Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 3/07

(BPatG: Beschluss v. 25.04.2007, Az.: 26 W (pat) 3/07)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. März 2006 und 8. September 2006 aufgehoben, soweit damit die Anmeldung der Wortmarke "Sonnenscheintarif" für die Waren der Klasse 16 "Bücher, Zeitungen, Zeitschriften" zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 9. März 2006 die Anmeldung der Wortmarke Sonnenscheintarifteilweise, nämlich u. a. für die Waren der Klasse 16: Bücher, Zeitungen, Zeitschriftengemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen und mit Beschluss vom 8. September 2006 die dagegen gerichtete Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das angemeldete Wort für die in Anspruch genommenen Waren jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Dem Begriff "Sonnenscheintarif" sei ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zuzuordnen. Im Zusammenhang mit den genannten Druckereierzeugnissen beschreibe "Sonnenscheintarif" deren Thematik. Entscheidend sei die inhaltsbezogene Aussage, dass sich die "Bücher, Zeitungen, Zeitschriften" mit besonders günstigen Angeboten rund um das Thema Veranstaltungen und Reisen beschäftigten. Hiervon werde ein beachtlicher Teil des Verkehrs für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie - was die Anmelderin nicht in Abrede stelle - bei Katalogen und Werbeflyern ausgehen. Es beschäftigten sich immer mehr Bücher und Zeitschriften mit den Themen "Günstige Tarife" oder "Schnäppchen". So gebe es etwa Bücher und Broschüren mit dem Titel "Münchner Schnäppchen-Tips" und "Superpreiswert telefonieren. Neue Gesellschaften, neue Tarife". Aufgrund dieser Praxis werde das Publikum auch bei dem Wort "Sonnenscheintarif" an Bücher und Zeitschriften mit Auskünften zu besonders günstigen Angeboten denken. Ob daneben auch ein Freihaltebedürfnis bestehe, könne bei dieser Sachlage unerörtert bleiben.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse begehrt, soweit die Anmeldung für die genannten Waren zurückgewiesen worden ist. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke verfüge insoweit über die erforderliche Unterscheidungskraft und sei nicht freihaltebedürftig. Das Wort "Sonnenscheintarif" stelle kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache dar, insbesondere werde es nicht im Zusammenhang mit Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften verwendet. Anders als die Begriffe "Schnäppchen" oder "günstiger Tarif" sei der Begriff "Sonnenscheintarif" viel zu unbestimmt, als dass es sich um einen sich in der Inhaltsangabe erschöpfenden Werktitel handeln könnte. Es handele sich auch nicht um eine produktbeschreibende Angabe, die den Wettbewerbern zur freien Verfügung stehen müsse.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Marke entbehrt für die beanspruchten Waren "Bücher, Zeitungen, Zeitschriften" nicht der Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Ebenso wenig kann ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festgestellt werden.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Der Beurteilung ist die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise orientiert an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zugrundezulegen. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 517, 518 - BerlinCard).

Nach diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft jedenfalls für die beanspruchten Waren nicht abgesprochen werden. Die Verwendung dieses Wortes ist nach den Recherchen des Senats im Internet nur in Bezug auf Dienstleistungen - die hier nicht beansprucht sind - nachweisbar, nicht aber in Bezug auf einzelne Produkte wie etwa Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften. Das entspricht dem deutschen Wortverständnis, nach dem von einem "Tarif" bei einer Sammlung von festen Bedingungen, insbesondere Preisen für Dienstleistungen bestimmter Art gesprochen wird. Solche Bedingungen werden "Tarif" genannt, wenn sie einseitig von einem Anbieter vielen möglichen Vertragspartnern angeboten werden (Arbeitstarif, Telefontarif, Beförderungstarif, Steuertarif, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tarif). Für Dienstleistungen wäre der beanspruchte Begriff mithin als rein beschreibend und nicht schutzfähig anzusehen. Dagegen wird der Begriff "Tarif" für Waren äußerst selten verwendet. Vergleichbares gilt nach den Recherchen des Senats auch für den im Internet weitaus häufiger als "Sonnenscheintarif" verwendeten Begriff "Mondscheintarif", der bei Dienstleistungen jeglicher Art, insbesondere Telekommunikationsdienstleistungen, Verwendung findet, nicht aber bei einzelnen Waren. Der Begriff "Tarif" allein, aber auch in der Wortkombination "Sonnenscheintarif", ist für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften in keiner Form nachweisbar, mithin ungewöhnlich und daher als Herkunftshinweis geeignet. Die Auffassung der Markenstelle, für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften stelle der Begriff "Sonnenscheintarif" eine verständliche Angabe über den schwerpunktmäßigen Inhalt dieser Waren dar, vermag der Senat nicht zu teilen. Zwar trifft es zu, dass vielfältig Bücher zum Kauf angeboten werden, die in bestimmten Regionen als "Schnäppchenführer" für Einkaufsfahrten dienen und Hinweise auf besonders günstige Anbieter von Waren jeder Art enthalten (nachweisbar unter: http://de.bookbutler.com/do/bookSearch€pageNr= 1&showMore=true&sortBy=salesrank&searchFor=schn%C3%A4ppchen&searchBy=keyword&searchIn=de&shipTo=de&amountIn=eur&zip=). Der Begriff "Sonnenscheintarif" ist damit jedoch nicht sinngleich. Dieser Begriff wird nach den Recherchen des Senats im Internet für Tarife verwendet, die gegenüber anderen Tarifen zu bestimmten Zeiten günstiger gestaltet sind. So wird der Begriff beispielsweise für in den Sommermonaten besonders günstige Hotel- (vgl. http://www.bahn.de/intercityhotel/view/pressemitteilungen/20040531.shtml) bzw. Freizeitangebote (Schwimmbäder, vgl. https://shop.thermelaa.at/thermengutscheine.htm, http://www.bestofpfalz.de/€id=2512&open=3&cat=152&content =mag&title=Magazin%3A+S%FCdpfalz+Therme+Bad+Bergzabern+mit+Sonnenscheintarif) oder für Eintrittspreise, ggf. kombiniert mit einer Busreise (vgl. http://www.merzreisen.com/alltrips/7059), oder nur für Beförderungsdienstleistungen wie eine Busreise (vgl. http://www.busreisen.de/reisekatalog.aspx€ land=alle&katego) verwendet. Dennoch erscheint es mangels Gewöhnung des Publikums an derartige Druckerzeugnisse fern liegend, dass der Verkehr annehmen könnte, es handele sich um einen Werktitel für ein Druckerzeugnis, das sich ausschließlich oder ganz überwiegend mit einem "Sonnenscheintarif" für derartige Dienstleistungen befasst. Anderes könnte nur dann gelten, wenn der Begriff im Plural beansprucht werden würde, was indessen nicht der Fall ist.

Ebenso wenig ist ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG feststellbar. Es sind nach dem oben Gesagten keine Umstände ersichtlich, aus denen heraus der Begriff "Sonnenscheintarif" als konkrete Beschaffenheitsangabe für die angemeldeten Waren zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.






BPatG:
Beschluss v. 25.04.2007
Az: 26 W (pat) 3/07


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