Landgericht München I:
Urteil vom 6. Oktober 2009
Aktenzeichen: 33 O 8501/09

(LG München I: Urteil v. 06.10.2009, Az.: 33 O 8501/09)

Tenor

I. Die einstweilige Verfügung vom 08.05.2009 wird bestätigt.

II. Der Antragsgegner trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Der Antragssteller macht im einstweiligen Verfügungsverfahren einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen einer aus seiner Sicht irreführenden und gegen die Regeln des GlüStV verstoßenden Jackpotwerbung gegen den Antragsgegner geltend.

Der Antragssteller ist ein unter dem Namen "Verband für ..." im Vereinsregister des AG Köln am 04.12.2008 eingetragener Verein (Anlage ASt 1), der in § 3 I 1. seiner Satzung (Anlage ASt 2) seinen Vereinszweck einleitend wie folgt definiert:

"Der Verein fördert insbesondere im Sinne der § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 UKlaG die gewerblichen oder selbständigen beruflichen Interessen seiner Mitglieder und von Personen, die sich unmittelbar oder mittelbar im Wirtschaftsbereich des Geschicklichkeits-, Gewinn- und Glücksspielwesens einschließlich Lotterien, Ausspielungen und Wetten (der "Vereinsinteressenbereich") betätigen und/oder betätigen wollen, unter Ausschluss von Interessen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind."

Zu seinen Mitgliedern gehören unter anderem die ... die ... ... die ..., die ... und die ... sowie der ... ... der ...

Der Antragsgegner veranstaltet durch die Staatliche Lotterieverwaltung im Freistaat Bayern öffentliches Glücksspiel, unter anderem die Lotterie 6 aus 49, und bedient sich zum Vertrieb seiner Produkte eines Annahmestellennetzes. Die einzelnen Annahmestellen werden von Handelsvertretern, die Erfolgsprovisionen für die vermittelten Glücksspielprodukte erhalten, betrieben.

Am 18.04.2009 fand sich vor der Annahmestelle ... der nachfolgend eingeblendete Aufsteller:

Tatsächlich belief sich der Jackpot seinerzeit auf EUR 10 Millionen.

Am 28.04.2009 enthielt der von der Annahmestelle ... verwendete Aufsteller folgende Angaben:

Tatsächlich belief sich der Jackpot zu diesem Zeitpunkt auf maximal EUR 1 Million.

Der Antragssteller ist der Auffassung, ihm stehe wegen dieser dem Antragsgegner zuzurechnenden irreführenden Werbung ein Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu. Es lägen Verstöße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 5 II 3 GlüStV sowie gegen §§ 3, 5 UWG vor, die dem Antragsgegner über § 8 II UWG ohne Exculpationsmöglichkeit zuzurechnen seien. Die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG sei deutlich überschritten. Der Verfügungsgrund sei gemäß § 12 II UWG gegeben.

Auf Antrag des Antragsstellers gemäß Schriftsatz vom 07.05.2009, bei Gericht eingegangen am 08.05.2009, hat die erkennende Kammer am 08.05.2009 die auf Bl. 21/26 d. A. befindliche Beschlussverfügung erlassen und mit dieser dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

"bei geschäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens bei der Werbung mit Höchstgewinnen (Jackpot) mit unrichtigen Gewinnhöhen zu werben und/oder werben zu lassen, insbesondere wie dies am 18.04.2009 in der Annahmestelle ... ... geschehen ist ... und/oder wie am 28.04.2009 in der Annahmestelle ... geschehen ist: ..."

Gegen diese dem Antragsgegner am 14.05.2009 zugestellte einstweilige Verfügung hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 18.06.2009 Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 29.07.2009 begründet.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, die einstweilige Verfügung sei zu Unrecht ergangen.

