Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2009
Aktenzeichen: 10 W (pat) 47/06

(BPatG: Beschluss v. 17.12.2009, Az.: 10 W (pat) 47/06)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts -Prüfungsstelle für Klasse A 61 K -vom 12. Juni 2006 aufgehoben. Der Patentinhaberin wird Wiedereinsetzung in die Frist zur zuschlagfreien Zahlung der 9. Jahresgebühr gewährt.

Gründe

I.

Auf die am 23. Juni 1997 eingereichte Anmeldung wurde der Patentinhaberin mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent 0 907 628 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichen Chinon-Derivaten" erteilt, das beim Deutschen Patentund Markenamt unter dem Aktenzeichen 697 06 681.9 geführt wird.

Mit Bescheid vom 2. November 2005 ("Wichtige Mitteilung!") wies das Patentamt auf den Fristablauf für die Zahlung der 9. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag (290,-€ plus 50,-€, insgesamt 340,-€) am 2. Januar 2006 hin. Das Patentamt vermerkte im Februar 2006 in der Akte, dass das Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen ist und wies die Patentinhaberin hierauf mit Bescheid vom 12. April 2006 hin.

Bereits am 23. März 2006 hat die Patentinhaberin Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Entrichtung der 9. Jahresgebühr mit Zuschlag beantragt (zugleich auch für zwei weitere Patente, die Gegenstand der parallelen Beschwerdeverfahren 10 W (pat) 48/06 und 10 W (pat) 49/06 sind) und die Gebühr gezahlt. Ursache für die Versäumung der Frist zur zuschlagfreien Zahlung sei ein Fehler eines Mitarbeiters im Büro der amerikanischen Einzahlungsfirma ... gewesen. Zudem sei die Gebührenmitteilung des Patentamts nicht von dem für die Verwaltung von Jahresgebühren zuständigen Mitarbeiter der Patentinhaberin an die Einzahlungsfirma weitergeleitet worden, so dass auch die Frist zur Zahlung mit Verspätungszuschlag versäumt worden sei.

Die Life Science-Sparte der Patentinhaberin einschließlich des bestehenden Patentportfolios, wozu auch das vorliegende Patent gehöre, sei im Jahre 2001 von der Firma A... übernommen worden. Im Zuge dieser Über nahme sei vereinbart worden, dass die A... von nun an die Verwaltung und Zahlung der Jahresgebühren der Patente der Patentinhaberin übernehme. Seit 2001 beauftrage die A... hierfür die US-Einzahlungsfirma M... einmal pro Quartal, die jeweils im nächsten Quartal fälligen Jahresgebühren für sie bei den entsprechenden Patentämtern weltweit fristgerecht einzuzahlen. Bei der A... sei seit Februar 2005 deren Mitar beiter T... für die Verwaltung der Jahresgebühren der Patente dieser Firma sowie der Patentinhaberin verantwortlich. In dieser Funktion habe Herr S... , der seit dem Jahr 2001 bei A... beschäftigt sei und in der Vergangenheit die ihm übertragenen Tätigkeit stets zuverlässig und gewissenhaft erledigt habe, im ersten Quartal 2005 die Einzahlungsfirma M... beauf tragt, eine Reihe von im zweiten Quartal fälligen Jahresgebühren, einschließlich der 9. Jahresgebühr für das vorliegende deutsche Patent, fristgerecht zu entrichten. Von dem in der Buchhaltungsabteilung der Einzahlungsfirma beschäftigten Mitarbeiter D... habe Herr S... im März 2005 die schriftliche Bestäti gung sowie die Mitteilung erhalten, dass die Zahlung der Jahresgebühren so lange ausgesetzt werde, bis der Betrag der betreffenden Jahresgebühren dem Konto der Einzahlungsfirma gutgeschrieben sei. Diese Gutschrift sei am 18. Juli 2005 erfolgt. Entgegen der Praxis und den geltenden Anweisungen habe Herr B... nach Eingang des Geldes nicht die für Zahlung der Jahresgebühren zuständige Abteilung der Einzahlungsfirma hiervon in Kenntnis gesetzt, so dass die Zahlung der Jahresgebühr innerhalb der Frist zur zuschlagfreien Zahlung nicht erfolgt sei.

