Bundespatentgericht:
Urteil vom 6. April 2004
Aktenzeichen: 4 Ni 20/03

(BPatG: Urteil v. 06.04.2004, Az.: 4 Ni 20/03)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 338 925 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 für nichtig erklärt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 19. April 1989 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 22. April 1988 (FR 88 05 392) angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 338 925 (deutscher Teil DE 689 01 152). Das Schutzrecht, dessen Erteilung am 8. April 1992 in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlicht wurde, betrifft eine "Blinddecke aus einer gespannten Bahn, die an ihren Rändern an einer Halterung angebracht ist, welche an den Wänden eines Raumes befestigt ist". Es umfasst 15 Ansprüche, wobei Anspruch 1 in französischer Fassung folgenden Wortlaut hat:

Ç1. Fauxplafond constituee par une nappe tendue (1) accrochee, le long de ses bords, à un support (3, 15, 31) fixe aux murs ou au plafond d'une pièce, ce support etant constitue par une lisse formee de tronons de profile presentant un epaulement (8) sur lequel vient s'accrocher une bordure (10) de la nappe, en forme de crochet ou Ç harpon È, cette lisse (3, 15, 31) presentant un evidement (9) ouvert vers le bas, lequel est delimite par une ‰me horizontale superieure (6) et deux ailes verticales (5, 7) s'etendant vers le bas à partir de cette ‰me horizontale superieur (6), à savoir une première aile (5) et une seconde aile (7) sous laquelle passe la nappe (1) en etant en contact avec le bord inferieur (11) de cette aile (7), les deux ailes (7, 8) delimitant entre elles, à leurs extremites inferieures, un passage permettant l'introduction du harpon (10) vers le haut dans l'evidement (9) de manière que ce harpon (10) s'accroche, à l'interieur de l'evidement (9), sur l'epaulement (8), la nappe tendue horizontalement (1) etant ainsi deviee vers le haut, pour penetrer dans l'evidement (9) de la lisse, en prenant appui sous le bord inferieur de la seconde aile (7), caracterise en ce que la première aile (5, 33) a une hauteur inferieure à celle de la seconde aile (7, 31) et elle presente l'epaulement (8) sur lequel s'accroche en simple appui, le harpon (10), cet epaulement (8) s'etendant horizontalement en direction de la seconde aile (7, 31) et s'arrêtant à distance de celleci de manière à menager le passage permettant l'introduction du harpon (10) dans l'evidement (9) de la lisse. È

In deutscher Übersetzung gemäß der EP 0 338 925 lautet Anspruch 1 wie folgt :

"1. Blinddecke aus einer gespannten Bahn (1), die an ihren Rändern an einer Halterung (3, 15, 21) angebracht ist, welche an Wänden oder an einer Decke in einem Stück befestigt ist und durch einen Rahmen aus Profilstücken gebildet wird, die eine Schulter (8) aufweisen, auf der ein Rand (10) der Bahn in Form eines Hakens oder Ankers befestigt ist, wobei der Rahmen (3, 15, 21) eine nach unten offene Ausnehmung aufweist, die durch einen horizontalen oberen Steg (6) und zwei vertikale Schenkel (5, 7), die sich von dem oberen horizontalen Steg nach unten erstrecken, begrenzt ist, nämlich einem ersten Schenkel (5) und einem zweiten Schenkel (7), unter dem die Bahn (1) hindurchläuft, wobei sie am unteren Rand (11) dieses Schenkels (7) anliegt, wobei die beiden Schenkel (7, 8) zwischen sich an ihren unteren Enden einen Durchgang begrenzen, der die Einführung des Ankers (10) nach oben in die Ausnehmung (9) gestattet derart, daß der Anker (10) sich im Inneren der Ausnehmung (9) auf der Schulter (8) verhängt, die horizontal gespannte Bahn (1) und dadurch nach oben abgelenkt wird, um in die Ausnehmung (9) des Rahmens einzutreten, wobei sie am unteren Rand des zweiten Schenkels (7) anliegt, dadurch gekennzeichnet, daß der erste Schenkel (5, 33) eine kleinere Höhe hat als der zweite Schenkel (7, 31) und die Schulter (8) bildet, an der sich der Anker (19) durch einfaches Anliegen verhakt, daß die schulter sich horizontal in Richtung auf den zweiten Schenkel (7, 31) erstreckt und im Abstand von diesem so endet, daß der Durchgang frei bleibt, der die Einführung des Ankers (10) in die Ausnehmung (9) des Rahmens gestattet."