Dem Antragssteller fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Vorgehen gegen den Antragsgegner, denn er handele insoweit missbräuchlich, als er grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene, größtenteils vollständig illegal agierende Mitglieder vorgehe, sondern deren Wettbewerbsverstöße planmäßig dulde. Obwohl dem Antragssteller sämtliche Verstöße seiner Mitglieder zum Teil seit langem bekannt seien und er die Rechtswidrigkeit auch aus eigener Anschauung kenne, lasse er sie stets unbeanstandet und konzentriere sich stattdessen einzig darauf, in mittlerweile über 60 Verfahren gegen staatliche Lotteriegesellschaften und deren Annahmestellen vorzugehen. Ziel sei es dabei, die Regelungen des GlüStV ad absurdum zu führen, um € wie der Antragssteller selbst einräume € aufzuzeigen, dass dieses Gesetz mit seinen strengen Werbeanforderungen ungeeignet sei, die Monopolstellung des Staates im Glücksspielbereich zu bewahren. Dieses Verhalten sei rechtsmissbräuchlich und stehe dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis entgegen.

Ungeachtet dessen sei der Antragssteller nicht aktivlegitimiert, da nahezu sämtliche seiner Mitglieder illegal agierten, so dass es diesen aus Rechtsgründen verboten sei, als Wettbewerber des Antragsgegners aufzutreten. Dementsprechend könne auch der Antragssteller keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegen den Antragsgegner geltend machen.

Zudem lägen keine dem Antragsgegner zurechenbaren wettbewerbsrechtlich relevanten Verstöße vor. Was den Leiter der streitgegenständlichen Annahmestelle in W betreffe, habe dieser sämtliche Jackpot-Displays am Morgen des 18.04.2009 zutreffend eingestellt. Kein Kunde habe ihn auf die unterschiedlichen Zahlen in den Displays angesprochen. Aufgrund der Konstruktion der Displays sei es auch für Passanten und interessierte Kreise problemlos möglich, die im Display angegebene Zahl zu ändern. Weil eine solche Änderung aus "Spaß" in der Annahmestelle des Herrn K in der Vergangenheit bereits vorgekommen sei, kontrolliere dieser die Displays sogar mehrfach am Tag und korrigiere die ggf. angegebenen Zahlen.

Auch in der Annahmestelle R habe der dortige Leiter am 28.04.2009 kurz nach Ladenöffnung den Plakatständer mit dem Lotto-Jackpot-Aufsetzer eigenhändig an die Straßenecke vor seinem Ladengeschäft gestellt und im Display die Zahl "1" eingestellt. In der Annahmestelle sei mit der zutreffenden Zahl geworben worden, und kein Kunde habe Herrn R auf die Divergenz angesprochen.

In beiden Fällen sei auch ein versehentliches Falscheinstellen ausgeschlossen, da der Antragsgegner sämtliche Annahmestellen täglich über Annahmestellenterminal über die Höhe des gegenwärtigen und damit des einzustellenden Jackpots informiere.

Eine Umstellung durch Dritte sei weder den Annahmestellen noch dem Antragsgegner zuzurechnen.

Schließlich seien die behaupteten Verstöße auch unerheblich. Wettbewerberinteressen seien nicht beeinträchtigt, da es solche im terrestrischen Vertrieb nicht gebe. Auch seien unterstellte Verstöße bei lediglich zwei Annahmestellen unerheblich. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es dem Verkehr üblicherweise egal sei, ob der Jackpot 1 oder 3 Millionen EUR bzw. 10 oder 18 Millionen EUR betrage.

Der Antragsgegner beantragt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 08.05.2009 (Az: 33 O 8501/09) wird auf den Widerspruch des Antragsgegners aufgehoben, und der Antrag auf ihren Erlass vom 07.05.2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragssteller beantragt,

den Beschluss vom 08.05.2009 aufrechtzuerhalten.

Der Antragssteller verbleibt bei seiner Auffassung.

Soweit der Antragsgegner ein rechtmissbräuchliches Verhalten behaupte, werde auf das als Anlage ASt 13 vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K verwiesen, das diesem Vorwurf entgegenzuhalten sei. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass es einem klagebefugten Verband grundsätzlich nicht verwehrt sei, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber gerade nicht. Wie dem einzelnen Gewerbetreibenden auch, stehe es einem solchen Verband frei zu entscheiden, gegen wen er gerichtlich vorgehen wolle und gegen wen nicht. Eine unzumutbare Benachteiligung der angegriffenen Verletzer aus dem Deutschen Lotto Toto Block gegenüber anderen sei schon deshalb nicht gegeben, weil es diesen offenstehe, ihrerseits gegen angeblich gleichartige Verletzungshandlungen der dem Antragsteller angehörenden Mitglieder vorzugehen. Da im übrigen auch die Blockgesellschaften untereinander nicht gegen jeweilige Wettbewerbsverstöße vorgehen würden, würde dies niemand tun, wenn nicht der Antragssteller diese angreifen würde.

