Landgericht Dortmund:
Urteil vom 24. Januar 2014
Aktenzeichen: 10 O 42/13

(LG Dortmund: Urteil v. 24.01.2014, Az.: 10 O 42/13)

Tenor

I.

Der Beklagte wird verurteilt, es zukünftig bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Internetseite www. I.com in den allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Klauseln zu verwenden:

a.

Die Einhaltung der Lieferzeiten erfolgt unter dem Vorbehalt, dass unsere Lieferanten rechtzeitig liefern;

b.

Schadensersatz bei verspäteter Lieferung ist ausgeschlossen;

c.

Wir behalten uns vor, eine in Qualität und Preis gleichwertige Leistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen bzw. die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 566,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 zu zahlen.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen ¼ die Klägerin und ¾ der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Onlinehandel, der unter anderem HiFi-Equipment über einen Internet Shop vertreibt (www.C.de). Einen solchen Handel betrieb der Beklagte jedenfalls noch am 13.12.2012 über die Internetseite www.I.com (wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift Bezug genommen). Zwischen den Parteien ist streitig, wann der Beklagte seinen Geschäftsbetrieb aufgab. Der Beklagte behauptet, er habe seinen Geschäftsbetrieb und den e-Bay-Shop bereits im Dezember 2012 eingestellt, lediglich zur Abwicklung des Gewerbebetriebs sei die endgültige Abmeldung erst Anfang des Jahres 2013 erfolgt.

Mit Schreiben vom 14.12.2012 mahnte die Klägerin den Beklagten ab, jedoch unstreitig unter Angabe einer unzutreffenden Bezeichnung der Internetseite (www.I2.de.). Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Antragsschrift in dem Verfahren 10 O 1/13 Landgericht Dortmund Bezug genommen (Die Anlage K 3 zur Klageschrift im vorliegenden Verfahren enthält unerklärlicherweise die Angabe der zutreffenden Internetseite).

In dem vorgenannten Verfahren hat die Klägerin zunächst eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten erwirkt. Nach Widerspruch des Beklagten hat sie im Hinblick auf den durch das Gericht erteilten Hinweis auf die Angabe der nicht einschlägigen Internetseite den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen. Danach mahnte die Klägerin den Beklagten unter Angabe der zutreffenden Internetseite mit Schreiben vom 12.04.2013 (Anlage K4 zur Klageschrift) erfolglos wegen der streitgegenständlichen Verstöße ab.

Die Klägerin sieht in den in dem nachstehenden Klageantrag wiedergegebenen AGB aufgrund deren Unwirksamkeit Wettbewerbsverstöße des Beklagten. Die Widerrufsbelehrung des Beklagten sei unzutreffend, da sich die Informationspflichten, die für den Beginn der Widerrufsfrist erfüllt sein müssten, in § 312 g BGB befänden.

Die Klägerin sieht die Wiederholungsgefahr nicht als ausgeräumt an. Trotz einer erfolgten Übertragung des Geschäftsbetriebes auf Dritte bestehe eine Wiederholungsgefahr, da der Beklagte den Geschäftsbetrieb erneut übernehmen oder unter anderer Adresse neu eröffnen könne.

Die Klägerin beantragt,

I. den Beklagten zu verurteilen, es zukünftig bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu Zwecken des Wettbewerbs1.auf der Internetseite www.I.com in den allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Klauseln zu verwenden:a.Die Einhaltung der Lieferzeiten erfolgt unter dem Vorbehalt, dass unsere Lieferanten rechtzeitig liefern;b.Schadensersatz bei verspäteter Lieferung ist ausgeschlossen;c.Wir behalten uns vor, eine in Qualität und Preis gleichwertige Leistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen bzw. die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen;

2.Bei Geschäften des Fernabsatzes unter Benutzung von Telekommunikationsmitteln in der Belehrung über das Widerrufsrecht den Beginn der Widerrufsfrist ab der Erfüllung seiner Pflichten gemäß § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB zu erklären.