Wie die von der Klägerin vorgelegte Merkmalsanalyse - der sich die Beklagte angeschlossen hat - belegt (vgl. Klageschrift Seite 4, letzte Zeile), gehen die Parteien (abweichend von der zitierten deutschen Anspruchsfassung und in Übereinstimmung mit der Formulierung in der - den österreichischen Teil des Streitpatents betreffenden - Druckschrift AT-E 74 646 B, Anlage NK 1) implizit davon aus, dass die korrekte Übersetzung des (maßgeblichen) französischen Anspruchswortlauts statt in Sp. 10 Z. 42 f. der Streitpatentschrift "in einem Stück" richtig lautet: "eines Raumes", und dass in Sp. 11 Z. 2 das Wort "und" entfällt.

Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 15 (in französischer und in deutscher Fassung) wird auf die EP 0 338 925 Bezug genommen.

Die Klägerin stützt ihre gegen die Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents gerichtete Klage auf mangelnde Schutzfähigkeit und macht geltend, der Gegenstand der vermeintlichen Erfindung sei im Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen. Zumindest beruhe er nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Sie beruft sich hierfür auf folgende Druckschriften:

FR 2 597 906 A1 (NK 2)

JP-Sho 53-121719 (NK 3)

DE 71 25 886 U (NK 6)

DE-PS 1 609 365 (überreicht in der mündlichen Verhandlung)

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 338 925 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfange der Patentansprüche 1 und 2 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und meint, der Gegenstand der angegriffenen Erfindung sei nicht nur neu, sondern dem Fachmann im Stand der Technik auch nicht nahegelegt gewesen.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit nach Art. II Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i.V.m. Art. 54, 56 EPÜ geltend gemacht wird, ist in vollem Umfang begründet.

1. Das Streitpatent betrifft eine Blinddecke, die aus einer gespannten Bahn besteht, welche entlang ihrer Ränder an einer an den Wänden eines Raumes befestigten Halterung eingehängt ist.

Nach der Beschreibung waren Blinddecken, die einen an den Wänden umlaufenden, aus einer äußeren, durch aneinanderstoßende Profile gebildeten Leiste bestehenden Rahmen einerseits und eine gespannte Bahn andererseits umfassen, im Stand der Technik vorbekannt. Hierbei werde die Bahn durch Einhängen in der Leiste gespannt gehalten, indem ein mit der Bahn einstückig verbundener, im Querschnitt anker- bzw. hakenförmiger Bahnrand sich an einer an der Leiste ausgebildeten Schulter festklammere (Sp. 1 Z. 7 bis 19). Nachteilig hieran sei indes, dass der untere Abschnitt der Leiste, der dem Einhängen der Bahn dient, um den gesamten Raum sichtbar bleibe. Die in der FR 2 597 906 A1 beschriebene Leiste für eine Blinddecke weise eine nach unten offene, durch einen oberen horizontalen Steg und zwei sich hiervon vertikal nach unten erstreckende Schenkel begrenzte Ausnehmung auf, wobei die Bahn unter dem unteren Ende des dem Rauminneren zugewandten Schenkels vorbeigeführt werde und sich, mittels ihres Hakens, an einer Schulter einhänge, die an dem genannten Schenkel ausgebildet sei und sich in Richtung der Zimmerwand erstrecke (Sp. 1 Z. 26 bis 34).

2. Vor diesem Hintergrund gibt es die Streitpatentschrift als Aufgabe der Erfindung an (Sp. 1 Z. 35 bis 40), eine Blinddecke zur Verfügung zu stellen, bei der das Einhängen der Bahn in die die Halterung bildende Leiste so ausgeführt ist, dass die Einhängleiste vollständig verborgen ist. Darüber hinaus soll das Anbringen des Randes der gespannten Bahn an der Festhalteschulter erheblich erleichtert werden.

3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent eine Blinddecke mit folgenden Merkmalen vor:

1. Die gespannte Bahn ist an ihren Rändern an einer Halterung angebracht.

1.1 Die Halterung ist an Wänden oder an der Decke eines Raumes befestigt.

1.2 Die Halterung wird durch einen Rahmen aus Profilstücken gebildet.

1.2.1 Die Profilstücke weisen eine Schulter auf, auf der ein Rand der Bahn in Form eines Hakens oder Ankers befestigt ist.