Der Antragssteller sei auch aktivlegitimiert. Seine Mitglieder seien einerseits bundesweit aktiv und insbesondere auch in Bayern und bemühten sich andererseits, Genehmigungen etwa für die gewerbliche Tätigkeit auch in Bayern einzuholen. Damit seien auch die Interessen der Mitglieder des Antragsstellers von den streitgegenständlichen Rechtsverletzungen betroffen.

Bei alledem sei zudem zu berücksichtigen, dass es neben dem Antragsgegner als dem marktbeherrschenden Monopolanbieter nur eine begrenzte Anzahl an Wettbewerben gebe.

Auch ein spürbarer Wettbewerbsverstoß liege vor. Weshalb Passanten die Einstellungen an den Displays verändert haben sollten, sei nicht nachvollziehbar. Auch seitens des Antragstellers seien an den Tafeln keine Veränderungen vorgenommen worden. Erheblichkeit liege vor, da die Höhe des Jackpots das Spielverhalten der Teilnehmer beeinflusse.

Ergänzend zum Tatbestand wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.10.2009 sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung der Kammer war gemäß §§ 936, 925 ZPO zu bestätigen, da Verfügungsanspruch und -grund nach wie vor gegeben sind.

33I. Der Antrag auf Erlass der streitgegenständlichen Verfügung ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann vorliegend nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten im Sinne von § 8 IV UWG ausgegangen werden, welches das Rechtschutzbedürfnis des Antragsstellers entfallen lassen könnte.

1. Nach der Kommentierung von Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 27. Auflage, § 8 UWG Rdnr. 4.21 ist es grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgeht, da es dem Inanspruchgenommenen freistehe, seinerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen. Dies gelte auch für einen Verband, der eine Rechtsfrage höchstrichterlich klären lassen wolle und dabei zunächst gegen einen Dritten und nicht auch gegen ein eigenes Mitglied vorgehe. Anders verhalte es sich € unter Verweis unter anderem auf die Entscheidung "Produktwerbung" des BGH in GRUR 1997, 681 €, wenn die Auswahl des Inanspruchgenommenen diskriminierend erfolge, was der Fall sei, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen Mitglieder vorgehe, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig dulde.

2. Die Ausführungen des BGH in der angeführten Entscheidung (noch zu § 13 V UWG a. F.) machen allerdings deutlich, dass es sich bei letztgenannten um Fälle handeln muss, denen besondere Umstände zugrunde liegen, die die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen. So heißt es in der Entscheidung:

"Darüber hinaus kann der Einwand dem Kl. aber auch deshalb nicht entgegengehalten werden, weil im Streitfall ... Interessen der Allgemeinheit berührtwerden ... Einem nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es in einem solchen Falle grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber nicht; die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will ... Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen € etwa deshalb, weil nunmehr allein er die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse € ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen ... Besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen ..., die im Streitfall eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich. ... An hinreichenden Anhaltspunkten, die ein planmäßiges Dulden des unlauteren Wettbewerbs der eigenen Mitglieder durch den Kl. belegen, fehlt es."

3. Demnach sind insbesondere in den Fällen, in denen Interessen der Allgemeinheit betroffen sind, die Anforderungen an die Bejahung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sehr hoch. Andernfalls würde ein an sich wettbewerbswidriges Verhalten des Verletzers unbeanstandet bleiben, und dieser könnte sein rechtswidriges Verhalten zu Lasten der Allgemeinheit fortsetzen.

4. Auch im vorliegenden Fall sind vornehmlich die Interessen der Allgemeinheit betroffen, die vor der streitgegenständlichen irreführenden Bewerbung von Glücksspielangeboten mit unzutreffenden Angaben über die Höhe des Jackpots geschützt werden sollen. Wie wichtig dem Gesetzgeber der Informationsgehalt der Werbung im Glücksspielbereich und damit insbesondere die Richtigkeit der so vermittelten Informationen ist, hat er in dem hier einschlägigen § 5 des GlüStV ausdrücklich betont.

