Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Juli 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 73/08

(BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az.: AnwZ (B) 73/08)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 19. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 30. Mai 1948 in Berlin geborene Antragsteller ist am 22. Dezember 1977 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Mit Bescheid vom 8. August 2007 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Anwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof Berlin zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde will der Antragsteller weiterhin die Aufhebung der Widerrufsverfügung erreichen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO) und auch im Übrigen zulässig (§ 42 Abs. 4 BRAO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Die Zulassung zur Anwaltschaft ist zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet werden. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, Rdn. 5 m.w.N.).

2. Im Zeitpunkt der Zustellung der Widerrufsverfügung am 17. August 2007 waren diese Voraussetzungen erfüllt. Nach Aktenlage bestanden am 17. August 2007 folgende Forderungen gegen den Antragsteller, die dieser nicht begleichen konnte:

(1) Forderung der Ka. Krankenkasse in Höhe von 6.741,11 €;

(2) Forderung der K. Rechtsschutzversicherung AG, vertreten durch die Rechtsanwälte S. pp., auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse in Höhe von 5.151,96 € (Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 - 14 O 271/06); die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung wegen dieser Forderung und hat außerdem Strafanzeige gegen ihn gestellt;

(3) Steuerschulden gegenüber dem Finanzamt C. in Höhe von 31.886,79 € per 15. Februar 2007; auch das Finanzamt C. hat bereits Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller veranlasst;

(4) Forderung des Taxiunternehmers Mo. M. , vertreten durch den Rechtsanwalt Ch. G. , auf Auszahlung von Fremdgeld in Höhe von 1.181,24 €.

Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass des Widerrufs nicht vor.

3. Der Widerrufsgrund ist auch nicht nachträglich entfallen.

a) Sind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei entfallen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Entscheidung noch zu berücksichtigen (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150). Der Anwalt muss dazu im Einzelnen belegen, dass er die gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hat oder in einer Weise zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder als geordnet erscheinen lässt (vgl. Senat, Beschl. v. 6. November 1998 - AnwZ (B) 25/98, BRAK-Mitt. 1999, 36). Er hat dazu seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen. Dazu gehört insbesondere eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen, aus der sich ergibt, ob und in welcher Höhe Forderungen erfüllt worden sind oder in welcher Weise sie erfüllt werden sollen (vgl. Senat, Beschl. v. 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; v. 31. März 2008 - AnwZ (B) 8/07, Rdn. 9). Es darf keine Forderung auf unabsehbare Zeit offen bleiben (Senat, Beschl. v. 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271, 1272).

b) Diesen Anforderungen ist der Antragsteller nicht gerecht geworden.

aa) Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof hat er behauptet, die Steuerforderung sei "erheblich reduziert"; auch im Übrigen würden "Verbindlichkeiten alsbald nicht mehr bestehen". Weiter begründet hat er seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht; er hat auch nicht an der Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof teilgenommen. Nach einer Auskunft des Finanzamtes C. vom 1. Februar 2008 betrug die Steuerforderung per 22. Januar 2008 insgesamt 56.593,20 €.

bb) Im jetzigen Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller ohne Darlegung von Einzelheiten vor, die Forderungen der Ka. Krankenkasse und der K. Rechtsschutzversicherung AG seien "inzwischen erledigt", hinsichtlich der Steuerforderung bestehe "Klärungsbedürftigkeit wegen der Höhe". Selbst wenn diese Behauptungen zuträfen, wäre der Widerrufsgrund des Vermögensverfalls nicht zweifelsfrei entfallen; denn das vorenthaltene Fremdgeld wäre nach wie vor noch nicht ausgekehrt, und Steuerforderungen bestünden weiterhin, ohne dass der Antragsteller dargelegt hätte, ob und wie er seine Verbindlichkeiten begleichen werde. Zudem hat der Antragsteller seine Angaben nicht glaubhaft gemacht.

Die am Tag der mündlichen Verhandlung als Anlage zu einem Fax eingereichten "Versorgungsbilanzen" eines Lebensversicherers genügen nicht als Beleg, dass die darin genannten Versicherungssummen aktuell zur Begleichung der Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen.

c) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht mehr gefährdet sind.

4. Der Senat konnte mündlich verhandeln und in der Sache entscheiden, weil der ordnungsgemäß geladene Antragsteller sein Ausbleiben nicht hinreichend entschuldigt hat.

Ganter Ernemann Schmidt-Räntsch Lohmann Martini Quaas Stüer Vorinstanz:

AGH Berlin, Entscheidung vom 19.06.2008 - II AGH 18/07 -






BGH:
Beschluss v. 06.07.2009
Az: AnwZ (B) 73/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b089f8fe6dba/BGH_Beschluss_vom_6-Juli-2009_Az_AnwZ-B-73-08


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft


service@admody.com

0511 60 49 81 27 ☏

Kontaktformular ✎

Rückrufbitte ✆

Admody RAe AG
Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland

www.admody.com ▸





Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



 



§
Justitia

Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht



Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share









Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft






Jetzt Kontakt aufnehmen:


service@admody.com

☏ 0511 60 49 81 27

✎ Kontaktformular

✆ Rückrufbitte





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az.: AnwZ (B) 73/08] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

28.03.2024 - 14:02 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2001, Az.: 26 W (pat) 259/00BPatG, Beschluss vom 17. März 2004, Az.: 14 W (pat) 2/04BPatG, Beschluss vom 22. Januar 2009, Az.: 10 W (pat) 57/05BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010, Az.: X ZR 47/07BGH, Beschluss vom 23. September 2002, Az.: AnwZ (B) 69/01BGH, Beschluss vom 19. April 2012, Az.: I ZR 41/11BGH, Urteil vom 26. August 2014, Az.: X ZR 18/11OLG München, Urteil vom 11. November 2010, Az.: 29 U 2391/10BPatG, Beschluss vom 20. Juli 2009, Az.: 27 W (pat) 122/08BPatG, Beschluss vom 29. Juni 2010, Az.: 27 W (pat) 1/10