Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 15. Oktober 1996
Aktenzeichen: Ss 505/96 - 177

(OLG Köln: Beschluss v. 15.10.1996, Az.: Ss 505/96 - 177)

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bergisch Gladbach zurückverwiesen.

Gründe

Das Schöffengericht hat den Angeklagten "wegen eines Verstoßes

gegen das Betäubungsmittelgesetz durch Abgabe von Haschisch an eine

Person unter 18 Jahren" zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu

je 10,00 DM verurteilt.

Das Schöffengericht hat zum Schuldspruch folgendes

festgestellt:

"Der am 14. November 1973 geborene Angeklagte überließ Ende

September 1995 in Bergisch Gladbach dem damals 15-jährigen Schüler

N. S., den er aus der Nachbarschaft gut kannte und von dem er

wußte, daß er noch keine 18 Jahre alt war, ca. 10 g Haschisch zu

dessen Gebrauch. Der Angeklagte konsumierte zur damaligen Zeit

Haschisch. Er hatte sich zum Eigenbedarf vorher in K. 10 g

Haschisch für 75,00 DM gekauft und einmal davon ein Stück geraucht,

wobei er allerdings keine Wirkung spürte, was auf schlechte

Qualität hindeutete. Auf Druck seines sozialen Umfelds,

insbesondere seiner Freundin entschloß er sich danach, mit dem

Konsum von Haschisch aufzuhören. Als ihn dann der Nachbarsjunge S.

ansprach, und ihm Haschisch verkaufen wollte, überließ er

umgekehrt, dem S. seinen restlichen Haschischvorrat in der

Vorstellung, daß Haschisch für alle erlaubt sei, nach

entsprechenden Medienberichten."

Zur rechtlichen Würdigung heißt es im amtsgerichtlichen Urteil

u. a. :

"Der Angeklagte hat sich nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BTMG (Senat: §

29 a Abs. 1 Nr. 1 a BTMG) strafbar gemacht. Der Angeklagte kann

sich auch nicht in irgendeiner Form auf einen strafbefreienden

Irrtum berufen...".

Hinsichtlich der Strafbemessung heißt es im Urteil des

Schöffengerichts:

"Für das vom Amtsgreicht begangene Delikt ist im Normalfall eine

Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen. Das

Gericht ist vorliegend jedoch von einem minderschweren Fall nach §

29 a Abs. 2 BTMG ausgegangen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 3

Monaten, da der Angeklagte in seiner Gesamtwürdigung nicht dem

Verbrechenstypus entspricht, den diese Vorschrift im Regelfall im

Auge hat...Für den Angeklagten sprach, ...daß es sich hier um

einen einmaligen Vorgang gehandelt hat, im Umgang mit einer weichen

Droge, die nach den unwiderlegbaren Angaben des Angeklagten auch

von sehr schlechter Qualität gewesen ist...Strafschärfend war zu

berücksichtigen,...Gerade diese Weitergabe an einen

minderjährigen Schüler bedarf schon aus generalpräventiven Gründen

einer deutlichen Bestrafung, um dem auf diesem Wege möglichen

Drogenmißbrauch und der damit verbundenen Gefährdung der

Volksgesundheit als Schutzgut des Betäubungsmittelgesetzes Geltung

zu verschaffen...".

Die auf die Óberprüfung des Strafmaßes beschränkte (Sprung-)

Revision des Angeklagten rügt Verletzung materiellen Rechts.

Die Revision hat (vorläufigen) Erfolg. Sie führt zur Aufhebung

des angefochtenen Urteils im Strafausspruch und in diesem Umfang

zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist

wirksam. Die Feststellungen des Schöffengerichts zum Schuldspruch

lassen trotz der fehlenden - an sich grundsätzlich erforderlichen

(ständige Senatsrechtsprechung, vgl. SenE vom 30.08.1996 - Ss

414/96 u. vom 20.09.1996 - Ss 459/96) - Angabe des Gehalts an

Tetrahydrocannabinol (THC) in Gewichtsprozent (vgl. BGH NJW 1996,

794, 797) die Qualität des in Rede stehenden Haschisch noch so

hinreichend erkennen, daß auch der Schuldumfang der Tat hinreichend

festgelegt ist und damit eine genügend sichere Grundlage für die

Strafbemessung besteht (vgl. zu den Erfordernissen einer wirksamen

Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch:

Senatsentscheidungen a.a.O. und VRS 73, 385; 77, 452;

Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., § 344 Rn. 4, 7, § 318

Rn. 16 m. w. N.). Der Feststellung, daß Haschisch sei von "sehr

schlechter Qualität" gewesen, ist ein Wirkstoffgehalt von (nur) bis

zu 1 % THC zu entnehmen (vgl. BGH a.a.).

Zur Rechtsfolgenentscheidung des Amtsgerichts hat die

Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift im wesentlichen

ausgeführt:

"Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben. Der Tatrichter

hat sich im Urteil nicht mit der Möglichkeit einer Strafmilderung

gem. § 17 Satz 2 i. V. mit § 49 Abs. 1 StGB auseinandergesetzt.

Darin liegt ein sachlichrechtlicher Mangel. Denn auch bei

offensichtlich vermeidbarem Verbotsirrtum muß die Strafzumessung

eindeutig ergeben, daß sich der Tatrichter der Möglichkeit einer

Strafmilderung bewußt gewesen ist und von seinem Ermessen in der

einen oder anderen Richtung Gebrauch gemacht hat (BGH MDR bei

Dallinger 1969, 358 f m. w. N.). Darüber hinaus muß der Tatrichter

nicht nur mitteilen, ob er von der fakultativen Milderung Gebrauch

macht. Vielmehr muß er - wenn er von ihr absieht - auch die Gründe

mitteilen, die ihn zu seiner Entscheidung bewogen haben. Denn nur

auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß das

Revisionsgericht die Entscheidung darauf überprüfen kann, ob sich

der Tatrichter von rechtlich zutreffenden und zulässigen Erwägungen

hat leiten lassen. Da es an entsprechenden Erörterungen im Urteil

fehlt, kann der Strafausspruch bereits deswegen keinen Bestand

haben.

Rechtlichen Bedenken begegnet auch die strafschärfende Erwägung,

daß "gerade diese Weitergabe an einen minderjährigen Schüler schon

aus generalpräventiven Gründen einer deutlichen Bestrafung bedarf,

um dem auf diesem Wege möglichen Drogenmißbrauch und der damit

verbundenen Gefährdung der Volksgesundheit als Schutzgut des

Betäubungsmittelgesetzes Geltung zu verschaffen" (UA S. 5). Das

Tatgericht berücksichtigt damit bei der Strafzumessung

unzulässigerweise Umstände, die bereits zur Schaffung des

Tatbestandes und einer bestimmten Strafdrohung geführt haben.

..."

Dem stimmt der Senat zu.

Das neue Tatgericht wird bei der - allein noch zu treffenden -

Rechtsfolgenentscheidung zu beachten haben, daß infolge der

Rechtskraft des Schuldspruchs die ihn tragenden Feststellungen

bindend sind, mithin auch die Qualität des Haschisch festgelegt ist

(= sehr schlechte Qualität, THC-Gehalt mithin (nur) bis zu 1 %, so

daß 10 g Haschisch nicht mehr als 6,66 Verbrauchseinheiten zu je

0,15 mg ergeben; vgl. BGH a.a.O.) und auch feststeht, daß sich der

Angeklagte in einem vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB)

befand.






OLG Köln:
Beschluss v. 15.10.1996
Az: Ss 505/96 - 177


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