Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 6/04

(BPatG: Beschluss v. 28.04.2005, Az.: 10 W (pat) 6/04)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderinnen gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die V... AG, die laut Eintragung im Handelsregister durch Vertrag vom Juni 1999 mit der jetzigen Anmelderin zu 1 gemäß § 2 Ziffer 1 UmwG verschmolzen ist, und die Anmelderin zu 2 haben am 12. Februar 1999 einen Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung "Balkongeländer" beim Patentamt eingereicht. Als Erfinder sind drei Arbeitnehmer der Anmelderin zu 1 sowie zwei Mitarbeiter der Anmelderin zu 2 benannt worden.

Im Juli 2003 informierte das Patentamt die gemeinsamen Vertreter der Anmelderinnen, dass die fällige 5. Jahresgebühr mit Zuschlag noch bis zum 1. September 2003 entrichtet werden könne. Die Einzahlung der Gebühr erfolgte erst am 27. September 2003.

Am gleichen Tag beantragten die Anmelderinnen die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die jetzige Anmelderin zu 1, die das Schutzrecht aufgeben wollte, habe im Jahr 2000 mit der Anmelderin zu 2 vereinbart, dass letztere die Anmeldung auch für die Anmelderin zu 1 und deren Erfinder weiterverfolgen solle. Im Jahr 2003 habe sich die Anmelderin zu 2 ebenfalls entschlossen, die Anmeldung aufzugeben. Trotz Hinweis der Vertreter, dass den Arbeitnehmer-Erfindern nach § 16 ArbEG diese Absicht mitgeteilt und eine Frist von 3 Monaten zwischen Mitteilung und Aufgabe des Schutzrechts hätten eingehalten werden müssen, seien versehentlich lediglich die an der Übertragung der Anmeldung nicht interessierten Erfinder der Anmelderin zu 2 benachrichtigt worden. Erst am 28. August 2003 seien die Miterfinder der Anmelderin zu 1 telefonisch informiert worden, ohne dass auf die am 1. September 2003 ablaufende Zahlungsfrist hingewiesen worden sei. Erst als die Miterfinder zu 1 am 23. September mitgeteilt hätten, sie würden die Anmeldung übernehmen, sei das Versäumnis aufgefallen und die Zahlung der 5. Jahresgebühr veranlasst worden.

Das Patentamt hat mit Beschluss vom 14. Oktober 2003 den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Anmelderinnen seien nicht verhindert gewesen, die Frist einzuhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderinnen, die beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.

Zur Begründung tragen die Anmelderinnen folgendes vor: Herr M..., einer der Miterfinder auf Seiten der Anmelderin zu 2, der bereits seit dem Jahr 2000 von seinem Arbeitgeber damit beauftragt gewesen sei, auch die Miterfinder der Anmelderin zu 1 über den Fortgang der Anmeldung zu informieren, sei Anfang 2003 angewiesen worden, die Miterfinder der Anmelderin zu 1 von der nunmehr auch von der Anmelderin zu 2 beabsichtigten Nichtweiterverfolgung der Anmeldung zu informieren, wobei dies unter Beachtung der Frist von drei Monaten nach § 16 Abs. 2 ArbEG vor Aufgabe des Schutzrechts zu geschehen habe. Die 5. Jahresgebühr habe daher nicht mehr bezahlt werden sollen. Daraufhin habe Herr M... lediglich den weiteren Miterfinder der Anmelderin zu 2, nicht aber die Arbeitnehmer der Anmelderin zu 1 unterrichtet. Als sich herausgestellt habe, dass die Frist des § 16 Abs. 2 ArbEG nicht mehr zur Verfügung stand, sei er von der Anmelderin zu 2 angewiesen worden, die Jahresgebühr einzuzahlen, sofern die Miterfinder der Anmelderin zu 1 an der Übertragung des Schutzrechts interessiert gewesen seien. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe Herr M... die entspre- chende Unterrichtung unterlassen und auch die Jahresgebühr nicht rechtzeitig entrichtet.

Der Beschwerdebegründung ist eine den Vortrag der Anmelderinnen bestätigende eidesstattliche Erklärung von Herrn M... beigefügt, der außerdem zu ent- nehmen ist, dass er seit 1995 bei der Anmelderin zu 2, zuletzt als Prokurist, tätig ist.

