Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juli 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 46/03

(BPatG: Beschluss v. 15.07.2004, Az.: 25 W (pat) 46/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 396 15 943 PEDICUR ist am 23. Februar 2000 in das Markenregister eingetragen worden und nach Teillöschung noch für die Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Mittel zur Fußpflege; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Mittel für die medizinische Fußpflege und die Behandlung von Fußkrankheiten" geschützt.

Die Inhaberin der seit 13. März 1956 für die Waren

"Medizinische Körperpflegemittel"

eingetragenen Marke 688563 PEDOPUR hat Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 26. November 2002 durch eine Prüferin des höheren Dienstes die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Marken könnten sich auf identischen bzw hochgradig ähnlichen Waren begegnen. Der erforderliche Abstand der angegriffenen Marke zur Widerspruchsmarke werde nicht eingehalten, auch wenn die Waren vom Verkehr mit einer gewissen Sorgfalt erworben würden. Es handele sich um jeweils dreisilbige Wörter, die über den gleichen Sprechrhythmus verfügten und denselben betonten Wortbeginn "Pe" besäßen, der vom Verkehr in der Regel stärker beachtet werde. Sie wichen voneinander lediglich im zweiten Buchstaben der unbetonten Mittelsilbe und im Anfangsbuchstaben der letzten Silbe ab. Bei dem gesprochenen "K" in der Endsilbe "CUR" und dem "P" in der letzten Silbe der Widerspruchsmarke handele es sich jeweils um einen klangstarken Konsonanten, der beim Sprechen jedoch nur undeutlich in Erscheinung trete. Außerdem blieben Endungen von Markenwörtern meist weniger in Erinnerung und verhinderten deshalb selten Verwechslungen. Dem von der Inhaberin der angegriffenen Marke vorgebrachten Bedeutungsanklang von "-pur" an "rein" und von "-cur" an "Behandlung" stehe der Anklang von "ped" an "Fuß" in den betonten Anfangssilben gegenüber, denen von den Verkehrskreisen erfahrungsgemäß größere Aufmerksamkeit entgegen gebracht werde. Im Übrigen diene der Sinnanklang von "pur" bzw "cur" nur dann dazu, die Marken besser auseinander halten zu können, wenn der Unterschied auf jeden Fall vernommen werde, was hier nicht der Fall sei. Ob eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr vorliege, könne dahinstehen.

Hiergegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Beschwerde eingelegt, ohne einen förmlichen Antrag zu stellen.

Eine Identität bzw Ähnlichkeit zwischen den beiderseitigen Waren könne nur in geringem Maße angenommen werden, da die Anmelderin ihr Warenverzeichnis auf "Mittel zur Fußpflege; Mittel für die medizinische Fußpflege und die Behandlung von Fußkrankheiten" eingeschränkt habe. Nur in diesem Bereich - und auch nur in Richtung auf die Pflege - könnten sich die beiderseitigen Waren annähern. Demgegenüber erfasse "PEDOPUR" - unbeeinträchtigt durch "PEDICUR" - den gesamten sonstigen Bereich der Körperpflege. Die jeweiligen Produkte würden mit einer gewissen Sorgfalt erworben. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Zwar hätten beide Wörter drei Silben, deren erste und letzte aus etwa den gleichen Buchstaben bestünden. Aber deutlich dominiere der jeweils mittlere Wortteil mit dem "-DIC-" bzw "-DOP-". Die Vokale "i" und "o" seinen unverwechselbar und die anschließenden Konsonanten "c" und "p" gäben als Zieh- bzw Presslaut dem Klangbild einen weiteren individuellen Aspekt.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

In einer erheblichen Anzahl von Fällen müsse mit Verwechslungen gerechnet werden. "P" und "K" seien keineswegs signifikant unterschiedliche Laute. Damit verbleibe als einziger Unterschied der durch "I" gegenüber "O". Jedoch befinde sich dieser Unterschied in der regelmäßig weniger beachteten Zeichenmitte. Bei einem so hohen Ähnlichkeitsgrad müsse auch dann noch mit Verwechslungen gerechnet werden, wenn man davon ausgehen wolle, dass Marken pharmazeutischer Erzeugnisse mit größerer Sorgfalt unterschieden werden als andere Marken des täglichen Gebrauchs. Vorliegend handele es sich um Präparate zur Behandlung verhältnismäßig geringfügiger Beschwerden. Nach aller Lebenserfahrung müsse man von einer weniger ausgeprägten Aufmerksamkeit und Sorgfalt ausgehen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht und die Markenstelle zu Recht die angegriffene Marke auf Grund des Widerspruchs gelöscht hat.

Es ist mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit auszugehen.

Da Benutzungsfragen nicht angesprochen sind, ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die Registerlage entscheidend.

Die Waren können hinsichtlich der angegriffenen Waren "Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Mittel für die medizinische Fußpflege" identisch und im Übrigen sehr ähnlich sein.