II. Ferner, den Beklagten zu verurteilen, an sie 755,80 € (Kosten der Abmahnung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass die Parteien zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht mehr Wettbewerber gewesen seien. Er habe seine AGB unverzüglich geändert bzw. abgepasst. Die mit den Klageanträgen zu 1a. bis 1c. gerügten AGBs seien so nicht verwandt worden.

Die von ihm gegenüber der T abgegebene Unterlassungserklärung (vgl. Anlage B 1 zur Klageerwiderung und Anlage zum Schriftsatz vom 16.01.2014, Blatt 33 ff. der Akten) habe bereits sämtliche vorgeworfenen Wettbewerbsverstöße beinhaltet.

Der Beklagte meint, seine Inanspruchnahme sei rechtsmissbräuchlich, da die Klage in Kenntnis der bereits unterzeichneten Unterlassungserklärung erhoben worden sei. Der Klägerin ging es nur darum, ihn, der seinen Betrieb bereits vor der zweiten Aufforderung zur Unterzeichnung der Unterlassungserklärung aufgeben hatte, zu schädigen. Dabei sei auch die räumliche Entfernung zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten "auffällig". Die Klägerin habe auch weitere Verfahren betrieben und dabei andere Gerichtsstände gewählt, um zu verschleiern, dass die Absicht Einnahmen zu erzielen im Vordergrund stehe.

Der Beklagte erhebt noch die Einrede der Verjährung.

Gründe

Die Klage ist im erkannten Umfange begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu I. begründet, soweit es die dortige Ziffer 1. betrifft. Hinsichtlich der dortigen Ziffer 2. ist die Klage hingegen unbegründet.

1)

Die gerichtliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche ist nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Ein solcher Rechtsmissbrauch, für den grundsätzlich der Verletzer darlegungs- und beweispflichtig ist, ist im Streitfall nicht belegt. Die von dem Beklagten herangezogenen Indizien und Behauptungen reichen für eine solche Annahme nicht aus.

Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des §§ 8 Abs. 4 UWG setzt voraus, dass das beherrschende Motiv des Mitbewerbers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Als typischen Beispielsfall des sachfremden Motivs umschreibt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Damit wird die Art der unzulässigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs näher charakterisiert, aber der Weg zu anderen Missbrauchsformen durch die Rechtsverfolgung offen gelassen. Das beschriebene Vorgehen selbst oder jedenfalls die Art des Vorgehens muss rechtsmissbräuchlich sein. Der Anspruchsberechtigte muss mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen verfolgen und diese müssen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. unter anderem BGH, GRUR 2002, 260; OLG Hamm, GRUR-RR 2005,141).

Die konkreten Umstände des Streitfalls rechtfertigen hier die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Anspruchsverfolgung, insbesondere einer solchen in einem überwiegenden Gebühreninteresse nicht. Soweit der Beklagte farblos behauptet, die Klägerin habe auch weitere Verfahren betrieben und dabei andere Gerichtsstände gewählt, um zu verschleiern, dass die Absicht Einnahme zu erzielen im Vordergrund stehe, so ist hierfür nichts hinreichend Konkretes dargetan. Anhaltspunkte für eine "Abmahnwelle" oder eine vergleichbare Vorgehensweise lässt sich allein aus der Wahl des Gerichtsstandes nicht ableiten. Dass in anderen Verfahren der Gerichtsstand manipulativ gewählt wurde, ist weder ersichtlich noch dargetan. Solches lässt sich auch nicht aus der räumlichen Entfernung zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten herleiten. Der Einwand mutet gerade vor dem Hintergrund, dass vorliegend zwischen Wettbewerbern im Onlinehandel gestritten wird, konstruiert an.

