäfte. Das gleiche gilt für die Änderung von Verträgen im Sinne des vorangehenden Satzes;

h) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten;

i) Investitionen über (im Einzelfall) EUR 50.000,00;

j) Einräumung von Beteiligungen an Vermögen, Umsatz oder Gewinn der Gesellschaft. Ausgenommen sind Gewinn- und Umsatzbeteiligungen von Mitarbeitern bis zu einer Höhe von EUR 25.000,00 jährlich,

k) Sicherheitsleistungen, Abgabe von Bürgschaften und Garantien sowie Eingehung von Wechselverpflichtungen; ausgenommen ist die übliche Gewährleistung für Produkte der Gesellschaft;

l) Rechtsgeschäfte mit Gesellschaftern der Gesellschaft oder mit diesen verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) oder diesen nahe stehenden Personen;

m) Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern, wenn deren gesamte Vergütung einschließlich etwaiger Nebenvergütungen (z.B. Tantieme) EUR 50.000,00 jährlich übersteigt;

n) Erteilung von Ruhegeld- oder Pensionszusagen; eventuelle Pensionszusagen für Geschäftsführer oder Gesellschafter werden mit ihren Kosten für die Gesellschaft wie ein Teil des Gehalts betrachtet;

o) Abschluss anderer Verträge, durch die der Gesellschaft Aufwendungen oder Verpflichtungen von über (im Einzelfall oder insgesamt) EUR 25.000,00 entstehen, mit Ausnahme von Veräußerungsgeschäften im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs;

p) Eingehung von Dauerschuldverhältnissen mit einem jährlichen Gesamtverpflichtungswert von EUR 50.000,00;

q) Einleitung von Aktivprozessen. Das gilt nicht für Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz und zur Wahrung von Rechtsbehelfsverfahren oder in sonst eilbedürftigen Fällen. In Fällen des vorstehenden Satzes sind die Gesellschafter unverzüglich zu unterrichten und die Entscheidung über die Aufrechterhaltung ihrer Maßnahmen herbeizuführen; und

r) Abschluss von Vergleichen und Erlass von Forderungen, soweit sich dies außerhalb des normalen Geschäftsverkehrs bewegt.

2.3 Die Zustimmung zu einem Jahresbudget oder einer anderen Jahresplanung, das eine der zustimmungspflichtigen Maßnahmen enthält, gilt als Zustimmung, soweit bei der Verabschiedung diesbezüglich kein Vorbehalt gemacht wurde.

3. Dauer, Kündigung

3.1 Dieser Vertrag beginnt am 10. September 2008 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann von beiden Seiten unter Beachtung einer Kündigungsfrist von drei (3) Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

3.2 Die Kündigung dieses Vertrages aus wichtigem Grundblatt unberührt. Ein wichtiger Grund für die Gesellschaft liegt insbesondere vor, wenn der Geschäftsführer substanziell zum Nachteil der Gesellschaft gegen die Bestimmungen dieses Vertrages oder die ihm im Innenverhältnis auferlegten Beschränkungen hinsichtlich der Geschäftsführung verstößt.

( ...).

5. Geschäftsführung- und Vertretungsbefugnis

5.1 Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft neben den übrigen Geschäftsführern gerichtlich und außergerichtlich nach Maßgabe seiner Bestellung und des Gesellschaftsvertrages. Ihm kann durch Gesellschafterbeschluss Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden.

5.2 Der Geschäftsführer hat die ihm durch diesen Vertrag, das Gesetz, die Satzung, die Geschäftsordnung oder durch Beschlüsse oder Weisungen der Gesellschafterversammlung auferlegten Beschränkungen zu beachten.

6. Vergütung

6.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein jährliches Grundgehalt in Höhe von EUR 42.000 brutto, zahlbar in 12 Monatsbeträgen, jeweils am Ende des Monats, abzüglich der gesetzlichen Abzüge.

6.2 Durch die Vergütung entsprechend den vorstehenden Bestimmungen ist die gesamte Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft und verbundene Unternehmen einschließlich etwaiger Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen, Erfindungen und Urheberrechte gemäß Ziffer 13 dieses Vertrages abgegolten.

7. Spesen

Die Gesellschaft ist dem Geschäftsführer zum Ersatz notwendiger und angemessener, dienstlich veranlasster Auslagen verpflichtet. Die Auslagen sind im Einzelfall nach den steuerlichen Vorschriften zu belegen, sofern nicht nach den steuerlichen Vorschriften zulässige Pauschalbeträge abgerechnet werden.

8. Urlaub

8.1 Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen jährlichen Urlaub von 20 Arbeitstagen auf Basis einer Fünf-Tage Woche.

8.2 Der Zeitpunkt des Urlaubs ist mit den weiteren Geschäftsführern unter Wahrung der Belange der Gesellschaft abzustimmen.

8.3 Kann der Geschäftsführer aus geschäftlichen oder in seiner Person liegenden Gründen den Urlaub nicht oder nicht vollständig bis zum Jahresende nehmen, so bleibt ihm der Anspruch auf Urlaub insoweit bis zum 31. März des Folgejahres erhalten. Kann aus geschäftlichen Gründen auch bis zu diesem Zeitpunkt der Urlaub nicht oder nicht vollständig genommen werden, so ist er dem Geschäftsführer abzugelten. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht oder nicht vollständig gewährt werden, so ist er dem Geschäftsführer auf Basis der Vergütung gemäß Ziffer 6.1 abzugelten.

9. Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall

9.1 Im Falle der Erkrankung oder sonstigen unverschuldeten Verhinderung wird die monatliche Vergütung für die Dauer von sechs (6) Monaten, längstens jedoch bis zur Beendigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses fortgezahlt. Die Fortzahlung beginnt mit dem Monat, der dem Eintritt der Arbeitsverhinderung folgt.

9.2 Verstirbt der Geschäftsführer während der Dauer dieses Vertrages, so haben seine Witwe bzw. Lebensgefährtin sowie die ehelichen Kinder bzw. nicht ehelichen Kinder, für die ein Sorgerecht des Verstorbenen bestanden hat, soweit diese das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch in der Berufsausbildung stehen, als Gesamtgläubiger Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts gemäß Ziffer 6.1 für den Sterbemonat und die drei folgenden Monate.

10. Pflichten, Nebentätigkeiten

10.1 Der Geschäftsführer hat seine gesamte Arbeitskraft und deren Ergebnisse allein der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

10.2 Jede sonstige auf Erwerb gerichtete andere Beschäftigung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung. Der Geschäftsführer verpflichtet sich, der Gesellschafterversammlung jede tatsächliche oder möglicherweise zustimmungsbedürftige Nebenbeschäftigung im voraus schriftlich anzuzeigen.

( ...).

14. Wettbewerbsverbot

14.1 Dem Geschäftsführer ist untersagt, während der Dauer dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder in sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Vertrages ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.

( ...).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Geschäftsführervertrags vom 10.9.2008 wird auf dessen Inhalt Bezug genommen.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.9.2009 wurde Ziffer 4.1 des Gesellschaftsvertrages abermals geändert und das Stammkapital durch eine von der E Holding GmbH & Co. KG geleistete weitere Einlage von 5.135,00 Euro erhöht und auf 38.485,00 Euro festgelegt. Der Stammkapitalanteil des Klägers zu 2) blieb unverändert. In diesem Zuge wurde Ziffer 8.3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages in der zuvor geltenden Fassung dahingehend neu gefasst, dass fortan je 1,00 Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt. Ziffer 8.6 des Gesellschaftsvertrages wurde - im Hinblick auf einen zwischenzeitlich erfolgten Erwerb von Geschäftsanteilen durch die Kernpunkte Software GmbH im Nennwert von 2.580,00 Euro - zu Gunsten folgenden Wortlauts geändert:

"Abweichend von Ziffer 8.3 dürfen Gesellschafterbeschlüsse hinsichtlich der nachfolgenden Gegenstände nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter der E Holding GmbH & Co. KG (im Folgenden "Investor"), E GmbH und der kernpunkte Software GmbH gefasst werden ("Vetorechte"), wobei der Investor und die kernpunkte Software GmbH ihre Entscheidungen gemeinsam mit einfacher Mehrheit der ihnen bezogen auf ihre Beteiligung am Stammkapital zugewiesenen Stimmen treffen."

Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.4.2010 kam es zu einer weiteren Veränderung im Gesellschafterbestand der Klägerin zu 1). Das Stammkapital von 38.485,00 Euro blieb unverändert. Nach der in diesem Zusammenhang aktualisierten Gesellschafterliste wurde dem Kläger zu 2) ein weiterer Geschäftsanteil in Höhe eines Nennbetrages von 1.550,00 Euro zugewiesen.

Im Zuge einer weiteren Stammkapitalerhöhung (Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27.5.2010) auf einen Betrag von 42.371,00 Euro traten als weitere Gesellschafter der Klägerin zu 1) die N GmbH mit einem Geschäftsanteil von 679,00 Euro und die F GmbH mit einem Geschäftsanteil von 3.207,00 Euro hinzu. Zugleich wurden die in Ziffer 8.6 geregelten Vetorechte zu ihren Gunsten erweitert.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.6.2011 wurde eine weitere Kapitalerhöhung um 5.126,00 Euro auf 47.497,00 Euro beschlossen. Die weiteren Geschäftsanteile wurden von der N GmbH (212,00 Euro), der F GmbH (889,00 Euro), der E GmbH (1.271,00 Euro) sowie der E Holding GmbH & Co. KG (2.754,00 Euro) übernommen.

Mit einem im Juli 2011 getroffenen Gesellschafterbeschluss wurde der Kläger zu 2) von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.

Unter dem 21.7.2011 wurde der zwischen den Klägern geschlossene Geschäftsführervertrag - unter Aufhebung seiner Fassung vom 10.9.2008 - neu gefasst. Nach einer in Ziffer 1.2 des Geschäftsführervertrages aufgenommenen Konkretisierung der Tätigkeitsfelder war der Kläger zu 2) fortan für die Bereiche "Projektplanung, Konzeption, Personalmanagement, Mobile App Konzeption und Entwicklung" zuständig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird den Inhalt des Geschäftsführervertrages vom 21.7.2011 Bezug genommen.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 1) vom 28.9.2011 wurde dem Kläger zu 2) Einzelvertretungsberechtigung eingeräumt.