395. Angesichts dieser gesetzlichen Vorgaben kann nur demjenigen ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen zur Last gelegt werden, bei dem besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, es gehe ihm nicht um das Unterbinden des wettbewerbswidrigen Verhaltens, sondern darum, Sanktionen gegen den Antragssteller zu erwirken. Solche besonderen Umstände liegen hier jedoch nicht vor:

a) Zwar mag es zutreffen, dass auch seitens der Mitglieder des Antragsstellers Wettbewerbsverstöße und Verstöße gegen den GlüStV begangen werden. Von einem planmäßigen Dulden dieser Verstöße durch den Antragssteller kann jedoch € jedenfalls derzeit € nicht ausgegangen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich beim Antragssteller ausweislich Anlage ASt 1 um einen Verein handelt, der erst am 04.12.2008 im Vereinsregister eingetragen wurde. Die Zeitspanne seiner Tätigkeit ist daher bereits zu kurz, um diesem ein planmäßiges Wegschauen hinsichtlich etwaiger wettbewerbswidriger Aktivitäten seiner Mitglieder unterstellen zu können.

b) Darüber hinaus würde dieses unterstellte Wegschauen auch nicht dazuführen, dass die Mitglieder nunmehr unter einem besonderen Schutz vor Verfolgung stünden, denn selbstverständlich steht es dem Antragsgegner und den übrigen Blockgesellschaften ihrerseits frei, das im Rahmen dieses Rechtsstreits so akribisch aufgelistete, als wettbewerbswidrig beurteilte Verhalten der Mitglieder des Antragsstellers zu verfolgen und entsprechende Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

42c) Schließlich sind vorliegend die Besonderheiten des Glücksspielmarktes festzustellen. Der Antragsgegner geht selbst davon aus, dass legales Glücksspiel (im hier maßgeblichen Bereich) derzeit im Wesentlichen nur durch die Blockgesellschaften des Deutschen Lotto Toto Blocks angeboten wird, so dass es ohne die in den Glücksspielmarkt drängenden Mitglieder des Antragsstellers und diesen selbst keine wettbewerbsrechtliche Kontrolle des Außen- und insbesondere Werbeauftritts der Blockgesellschaften gäbe. Dies wiederum würde sich letztlich allein zu Lasten des Verbrauchers auswirken, der jedoch gerade durch die strengen Regelungen des GlüStV geschützt werden soll.

II. Es besteht auch nach wie vor ein Verfügungsgrund. Dieser ist gemäß § 12 II UWG zu vermuten. Dringlichkeitsschädliches Verhalten seitens des Antragsstellers liegt nicht vor.

III. Der geltend gemachte Verfügungsanspruch folgt aus §§ 8 I, II, III Nr. 2, 3 I, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 5 II GlüStV bzw. § 5 I 1, 2 Nr. 1 UWG. Die streitgegenständliche Jackpot-Werbung war unstreitig falsch und daher irreführend. Für diese sind die Annahmestellen auch verantwortlich, was dem Antragsgegner zuzurechnen ist. Gründe, die zur Verneinung der Erheblichkeit der Verstöße führen könnten, liegen nicht vor.

1. Der Antragssteller ist aktivlegitimiert im Sinne von § 8 III Nr. 2 UWG.

a) Der Antragssteller ist am 04.12.2008 ins Vereinsregister des AG Köln eingetragen worden, so dass von seiner Rechtsfähigkeit auszugehen ist.

b) Die übrigen Voraussetzungen des § 8 III Nr. 2 UWG hat der Antragssteller glaubhaft gemacht.

(i) Der in § 3 der als Anlage ASt 2 vorgelegten Satzung dargestellte Vereinszweck genügt den Anforderungen des § 8 III Nr. 2 UWG. Dass der Antragssteller diesem Zweck nicht gerecht wird, ist nicht ersichtlich, sondern wird im Gegenteil bereits durch die gerichtliche Inanspruchnahme des Antragsgegners im vorliegenden wie in anderen Fällen wegen behaupteter Wettbewerbsverstöße im Glückspielbereich bestätigt.

(ii) Glaubhaft gemacht ist auch, dass dem Antragssteller eine im Sinne von § 8 III Nr. 2 UWG erhebliche Zahl der dort genannten Unternehmen angehört.