Als Herr S... im Juli 2005 eine erste Mitteilung erhalten habe, dass eine Jahres gebühr aus der Gruppe der im ersten Quartal 2005 in Auftrag gegebenen Jahresgebühren nicht fristgerecht bezahlt worden sei, habe er sich unmittelbar mit der Einzahlungsfirma in Verbindung gesetzt, um den Sachverhalt zu klären. Von Herrn B... habe er die Information erhalten, dass seine Zahlungsanweisungen für das zweite Quartal einschließlich der dafür zu entrichtenden Gelder von der Einzahlungsfirma empfangen worden seien. Es dauere teilweise länger, bis die Zahlungen bei den jeweiligen Patentämtern verbucht worden seien, Herr S... brauche nichts weiter zu unternehmen. Herr S... habe daraufhin auch die später einge gangene Gebührenmitteilung des Patentamts vom November 2005 für das vorliegende Patent in der Akte abgelegt, obwohl er darüber unterrichtet gewesen sei, M... zu informieren, wenn Mitteilungen von Nichtzahlungen oder Erinnerungen an Arkion gesendet werden. Anlässlich von Lizenzverhandlungen, die sich auch auf das vorliegende Patent erstreckt haben, habe Herr S... im Januar 2006 die In formation erhalten, dass die 9. Jahresgebühr nicht entrichtet worden sei. Dem Vortrag der Patentinhaberin ist eine eidesstattliche Versicherung von Herrn S... beigefügt.

Das Deutsche Patentund Markenamt -Prüfungsstelle für Klasse A 61 K -hat durch Beschluss vom 12. Juni 2006 den Antrag der Patentinhaberin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dem Vortrag der Patentinhaberin sei nicht zu entnehmen, wann genau die Patentinhaberin von der Nichtzahlung der Gebühr erfahren habe, so dass offen bleiben müsse, ob der Antrag fristgerecht innerhalb der Zweimonatsfrist gestellt worden sei. Gehe man dennoch zugunsten der Patentinhaberin von einer fristgerechten Antragstellung aus, so habe der Antrag aber in der Sache keinen Erfolg, da die Fristversäumung nicht als unverschuldet angesehen werden könne. Es liege ein Fehler in der Büroorganisation der Patentinhaberin vor, wenn einem erst seit Februar 2005 für die Kontrolle und Überwachung von Jahresgebühren von Patenten zuständigen Mitarbeiter die volle Verantwortung ohne stichprobenartige Überprüfung seiner Tätigkeit übertragen werde. Denn mit Eingang der Gebührenmitteilung des Patentamt vom 2. November 2005 sei die Patentinhaberin unmittelbar darauf hingewiesen worden, dass bisher keine Zahlung erfolgt sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt, bei dem noch ausreichend Zeit für eine fristgerechte Erledigung bestanden habe, hätte es einer tiefer gehenden Überprüfung der Angaben bedurft. Schließlich könnten Ablageoder Übertragungsfehler nie ganz ausgeschlossen werden. Insoweit hätte es der der erneuten Kontrolle aller Vorgänge in dem betreffenden Patent bedurft, um die Richtigkeit der Angaben festzustellen und erforderlichenfalls noch innerhalb der angegebenen Frist handeln zu können.

Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Antrag der Patentinhaberin vom 23. März 2006 auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Entrichtung der 9. Jahresgebühr mit Zuschlag stattzugeben.

Seit 2001 beauftrage die Firma A... die US-Einzahlungsfirma M... einmal pro Quartal, die während des nächsten Quar tals fälligen Jahresgebühren für sie bei den entsprechenden Patentämtern weltweit einzuzahlen. Herr S... übermittle dabei die Details aller Patente bzw. Pa tentanmeldungen, für die im folgenden Quartal Jahresgebühren zu entrichten seien. Für die ihm übertragene Tätigkeit sei Herr S... über mehrere Monate hin weg von seinem Vorgänger sowie begleitend durch einen die A... betreuenden externen US-Patentanwalt eingearbeitet und geschult worden. Ferner sei die Tätigkeit von Herrn S... auch nach der Einarbeitung regelmäßig überwacht worden. So sei z.B. quartalsweise eine Überwachung durch ein dreiköpfiges Team erfolgt, das den Präsidenten der A... sowie den externen US-Patentanwalt umfasst habe. Dabei habe sich gezeigt, dass Herr S... die ihm übertragenen Tätigkeiten stets zuverlässig und gewissenhaft erle digt habe. Die Nichtzahlung der 9. Jahresgebühr innerhalb der zweimonatigen Zahlungsfrist ohne Zuschlag beruhe darauf, dass Herr B... als Mitarbeiter der Einzahlungsfirma trotz Eingang des Geldes diesen Zahlungseingang nicht an die zuständige Abteilung weitergeleitet habe. Die Nichtzahlung innerhalb der zuschlagpflichtigen Nachfrist basiere auf dem Verhalten von Herrn S..., der in Ab weichung von den generellen Anweisungen die Gebührenmitteilung des Patentamts lediglich bei seinen Unterlagen abgelegt habe, ohne die Einzahlungsfirma nochmals zu kontaktieren. Die Beweggründe von Herrn S..., vom üblichen Vor gehen abzuweichen und die Einzahlungsfirma nicht abermals zu kontaktieren, ließen sich nicht ermitteln. Der Fehler der Nichtzahlung der 9. Jahresgebühr sei anlässlich von Lizenzverhandlungen bemerkt worden, während derer Herr S... am 24. Januar 2006 den Status des Patents untersucht und am 25. Januar 2006 von M... die Information erhalten habe, dass die Jahresgebühr nicht entrichtet worden sei. Die Patentinhaberin hat im Beschwerdeverfahren eine ergänzende eidesstattliche Versicherung von Herrn S..., sowie das Original der ersten eidesstattlichen Versicherung und deren Übersetzung eingereicht.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Patentinhaberin kann, jedenfalls nach ihrem im Beschwerdeverfahren zulässigerweise ergänzten Vortrag, die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der 9. Jahresgebühr gewährt werden, und zwar bereits in die Frist zur zuschlagfreien Zahlung.