Am 1.11.2011 beantragten die Kläger bei der Beklagten schriftlich die Feststellung, dass der Kläger zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Klägerin zu 1) zu dieser nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Zur Begründung führten sie aus: Neben ihm und dem weiteren Gründungsgesellschafter, Herrn E L, seien an der Klägerin zu 1) gesellschaftsrechtlich ausschließlich Kapitalgeber beteiligt, die sich durch eine Beteiligung ein rentables Investment versprächen. Keiner der Investoren wirke im operativen Geschäft mit und verfüge über die notwendigen Fach- und Branchenkenntnisse zur Führung des Unternehmens. Schon aus diesem Grund verließen sich die Investoren auf die Entscheidungen der Geschäftsführer, die als Gründungsgesellschafter "Kopf und Seele" des Unternehmens bildeten. Obwohl der Kläger zu 2) nur Minderheitsgesellschafter sei, bestimme er maßgeblich die Geschäfte der Gesellschaft, insbesondere in den Bereichen Konzeption und Entwicklung der mobilen Applikationen sowie der Projektplanung. In diesen Bereichen verfüge er als einziger im Unternehmen über fundiertes Fachwissen und die notwendige Branchenkenntnis. Die Mobile App sei von ihm konzipiert, programmiert und von ihm ständig weiterentwickelt worden. Er allein verfüge über das hierfür notwendige Knowhow. Diese Branchenkenntnis habe er u.a. als "Konzepter" für die E-Werk GmbH in F erworben. Zudem habe er mobile Applikationen für Nokia konzipiert. Vor der Gründung der Klägerin zu 1) habe er schließlich Veranstaltungsreihen unter dem Namen "Nachtfieber (G, L und L GbR)" organisiert und sei mehrere Jahre für das Unternehmen W ltd. tätig geworden, das Events für große Unternehmen geplant und durchgeführt habe.

Er werde weder in zeitlicher noch in örtlicher oder fachlicher Hinsicht in irgendeiner Form weisungsgebunden tätig. Zudem müsse er sich nicht seinen Urlaub genehmigen lassen. Er sei auch über die Gesellschaftsbeteiligung hinausgehend ein wirtschaftliches Risiko eingegangen. So habe er der Klägerin zu 1) aus seinem Privatvermögen ein Darlehen i.H.v. 2.669,88 EUR gewährt. Schließlich sei er ein erhebliches wirtschaftliches Risiko eingegangen, indem er eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und befristete Bürgschaft auf "erstes Anfordern" unter Verzicht auf das Hinterlegungsrecht für die monatliche Miete der Gesellschaft in Höhe von 2.155,51 EUR eingegangen sei.

Schließlich sei er einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Wegen des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt des Formularfragebogens Bezug genommen.

Der mit Schreiben der Beklagten vom 21.2.2012 in Aussicht gestellten Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses hielten die Kläger entgegen, es überwögen bei der gebotenen Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit des Klägers zu 2) sprechenden Merkmale deutlich. Überdies habe die Beklagte in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt bei einem Minderheitsgesellschafter, der - wie der Kläger zu 2) - über die alleinige Branchenkenntnis verfügt habe, das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit bejaht.

Es sei - entgegen der Annahme der Beklagten - auch kein "gesonderter Arbeitsvertrag" geschlossen worden, sondern ein Geschäftsführeranstellungsvertrag, der rechtlich als Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB einzuordnen sei. Die Rechtsprechung habe bisher nicht entschieden, dass allein das Bestehen eines Geschäftsführervertrages für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung entscheidend sei. Insoweit sei vielmehr zu berücksichtigen, dass ein Geschäftsführervertrag in der Regel auch geschlossen werde, wenn der Geschäftsführer über mehr als 50% des Stammkapitals der Gesellschaft verfüge und damit - auch nach Annahme der Beklagten - selbständig tätig werde. Ein Bedürfnis zum Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages ergebe sich aus dem berechtigten Interesse der anderen Gesellschafter, die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer klaren Regelung zu unterwerfen. Zudem erfolge die Auszahlung der Geschäftsführervergütung aus steuerlichen Erwägungen stets auf Grundlage eines Geschäftsführeranstellungsvertrages.

Soweit die Beklagte der Berücksichtigung des der Klägerin zu 1) gewährten Darlehens dessen Verzinsung entgegenhalte, handele es sich um eine unrichtige Rechtsansicht, jedenfalls aber um eine systematisch unzutreffende Einordnung als Merkmal einer abhängigen Beschäftigung. Systematisch sei die Bereitstellung dieser Sicherheit als Merkmal zu Gunsten einer selbständigen Tätigkeit zu erfassen und im Rahmen der Gesamtabwägung zu würdigen. Die Indizwirkung der Gewährung eines Darlehens zugunsten einer selbständige Tätigkeit werde nicht durch die vereinbarte Verzinsung entkräftet, da das mit der Bereitstellung der Sicherheit begründete unternehmerische Risiko unabhängig davon bestehe, ob die Darlehenssumme verzinst werde oder nicht. Bei einer Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft verwirkliche sich auch im Fall einer vereinbarten Verzinsung das Risiko des Darlehensgebers.

Die Beklagte habe überdies unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger zu 2) tatsächlich keinerlei Weisungen unterworfen werde und aufgrund der bei ihm monopolisierten Branchenkenntnisse trotz seiner Stellung als Minderheitsgesellschafter bestimmend für die Führung des Unternehmens in den Bereichen Konzeption und Entwicklung der mobilen Applikationen sowie der Projektplanung sei.

Mit zwei im Wesentlichen gleich lautenden Bescheiden vom 27.3.2012 traf die Beklagte Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2). Der Verfügungssatz des an die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheides enthält folgenden Wortlaut:

"Die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status hat ergeben, dass die Tätigkeit von Herrn Q G als Gesellschafter-Geschäftsführer der Q GmbH seit dem 10.9.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt wird. In dem Beschäftigungsverhältnis besteht Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginnt am 10.9.2008."

Zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche der Abschluss eines gesonderten Dienstvertrages, der die Mitarbeit des Klägers zu 2) in der Gesellschaft regle. Dieser enthalte arbeitsvertragstypische Regelungen zum Urlaubsanspruch, über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsunfähigkeit und einen umfangreichen Katalog zustimmungspflichtiger Maßnahmen der Geschäftsführung. Zudem bestünden ein vertragliches Wettbewerbsverbot und die Verpflichtung, sich jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordere, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sprächen für ein Beschäftigungsverhältnis die Vereinbarung einer regelmäßigen Vergütung i.H.v. 3.500 EUR monatlich, die Aufteilung der Geschäftsführungsbefugnisse zwischen zwei Geschäftsführern sowie der Umstand, dass der Kläger zu 2) bis zum August 2011 nicht berechtigt gewesen sei, die Klägerin zu 1) allein zu vertreten. Schließlich könne der Kläger zu 2) kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Allein die Investoren seien gem. Ziffer 8.6 des Gesellschaftsvertrages in der Gesellschafterversammlung mit umfassenden Sonderrechten ausgestattet.

Im Rahmen der Gesamtabwägung komme den zugunsten einer selbständigen Tätigkeit sprechenden Merkmalen, namentlich der Beteiligung des Klägers zu 2) am Stammkapital der Gesellschaft, die angeblich bestehende Weisungsfreiheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit und der von dem Geschäftserfolg abhängigen Tantieme keine überwiegende Bedeutung zu. Entsprechendes gelte für das von dem Kläger zu 2) gewährte Darlehen von 2.669,88 EUR und die Bürgschaft für die Mietforderung des Vermieters. Aufgrund seines Anteils am Gesamtkapital und des daraus resultierenden Stimmrechtsanteils sei der Kläger zu 2) nicht in der Lage, die Geschicke der Klägerin zu 1) maßgeblich zu beeinflussen. Ebenso wenig könne er aufgrund von Vetorechten bzw. Sperrminoritäten Entscheidungen der Gesellschafterversammlung verhindern.

Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses am 10.9.2008. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Statusfeststellung für die am 10.9.2008 aufgenommene Beschäftigung erst am 1.11.2011 gestellt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.

Gegen den Bescheid vom 27.3.2012 erhoben die Kläger am 16.4.2012 Widerspruch. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die Investoren über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse verfügten. Gemäß den Regelungen des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) erbringe sie Dienstleistungen zu veranstaltungsfördernden Maßnahmen und der Planung von Freizeitaktivitäten, insbesondere durch den Betrieb einer Suchmaschine und eines Contentnetzwerkes im Internet sowie die Vermarktung von Veranstaltungen in Online- und Offline-Medien. Bei dem Kerngeschäft der Klägerin zu 1), der online verfügbaren Veranstaltungssuchmaschine nebst mobilen Applikationen, handele es sich um eine onlinebezogene Geschäftstätigkeit, die sehr eng umrissen und im Besonderen von der Weiterentwicklung der Suchmaschine und den damit verknüpften Datenbanksystemen sowie der Weiterentwicklung dazugehöriger Multiplikation mobiler Applikationen abhängig sei. Die Investoren hätten ausdrücklich schriftlich bestätigt, dass sie sich bei den zu treffenden Entscheidungen auf die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer verließen und selbst über keinerlei einschlägige Branchenkenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Veranstaltungssuchmaschine verfügten.

Mit zwei - nach den aktenkundigen Absendevermerken am 21.8.2012 von der Beklagten zur Post gegebenen - Widerspruchsbescheiden vom 26.7.2012 wies diese die Widersprüche der Kläger unter Vertiefung der Ausführungen der Ausgangsbescheide zurück.

Mit den am 31.8.2012 zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klagen haben die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgt (Az. S 166 KR 1556/12 [betreffend die Klägerin zu 1]; Az. S 182 KR 1550/12 [betreffend den Kläger zu 2]). Mit Beschlüssen vom 30.10.2012 bzw. 26.9.2012 hat sich das SG Berlin für örtlich unzuständig erklärt und die Verfahren an das SG Köln verwiesen. Mit Beschluss vom 6.12.2012 hat das SG Köln die zunächst unter den Az. S 33 R 1740/12 (betreffend die Klägerin zu 1]) und S 6 R 1561/12 (betreffend den Kläger zu 2]) getrennt geführten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. S 33 R 1740/12 verbunden.

Zur Begründung ihres Begehrens haben die Kläger ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Die Beklagte berücksichtige im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung wesentliche für eine selbständige Tätigkeit des Klägers zu 2) streitende Merkmale nicht hinreichend. So gehe sie nicht auf dessen besonderes Knowhow und seine Branchenkenntnis ein. Das verwundere umso mehr, als gerade diese Gesichtspunkte die Beklagte in einem vergleichbar gelagerten Sachverhalt zu einer statusrechtlichen Beurteilung zugunsten einer selbständigen Tätigkeit veranlasst habe. Soweit die Beklagte aus der Minderheitsbeteiligung des Klägers zu 2) dessen Weisungsgebundenheit herzuleiten versuche, verkenne sie weiterhin, dass es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) maßgeblich auf die tatsächlichen Umstände ankomme. Insofern sei hinsichtlich der Weisungsgebundenheit "nicht so sehr auf den Wortlaut der einschlägigen Regelungen im Gesellschafts- und/oder im Anstellungsvertrag, sondern vor allem auf die praktische Durchführung dieser Regelungen im Leben der Gesellschaft" abzustellen. Nach den insoweit (auch) maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen könne der Kläger zu 2) frei über seine Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit verfügen und werde keinerlei Weisungen der Gesellschaft unterworfen. Dem entsprechend bestimme Ziffer 10 des Anstellungsvertrages, dass der Kläger zu 2) an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden sei.