II Die Beschwerde der Anmelderinnen ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Anmelderinnen haben die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr mit Zuschlag versäumt. Die Angaben im Bescheid des Patentamts vom 9. Juli 2003 sind zutreffend. Danach endete die Frist zur Zahlung der am 28. Februar 2003 fälligen 5. Jahresgebühr am 30. April 2003 (§ 17 Abs 1 PatG iVm § 3 Abs 2 Satz 1, § 7 Abs 1 Satz 1 PatKostG). Mit Zuschlag konnte die Gebühr noch bis Montag, den 1. September 2003, bezahlt werden (§ 7 Abs 1 Satz 2 PatKostG iVm § 193 BGB). Die erst am 27. September 2003 erfolgte Zahlung der 5. Jahresgebühr war daher verspätet. Nach § 58 Abs. 3 PatG gilt die Patentanmeldung somit als zurückgenommen.

2. Die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr ist zulässig (§ 123 Abs. 2 PatG). Die zweimonatige Antragsfrist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 PatG für die wiedereinsetzungsfähige Zahlungsfrist ist eingehalten. Sie begann mit dem Anruf der Miterfinder der Anmelderin zu 1 am 23. September 2003. Der vier Tage später beim Amt eingegangene Wiedereinsetzungsantrag enthält eine im Kern schlüssige Darlegung der für Zulässigkeit und Begründetheit der Wiedereinsetzung relevanten Tatsachen. Der mit der Beschwerdebegründung geschilderte Sachverhalt erläutert dieses Vorbringen insbesondere im Bezug auf die Position und Handlungsweise des Miterfinder M... im Rahmen des bisherigen Tat- sachenvortrags und ist daher auch noch nach Ablauf der 2-Monatsfrist zu berücksichtigen (vgl Schulte, PatG, 7. Aufl, § 123 Rdn 40). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachgeholt worden.

3. Die Anmelderinnen waren jedoch nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr einzuhalten.

Im Innenverhältnis zwischen den Anmelderinnen hatte die Anmelderin zu 2 die Überwachung des Schutzrechts und die Unterrichtung der Miterfinder übernommen. Nach dem Vortrag der Anmelderinnen war die Angelegenheit zunächst pauschal auf den Mitarbeiter der Anmelderin zu 2, Herrn M..., übertragen worden, dem im Jahr 2003 dann im Einzelfall konkrete Anweisungen erteilt wurden.

Nach dem eigenen Vortrag der Anmelderinnen hat es Herr M... in der Folgezeit trotz Kenntnis von der Verpflichtung, alle Miterfinder von der beabsichtigten Aufgabe der Anmeldung zu unterrichten und von der in diesem Zusammenhang zu beachtenden dreimonatigen Frist des § 16 Abs. 2 ArbEG, zunächst versäumt, auch die Miterfinder der Anmelderin zu 1 rechtzeitig zu informieren. Als feststand, dass die 3-Monatsfrist nicht mehr eingehalten werden konnte und er angewiesen wurde, deshalb die Jahresgebühr noch einmal zu zahlen, sofern die Miterfinder der Anmelderin zu 1 an der Übertragung der Anmeldung interessiert wären, hat er es wiederum unterlassen, dies telefonisch abzuklären und dann ggf. die Jahresgebühr rechtzeitig zu überweisen. Sofern Herr M... - was im Sachvortrag letztlich unklar bleibt - dabei in seiner Eigenschaft als Prokurist gehandelt hat, war er nach § 49 HGB Bevollmächtigter der Anmelderin zu 2, so dass sein Verschulden dem Verschulden der Anmelderin zu 2 gleich steht (§ 85 Abs 2 ZPO) und somit eine Wiedereinsetzung ausscheidet. Auch im Fall, dass Herr M... in seiner Eigen- schaft als bloßer Mitarbeiter der Anmelderin zu 2 gehandelt hat, haben die Anmelderinnen nicht ohne Verschulden gehandelt. Denn der im Innenverhältnis verantwortlichen Anmelderin zu 2 muss vorgehalten werden, dass sie ihren Mitarbeiter nicht sorgfältiger überwacht hat, nachdem dieser bereits nicht den Anweisungen zu Beginn des Jahres 2003 gemäß gehandelt hatte und durch sein Fehlverhalten die dreimonatige Frist des § 16 Abs. 2 ArbEG nicht mehr zur Verfügung stand. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie nachprüfen müssen, ob er sodann weisungsgemäß die Interessenslage bei den Miterfindern der Anmelderin zu 1 abgefragt und ggf. dann rechtzeitig eine Überweisung der Jahresgebühr veranlasst hatte.

Schülke Rauch Martens Be






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