Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 29. Oktober 2009
Aktenzeichen: 11 W 1953/09

(OLG München: Beschluss v. 29.10.2009, Az.: 11 W 1953/09)

Gründe

(Übernommen aus BayObLGR)

Aus den Gründen:... Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).

Das Rechtsmittel erweist sich aber als unbegründet.

Das LG hat zu Recht auch eine 1,2-Terminsgebühr festgesetzt, da diese nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. RVG-VV für das Telefongespräch zwischen den Parteien angefallen ist.

Mit der Einführung der Terminsgebühr nach dem RVG, die sowohl die Verhandlungs- als auch die Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BRAGO ersetzt, sollte erreicht werden, dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfah-rens beiträgt. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen (BT-Drucks. 15/1971, 209).

Eine Terminsgebühr kann nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV in folgenden Fällen entstehen:

- Für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin;

- für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins;

- für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.

Daneben kann nach Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 RVG-VV, die nach Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3202 RVG-VV auch für die Terminsgebühr im Berufungsverfahren gilt, eine Terminsgebühr auch in im Einzelnen aufgeführten Fällen entstehen, in denen keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, sondern der Rechtsanwalt nur schriftlich tätig geworden ist. In diesen Fällen ist dafür außerdem Voraussetzung, dass in den betreffenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, da nur dann die schriftliche Tätigkeit des Anwalts einen Verhandlungstermin ersetzen und somit auch vergütungsrechtlich als gleichwertig angesehen werden kann (BT-Drucks. 15/1971, 212).

Diese Vorschrift enthält allerdings keine Einschränkung der Grundregel der Vorbemerkung 3 Abs. 3, sondern ergänzt und erweitert diese auf Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung oder Besprechung, ob mit oder ohne Beteiligung des Gerichts, nicht stattfand (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., Nr. 3104 VV Rz. 7; Schneider/Wahlen in Anwaltskommentar/RVG, 3. Aufl., Nr. 3140 VV Rz. 1). Daraus folgt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 die Entstehung einer Terminsgebühr nicht davon abhängig ist, dass zusätzlich eine der Voraussetzungen der Anmerkung zu Nr. 3104 RVG-VV vorliegt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Vorbem. 3 VV Rz. 92; so auch jedenfalls für das Berufungsverfahren OLG Dresden NJW-RR 2008, 1667).

Der gegenteiligen Ansicht (BGH v. 1.2.2007 - V ZB 110/06, FamRZ 2007, 637 = MDR 2007, 742 = BGHReport 2007, 369 m. Anm. Goebel = JurBüro 2007, 252; v. 15.3.2007 - V ZB 170/06, BGHReport 2007, 735 = FamRZ 2007, 1096 = MDR 2007, 1103 = JurBüro 2007, 525) kann sich der Senat nicht anschließen. Schon der Wortlaut der Anmerkung zu Nr. 3104 RVG-VV, Abs. 1, besagt, dass die Terminsgebühr €auch€, aber nicht €nur€ unter den darin genannten Voraussetzungen entsteht, während die Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV gerade keine Beschränkung auf bestimmte Verfahrensarten enthält. Würde die Anmerkung zu Nr. 3104 RVG-VV eine gleichwohl zu beachtende Einschränkung der allgemeinen Voraussetzungen nach Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV darstellen, könnte z.B. im Mahnverfahren grundsätzlich keine Terminsgebühr anfallen, während die Vorbemerkung 3.3.2. W-RVG eine solche gerade vorsieht. Ebenso könnte in vielen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die auch keine obligatorische mündliche Verhandlung kennen, nie eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. W-RVG anfallen. Entsprechendes gilt für eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, Alt. 2 RVG-VV im selbständigen Beweisverfahren, deren Anfall jedoch allgemein für möglich gehalten wird (s. Bischof/Jungbauer RVG 3. Aufl. Vorbem. 3 VV Rz. 36). Dies würde der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die rasche und einvernehmliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu fördern, widersprechen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drucks. 15/1971, 212). Der Aufwand des Anwalts, auf den diese abstellt, ist nämlich im Fall einer Verhandlung mit dem Prozessgegner nicht deswegen geringer oder weniger wert, weil eine mündliche Verhandlung im konkreten Fall nicht vorgeschrieben ist. Dies wird besonders dann deutlich, wenn wie im vorliegenden Fall die Berufung nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, sondern letztlich vom Berufungsführer zurückgenommen wird, und dadurch die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele, nämlich sowohl eine frühzeitige Beendigung des Rechtsmittelverfahrens als auch eine Entlastung der Gerichte, erreicht wurden.

Ob das Berufungsverfahren wegen der Möglichkeit, ohne mündliche Verhandlung nach § 522 Abs. 2 ZPO zu entscheiden, bis zur Terminierung als Verfahren angesehen werden kann, für das mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist (so Anwaltskommentar RVG, a.a.O., Nr. 3202 Rz. 8; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., RVG-VV Nr. 3202 Rz. 8), kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben.

Im konkreten Fall ist die Tatsache, dass eine Besprechung zwischen den Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagen zu 2) stattgefunden hat und dabei die einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits erörtert wurde, vom Kläger vor Kostenfestsetzung ausdrücklich zugestanden worden und auch seither unstreitig geblieben. Nach der ausführlichen Schilderung der Beklagten zu 2) im Beschwerdeverfahren handelte es sich zweifelsfrei um eine auf die Erledigung des Berufungsverfahrens gerichtete Besprechung, für die nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alternative eine Terminsgebühr entstanden ist. Die gegen deren Festsetzung gerichtete Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen der Anmerkung zu Nr. 3104 RVG-VV für die Entstehung einer Terminsgebühr zusätzlich zu denen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV vorliegen müssen, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und aufgrund der oben erwähnten abweichenden Entscheidungen des BGH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).






OLG München:
Beschluss v. 29.10.2009
Az: 11 W 1953/09


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