Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 6/00

(BPatG: Beschluss v. 09.01.2002, Az.: 7 W (pat) 6/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse F 22 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. November 1998 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Dampf- oder Heißwasserkessel Anmeldetag: 7. Januar 1994 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 und 2, eingegangen am 14. Dezember 2001, Beschreibung Spalten 1 und 2 gemäß deutsche Offenlegungsschrift 44 00 286 unter Austausch des Beschreibungsteils Spalte 1, Zeile 32 bis 39 gegen den neuen Beschreibungsteil, eingegangen am 14. Dezember 2001, und 1 Blatt Zeichnung, Figuren 1 und 2, gemäß deutsche Offenlegungsschrift 44 00 286.

In den Unterlagen wurden folgende offensichtliche Unrichtigkeiten beseitigt:

Patentanspruch 1, Zeile 12: das Bezugszeichen "6" wurde in "5" geändert, Patentanspruch 1, Zeile 17: die Wiederholung der Worte "Strömungsrichtung der" wurde gestrichen, neuer Beschreibungsteil Zeile 2: die Wiederholung der Worte "betriebenen Wasserumlauf", wurde gestrichen, neuer Beschreibungsteil Zeile 6: die Worte "ein sichern" wurden geändert in "einen sicheren,"

neuer Beschreibungsteil Zeile 7: "Belastungen" wurde in "Belastung" und "Kanal" in "Berührungszug" geändert.

Gründe

I Die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Dampf- oder Heißwasserkessel" ist am 7. Januar 1994 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Nach Prüfung der Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse F 22 B des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung durch Beschluß vom 27. November 1998 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik gemäß der deutschen Offenlegungsschrift 1 426 647 und der US-Patentschrift 2 699 758 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Außerdem sind im bisherigen Verfahren zum Stand der Technik noch die deutschen Offenlegungsschriften 43 44 408, 32 31 520 und 24 33 272 genannt worden.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie hat am 14. Dezember 2001 neue Patentansprüche 1 und 2 und einen neuen Beschreibungsteil eingereicht.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Dampf- oder Heißwasserkessel mit einem thermisch betriebenen Wasserumlauf, bestehend aus einem oder mehreren vertikalen Strahlungszügen und einem horizontalen Berührungszug, in dem Verdampferrohre angeordnet sind, denen über einen Längsverteiler Wasser zugeführt wird, das über mit einem Sammler verbundene Ableitungsrohre einer Trommel zugeleitet wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Strahlungszüge und der Berührungszug bodenseitig auf der gleichen horizontalen Ebene liegen, dass die wasserseitige Verbindung von den Strahlungszügen und dem Berührungszug gemeinsamen Längsverteilern durch eine in diesen Verteilern eingeordnete Trennscheibe am Übergang vom Berührungszug zu den Strahlungszügen unterbrochen ist und dass der Längsverteiler auf jeder Seite des Berührungszuges jeweils an seinem Ende über ein separat verlaufendes Zuführungsrohr mit Wasser gespeist ist, so dass alle Verdampferrohe des Berührungszuges entgegen der Strömungsrichtung der Rauchgase durchflossen werden."

Der Patentanspruch 2 ist dem Patentanspruch 1 nachgeordnet und auf diesen zurückbezogen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den am 14. Dezember 2001 eingereichten Patentansprüchen 1 und 2, der Beschreibung gemäß der deutschen Offenlegungsschrift 44 00 286 unter Austausch des Beschreibungsteils Spalte 1, Zeile 32 bis 39 gegen den am 14. Dezember 2001 eingereichten neuen Beschreibungsteil, und der Zeichnung gemäß der deutschen Offenlegungsschrift 44 00 286 zu erteilen.

Sie ist der Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei durch den nachgewiesenen Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig und hat auch Erfolg. Zwar hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung aufgrund der damals geltenden Unterlagen zu Recht zurückgewiesen, der neue Sachverhalt führt jedoch zur Aufhebung des Vorbeschlusses und zur antragsgemäßen Erteilung des Patents mit den neuen Unterlagen.

1. Die Anmeldung betrifft einen Dampf- oder Heißwasserkessel in der Ausführung nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung besteht bei solchen, aus den deutschen Offenlegungsschriften 24 33 272 und 32 31 520 bekannten Kesseln der Nachteil, daß für die Auflagerung des bodenseitig höher liegenden Berührungsteils wegen der großen Knicklänge der Profilstützen ein schweres Profilgerüst erforderlich sei. Bei Verlegung des Berührungsteils auf die bodenseitig gleiche Ebene wie der Strahlungsteil würden zwar die Knicklängen des Profileisengerüstes wesentlich verringert, jedoch ergäben sich dadurch einige Komplikationen bei der Rohrführung für die Wasserversorgung der Verdampferheizflächen des Berührungszuges.