1.

Der Senat hat angesichts der bestehenden Entscheidungsreife der Sache von einer Zurückverweisung gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG abgesehen und in der Sache selbst entschieden, obwohl das Verfahren vor dem Patentamt an einem wesentlichen Mangel leidet. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG ist für alle Angelegenheiten, die die erteilten Patente betreffen, die Patentabteilung zuständig, unterzeichnet ist der Beschluss aber von einer Prüferin unter der Angabe "Prüfungsstelle für Klasse A 61 K", mithin durch einen unzuständigen Spruchkörper. Zwar können gemäß § 27 Abs. 4 PatG alle Angelegenheiten der Patentabteilung, mit Ausnahme der Beschlussfassung über die Aufrechterhaltung, den Widerruf oder die Beschränkung des Patents, vom Vorsitzenden der Patentabteilung allein bearbeitet oder einem technischen Mitglied der Abteilung übertragen werden, mithin auch die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag zu einem erteilten Patent. Soweit eine solche Übertragung erfolgt sein sollte -in der Akte findet sich lediglich eine Verfügung des Leiters der Hauptabteilung 1, nicht des Vorsitzenden der zuständigen Patentabteilung -, ändert dies aber nichts daran, dass die Entscheidung durch die "Patentabteilung" zu erfolgen hat, was bei der Bezeichnung des Spruchkörpers zum Ausdruck kommen muss.

2.

Die Patentinhaberin hat die Frist zur Zahlung der 9. Jahresgebühr mit Zuschlag, die nach Art. II § 7 IntPatÜG i. V. m. § 17 Abs. 1 PatG zu zahlen ist, versäumt. Diese ist gemäß § 3 Abs. 2 PatKostG am 30. Juni 2005 fällig gewesen und konnte gemäß § 7 Abs. 1 PatKostG bis 31. August 2005 zuschlagfrei, bis 2.

Januar 2006 (der 31. Dezember 2005 war ein Samstag) mit Zuschlag entrichtet werden. Die Zahlung ist erst am 23. März 2006 erfolgt und damit verspätet, was zum Erlöschen des Patents führt, § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG.

3.

Der wegen Versäumung der Zahlungsfrist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung, der wörtlich zwar nur für die Zahlungsfrist mit Verspätungszuschlag gestellt ist, dem Vortrag nach konkludent aber auch bereits die zuschlagfreie Zahlungsfrist umfasst, ist zulässig.

a. Der Wiedereinsetzungsantrag betrifft, auch soweit er sich auf die Frist zur zuschlagfreien Zahlung der 9. Jahresgebühr bezieht, eine Frist i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, und ist damit statthaft. Der Eintritt der Fälligkeit des Verspätungszuschlags stellt nicht bloß einen Kosten-, sondern auch einen Rechtsnachteil dar (vgl. Benkard, PatG. 10. Aufl., § 123 Rdn. 7; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rdn. 59 unter 3.). Dass auch die sich anschließende Zahlungsfrist mit Verspätungszuschlag versäumt worden ist, die einen gravierenderen Rechtsnachteil, nämlich den Verlust des Patents, mit sich bringt, stellt das Rechtsschutzbedürfnis für den Wiedereinsetzungsantrag in die Frist zur zuschlagfreien Zahlung nicht in Frage. Wenn nämlich Wiedereinsetzung in die Frist zur zuschlagfreien Zahlung gewährt werden kann, ist als Folgewirkung auch der Verlust des Patents hinfällig.

b. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch im übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG eingehalten. Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn der Säumige oder sein Vertreter bei der Aufwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. Schulte, a. a. O., § 123 Rdn. 27). Auf die Inlandsvertreter der Patentinhaberin, denen die Gebührenmitteilung des Patentamts vom 2. November 2005 übersandt worden ist, kommt es insoweit im vorliegenden Fall nicht an, denn diese waren nicht mit der Überwachung und Zahlung der Jahresgebühren beauftragt (vgl. Benkard, a. a. O., § 123 Rdn. 54; BPatGE 13, 87, 91/92). Hindernis für die rechtzeitige Zahlung der 9. Jahresgebühr innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist war die vertragswidrige Untätigkeit der US-Einzahlungsfirma ..., von der die Patentinhaberin bzw. die für sie in der Jahresgebührenverwaltung als Vertreter handelnde Firma A... am 25. Januar 2006 anlässlich von Lizenzverhandlungen Kenntnis erhalten hat; insoweit hat die Patentinhaberin ihren bisherigen Vortrag, der sich allein auf die Monatsangabe beschränkte, im Beschwerdeverfahren zulässigerweise präzisiert und glaubhaft gemacht. Hiervon ausgehend ist der am 23. März 2006 gestellte Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig gewesen.