Der Kläger zu 2) und der weitere (frühere) Geschäftsführer unterlägen u.a. deshalb keinerlei Weisungsrechten, da es sich letztlich um "ihre Gesellschaft" handele. Dieses werde auch durch die schriftliche Bestätigung der kapitalgebenden Gesellschafter dokumentiert, aus der sich ergebe, dass die Gesellschaft ohne den Kläger zu 2) nicht fortgeführt werden könne.

Dass eine theoretische Möglichkeit bestehe, den Geschäftsführeranstellungsvertrag zu kündigen und dem Kläger zu 2) dadurch neue Arbeitsbedingungen aufzuzwingen, sei gleichfalls unbeachtlich. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung folge aus dem Umstand, dass die Gesellschaft rechtlich die Möglichkeit habe, auf die vertragliche Grundlage seiner Tätigkeit einzuwirken, ihn sogar zu entlassen, nicht ohne weiteres das Vorliegen einer Beschäftigung. Eine entsprechende Möglichkeit habe auch der Dienstherr eines nicht abhängig Beschäftigten. Darüber hinaus enthalte der Geschäftsführervertrag arbeitnehmeruntypische Regelungen zum Urlaubsanspruch und zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit und Urlaub. So regele dessen § 8, dass der Geschäftsführer bei der zeitlichen Festlegung des Zeitpunkts und der Dauer des Urlaubs die geschäftlichen Belange der Gesellschaft zu berücksichtigen habe. Hierbei handele es sich gerade nicht um eine arbeitsvertragstypische Regelung, da ein Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht einseitig und lediglich unter Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft selbst festlegen könne, sondern einen entsprechenden Urlaubsantrag stellen und sich den Urlaub von seinem Vorgesetzten genehmigen lassen müsse. Da dem Kläger zu 2) gemäß Ziffer 9.1 des Geschäftsführervertrages ein Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer von sechs Monaten eingeräumt werde, ein Arbeitnehmer jedoch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) die Fortzahlung für lediglich sechs Wochen beanspruchen könne, sei auch insoweit nicht von arbeitnehmertypischen Regelungen auszugehen.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide vom 27.3.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.7.2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger zu 2) ab dem 1.9.2008 bis zum 31.7.2012 nicht versicherungspflichtig in der Renten-, Kranken-, und Pflegeund Arbeitslosenversicherung tätig ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf den Inhalt ihrer Bescheide verwiesen. Die erwähnten "Parallelfälle" beträfen andere Vertragsverhältnisse und seien schon deshalb nicht vergleichbar. Sofern die in diesen Verfahren getroffenen Feststellungen unrichtig seien, bestehe ohnehin kein Anspruch auf Gleichbehandlung.

Der Kläger zu 2) werde auch weisungsgebunden tätig, zumal die jüngere Rechtsprechung des BSG insoweit die abstrakte Rechtsmacht der Gesamtheit der Gesellschafter betone. Hiernach sei die bloße Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange es nicht auch wirksam abbedungen sei. Die tatsächlichen Verhältnisse gäben im Zweifel den Ausschlag, allerdings nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" mit Blick auf zwar bestehende, jedenfalls bis zu einem ungewissen Konfliktfall tatsächlich aber nicht ausgeübte Kontrollrechte sei nicht der Maßstab der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung. Ein Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber formellen Vereinbarungen bestehe nur, soweit sie rechtlich zulässig abbedungen werden könnten. Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages könne jedoch nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen, müsse notariell beurkundet werden und sei zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Mit Urteil vom 7.6.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das den Klägern am 12.6.2013 zugestellte Urteil haben diese am 1.7.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte die Feststellung, die Tätigkeit des Klägers zu 2) sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden, aufgehoben.

Die Kläger beantragen daraufhin noch,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 7.6.2013 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide vom 27.3.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.7.2012 festzustellen, dass der Kläger zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) in der Zeit vom 10.9.2008 bis zum 31.07.2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem Vertreter der Beigeladenen trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilungen nicht erschienen sind, hat der Senat den Kläger zu 2) persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen L. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1, Abs. 3 SGG) Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG Köln vom 7.6.2013 ist nicht begründet, nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung die in den streitbefangenen Bescheiden unzulässig getroffene isolierte Feststellung, die Tätigkeit des Klägers zu 2) als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden, aufgehoben hat (hierzu BSG, Urteil v. 11.3.6.2009, B 12 R 6/08 R; Senat, Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13).

In der nunmehr gültigen Fassung beschweren die angefochtenen Bescheide die Kläger nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat zu Recht nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV festgestellt, dass der Kläger zu 2) in der Zeit vom 10.9.2008 bis zum 31.7.2012 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für ein derartiges anderes Verfahren bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI] bzw. § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rspr. des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr.; vgl. zum Ganzen, z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11 [juris]; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Bei der Feststellung des Gesamtbildes kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R [juris]; BSG SozR 4-2400, § 7 Nr. 7 Rn. 17; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild der bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von Ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits zu einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mithilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss hat die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in einer von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebs einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Senat nach Auswertung und Abwägung sämtlicher für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung relevanter Indizien die Überzeugung gewonnen, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2) als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) in dem Zeitraum vom 10.9.2008 bis zum 31.7.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden.