Das Argument der Inhaberin der angegriffenen Marke, eine Überschneidung liege nur in dem Bereich der "Mittel zur Fußpflege; Mittel für die medizinische Fußpflege" vor, wirkt einer Verwechslungsgefahr nicht entscheidend entgegen. Es kann nicht zu Lasten der Widersprechenden gehen, dass ihre Marke auf Grund des verwendeten Oberbegriffs noch für andere Waren als "Fußpflegemittel" Schutz hat, die den angegriffenen Waren möglicherweise ferner stehen. Außerdem kommt eine Verwechslungsgefahr nicht nur bei identischen, sondern auch bei ähnlichen Waren in Betracht. Sind "medizinische Fußpflegemittel", die von dem Warenbegriff "medizinische Körperpflegemittel" der Widerspruchsmarke umfasst werden, mit den Waren der angegriffenen Marke insoweit sogar identisch, so nützt es der Inhaberin der angegriffnen Marke nichts, dass hinsichtlich weiterer Waren des Oberbegriffs im Verzeichnis der Widerspruchsmarke die Ähnlichkeit geringer sein kann.

Zwischen dem nach der Registerlage maßgeblichen Warenbegriff "medizinische Körperpflegemittel" der Widerspruchsmarke, zu denen "medizinische Fußpflegemittel" gehören, und den "Mitteln zur Behandlung von Fußkrankheiten" der angegriffenen Marke besteht eine erhebliche Warenähnlichkeit, da die Grenze zwischen diesen Waren unscharf sein kann und diese sich unter Umständen weder in der Abgabeform noch in der Art der Inhaltsstoffe unterscheiden müssen. Außerdem besteht auch eine starke Ähnlichkeit mit den "Mitteln zur Fußpflege" der angegriffenen Marke, da sich diese Waren von "medizinischen Fußpflegemitteln" lediglich durch den fehlenden medizinischen Zweck unterscheiden.

Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer erheblichen Warenähnlichkeit und teilweise sogar Warenidentität sind die Zeichen klanglich so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.

Soweit die Widersprechende allerdings meint, bei geringfügigen Beschwerden wäre der Verkehr weniger aufmerksam, ist zu berücksichtigen, dass die Waren nicht nur bei geringen Beschwerden verwendet werden können, und außerdem die Aufmerksamkeit selbst bei Mitteln zur Behandlung geringerer gesundheitlicher Beschwerden regelmäßig größer ist als bei sonstigen Waren des täglichen Gebrauchs.

Beim Vergleich der Marken ist maßgeblich auf den Gesamteindruck abzustellen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 152). Schon deshalb verbietet sich eine willkürlich erscheinende Gliederung der sich gegenüber stehenden Marken in "PE-DIC-UR" bzw "PE-DOP-UR" und eine Konzentration auf die Unterschiede in der Zeichenmitte. Vielmehr ist von einer natürlichen Silbengliederung ("PE-DI-CUR" bzw "PE-DO-PUR") auszugehen. Regelmäßig wird bei den sich gegenüber stehenden Zeichen die Anfangssilbe betont. Der klangliche Unterschied zwischen dem hellklingenden Vokal "i" gegenüber dem dunkelklingenden Vokal "o" in der Mittelsilbe geht im Gesamteindruck unter, da diese Silbe unbetont ist. Die unterschiedlichen Anfangskonsonanten der letzten Silbe sind als klangstarke, harte Sprenglaute klangverwandt, so dass im Gesamteindruck angesichts der übrigen Übereinstimmungen in der Silbenzahl, dem Sprech- und Betonungsrhythmus sowie der Lautfolge "PED-UR" mit erheblichen Verwechslungen zu rechnen ist. Der Sinngehalt bzw die begriffliche Andeutung der Silben "CUR" an "Behandlung" und "PUR" an "rein" kann eine Verwechslungsgefahr nicht hinreichend ausschließen, da in der Gesamtheit der Zeichenwörter der Sinngehalt einzelner Teile nicht ohne weiteres erkannt wird.

Dies gilt auch, wenn man im Gesundheitsbereich selbst bei Mitteln zur Behandlung geringerer gesundheitlicher Beschwerden von einer größeren Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise als bei sonstigen Waren des täglichen Gebrauchs ausgeht, da auch in diesem Fall der Gesamteindruck entscheidet und der Verkehr nicht dazu neigt, einheitliche Begriffe zu analysieren.

Insoweit wird der Verkehr auch nicht ohne weiteres den Bedeutungsgehalt der Anfangssilben als Hinweis auf "Fuß" erfassen und wird deshalb auch nicht verstärkt die anderen Bestandteile beachten. Gerade bei Laien, die hier uneingeschränkt zu berücksichtigen sind, ist damit zu rechnen, dass sie sich über den Bedeutungsgehalt einzelner Bestandteile der Zeichen keine Gedanken machen, sondern die Zeichen jeweils in ihrer Gesamtheit so hinnehmen, wie sie ihnen entgegentreten. Doch selbst wenn der Verkehr den Sinngehalt der Anfangssilben erfasst, besteht wegen der starken klanglichen Ähnlichkeit im Gesamteindruck und des gleichen Bedeutungsanklangs der Bestandteile "PEDI" und "PEDO" bei den sich hier gegenüber stehenden Waren eine Verwechslungsgefahr.

Ob die Zeichen auch in schriftbildlicher Hinsicht so ähnlich sind, dass mit einer Verwechslungsgefahr zu rechnen ist, kann - wie bereits vor der Markenstelle - offen bleiben, da auch eine Ähnlichkeit in nur klanglicher Hinsicht genügt, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen (vgl Ströbele/Hacker, Markengestz, 7. Aufl, § 9 Rdn 170).

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke war daher zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Sredl Bayer Na






BPatG:
Beschluss v. 15.07.2004
Az: 25 W (pat) 46/03


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