1.2.2 Der Rahmen weist eine nach unten offene Ausnehmung auf.

1.2.3 Die Ausnehmung ist durch einen horizontalen oberen Steg und zwei vertikale Schenkel begrenzt.

1.2.4 Die beiden vertikalen Schenkel - erster Schenkel und zweiter Schenkel - erstrecken sich von dem oberen horizontalen Steg nach unten.

1.2.5 Die Bahn läuft unter dem zweiten Schenkel hindurch und liegt am unteren Rand dieses Schenkels an.

1.2.6 Die beiden Schenkel begrenzen zwischen sich an ihrem unteren Ende einen Durchgang, der die Einführung des Ankers nach oben in die Ausnehmung gestattet derart, dass der Anker sich im Inneren der Ausnehmung auf der Schulter verhängt, die horizontal gespannte Bahn auf diese Weise nach oben abgelenkt wird, um in die Ausnehmung des Rahmens einzutreten, wobei sie am unteren Rand des zweiten Schenkels anliegt.

1.2.7 Der erste Schenkel hat eine kleinere Höhe als der zweite Schenkel.

1.2.8 Der erste Schenkel bildet die Schulter, an der sich der Anker durch einfaches Anliegen verhakt.

1.2.9 Die Schulter erstreckt sich horizontal in Richtung auf den zweiten Schenkel.

1.2.10 Die Schulter endet im Abstand von dem zweiten Schenkel so, dass der Durchgang frei bleibt, der die Einführung des Ankers in die Ausnehmung des Rahmens gestattet.

Mit den Merkmalen des Anspruchs 1 wird nach Auffassung des Senats im wesentlichen die Ausgestaltung einer Halterung für eine aus einer Bahn aufgespannte Decke, insbesondere hinsichtlich der eine Ausnehmung zur Aufnahme der Anker einer gespannten Bahn begrenzenden Schenkel, beschrieben.

4. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1, dessen Neuheit und gewerbliche Anwendbarkeit gegeben sein mag, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

So offenbart die JP-Gebrauchsmuster-Offenlegungsschrift Sho-53-121719 (Anlage NK3, deutsche Übersetzung ist beigefügt) in ihrer Beschreibung und Zeichnung (einzige Fig) die Halterung einer aufgespannten Blinddecke mit nahezu allen oberbegrifflichen Merkmalen des Anspruchs 1 (Merkmale 1. bis 1.2.6 gemäß Merkmalsauflistung nach Punkt 3.).

Aus der Zeichnung ist dabei ersichtlich, dass die Halterung, welche die gespannte Bahn aufnimmt und hält, aus dem Schenkel (1) - dieser dient der Befestigung - und dem weiteren Schenkel (2) - dies ist der horizontale Schenkel - und den vertikalen Schenkeln (3) und (4) besteht. Das Profil für die Halterung ist an der Wand (8) befestigt (Nagel 6), so dass die Merkmale 1. und 1.1 erfüllt sind. Aus fachmännischer Sicht ist auch erkennbar, dass die Halterung (1- 4) durch einen Rahmen aus Profilstücken gebildet sein muss (Merkmal 1.2), denn lt. Text der Entgegenhaltung (deutsche Übersetzung, S 2, 1. Abs.) soll die Blinddecke aufgespannt sein, d.h. an jeder Wand des Raumes bedarf es (mindestens) eines Halterprofils. Eine Schulter (5) für den Anker (7) der Bahn (11) ist ebenso vorgesehen (Merkmal 1.2.1) wie eine nach unten offene Ausnehmung (vgl Fig.) (Merkmal 1.2.2), welche durch den horizontalen (2) und die vertikalen Schenkel (3, 4) begrenzt ist (Merkmal 1.2.3). Die vertikalen Schenkel (3, 4) erstrecken sich von dem oberen horizontalen Steg (2) nach unten (Merkmal 1.2.4), wobei die Bahn (11) unter dem zweiten Schenkel (4) hindurch verläuft und am unteren Rand desselben anliegt (Merkmal 1.2.5). Auch der gemäß Merkmal 1.2.6 beschriebene Raum, begrenzt durch die Schenkel und geeignet zur Einführung und zum Verhaken des Ankers, zu dem hin die Bahn nach oben hin abgelenkt wird, ist aus der Zeichnung der Entgegenhaltung ersichtlich, so dass dieses Merkmal ebenfalls größtenteils durch die entgegengehaltene JP-Druckschrift vorweggenommen wird.