Auch der Umstand, dass der Beklagte gegebenenfalls bereits eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Dritten abgegeben hatte, und die Klägerin hiervon Kenntnis hatte, reicht nicht aus, um eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin zu begründen. Dies würde voraussetzen, dass die Klägerin erkannt hat oder es sich für sie hätte aufdrängen müssen, dass die gegebenenfalls abgegebene anderweitige Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr auch hier entfallen ließe. Dies kann aber gerade nicht festgestellt werden, weil objektiv die Wiederholungsgefahr auch in Ansehung der Unterlassungserklärung weiterbestand, wie weiter unten unter I.4) b) näher auszuführen sein wird.

Letztlich vermag auch der Umstand, dass der Beklagte zunächst in dem Verfahren 10 O 1/13 Landgericht Dortmund bereits erfolglos in Anspruch genommen worden war, den Einwand des Rechtsmissbrauchs in dem vorliegenden Verfahren nicht zu begründen. Nachdem in jenem Verfahren dem Beklagten von der Klägerin lediglich eine falsche Internetseite zugeordnet worden war und die Klägerin daher in jenem Verfahren keinen Erfolg haben konnte, stellt sich die weitergehende Inanspruchnahme des Beklagten hier lediglich als Fortsetzung der Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes dar. Dass diese vordringlich im Gebührenerzielungsinteresse erfolgt, lässt sich nach alledem nicht feststellen.

2)

Hinsichtlich der im Klageantrag zu I.1. aufgeführten Allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG. Dagegen liegt hinsichtlich des Klageantrages zu I.2. keine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor.

a)

Bei den §§ 312 c ff. BGB wie auch bei den §§ 307 ff. BGB handelt es sich nach der Rechtsprechung des OLG Hamm, der das Gericht folgt, um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Denn gegen diese Vorschrift verstößt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer, hier der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln. Die Vorschriften über den gesetzlich geforderten Widerruf bei Fernabsatzgeschäften und über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in diesem Zusammenhang Regelungen des Marktverhaltens im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer (OLG Hamm, Urteil vom 01.04.2008, AZ: 4 U 10/08 m.w.N.; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 4, Rn. 11.156f m.w.N.).

b)

Hier verstößt die Klausel zu 1.a. ersichtlich gegen § 308 Nr. 1 BGB, denn der Beklagte hat sich mit dieser Klausel eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung der Leistung vorbehalten. Es ist völlig unklar, was hier unter einer rechtzeitigen Lieferung des Lieferanten zu verstehen sein soll.

Zutreffend beruft sich die Klägerin auch darauf, dass die Klausel zu 1.b. gegen § 309 Nr. 7 b) BGB verstößt, da sie Schadensersatzansprüche bei Verspätung ohne Rücksicht auf ein qualifiziertes Verschulden ausschließt.

Die Klausel zu 1.c. verstößt gegen § 308 Nr. 3 BGB. Da das Wort "bzw." als "und/oder" verstanden werden kann, läuft die Klausel darauf hinaus, dass sie dem Verwender das Recht gibt, auch ohne "Nichtverfügbarkeit" der Ware eine in Qualität und Preis "gleichwertige Leistung" zu erbringen. Soweit man auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellt, verstößt die Klausel auch gegen § 308 Nr. 8 BGB, denn die dort genannten Verpflichtungen zu a) und b) sind in den AGB des Beklagten nicht enthalten.

Die vorgenannten Verstöße sind auch sämtlich geeignet, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Solches ist anzunehmen, wenn die Klausel den Durchschnittsverbraucher davon abhalten kann, berechtigte Ansprüche sowie Einwendungen und Einreden gegen den Verwender geltend zu machen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 11.156g). Der Annahme eines Bagatellfalles steht es ferner entgegen, wenn eine Vielzahl von relevanten Verstößen gegen zwingendes Verbraucherschutzrecht vorliegt (OLG Hamm a.a.O.).