Ausgangspunkt der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sind die zwischen den Klägern geschlossenen Geschäftsführerverträge in ihrer Fassung vom 10.9.2008 bzw. 21.7.2011. Diese tragen ihrem Inhalt nach arbeitsvertragliche Züge. So kann der Kläger zu 2) gemäß Ziffer 6.1 ein jährliches Grundgehalt in Höhe von 42.000,00 EUR, zahlbar in zwölf Monatsbeträgen, sowie die Erstattung seiner dienstlich veranlassten Auslagen beanspruchen (Ziffer 7). Auch der in Ziffer 8.1 geregelte Anspruch auf Gewährung von Jahresurlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen spiegelt einschließlich der anstellungsvertraglichen Regelungen zur Abgeltung des Urlaubsanspruchs im Fall der Nichtinanspruchnahme ein arbeitsvertragstypisches Regelungselement wider. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger zu 2) in der Praxis der Vertragsparteien offenbar seinen Urlaub nicht formal beantragen und durch einen Vorgesetzten genehmigen lassen muss. Auch bei Arbeitnehmern sind die Urlaubswünsche, lediglich vorbehaltlich dringender betrieblicher Belange oder der Urlaubswünsche sozial in höherem Maße schutzwürdiger anderer Arbeitnehmer, zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz). Diesen Regelungen entspricht es qualitativ, dass auch der Kläger zu 2) vertraglich verpflichtet ist, den Zeitpunkt seines Urlaubs mit den weiteren Geschäftsführern abzustimmen.

Zudem statuiert Ziffer 9.1 der Geschäftsführerverträge - gleichfalls arbeitsvertragstypisch- einen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Monaten.

Soweit Ziffer 10 Satz 1 des Geschäftsführervertrages in seiner Fassung vom 21.7.2011 festlegt, dass der Kläger zu 2) an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden ist, stellt dieser Umstand die rechtliche Einordnung zugunsten eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 SGB IV nicht in Frage. Die in dieser vertraglichen Bestimmung zum Ausdruck kommende gelockerte Weisungsdichte ist bei Personen, die Dienste höherer Art ausüben, in der Lebenswirklichkeit keineswegs unüblich. Ohnehin ist die aus Sicht des Klägers zu 2) fehlende Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht weniger weitreichend, als er meint. So unterliegt er gemäß Ziffer 10 Satz 2 der Verpflichtung, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen hat. Was die von dem Kläger zu 2) für sich reklamierte Weisungsfreiheit in inhaltlicher Hinsicht betrifft, bestimmt Ziffer 1.2 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 10.9.2008 ausdrücklich, dass die Gesellschafterversammlung sich das Recht vorbehält, die Zuständigkeitsbereiche der Geschäftsführer neu zu regeln.

Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger zu 2) in dem streitbefangenen Zeitraum in einem fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin zu 1) tatsächlich tätig geworden. Bei dieser Tätigkeit war er umfassend in den Betrieb und damit in eine ihm vorgegebene Ordnung eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Rn. 17 m.w.N.). Die tatsächliche Eingliederung des Klägers zu 2) in den Betrieb der Gesellschaft ergibt sich anstellungsvertraglich schon aus Ziffer 1.2 des Geschäftsführervertrages in seiner Fassung vom 21.7.2011. Hiernach besteht die Tätigkeit des Klägers zu 2) insbesondere in der verantwortlichen Führung und Überwachung des gesamten Tätigkeitsbereiches der Gesellschaft einschließlich der Veranlassung, Abstimmung und Durchführung aller Maßnahmen, soweit nach Gesetz, Satzung, Gesellschafter- und Beiratsbeschlüssen sowie der Geschäftsordnung zulässig. Zudem weist Ziffer 1.2 Absatz 2 dem Kläger zu 2) die Verantwortung für die Bereiche Projektplanung, Konzeption, Personalmanagement, Mobile App Konzeption und Entwicklung zu. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinerlei Zweifel, dass der Kläger zu 2) im Rahmen der ihm obliegenden Zuständigkeiten in den betrieblichen Wertschöpfungsprozess der Gesellschaft integriert gewesen ist. Entsprechendes gilt auch für den Zeitraum vor Inkrafttreten des Geschäftsführervertrages vom 21.7.2011. Wenngleich der Geschäftsführeranstellungsvertrag in seiner Fassung vom 10.9.2008 konkretisierende Regelungen hinsichtlich der Verantwortungsbereiche des Klägers zu 2) nicht enthielt, folgte aus dem Investor Agreement vom 19.2.2008 dessen Verpflichtung, den Aufbau der Klägerin zu 2) mit seiner Arbeitskraft als Geschäftsführer sicherzustellen. Gleichzeitig bestimmte Ziffer I dieses Beteiligungsvertrages eine Ressortzuständigkeit für die Bereiche "Marketing & Sales, Strategie & Konzeption". Bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit ist der Kläger zu 2) im Wesentlichen ausgehend von den Betriebsräumen der Klägerin zu 1) und unter Inanspruchnahme der dort vorgehaltenen betrieblichen Infrastruktur tätig geworden.

Hierbei unterlag er einem Weisungsrecht der Klägerin zu 1) bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, da allein Letzterer die insoweit maßgebliche abstrakte Rechtsmacht zustand.

Nach Ziffer 8.3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages in seiner Fassung vom 10.9.2008 werden sämtliche Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag ein höheres Mehrheitserfordernis vorsieht. Hierbei gewährten bis zur Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vom 24.9.2009 zunächst je 50,00 Euro eines Geschäftsanteils; sodann je 1,00 Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Während des streitbefangenen Zeitraums vom 10.9.2008 bis zum 31.7.2012 verfügte der Kläger zu 2) - unstreitig - über einen Geschäftsanteil von stets weniger als 50%, so dass er über seine Gesellschafterstellung keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH ausüben konnte. Ein maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig erst dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50% des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 m.w.N.).