Das erste kennzeichnende Merkmal 1.2.7 des angegriffenen Patentanspruchs 1, wonach der erste Schenkel eine kleinere Höhe als der zweite hat, ist aus der Figur sowie dem Text der deutschen Übersetzung S 3, 2. Abs des JP-Dokuments (hier: "erster" Schenkel iSd Streitpatents als "dritter" Schenkel und "zweiter" als "vierter" Schenkel bezeichnet) ersichtlich. Auch bildet der erste Schenkel (3) (iSd Patentgegenstandes) eine Schulter (5), an der sich der Anker (7) durch einfaches Anliegen verhakt (Merkmal 1.2.8). Diese Schulter (5) endet ebenfalls im Abstand vom zweiten Schenkel (4) so, dass der Durchgang frei bleibt, der die Einführung des Ankers (7) in die Ausnehmung des Rahmens gestattet (Merkmal 1.2.10).

Die Schulter erstreckt sich dabei im wesentlichen horizontal in Richtung auf den zweiten Schenkel, so dass auch Merkmal 1.2.9 jedenfalls größtenteils erfüllt ist.

Nach alledem ist für einen Fachmann, einem Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder allgemeine Verfahrenstechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung spezieller Halteprofile für den Innenausbau von Gebäuden, durch die JP 53-121719 eine Blinddecke und deren Halterung bekannt geworden, von der sich der Patentgegenstand nach Anspruch 1 lediglich noch in Teilen der Merkmale 1.2.6 (dort im Verlauf der Bahn als horizontal gestreckte Bahn) und 1.2.9 (dort in der horizontalen Erstreckung der Schulter) unterscheidet.

Im Hinblick auf die räumliche Erstreckung der Schulter (Merkmal 1.2.9) ist aus der Zeichnung der JP 53 - 121719 zwar eine in Einbaulage des Halteprofils für die zu spannende Bahn in Richtung auf den zweiten Schenkel (4) verlaufende Schulter (5) erkennbar, welche jedoch nicht in horizontaler Richtung, sondern in einer leicht schräg nach oben orientierter Weise verläuft und damit nicht einen rechten Winkel mit demjenigen Schenkel einschließt von dem sie ausgeht bzw auf den sie zuläuft. Ein derartiger Unterschied vermag jedoch das Streitpatent nicht zu tragen, denn dem maßgeblichen Fachmann sind horizontal verlaufende, d.h. im Sinne des Streitpatents zu ihrer Ausgangsfläche senkrecht verlaufende bzw. senkrecht zur Fläche des zweiten Schenkels, zu dem hin sie sich erstrecken, orientierte Schultern zum Verhaken des Ankers einer gespannten Bahn aus dem Stand der Technik bekannt. So ist diese geometrische Anordnung z.B. aus der von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch vorgelegten DE-PS 1 609 365 ersichtlich, wo eine Schulter (13) mit ihrer zur Verankerung wirksamen Fläche senkrecht zur Fläche desjenigen Schenkels ausgerichtet ist, zu dem hin sie sich erstreckt (vgl Fig 1, 5, 6). Einem Fachmann war es vor dem Zeitrang des Streitpatents daher ohne weiteres möglich, auf eine geometrische Ausgestaltung der Schulter, wie sie im Merkmal 1.2.9 gefordert wird, zurückzugreifen.

