Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. November 2006
Aktenzeichen: 21 W (pat) 34/04

(BPatG: Beschluss v. 21.11.2006, Az.: 21 W (pat) 34/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse G 01 S des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 15. November 1999 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren zur Minimierung des Einflusses von externen Störungen, insbesondere Fremdlicht auf eine optoelektronische Sensoranordnung" (für welche die Priorität der Anmeldung mit dem Aktenzeichen DE 198 55 003.0 in Anspruch genommen worden ist), durch Beschluss vom 19. Januar 2004 zurückgewiesen. Der Zurückweisung lagen die mit Eingabe vom 24. November 2003 eingereichten Patentansprüche 1 bis 3 zugrunde.

Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass der geltende Patentanspruch 1 unklar abgefasst sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 19. Februar 2004, die sie in ihrem Schriftsatz vom 2. Februar 2005 begründet.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den am 2. Februar 2005 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 3 zu erteilen; die übrigen Unterlagen wie Offenlegungsschrift.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet - mit einer Merkmalsgliederung versehen:

M1 Verfahren zur Minimierung des Einflusses externer Störungen auf eine Lichtsender/Lichtempfänger-Einheit eines optoelektronischen Sensors, dadurch gekennzeichnet, M2 daß die vorhandenen Störungen am Lichtempfänger gemessen M3 und dabei der vom Sender ausgesendete Sendeimpuls so an die gemessene Störgröße angepaßt wird, daß der zeitliche Mittelpunkt des Sendesignales im positiven oder negativen Nulldurchgang der Störgröße liegt, M4 und daß der Lichtempfänger positive und negative Anteile der Störung mißt, M5 die sich in einer nachfolgenden Auswerteeinheit gegeneinander aufheben.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 73 Abs. 1, Abs. 2 PatG. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen, § 79 PatG, da die Erfindung nicht ausführbar ist, § 34 Abs. 4 PatG. Die Patentanmeldung ist in dem angegriffenen Beschluss somit zu Recht zurückgewiesen worden, § 48 PatG.

§ 34 Abs. 4 PatG bestimmt, dass die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Danach ist eine Erfindung ausführbar, wenn ein Fachmann anhand der Angaben unter Einsatz seines Fachwissens in der Lage ist, die offenbarte technische Lehre praktisch zu verwirklichen, wobei die Erfindung nicht buchstabengetreu realisierbar sein muss, sondern es ausreicht, dass der Fachmann anhand der Offenbarung das erfindungsgemäße Ziel zuverlässig in praktisch ausreichendem Maße erreichen kann (vgl. Busse PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 273; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 364 - jeweils m. w. H.).

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die insoweit erforderlichen Angaben nicht im Patentanspruch selbst enthalten sein, sondern es ist ausreichend, dass sich diese aus der Patentschrift insgesamt ergeben. Auch ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können (vgl. BGH GRUR 2003, 223, 225; Kupplungsvorrichtung II; BGH GRUR 2004, 47, 48 - blasenfreie Gummibahn I).

Dennoch genügen vorliegend die Unterlagen diesen Anforderungen nicht.

Die Prüfungsstelle hat im angefochtenen Beschluss den Standpunkt vertreten, dass der Gegenstand der im Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre auch unter Zuhilfenahme der Beschreibung und der Zeichnung nicht zu ermitteln sei, da unklar sei, was tatsächlich die positiven und negativen Anteile der Störung sein sollen, deren Einfluss zu minimieren der Zweck des beanspruchten Verfahrens sei.

Nach eingehender Diskussion ist der Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung zum selben Ergebnis gelangt.

Der hier zuständige Fachmann - ein mit der Entwicklung von optoelektronischen Sensoren befasster Diplomphysiker oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit einschlägiger Berufserfahrung - weiß, dass Lichtempfänger eines optoelektronischen Sensors üblicherweise als Photodiode oder -transistor ausgebildet ist, welche Lichtimpulse - Nutzsignale ebenso wie Störsignale - in Stromsignale umwandeln, die zur Intensität der Lichtsignale proportional sind. Die Lichtintensität aber wird durch das Quadrat der elektrischen und magnetischen Feldstärke der Lichtsignale bestimmt. Deshalb sind für die erhaltenen Stromsignale keine positiven oder negativen Anteile zu erwarten.

Die Angaben im Merkmal [M3], denen folgend ein vom Sender ausgesendeter Sendeimpuls so an die gemessene Störgröße angepasst werden soll, dass der zeitliche Mittelpunkt des Sendesignals im positiven oder negativen Nulldurchgang der Störgröße liegt, sind daher ebenso wenig nachvollziehbar, wie das Merkmal [M4], "dass der Lichtempfänger positive und negative Anteile der Störung misst". Da positive und negative Signalanteile aus den genannten physikalischen Gründen nicht zu erwarten sind, ist dann auch unbestimmt, was genau sich in einer nachfolgenden Auswerteeinheit gegeneinander aufheben soll (Merkmal [M5]).

Die konkreten Maßnahmen, die erforderlich wären, um am Lichtempfänger vorhandene und von diesem gemessene Nutz- und Störsignale so aufzubereiten, dass sich daraus positive und negative Anteile ergeben, sowie sie in den Figuren 1 und 2 dargestellt sind, sind weder den Ansprüchen noch den übrigen Anmeldungsunterlagen entnehmbar.

Die im Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen sind entgegen der von der Anmelderin vertretenen Auffassung (vgl. auch den Schriftsatz vom 2. Februar 2005, Seite 2, Absatz 3) für eine nacharbeitbare Verfahrenslehre jedenfalls in keiner Weise völlig ausreichend.

Auch das Vorbringen der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung, dass sich die Abszisse für den Zeitverlauf der Signale in den Figuren für den mit optischen Gegebenheiten vertrauten Fachmann selbstverständlich nicht als absolute Nulllinie für die Spannungsverläufe u(t) verstehe, sondern lediglich als eine auf den Mittelwert einer sich ändernden Störgröße gelegte, gegenüber der Nulllinie verschobene Achse, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Den beispielsweise in Zeile 1, Zeile 39 bis 44 der Offenlegungsschrift ist von einem (negativen) Nulldurchgang der Störgröße die Rede. Die von der Anmelderin geltend gemachte Definition der "Nulllinie" findet dagegen in den Anmeldeunterlagen keinerlei Stütze, weitergehende Definitionen sind den Anmeldungsunterlagen nicht entnehmbar.

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.






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Beschluss v. 21.11.2006
Az: 21 W (pat) 34/04


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