(1) Aus den von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen gemäß Anlagen ASt 3 sowie ASt 14, 15, 17, 22, 23, 24, 25, 27, 28 und 31 ergibt sich, dass ihr jedenfalls die ... die ..., die ... die ..., der ... e. V., die ... GmbH, die ... die ..., die ... GmbH und die ... angehören.

(2) Bei diesen Unternehmen handelt es sich entsprechend den Bekundungen in den genannten eidesstattlichen Versicherungen um Unternehmen, die unter anderem in Bayern teils selbst Glücksspiel anbieten, teils als Vermittler auftreten, teils über eine Genehmigung verfügen, teils diese erst erstreiten wollen.

(3) Dass es sich bei den angebotenen bzw. vermittelten Glücksspielen zum großen Teil um Sportwetten handelt, ist unerheblich, denn auch die Anbieter/Vermittler dieser Glücksspielprodukte sind auf demselben Markt tätig wie der Antragsgegner. Auch Sportwetten und Lotterien stehen in Konkurrenz zueinander und sprechen die gleichen Kundengruppen an (wie auch das insoweit übergreifende Glücksspielangebot des Antragsgegners verdeutlicht).

(4) Angesichts der Anzahl der dargestellten Unternehmen ist das Erfordernis der in § 8 III Nr. 2 genannten "erheblichen Anzahl" erfüllt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung dieser Frage nicht auf eine Mindestzahl abgestellt werden kann. Ausreichend ist, dass durch den Antragssteller Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen ausgeschlossen werden kann (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 8 UWG, Rdnr. 3.42 m. w. N.). Da für letzteres keine bzw. keine ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen und auch der Antragsgegner kein auf dem relevanten Markt maßgebliches Unternehmen benannt hat, welches € außer dem Antragsgegner € nicht Mitglied des Antragsstellers ist, ist von der geforderten erheblichen Anzahl auszugehen. Dem steht im übrigen auch nicht entgegen, dass das eigentliche politische Ziel des Antragsstellers darin besteht, den Glücksspielstaatsvertrag zu Fall zu bringen. Dieses Ziel allein begründet jedenfalls nicht die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbands.

(5) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners haben bei der Beurteilung der Mitgliedsstärke des Antragsstellers auch nicht die Unternehmen außer Betracht zu bleiben, die derzeit ihre Betätigung eingestellt haben oder vermeintlich illegal Glücksspiel anbieten. Auch bei diesen Unternehmen handelt es sich um zumindest potentielle Wettbewerber des Antragsgegners, was für deren eigene Aktivlegitimation ausreichen würde (Köhler a. a. O., Rdnr. 3.27) und sich daher mittelbar auf die Antragsbefugnis des Antragsstellers auswirkt.

(6) Schließlich ist auch durch die als Anlage ASt 3 vorgelegte eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass der Antragssteller personell, sachlich und finanziell in der Lage ist, seinem Verbandszweck entsprechend tätig zu werden.

562. Die streitgegenständliche Jackpotwerbung war irreführend. Unstreitig waren die Angaben auf den streitgegenständlichen Displays unzutreffend, was die Höhe des seinerzeit aktuellen Jackpots anbelangte. Ob darüber hinaus in den betroffenen Annahmestellen gleichzeitig auch weitere zutreffende Informationen über die Jackpot-Höhe veröffentlicht wurden, ist unerheblich, ebenso wie der Umstand, ob die Annahmestellenleiter von Kunden auf etwaige Divergenzen angesprochen wurden oder nicht. Ausreichend ist, dass die hier streitgegenständlichen Displays objektiv falsche Angaben enthielten und diese ohne weiteres vom angesprochenen Verkehr € den potentiell am Glückspiel interessierten volljährigern Verbrauchern € wahrgenommen werden konnten und dadurch Einfluss auf die Entscheidung, ob etwas und wie viel für eine Lottospiel-Teilnahme investiert werden sollte, haben konnten.

