Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 165/03

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2006, Az.: 26 W (pat) 165/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 301 62 734 TRU Touristik Reise Unionfür die Dienstleistungen

"39: Veranstaltung von Reisen; 41: kulturelle Aktivitäten;

42: Beherbergung von Gästen"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für u. a. für die Dienstleistungen

"Veranstaltung und Vermittlung von Reisen; Veranstaltung von Stadtbesichtigungen; Ausbildung, Erziehung, Unterricht, Fernkurse, Sprachunterricht, Filmproduktion, Filmvorführungen, Musikdarbietung; Beherbergung und Verpflegung von Gästen"

eingetragenen Marke 1 129 300 Grafik der Marke

.

Die Markenstelle hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz teilweise identischer und im engsten Ähnlichkeitsbereich liegender Dienstleistungen komme die Widerspruchsmarke auch bei zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter erhöhter Kennzeichnungskraft der angegriffenen Marke weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht verwechselbar nahe. Klanglich stünden sich die die Marken prägenden Buchstabenfolgen "TUI" bzw. "TRU" gegenüber, weil die angesprochenen Verkehrskreise die weiteren Wortbestandteile "Touristik Union International" bzw. "Touristik Reise Union" aufgrund ihrer beschreibenden Bedeutung zur Benennung der Marken nicht heranzögen. Bei den fraglichen Buchstabenfolgen handele es sich um sehr kurze Zeichen, die genauer erinnert würden und Unterschiede leichter erkennen ließen. Dies gelte sowohl bei einer Aussprache als Einzelbuchstaben, bei der die unterschiedliche Buchstabenabfolge und die unterschiedliche Buchstabenzusammensetzung sofort erfasst würden, als auch bei einer Aussprache als jeweils einheitliche Wörter. In schriftbildlicher Hinsicht trete zu den leicht erfassbaren Unterschieden zwischen "TRU" und "TUI" noch die grafische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke als weiteres Unterscheidungsmerkmal hinzu. Eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen sei nicht ersichtlich.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde, die sie trotz entsprechender Ankündigung in der Beschwerdeschrift nicht begründet hat. Auch Anträge hat sie nicht gestellt. Die Markeninhaberin, deren Vertretern die Beschwerde zugestellt worden ist, hat sich ebenfalls nicht zur Sache geäußert oder Anträge gestellt.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden erweist sich als unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht aus den von der Markenstelle zutreffend dargelegten Gründen nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Gefahr von Verwechslungen im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).

Im vorliegenden Fall besteht trotz Identität bzw. engster Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen und bei zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter, in Folge langjähriger und umfangreicher Benutzung erworbener erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht keine Verwechslungsgefahr, weil die sich gegenüberstehenden Marken in jeder maßgeblichen Richtung hinreichende Unterschiede aufweisen.

Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Deshalb sind die die im Einzelfall zu beurteilenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was allerdings nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH MarkenR 2005, 438, 400, Rdn. 28 f. - THOMSON LIFE). In ihrer Gesamtheit, d. h. unter Einbeziehung aller ihrer Einzelbestandteile, unterscheidet sich die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke in schriftbildlicher Hinsicht besonders durch den in der Widerspruchsmarke enthaltenen Bildbestandteil, der in der angegriffenen Marke keine Entsprechung findet, sowie durch die unterschiedliche Anordnung und Größe der einzelnen Markenelemente, weiterhin aber auch durch die deutlichen Unterschiede der hervorgehobenen bzw. am Anfang stehenden Bezeichnungen "TRU" und "TUI" hinreichend deutlich. Was eine Benennung der Marken betrifft, ist wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - davon auszugehen, dass sich der Verkehr insoweit wegen des dienstleistungsbeschreibenden Charakters und der Länge der übrigen Wortbestandteile in rechtserheblichem Umfang nur der Bestandteile "TRU" bzw. "TUI" bedient, die - unschwer als Abfolge der Anfangsbuchstaben der folgenden Markenwörter zu erkennen - innerhalb der Gesamtmarken eine selbständig kennzeichnende Stellung innehaben. Die Bezeichnungen "TRU" und "TUI" unterscheiden sich aber auch in klanglicher Hinsicht sowohl dann, wenn sie als eine Abfolge von Einzelbuchstabenabfolgen verstanden und ausgesprochen werden, als auch dann, wenn sie als Wörter angesehen und artikuliert werden, trotz der Übernahme der Buchstaben "T" und "U" von der älteren in die jüngere Bezeichnung deutlich genug voneinander; denn angesichts der Kürze der Bezeichnungen "TRU" und "TUI" fallen der Austausch des Buchstabens "I" gegen ein "R" sowie die Umstellung in der Buchstabenreihenfolge sowohl in klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht sofort ins Auge.

Auch für eine Verwechslungsgefahr unter anderen Gesichtspunkten sind keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich. Die Beschwerde der Widersprechenden muss daher erfolglos bleiben. Ein weiteres Zuwarten auf die Vorlage einer Beschwerdebegründung war nach Ablauf von mehr als zwei Jahren seit Einlegung der Beschwerde ebenso wenig erforderlich wie ein Hinweis auf das Bevorstehen einer Entscheidung des Senats (BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco).

Ein Anlass dafür, einer der Beteiligten des Beschwerdeverfahrens die Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG aufzuerlegen, liegt nicht vor.






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2006
Az: 26 W (pat) 165/03


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