Dass der bei der A... angestellte Herr S... zu einem frühe ren Zeitpunkt, nämlich mit Erhalt der Gebührenmitteilung des Patentamts im November 2005, hätte erkennen können, dass die 9. Jahresgebühr innerhalb der Frist zur zuschlagfreien Zahlung von der Einzahlungsfirma nicht gezahlt worden ist, kann der Patentinhaberin nicht zugerechnet werden, da er nur Hilfsperson, kein Vertreter im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO ist. Insoweit ist auch kein eigenes Verschulden der Patentinhaberin in Form eines Auswahl-, Unterweisungsoder Überwachungsverschulden feststellbar. Vielmehr ist insoweit vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass es sich bei Herrn S... um einen bereits seit mehreren Jahren in der Firma beschäftigten Mitarbeiter handelt, der seine Aufgaben stets zuverlässig und gewissenhaft erledigt habe, der eingehend in sein neues Aufgabengebiet eingewiesen und auch nach der Einarbeitung regelmäßig überprüft worden sei. Insbesondere war er auch über die Notwendigkeit unterrichtet gewesen, die Einzahlungsfirma zu informieren, wenn Mitteilungen über Nichtzahlungen oder Erinnerungen bei A... eingehen.

c. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 123 Abs. 2 PatG sind ebenfalls eingehalten. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen. Die versäumte Handlung, die Zahlung der 9. Jahresgebühr, ist gleichzeitig mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und damit rechtzeitig erfolgt. Die vorgetragenen Tatsachen sind glaubhaft gemacht worden.

4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Die Patentinhaberin hat in glaubhafter Weise dargetan, dass sie die Frist zur zuschlagfreien Zahlung der 9. Jahresgebühr ohne Verschulden versäumt hat. Es trifft weder sie selbst ein Verschulden noch liegt ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihrer Vertreter vor.

Die Patentinhaberin hat sich bei der Verwaltung des Patents der Firma A... als Vertreter bedient, die wiederum eine Gebührenzahlungsfirma, nämlich die Firma M..., mit der Einzahlung beauftragt hat. Das Fehlverhalten die ser Einzahlungsfirma bzw. deren Mitarbeiters Herrn B..., das zur Versäumung der Frist zur zuschlagfreien Zahlung geführt hat, ist der Patentinhaberin nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbar, denn die Einzahlungsfirma ist nur Hilfsperson (vgl. BPatGE 18, 196). Nachdem diese bereits seit 2001 unbeanstandet für die A... die Einzahlungen quartalsweise nach einem eingespielten Ablauf übernommen hat, durfte die A... darauf vertrauen, dass die Einzahlungsfirma, nachdem sie am 18. Juli 2005 den für die Gebührenzahlung erforderlichen Betrag erhalten hatte, die notwendigen Zahlungen vornehmen werde. Ein Organisationsverschulden der Patentinhaberin oder der A... ist insoweit nicht feststellbar.

Auch ein Verschulden der Inlandsvertreter der Patentinhaberin ist nicht erkennbar. In Fällen, in denen ein Vertreter nicht mit der Einzahlung von Jahresgebühren beauftragt ist, genügt er nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Senatsbeschluss vom 22. Februar 2007, 10 W (pat) 47/05; BPatGE 13, 87, 93/94) seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht dadurch, dass er den Anmelder bzw. Patentinhaber auf die Notwendigkeit und die Frist zur Gebührenzahlung sowie auf die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Zahlung hinweist, er muss nicht selbst die Zahlung bewirken oder die Frist hierfür überwachen. Dieser Verpflichtung sind die Inlandsvertreter durch die Weiterleitung der Gebührenmitteilung des Patentamts vom November 2005 an die Patentinhaberin nachgekommen.

Da die Patentinhaberin alles Erforderliche veranlasst hat, damit die Zahlung der 9. Jahresgebühr noch im Juli 2005 erfolgen konnte, ist bereits die Frist zur zuschlagfreien Zahlung, die am 31. August 2005 geendet hast, ohne Verschulden versäumt worden, so dass dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben war.

Schülke Püschel Martensprö






BPatG:
Beschluss v. 17.12.2009
Az: 10 W (pat) 47/06


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