573. Für diese irreführende Werbung, die sowohl gegen § 5 I 1, 2 Nr. 1 UWG als auch gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 5 II GlüStV verstößt, sind die Leiter der beiden betroffenen Annahmestellen verantwortlich.

a) Es kann dahinstehen, ob aufgrund der als Anlagen CBH 1 und 2 vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen tatsächlich ausgeschlossen ist, dass diese versehentlich die falschen Zahlen auf den streitgegenständlichen Displays eingestellt haben. Dabei wäre zu bedenken, ob es wahrscheinlich ist, dass man € im Falle des Herrn ... knappe drei Wochen bzw. € im Falle des Herrn ... mehr als drei Monate nach den jeweiligen Vorfällen noch mit Sicherheit ausschließen kann, einen Fehler gemacht zu haben.

b) Selbst wenn man aber unterstellt, dass die Zahlen von Dritten verändert wurden, sind die Annahmestellenleiter nach der Rechtsprechung des BGH hierfür verantwortlich. So führt der BGH in der Entscheidung "Jugendgefährdende Medien bei eBay" € GRUR 2007, 890 ff € aus (Rz. 22):

"Derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihm zurechenbaren Weise die Gefahr eröffnet, dass Dritte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, die durch das Wettbewerbsrecht geschützt sind, kann eine unlautere Wettbewerbshandlung begehen, wenn er diese Gefahr nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzt."

c) So ist es hier: beide Annahmestellenleiter haben die streitgegenständlichen Displays mit den Angaben zur Jackpot-Höhe so aufgestellt, dass es Dritten möglich war, die dortigen Zahlenangaben zu ändern und dadurch eine Irreführung der Verbraucher herbeizuführen. Selbst wenn man zu deren Gunsten unterstellt, diese hätten mehrfach überprüft, ob die Displays unverändert sind, genügte dies nicht. Allein der Umstand, dass die Schilder außerhalb des unmittelbaren Kontrollbereichs des verantwortlichen Annahmestellenleiters oder seiner Angestellten aufgestellt waren, war ursächlich für die Möglichkeit der Irreführung der Verbraucher, zumal € wie der Antragsgegner durch Vorlage einer entsprechenden Tafel selbst belegt hat € die Veränderung der Zahlenangaben auf der Tafel ohne weiteres und schnell möglich ist.

4. Diese Verletzungshandlungen sind dem Antragsgegner über § 8 II UWG zuzurechnen. Die die Annahmestellen leitenden Handelsvertreter sind Beauftragte im Sinne der Vorschrift (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 8, Rdnr. 2.45).

5. Die irreführenden Werbeangaben waren schließlich auch geeignet, die Interessen insbesondere der Verbraucher spürbar im Sinne von § 3 I UWG zu beeinträchtigen.

a) Unerheblich ist dabei zunächst, ob die weiteren Informationen über die Jackpot-Höhe in den betroffenen Annahmestellen zutreffend waren, da hierdurch nicht sichergestellt wäre, dass eine einmal beim Verbraucher bewirkte Fehlvorstellung über die tatsächliche Höhe des Jackpots erfolgreich korrigiert worden wäre.

65b) Auch kommt es nicht darauf an, dass die Verstöße nur in zwei Annahmestellen vorgekommen sein mögen. Allein die Zahl potentieller Interessenten, die von diesen beiden Annahmestellen beeinflusst werden konnten, ist angesichts der Lage in der Würzburger und Münchner Innenstadt so groß, dass nicht mehr von einem wettbewerbsrechtlich zu vernachlässigenden Verhalten ausgegangen werden kann.

c) Soweit der Antragsgegner schließlich sinngemäß geltend macht, dass dem Verkehr die Unterschiede in der Jackpot-Höhe egal seien, verwundert dies angesichts des eigenen Werbeverhaltens des Antragsgegners, der € wie die Größe der Jackpotangaben zeigt € prominent mit der Höhe des jeweils aktuellen Jackpots auf sein Glücksspielangebot aufmerksam macht. Dies wäre unsinnig, wenn dies für den Verbraucher nicht von Bedeutung für seine Spielentscheidung wäre.

6. Mangels Abgabe einer die Wiederholungsgefahr ausräumenden strafbewehrten Unterlassungserklärung steht dem Antragssteller somit der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 I UWG zu, so dass die einstweilige Verfügung zu bestätigen war.

IV. Der Antragsgegner hat gemäß § 91 ZPO als Unterlegener auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.






LG München I:
Urteil v. 06.10.2009
Az: 33 O 8501/09


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