Der Kläger zu 2) verfügte auch nicht über eine umfassende Sperrminorität, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Im Gegenteil bestimmte der Gesellschaftsvertrag in seiner Fassung vom 10.9.2008 gerade, dass abweichend von dem in Ziffer 8.3 vereinbarten grundsätzlich einfachen Mehrheitserfordernis Gesellschafterbeschlüsse betreffend im Einzelnen geregelte wesentliche Gegenstände nicht ohne die Zustimmung der Gesellschafter E Capital GmbH & Co. KG sowie E GmbH gefasst werden konnten. Dieses gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vetorecht ist anschließend mit Gesellschafterbeschluss vom 24.9.2009 zugunsten der neu hinzugetretenen Gesellschafterin Kernpunkte Software GmbH sowie am 27.5.2010 zugunsten der weiteren Gesellschafter N GmbH und F GmbH erweitert worden. Derart weitreichende gesellschaftsvertragliche Befugnisse sind dagegen insbesondere dem Kläger zu 2), aber auch dem weiteren Geschäftsführer, Herrn L, in den gesellschaftsvertraglichen Neuregelungen stets vorenthalten geblieben.

Schließlich sind auch keine besonderen einzelfallbezogenen Umstände gegeben, die abweichend vom Regelfall die Bindung des Klägers zu 2) an das willensbildende Organ der Klägerin zu 1), d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit entgegenstehen könnten. Bei Geschäftsführern, die - wie der Kläger zu 2) - weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen, ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8).

Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte.

Ein derart beherrschender Einfluss ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften erwogen worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt war und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte (BSG, Urteil v. 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R; BSG, Urteil v. 29.10.1986 - 7 RAr 43/85; zurückhaltend hingegen BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R). Unter diesem Gesichtspunkt liegt im vorliegenden Verfahren eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers zu 2) schon deshalb fern, weil eine familiäre Verbundenheit zwischen den Gesellschaftern weder ersichtlich noch vorgetragen ist.

Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich eine faktische Weisungsfreiheit auch aus dem (behaupteten) besonderen knowhow des Klägers zu 2) sowie seiner individuellen Branchenkenntnisse.

Gegen die Annahme einer faktischen Weisungsfreiheit des Klägers zu 2) innerhalb der Gesellschaft spricht bereits im Ansatz, dass er seine Geschäftsführerfunktion nicht allein, sondern - jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum - in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit dem weiteren Geschäftsführer L ausgeübt hat. Zwischen beiden Geschäftsführern existierte auf anstellungsvertraglicher Grundlage bzw. nach Maßgabe des Investor Agreements vom 19.2.2008 eine verbindliche Ressortverteilung, kraft derer den Kläger zu 2) die Verantwortung in den ihm obliegenden Zuständigkeitsbereichen traf. Einer solchen Geschäftsverteilungsregelung entspricht es, dass ein weiterer Geschäftsführer, vorliegend in Person des Herrn L, den ihm obliegenden Zuständigkeitsbereich weitgehend selbst regeln kann. Schon wegen des im Umfang der Ressortkompetenz des Herrn L dem Kläger zu 2) insoweit entzogenen Verantwortungsbereichs kann nicht angenommen werden, der Kläger zu 2) führe das Unternehmen faktisch frei und könne dessen Geschicke in Gänze nach freiem Belieben steuern. Dem entspricht es, dass der Kläger zu 2) nach seinem eigenen Vorbringen die Geschäfte der Gesellschaft, insbesondere in den Bereichen Konzeption und Entwicklung der mobilen Applikationen sowie der Projektplanung, führt.

Soweit die Kläger behaupten, der Kläger zu 2) verfüge in diesen Bereichen als einziger im Unternehmen über fundiertes Fachwissen und die notwendige Branchenkenntnis, während es den kapitalgebenden Gesellschaftern insoweit an fachlicher Kompetenz fehle, ergibt sich hieraus - anders als die Kläger meinen - keine besondere Konstellation, die zu einer sozialversicherungsrechtlich abweichenden Beurteilung führen könnte. Die von den Klägern damit skizzierte Gesellschaftsstruktur der Klägerin zu 1) ist keine besondere. Es ist - im Gegenteil - bei einer GmbH als juristische Person des Privatrechts in Form einer Kapitalgesellschaft geradezu typisch, dass deren Gesellschafter zwar Gesellschaftsanteile bereitstellen, die Führung der Gesellschaft jedoch solchen Personen überlassen, die - etwa als Geschäftsführer - die notwendige Branchenkenntnis in das Unternehmen einbringen.

Für eine selbständige Tätigkeit des Klägers zu 2) sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem Maße gegeben, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen.

Das - dem Kläger zu 2) ohnehin erst mit Gesellschafterbeschluss vom 28.9.2011 eingeräumte - Alleinvertretungsrecht und die - ebenfalls erst im Juli 2011 erfolgte - Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH wie der Klägerin zu 1) nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11).

Ein die selbständige Tätigkeit kennzeichnendes unternehmerisches Risiko des Klägers zu 2) liegt gleichfalls nicht in einem wesentlichen Umfang vor. Nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Dies ist jedoch nur dann ein Hinweis auf eine Selbständigkeit, wenn dem unternehmerischen Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.