Die Klauseln zu 1.a.,1.b. und 1.c. finden sich auch so in der Anl. K1 zur Klageschrift wieder wie in dem Klageantrag wiedergegeben. Der Vortrag des Beklagten, die gerügten AGB seien so nicht verwandt worden, trifft daher nicht zu.

c)

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Klageantrages zu I.2. besteht hingegen nicht. Denn insoweit ist die von dem Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung in dem beanstandeten Punkt im Ergebnis weder fehlerhaft noch unvollständig. Zwar ist bei Fernabsatzverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher der Verbraucher über sein nach § 312 d Abs. 1 BGB bestehendes Widerrufsrecht zu belehren. Hierbei handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (vgl. BGH GRUR 2012, 643). Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ist daher grundsätzlich nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter im Sinne von § 3 UWG (vgl. BGH GRUR 2010, 1142).

Das Gericht folgt dem OLG Brandenburg (GRUR-RR 2013, 511) jedoch darin, dass allein die formal unzutreffende Verweisung nicht zu einer Fehlerhaftigkeit im vorgenannten Sinne führt. Der Beklagte hat lediglich in der Widerrufsbelehrung die bis 2011 gültige Fassung des § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB (a.F.) verwandt, die im Zuge der Gesetzesänderung durch das Gesetz vom 27.07.2011 nunmehr zu § 312 g BGB geworden ist, jedoch ohne, dass sich der Gesetzesinhalt geändert hätte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des OLG Brandenburg in dem vorgenannten Urteil in vollem Umfang Bezug genommen, insbesondere auch, soweit das OLG Brandenburg seine Entscheidung von der des OLG Hamm (MMR 2012, 29) abgrenzt.

3)

Die Klägerin ist als Mitbewerberin im hier maßgeblichen Zeitpunkt anspruchsberechtigt im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Sie bot jedenfalls am 13.12.2012 ebenso wie (noch) der Beklagte im Internethandel HiFi-Equipment an. Hier ist es ausreichend, dass das Wettbewerbsverhältnis noch am 13.12.2012 bestand. Denn in zeitlicher Hinsicht entsteht der Unterlassungsanspruch mit der die Begehungsgefahr auslösenden Handlung (Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Auflage, § 8, Rn. 37). Dass ein Wettbewerbsverhältnis tatsächlich bestand, solange der Beklagte, wie durch die Anlage K1 zur Klageschrift belegt, seine Internetseite betrieb, hat jener nicht bestritten. Ob er gegebenenfalls noch im weiteren Verlauf des Monats Dezember seine Geschäftstätigkeit einstellte, ist vorliegend ohne Belang, nachdem es allein auf das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses am 13.12.2012 ankommt.

4)

Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des bereits verwirklichten Verstoßes tatsächlich vermutet; an den Fortfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG, Rn. 1.33).

a)

Die Wiederholungsgefahr entfällt hier nicht, wie von dem Beklagten geltend gemacht, wegen einer Aufgabe des Geschäftsbetriebes. Denn selbst die Aufgabe jeder Geschäftsbetätigung lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 1.39a; Piper/Ohly/Sosnitza, a.a.O., § 8 Rn. 19). So kann es hier nicht ausreichen, dass der Beklagte lediglich seinen Geschäftsbetrieb einstellte. Soweit sich etwas anderes dann ergeben kann, wenn auszuschließen ist, dass der Verletzer denselben oder einen ähnlichen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt (Köhler/ Bornkamm, a.a.O., Rn. 1.39a), so bestehen für eine solche Fallkonstellation hier keine Anhaltspunkte.

Auch wenn es zu einem Unternehmensübergang auf einen neuen Rechtsträger gekommen sein sollte, ergibt sich nichts anderes. Denn in einer solchen Fallkonstellation haftet der frühere Unternehmensinhaber aus § 8 Abs. 2 UWG grundsätzlich weiter, sofern nicht ausnahmsweise in seiner Person die Wiederholungsgefahr wegfällt (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 2.53), was vorliegend nicht der Fall ist.

b)

Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch eine Drittunterwerfung entfallen. Denn selbst wenn der Beklagte sich, wie von ihm behauptet, gemäß der mit Schriftsatz vom 16.01.2014 in Kopie vorgelegten Unterlassungserklärung verpflichtet haben sollte, so reicht dies nicht aus, um die Wiederholungsgefahr hier entfallen zu lassen. Denn jene Unterlassungserklärung bezieht sich sachlich in mehrfacher Hinsicht auf einen anderen Gegenstand.

