Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 47/98

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2000, Az.: 15 W (pat) 47/98)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 29. März 1995 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentamt das Patent 195 11 556 mit der Bezeichnung

"Sensoranordnung"

mit acht Patentansprüchen erteilt. Die Patenterteilung wurde am 25. Juli 1996 veröffentlicht.

Nach Prüfung zweier dagegen eingelegter Einsprüche wurde das Patent von der Patentabteilung 52 des Deutschen Patentamts mit Beschluß vom 7. Juli 1998 widerrufen, weil die Entwicklung der beanspruchten Sensoranordnung bei Kenntnis der Druckschriften

(1) DE 30 41 914 A1,

(2) DE 29 08 449 A1, auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Beschwerdeverfahren wurden ua noch folgende Druckschriften genannt:

(3) US 46 46 070,

(4) US 49 24 702.

Dem Beschluß der Patentabteilung lagen die Patentansprüche 1 bis 8 gemäß der Patentschrift zugrunde.

Die Patentansprüche 1 und 8 lauteten:

"1. Sensoranordnung zur Bestimmung des Zustandes einer Flüssigkeit in einem Behälter mit einem ersten Sensor mit einen ersten, mit der Flüssigkeit gefüllten Meßraum (M1) bildenden Elektroden (A1, B1) und mit elektrischen Einrichtungen zur Messung der Impedanz des ersten Sensors und zur Ableitung eines Zustandssignals, dadurch gekennzeichnet, daß ein zweiter Sensor mit einen zweiten Meßraum (M2) bildenden Elektroden (A2, B2) als Füllstandssensor mit in Abhängigkeit vom Füllstand in dem Behälter teilweise mit der Flüssigkeit gefülltem Meßraum vorhanden ist, und daß die elektrischen Einrichtungen aus der Messung der Impedanz des zweiten Sensors ein Füllstandssignal ableiten, wobei die gemessene Impedanz des ersten Sensors zur Kalibrierung der Impedanzmessung des zweiten Sensors herangezogen ist".

"8. Verwendung der Sensoranordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche als Schmierölsensor in Motoren".

Gegen diesen Beschluß hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß weder in der DE 30 41 914 A1 (1), noch in der DE 29 08 449 A1 (2) oder in der US 49 24 702 (4) ein Hinweis darauf zu finden sei, daß es möglich sei, mit Hilfe der dort beschriebenen zwei Meßsonden sowohl den Füllstand als auch den qualitativen Zustand einer Flüssigkeit anzuzeigen. Andererseits sei in der US 46 46 070 (3) zwar beschrieben, wie mit Hilfe einer Meßsonde die Qualität einer Flüssigkeit angezeigt werden könne (vgl (3) Anspruch 1 iVm der Fig 7 und der dazugehörigen Figurenbeschreibung). Aber ein Zusammenhang mit einem gleichzeitig zu messenden Füllstand sei auch dort nicht beschrieben. Sie verfolgt das Patentbegehren weiter mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 14. Die Patentansprüche 1 und 14 lauten:

"1. Sensoranordnung zur Bestimmung des Zustandes einer Flüssigkeit in einem Behälter mit einem ersten Sensor mit einen ersten, mit der Flüssigkeit gefüllten Meßraum (M1) bildenden Elektroden (A1, B1) und mit elektrischen Einrichtungen zur Messung der Impedanz des ersten Sensors und zur Ableitung und Darstellung eines Zustandssignals, dadurch gekennzeichnet, daß das Zustandssignal in einem Speicher gespeichert wird, daß ein zweiter Sensor mit einen zweiten Meßraum (M2) bildenden Elektroden (A2, B2) als Füllstandssensor mit in Anhängigkeit vom Füllstand in dem Behälter teilweise mit der Flüssigkeit gefülltem Meßraum vorhanden ist, und daß die elektrischen Einrichtungen aus der Messung der Impedanz des zweiten Sensors ein Füllstandssignal ableiten, wobei die gemessene Impedanz des ersten Sensors zur Kalibrierung der Impedanzmessung des zweiten Sensors herangezogen ist".

"14. Verwendung der Sensoranordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche als Schmierölsensor in Motoren".

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung und Beschreibung Spalten 1 bis 5 gemäß Patentschrift DE 195 11 556 C1 und 2 Seiten Zeichnungen mit Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift DE 195 11 556 C1.

Die beiden Einsprechenden traten dem Vortrag der Patentinhaberin entgegen und beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden und daher zulässig (PatG § 73). Sie hatte jedoch keinen Erfolg.

2. Die Neuheit der Sensoranordnung gemäß Patentanspruch 1 ist gegeben, da in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften eine Sensoranordnung mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 beschrieben ist, wie es sich aus der nachstehenden Erörterung zur erfinderischen Tätigkeit ergibt. Insbesondere ist in keiner dieser Druckschriften die gleichzeitige Darstellung sowohl des Füllstandes als auch der Qualität der Flüssigkeit vorgesehen.