Die eigene Arbeitskraft setzt der Kläger zu 2) nicht mit ungewissem Erfolg ein. Er erhält nach Ziffer 6 des Geschäftsführervertrages eine monatlich gleichbleibende und von der Ertragslage der Gesellschaft unabhängige Vergütung in Höhe von 3.500,00 Euro. Soweit die Klägerin zu 1) in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten mit der Gefahr einer Insolvenz fällt, trifft den Kläger zu 2) das damit einhergehende Arbeitgeberinsolvenzrisiko wie jeden Arbeitnehmer auch.

Hinsichtlich des Einsatzes eigenen Kapitals ist ein wesentliches Risiko des Klägers zu 2) gleichfalls nicht ersichtlich. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) nach Ziffer 7 der Geschäftsführerverträge verpflichtet ist, dem Kläger zu 2) dessen notwendige und angemessene dienstlich veranlassten Auslagen zu ersetzen. Dadurch wird ein etwaiger Vermögenseinsatz des Klägers zu 2) bereits nach den anstellungsvertraglichen Bestimmungen kompensiert.

Der Senat erkennt im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung relevanten Umstände an, dass der Kläger zu 2) der Gesellschaft ein Darlehen von 2.669,88 Euro sowie eine Bürgschaft für die sich aus dem bis zum 31.7.2014 befristeten Mietvertrag ergebenden Verpflichtungen der Klägerin zu 1) zur Verfügung gestellt hat. Das durch die Bereitstellung dieser Sicherungsmittel vermittelte finanzielle Wagnis reicht gleichwohl nicht aus, ein unternehmerisches Risiko des Klägers zu 2) in einem Maße zu begründen, das im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller abgrenzungsrelevanten Indizien die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen könnte.

Zwar kann die Gewährung eines Darlehens außerhalb von Zeiten einer gesellschaftlichen Krise ein Indiz für eine Selbständigkeit darstellen (BSG, Urteil v. 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 §7 Nr. 17). Entscheidend kommt es aber immer auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf die Höhe und die Umstände der Darlehensgewährung an (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 10.12.2009, L 5 R 124/09; Senat, Urteil v. 4.7.2012, L 8 R 670/11).

Durch die Bereitstellung des Darlehens von 2.669,88 EUR sind die unternehmerischen Chancen des Klägers zu 2) nur insoweit indirekt erweitert worden, als er aufgrund der aus ihr folgenden Liquiditätssteigerung der Gesellschaft auf die Ausweitung ökonomischer Spielräume mit gestiegenen Möglichkeiten zur Umsetzung geschäftlicher Konzepte letztlich auf eine Gewinnerhöhung hoffen konnte (hierzu auch Senat, Urteil v. 4.7.2012, L 8 R 670/12 unter Hinweis auf LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.2.2010, L 5 KR 3/09). Bei der Gewichtung der Darlehensgewährung hat der Senat auch nicht unberücksichtigt lassen können, dass das bereitgestellte Sicherungsmittel seiner Höhe nach von vornherein beschränkt war und einen Betrag von weniger als einer monatlichen Bruttovergütung umfasste.

Auch die von ihm übernommene Bürgschaft für die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen der Klägerin zu 1) berechtigt nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Eine Bürgschaft begründet typischerweise keine unternehmerische Position im eigentlichen Sinne, denn durch sie erhöhen sich nicht die rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft. Wirtschaftlich betrachtet hat der Kläger zu 2) aufgrund der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung ein erhebliches Interesse an dem Fortbestand und dem wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin zu 1). Ein solches Interesse besteht jedoch auch bei einem "normalen" Arbeitgeber, weil davon der Fortbestand seines Arbeitsplatzes abhängig ist. Es geht zudem nicht über das Interesse eines jeden dritten Darlehensgebers oder Bürgen hinaus, der keine Gesellschaftsanteile hält.

Soweit die Kläger im Berufungsverfahren zunächst behauptet haben, das wirtschaftliche Eigeninteresse des Klägers zu 2) werde auch durch eine vom Geschäftserfolg abhängige Tantiemezahlung dokumentiert, ist die Zahlung eines solchen Vergütungselements nicht nachgewiesen worden. Vielmehr hat der Kläger zu 2) anlässlich der Befragung durch den Senat erklärt, die in den aktenkundigen Lohnsteuerbescheinigungen im Kalenderjahr 2012 gegenüber dem Kalenderjahr 2011 höher ausgewiesene Bruttovergütung habe nicht auf der Zahlung einer Tantieme beruht, sondern auf einer Gehaltserhöhung.

Die Beklagte hat den Beginn der Versicherungspflicht zutreffend auf den 10.9.2008 festgestellt. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV kommt nicht in Betracht. Der Kläger zu 2) hat das Beschäftigungsverhältnis am 10.9.2008 aufgenommen. Der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2) ist am 1.11.2011 und mithin nicht binnen eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt worden.

Bei dem Klageverfahren handelt es sich um ein nach den §§ 183, 193 SGG kostenprivilegiertes Verfahren. Die für den Kläger zu 2) bestehende Gerichtskostenfreiheit erstreckt sich wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch auf die - bei fehlender subjektiver Klagehäufung - kostenpflichtige Klägerin zu 1) (vgl. Senat, Beschluss v. 24.3.2011, L 8 R 1107/10 B [juris]).

Gründe, gem. § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.






LSG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 27.08.2014
Az: L 8 R 728/13


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b234a900cf66/LSG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_27-August-2014_Az_L-8-R-728-13




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