Auch in der horizontalen Weiterführung der gespannten Bahn von der eigentlichen Halterung weg, wie dies im Anspruch 1 des Streitpatents (Teil des Merkmals 1.2.6) gefordert wird, vermag der Senat keinen erfindungstragenden Unterschied zum Stand der Technik nach der JP 53-121719 zu erkennen. Zwar ist bei dem entgegengehaltenen Stand der Technik noch ein zusätzliches Bauteil (13) vorgesehen, welches zum einen die Öffnung zwischen den Schenkeln der Halterung nach unten abdeckt und zum anderen als eine Art Spannrahmen die Bahn (11), nachdem diese unterhalb des zweiten Schenkels (4) hervorkommt, nach oben umlenkt. Nach Auffassung des Senats ist dieses zusätzliche Bauteil jedoch nicht elementarer Bestandteil der Halterung der Bahn an sich, welche aus dem Halteschenkel (1), dem horizontalen Quersteg (2) den vertikalen Schenkeln (erster Schenkel 3 und zweiter Schenkel 4) und der Schulter (5) besteht, denn es erfüllt keinerlei Haltefunktion in dem Sinne, dass die Anker (7, 7') der Bahn (11) dort verhakt und gehalten wären. Nachdem es zum allgemeinen Fachwissen des hier maßgeblichen Fachmanns gehört, die gespannte Bahn von der eigentlichen Halterung ohne weitere Umlenkung gleich in horizontale Richtung verlaufen zu lassen, wie dies z.B. aus dem Stand der Technik nach der FR 2 597 906 (Fig 1, 2, 6, 7, 9) sowie der DE-PS 1 609 365 (Fig. 5, 6) - diese Entgegenhaltungen dienen hier lediglich dem druckschriftlichen Nachweis fachmännischen Wissens - erkennbar ist, vermochte ein Fachmann bereits vor dem Zeitrang des Streitpatents das Bauteil (13) als zusätzliches, für die besondere Ausgestaltung einer Blinddecke nach der JP 53-121719 zwar geeignetes, für die allgemeine Haltefunktion der gespannten Bahn aber nicht erforderliches weiteres Bauteil zu erkennen. Somit konnte das Bauteil (13) nach der JP 53-121719 einem Fachmann den Blick für die in dieser Entgegenhaltung ua beschriebene und dargestellte eigentliche Halterung (1, 2, 3, 4, 5) für die gespannte Bahn und deren Vorteile nicht verstellen, so dass er nicht gehindert war, von einer Halterung (1 - 5) nach dem JP-Dokument die gespannte Bahn unmittelbar horizontal wegzuführen.

Nachdem das Bauteil (13) nach der JP 53-121719 der dort gezeigten eigentlichen Halterung (1 - 5) der gespannten Bahn nicht zuzurechnen ist, vermag auch der Einwand der Beklagten, der dahingeht, dass die Entgegenhaltung zudem auch das Merkmal 1.2.2 des Patentgegenstandes (die durch einen Rahmen gebildete Halterung weist eine nach unten offene Ausnehmung auf) nicht vorwegnehme, weil die dort gezeigte gesamte Vorrichtung (1 -5, 13) auch nach unten geschlossen sei, nicht durchzugreifen. Das zusätzliche Bauteil (13) stellt in dieser Hinsicht vielmehr eine untere Verblendung der eigentlichen Halterung (1 - 5) dar und erfüllt hierin eine ähnliche Funktion wie z.B. das in Fig 1 gemäß Streitpatent strichpunktiert eingezeichnete Winkelband als Abschlussklemme (vgl hierzu auch Beschreibung S 5, Z. 1 - 3 mit Fig 1 der AT-Übersetzung E 74646 B der Streitpatentschrift) oder das in Fig 2 mit der Bezugsziffer 17 dargestellte Endwinkelband.

Daher war es einem Fachmann unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens zum Zeitrang des Streitpatents möglich, die aus dem Stand der Technik an sich bekannte Halterung in der im Streitpatent geforderten Weise zur Aufspannung von Blinddecken einzusetzen, ohne hierfür erfinderisch tätig werden zu müssen.

5. Der auf eine Blinddecke nach Anspruch 1 unmittelbar rückbezogene angegriffene Unteranspruch 2 ist ebenfalls nicht bestandsfähig. Die dort vorgeschlagene Maßnahme, die darauf abzielt, die in Anspruch 1 beschriebene Halterung so auszulegen, dass sie an der Decke befestigt werden kann, wird einem Fachmann bereits durch die FR 25 97 906 A1 (Fig 6 und 7) nahegelegt. Wie aus Fig 6 erkennbar ist, kann der horizontale Quersteg, welcher hier allerdings nur von einem Schenkel ausgeht und den zweiten nicht übergreift, zur Befestigung der Halterung (21) an einem oberhalb liegenden Bauteil (Haltewinkel 22) Verwendung finden. In Fig 7 wiederum ist ein alle vertikalen Schenkel einer doppelten Halterung übergreifender zusätzlicher quer verlaufender Schenkel (31 g) erkennbar, der zur Deckenbefestigung dient. Hieraus erhält ein Fachmann hinreichend Anregung, den horizontalen Steg (2) der aus der JP 53-121719 bekannten Halterung im Bedarfsfall zur deckenseitigen Befestigung der Halterung zu verwenden und diesen hierzu über den zweiten Schenkel hinaus zu verlängern.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S 1 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 06.04.2004
Az: 4 Ni 20/03


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