Die Entwicklung des beanspruchten Gegenstandes beruht jedoch auf keiner erfinderischen Tätigkeit. Mit der beanspruchten Sensoranordnung soll die Aufgabe gelöst werden, eine vorteilhafte Sensoranordnung zur Bestimmung von Zustand und Füllstand einer Flüssigkeit in einem Behälter anzugeben. Dabei soll diese Sensoranordnung folgende Merkmale aufweisen:

1. Einen ersten Sensor mit Elektroden (A1, B1), die einen ersten Meßraum (M1) bilden, der mit Flüssigkeit gefüllt ist, 2. einen zweiten Sensor mit Elektroden (A2, B2), die einen zweiten Meßraum (M2) bilden, wobei der zweite Sensor als Füllstandssensor wirkt und der zweite Meßraum in Abhängigkeit vom Füllstand in dem Behälter nur teilweise mit der Flüssigkeit gefüllt ist, 3. elektrische Einrichtungen zur Messung der Impedanz des ersten Sensors und zur Ableitung und Darstellung eines Zustandssignals, welches in einem Speicher gespeichert wird 4. und elektrische Einrichtungen zur Ableitung eines Füllstandssignals aus der Messung der Impedanz des zweiten Sensors, 5. wobei die gemessene Impedanz des ersten Sensors zur Kalibrierung der Impedanzmessung des zweiten Sensors herangezogen wird.

Zum Anmeldezeitpunkt vorliegendem Patents war aus der US 49 24 702 (4) eine Sensoranordnung bekannt, mit der der Füllstand einer Flüssigkeit, insbesondere von Schmieröl, erfaßt und angezeigt werden soll (vgl (4) Sp 1 Z 6 bis 10, Sp 3 Z 62 bis 67 und Sp 5 Z 66 bis Sp 6 Z 1). Bei dieser bekannten Füllstandsanzeige gibt es einen ersten Sensor mit Elektroden 12 und 14, die einen Meßraum 26 bilden, der mit Flüssigkeit gefüllt ist (Merkmal 1; vgl (4) Sp 3 Z 43 bis 47 und 54 bis 56 iVm der Fig 2). Zusätzlich gibt es dort einen zweiten Sensor mit Elektroden 12 und 16, die einen zweiten Meßraum 32 bilden, wobei der zweite Sensor als Füllstandssensor wirkt und der zweite Meßraum in Abhängigkeit vom Füllstand in dem Behälter nur teilweise mit der Flüssigkeit gefüllt ist (Merkmal 2; vgl (4) Sp 3 Z 48 bis 58 iVm Fig 2). Dabei sind elektrische Einrichtungen zur Ableitung eines Füllstandssignals aus der Messung der Kapazität des zweiten Sensors vorgesehen, wobei die gemessene Kapazität des ersten Sensors zur Kalibrierung der Kapazität des zweiten Sensors herangezogen wird (Merkmale 4 und 5, vgl (4) Sp 5 Z 66 bis Sp 6 Z 18 iVm den Fig 1 und 2). In (4) wird zwar nur die Kapazitätsmessung erwähnt, der Begriff Impedanz wird jedoch bei der Anmeldung wechselseitig mit der Kapazität gebraucht, so daß hierin keine Unterscheidung zu erkennen ist (vgl Patentschrift Sp 1 Z 56/57, Sp 2 z 56 bis 59, Sp 3 Z 8 und 34/35 und 43, Sp 4 Z 5 bis 9, Sp 5 Z 2 bis 4).

Der Unterschied der beanspruchten Sensoranordnung zu der bekannten liegt lediglich darin, daß die auch in (4) vorgesehenen elektrischen Einrichtungen zur Messung der Impedanz des ersten Sensors und zur Ableitung eines Zustandssignals bei der beanspruchten Sensoranordnung auch zur Darstellung des Zustandssignals verwendet wird, welches in einem Speicher gespeichert wird (Merkmal 3). Dh, beim beanspruchten Gegenstand wird neben dem Füllstand der Flüssigkeit auch die Qualität der Flüssigkeit angezeigt.

Dem Fachmann, einem Ingenieur mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Meßsonden und damit verbunden der Anzeige von Füllstand und Qualität von Flüssigkeiten, insbesondere von Schmieröl, ist jedoch auch die US 46 46 070 (3) bekannt. Dort wird ein Detektor zum Erkennen der Verschlechterung von Öleigenschaften beschrieben, der ebenfalls aus einem mit Öl gefüllten Meßraum 30 mit Elektroden 166, 168 besteht. Dabei erfolgt entsprechend der gemessenen Kapazität/Impedanz, die vom qualitativen Zustand des Öls abhängt, eine Darstellung der Ölqualität in einem Anzeigegerät (vgl (3) Anspruch 1 und Fig 3 bis 7 mit Figurenbeschreibung). Für den Fachmann, der zB in einem Armaturenbrett sowohl Füllstand als auch die Qualität des Motoröls anzeigen will, liegt es bei Kenntnis von (3) und (4) auf der Hand, das von der Ölqualität abhängige Zustandssignal, das in der Vorrichtung nach (4) nur zur Kalibrierung des Füllstandsanzeigers verwendet wird, auch wie in (3) zur Anzeige der Ölqualität zu verwenden und damit auf einen zusätzlichen Sensor zu verzichten. Eine erfinderische Tätigkeit liegt in diesem Schritt nicht vor. Ob dabei das Zustandssignal in einem Speicher gespeichert wird oder nicht, hängt vom Auswerteverfahren des Signals ab und gehört damit zum Grundwissen des angesprochenen Fachmanns. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist damit nicht patentfähig.

Der nebengeordnete Patentanspruch 14, der die Verwendung der beanspruchten Sensoranordnung als Schmierölsensor in Motoren zum Gegenstand hat, ist ebenfalls nicht erfinderisch, da beide Entgegenhaltungen (3, 4) sich mit der Messung von Füllstand bzw Qualität von Motorenöl befassen.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13, da über einen Antrag nur insgesamt entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 bis 122, "Elektrisches Speicherheizgerät").

Kahr Niklas Jordan Schroeterbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 06.07.2000
Az: 15 W (pat) 47/98


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