Der Anmeldung liegt daher die Aufgabe zugrunde (neuer Beschreibungsteil Abs 1), einen Dampf- oder Heißwasserkessel mit einem thermisch betriebenen Wasserumlauf, bestehend aus einem oder mehreren vertikalen Strahlungszügen und einem horizontalen Berührungszug, in dem Verdampferrohre angeordnet sind, denen über einen Längsverteiler Wasser zugeführt wird, das über mit einem Sammler verbundene Ableitungsrohre einer Trommel zugeleitet wird, zu schaffen, der mit einem verringerten Aufwand an Rohren einen sicheren, der thermischen Belastung angepassten Wasserumlauf im Berührungszug gewährleistet.

Diese Aufgabe wird durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Maßnahmen gelöst.

2. Die Patentansprüche sind zulässig. Das Patentbegehren ist in den ursprünglichen Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 4 in Verbindung mit der Beschreibung S 1 Abs 5) offenbart.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

Der - gewerblich anwendbare - Dampf- oder Heißwasserkessel nach dem Patentanspruch 1 ist neu. Er unterscheidet sich von dem Wärmetauscher nach der deutschen Offenlegungsschrift 24 33 272 und von dem Dampferzeuger nach der deutschen Offenlegungsschrift 32 31 520 - wie ohne weiteres ersichtlich - jeweils durch seine kennzeichnenden Merkmale. Von dem Dampferzeuger nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 426 647 unterscheidet er sich zumindest durch seine auf die Rohrführung für die Wasserversorgung gerichteten Merkmale. Bei dem bekannten Dampferzeuger ist nämlich über die Wasserversorgung nichts näheres ausgesagt. Gegenüber der Dampferzeugungsanlage nach der US-Patentschrift 2 699 758 besteht ein Unterschied schon darin, daß der Wasserumlauf thermisch betrieben ist und nicht - wie bei der bekannten Anlage vorausgesetzt - zwangsweise über Pumpen erfolgt. Von dem Wärmetauscher nach der deutschen Offenlegungsschrift 43 44 408 unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 zumindest dadurch, daß die Verdampferrohre des Berührungszuges entgegen der Strömungsrichtung der Rauchgase durchflossen werden. Bei dem bekannten Wärmetauscher ist nämlich kein separat verlaufendes Wasser-Zuführungsrohr an den Enden der Längsverteiler vorgesehen.

Die Lehre nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Kern dieser Lehre besteht darin, bei einem Dampf- oder Heißwasserkessel mit bodenseitig in gleicher Höhe angeordneten Strahlungs- und Berührungszügen zur Verminderung der Anzahl der Rohrleitungen und zur Sicherstellung eines thermischen Wasserumlaufs gemeinsame Längsverteiler für die Strahlungszüge und den Berührungszug vorzusehen, diese am Übergang zum Berührungszug durch eine eingeordnete Trennscheibe zu unterbrechen und jeweils an ihren Enden beiderseits des Berührungszuges über ein separat verlaufendes Zuführungsrohr derart mit Wasser zu versorgen, daß alle Verdampferrohre des Berührungszuges entgegen der Strömungsrichtung der Rauchgase durchflossen werden.

Für diese Lehre findet der Fachmann - ein auf dem Gebiet der Konstruktion von Dampf- oder Heißwasserkesselanlagen erfahrener Maschinenbauingenieur - kein Vorbild im nachgewiesenen Stand der Technik. So fehlen bei den Anlagen nach den deutschen Offenlegungsschriften 1 426 647, 24 33 272 und 32 31 520 schon gemeinsame Längsverteiler für die Strahlungszüge und den Berührungszug. Auch ist dort in dem jeweiligen Berührungszug keine Wasserführung entgegen der Strömungsrichtung der Rauchgase vorgesehen. Bei der aus der US-Patentschrift 2 699 758 bekannten Anlage werden zwar die Verdampferrohre des Berührungszuges entgegen der Strömungsrichtung der Rauchgase vom Wasser durchflossen. Hierzu sind dort aber Pumpen zur Erzeugung eines Zwangsumlaufes erforderlich. Die bekannte Lösung gibt daher keine Anregung für die anmeldungsgemäße Rohrführung für die Wasserversorgung bei einem über Längsverteiler und Sammler betriebenen thermischen Wasserumlauf. Die deutsche Offenlegungsschrift 43 44 408 ist am 29. Juni 1995 - also erst nach dem maßgeblichen Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung - veröffentlicht worden. Diese Druckschrift bleibt daher gemäß § 4 Satz 2 PatG bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 2 betrifft eine weitere Ausgestaltung des Dampf- oder Heißwasserkessels nach dem Patentanspruch 1 und wird von dessen Patentfähigkeit mitgetragen.

Dr. Schnegg Eberhard Hochmuth Frühauf Cl






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Az: 7 W (pat) 6/00


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