Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 76/00

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2000, Az.: 26 W (pat) 76/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Dezember 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin hat die Bezeichnung Starals Marke für die Dienstleistungen

"Verlegung von Kabeln, insbesondere für Telekommunikationszwecke in Abwasserkanälen aller Art; Wartung von Abwasserkanälen, insbesondere Inspektion, Reinigung der Kanäle, Dichtigkeitsprüfungen, Durchführung von Sanierungsmaßnahmen;

Ingenieurarbeiten eines Elektro- und Bauingenieurs; Dienstleistungen eines Architekten"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Bezeichnung bestehe ausschließlich aus einer beschreibenden, freihaltungsbedürftigen Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Das englische Wort "Star" habe zwar ursprünglich "Stern" bedeutet. In der Folgezeit sei es aber zunächst als Bezeichnung für eine gefeierte Bühnen- oder Filmgröße, später auch in Verbindung mit Berufsbezeichnungen wie "Staranwalt", "Starfotograf" etc verwendet worden. In zunehmendem Maße habe es aber sowohl in Alleinstellung als auch in Wortverbindungen Eingang in die Werbesprache gefunden, die es immer mehr auch sachbezogen zur Herausstellung besonderer Produktqualität benutze. Die Tatsache, daß ein allgemein verständliches Wort von Haus aus nur eine personenbezogene Bedeutung habe, bilde für sich allein in aller Regel keinen Grund, seine Eintragungsfähigkeit zu bejahen; denn in den vergangenen Jahrzehnten sei die Werbung mehr und mehr dazu übergegangen, personenbezogene Wörter zur Beschreibung von Waren zu verwenden. Deshalb seien derartige beschreibende Angaben zugunsten der Mitbewerber freizuhalten. Es sei nicht ersichtlich, warum das Wort "Star" gerade zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen nicht geeignet sein solle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die Zurückweisung ihrer Anmeldung durch die Markenstelle deshalb nicht für gerechtfertigt, weil sie unter der zurückgewiesenen Kennzeichnung hochkomplexe technische Dienstleistungen bezogen auf die Verlegung von Kabeln in Abwassernetzen erbringen wolle. Die von ihr angesprochenen Verkehrskreise seien ausschließlich Industrieunternehmen bzw Kommunen, so daß im Hinblick auf die konkrete Verwendung des Markenwortes andere Maßstäbe anzulegen seien als etwa in den Fällen, die den Entscheidungen "Happy Star", "Starfrost" und "Party-Star" zugrundegelegen hätten. Abweichend vom vorliegenden Fall habe es sich dort sämtlich um unmittelbar gegenüber den allgemeinen Verkehrskreisen offerierte Leistungen gehandelt. Bezogen auf Sachen oder Dienstleistungen sei das Wort "Star" nicht als beschreibender Begriff gebräuchlich, so daß es auch geeignet sei, auf den Betrieb der Anmelderin hinzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die dem Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1992, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die auf dem betreffenden Dienstleistungssektor für die umworbenen Abnehmer irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die angebotenen Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "Star" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe für bestimmte Dienstleistungen hat die Markenstelle nicht nachgewiesen, auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. Von einem auf gegenwärtige Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß insbesondere im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen wird. Zwar trifft es zu, daß das ursprünglich "Stern" bedeutende englische Wort "Star" in der Folge auch in Verbindung mit Berufsbezeichnungen wie "Staranwalt", "Starkoch", "Starfrisör" etc verwendet wird. In diesen Wortverbindungen weist der Bestandteil "Star" auf den verschiedensten Dienstleistungssektoren darauf hin, daß der Erbringer der betreffenden Dienstleistung durch besondere Erfolge oder Spitzenleistungen auf seinem Gebiet Berühmtheit und Prominenz erlangt hat. Die Verwendung einer derartigen, ursprünglich personenbezogenen Aussage auch zur Beschreibung von Waren (vgl BPatG Mitt 1978, 135 "Happy Star"; Mitt 1986, 75 "Starfrost") spricht zwar dafür, daß die angemeldete Bezeichnung "Star" auch in Verbindung mit Dienstleistungen wie die Verlegung von Kabeln in Abwasserkanälen oder Ingenieurarbeiten als anpreisende Aussage über die besondere Qualität der betreffenden Dienstleistungen verstanden werden kann. Wodurch sich aber diese "Spitzenleistungen" konkret auszeichnen könnten, läßt sich diese Angabe nicht entnehmen. So sagt das Wort "Star" nichts darüber aus, ob sich die betreffenden Dienstleistungen etwa durch besondere Verlegungstechnik, Einsatz besonderer Spezialmaschinen oder durch besondere Kostengünstigkeit auszeichnen. Eine Eignung von "Star" zur eindeutigen Beschreibung komplexer technischer Dienstleistungen ist deshalb zu verneinen. Da eine eindeutige, unmißverständliche Aussage über die betreffenden Dienstleistungen mit "Star" nicht möglich ist, kann von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin an der angemeldeten Bezeichnung nicht ausgegangen werden.

2. Ebensowenig kann der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, daß vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2000, 722 - LOGO).

Hiervon ausgehend kann dem Markenwort "Star" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine konkret beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften oder Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt die angemeldete Bezeichnung nicht dar (siehe oben). Die Anmeldung sagt nichts darüber aus, wodurch sich die betreffenden Verlegungs- oder Ingenieursleistungen von denen anderer Unternehmen unterscheiden könnten. Insbesondere für den hier angesprochenen Fachverkehr ist nicht ersichtlich, auf welchen der möglichen Teilaspekte der zu erbringenden Dienstleistung sich die möglicherweise mit "Star" zum Ausdruck gebrachte besondere Qualität bezieht. Da "Star" als englisches Wort für "Stern" und als Begriff für eine "berühmte Person" mehrdeutig ist und vom Verkehr eher als schlagwortartige Anpreisung verstanden wird, liegt darin eine über ein reines Wortverständnis in einem bestimmten Sinn hinausgehende Aussage, die der Annahme entgegensteht, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft (vgl dazu BGH aaO - LOGO). Schließlich liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß es sich bei "Star" um ein gebräuchliches Wort der Alltagssprache handelt, das der Verkehr etwa infolge einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als eine schlagwortartige Aussage und nicht als Unterscheidungsmittel versteht.

Schülke Eder Kraft Mr/prö






BPatG:
Beschluss v. 25.10.2000
Az: 26 W (pat) 76/00


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