So finden sich die hier gewürdigten Klauseln, welche zu einem Unterlassungsanspruch führen (siehe oben I.2)) nicht in der Unterlassungserklärung wieder. Auf die Widerrufsbelehrung kommt es insofern hier nicht an, weil diese im vorliegenden Verfahren einen Verstoß nicht begründen konnte.

Zudem bezog sich die Drittunterwerfung auf den Verkäufernamen "I2" und nicht wie hier "I".

Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein Verwender, der bestimmte unwirksame allgemeine Geschäftsbedingungen verwandt hat, auch andere unwirksame Geschäftsbedingungen in Zukunft nicht verwenden wird, existiert nicht.

5)

Der Anspruch ist nicht gemäß § 11 Abs. 1 UWG verjährt. Nachdem die Klägerin unwiderlegt vorgetragen hat, sie habe nicht vor dem 13.12.2012 von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG), konnte Verjährung nicht vor dem 14.06.2013 eintreten. Die am 06.05.2013 bei Gericht eingegangene Klage vom 03.05.2013 wurde jedoch bereits am 08.06.2013 zugestellt.

II.

Da der Unterlassungsanspruch begründet ist, steht der Klägerin dem Grunde nach auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu, und zwar nebst Verzugszinsen (§ 286, 288 ZPO).

1)

Für den Anspruch dem Grunde nach ist es unschädlich, wenn der Gläubiger mit der vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht. Die Abmahnung wird in ihrer rechtlichen Wirkung nicht dadurch beeinflusst, dass die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu weit geht, denn es ist Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben. Bei einer zu weit gehenden Forderung bleibt es also dem Schuldner überlassen, eine ausreichende Unterwerfungserklärung abzugeben (OLG Hamm, Urteil vom 16.01.2014, AZ: I-4 U 102/13; Köhler/ Bornkamm, a.a.O., § 12, Rn. 1.17). Demnach war es für die Wirksamkeit der Abmahnung insgesamt unschädlich, dass diese hinsichtlich der Beanstandung der Darstellung des Beginnes der Widerrufsfrist unbegründet war.

2)

Der Umstand, dass die Abmahnung hinsichtlich der Beanstandung der Widerrufsbelehrung unbegründet war, wirkt sich jedoch auf die Höhe des Anspruches aus. Ausgehend von einem grundsätzlich zutreffend berechneten Betrag von 755,80 € auf der Basis eines in der Abmahnung von der Klägerin angenommenen Gegenstandswertes von 15.000,00 € und einer Gebühr von 1,3 sind hier nur ¾ des Betrages zuzusprechen, weil von insgesamt vier geltend gemachten Beanstandungen nur drei zu Recht erfolgten. In einem solchen Fall ist es angemessen, die Abmahnkosten zu quoteln (OLG Hamm, Urteil vom 13.08.2009, AZ: I-4 U 71/09; Teplitzky, § 41, Rn. 86a mit Fußnoten 489 und 490).

3)

Entgegen der Auffassung des Beklagten steht es dem Zahlungsanspruch nicht entgegen, dass die Klägerin gegebenenfalls die Honoraransprüche ihres Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Abmahnung noch nicht ausgeglichen hat. Denn nachdem der Beklagte mit der definitiven Weigerung, Anwaltskosten zu zahlen, auch die geschuldete Freistellung dem Grunde nach ernsthaft und endgültig verweigert hat, kann die Klägerin gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Satz 2 BGB statt der Freistellung Schadensersatz in Geld verlangen. In einem solchen Fall wird durch die ernsthafte und endgültige Verweigerung der Freistellung die sonst erforderliche Ablehnungsandrohung entbehrlich (OLG Hamm GRUR-RR 2014, 133).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92, 709, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.






LG Dortmund:
Urteil v. 24.01.2014
Az: 10 O 42/13


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