Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2008
Aktenzeichen: 24 W (pat) 125/06

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2008, Az.: 24 W (pat) 125/06)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. Juli 2005 und vom 17. Oktober 2006 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 014 411 der IR-Marke teilweise der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert worden ist.

Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 2 014 411 zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Schutzerstreckung der am 21. Februar 2002 veröffentlichten IR-Marke 772 556 die international für die Waren

"3 Cleaning preparations.

5 Air freshening preparations and deodorants other than forpersonal use; preparations for the neutralization of bad andundesirable odours (not included in other classes).

11 Air deodorising apparatus."

registriert ist, hat die Inhaberin der prioritätsälteren deutschen Wortmarke 2014411 SAMBI, die am 22. Mai 1992 eingetragen worden war und deren Warenverzeichnis die Waren

"Putz-, Polierund Reinigungsmittel; Waschund Bleichmittel, Seifen"

umfasst, Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Eingabe vom 11. Dezember 2002 im Verfahren vor der Markenstelle die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung eingereicht und zwar im Wesentlichen eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 10. Februar 2003, zwei Blatt Produktinformationen betreffend einen "flüssigen Allzweckreiniger" bzw. betreffend einen "Allzweck-Tiefenreiniger mit Salmiak" (nebst jeweils einem entsprechenden Sicherheitsdatenblatt) sowie ein Originaletikett eines Allzweck-Tiefenreiniger/flüssig. In der eidesstattlichen Versicherung wird hierzu erklärt, dass die Widersprechende die Widerspruchsmarke "SAMBI" seit dem Jahr 1992 zur Bezeichnung eines "mildalkalischen Allzweck-Tiefenreinigers" benutzt habe und mit dem so bezeichneten Produkt folgende Umsätze erzielt habe: 1998: ... €, 1999: ... €, 2000: ... €, 2001: ... € und 2002: ... €. Nach Kenntnisnahme des Benutzungsmaterials hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten.

Mit Beschlüssen vom 7. Juli 2005 und 17. Oktober 2006, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patentund Markenamts wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 014 411 der international registrierten Marke 772 556 teilweise, nämlich im Umfang der Waren "Cleaning preparations", den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Die Markenstelle war der Meinung, die Widersprechende habe auf die zulässig bestrittene Benutzung ihrer Marke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, 26 MarkenG jedenfalls für Allzweckreiniger und damit für die eingetragene Widerspruchsware "Reinigungsmittel" einen Benutzungsnachweis erbracht. Bei den Waren "Cleaning preparations" einerseits und "Reinigungsmittel" anderseits sei von Warenidentität auszugehen, wobei die Widerspruchsmarke über einen normalen Schutzumfang verfüge. Somit sei hinsichtlich der angegriffenen Waren "Cleaning preparations" ein deutlicher Abstand der jüngeren Marke zu fordern, den diese jedoch nicht einhalte. Der am Wortanfang der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandene klangschwache Konsonant "S" reiche nicht aus, die weitreichenden Übereinstimmungen der Kollisionsmarken so abzumildern, dass ein sicheres Auseinanderhalten der Marken ermöglicht werde und eine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 107, 114, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der Schutz suchenden Marke. Ihrer Auffassung habe die Markenstelle zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr bejaht. Die von der Widersprechenden bisher vorgelegten Unterlagen, seien nicht geeignet, eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft zu machen. Unabhängig von der Benutzungslage seien die Schutz suchende Marke mit dem Wortbestandteil "Ambi-Pur" und die Widerspruchsmarke "SAMBI" auch nicht hinreichend ähnlich, um eine Verwechslungsgefahr hervorrufen zu können. Mit Eingabe vom 17. Juli 2007 hat die Markeninhaberin nochmals die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 107, 114, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhoben.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle 3 IR des Deutschen Patentund Markenamts aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat (schriftsätzlich) beantragt, die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren hat sich die Widersprechende weder zur Sache geäußert noch weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der Schutz suchenden Marke hat in der Sache Erfolg. Es greift die von ihr erhobene Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke durch (§§ 107, 114, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG i. V. m. §§ 43 Abs. 1 Satz 3, 26 MarkenG). Die von der Markenstelle aufgrund des Widerspruchs angeordnete teilweise Löschung der angegriffenen Marke war daher aufzuheben und der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Benutzung der am 22. Mai 1992 eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten, nachdem diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung der internationalen Registrierung der angegriffenen Marke am 21. Februar 2002 bereits länger als fünf Jahre eingetragen war (§§ 114 Abs. 1, 43 Abs. 1 MarkenG). Eine Einschränkung der Nichtbenutzungseinrede auf einen der beiden Fünfjahreszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG ist in dem Einredeschriftsatz der Inhaberin der Schutz suchenden Marke vom 11. Dezember 2002 nicht enthalten. Im Übrigen hat die Markeninhaberin im Beschwerdeverfahren mit ihrer Eingabe vom 17. Juli 2007 die Benutzung der Widerspruchsmarke hinsichtlich des Fünfjahreszeitraums vor der Entscheidung über den Widerspruch nochmals ausdrücklich bestritten. Die Widersprechende war demnach verpflichtet, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke gemäß § 26 MarkenG für beide in § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG bestimmten Fünfjahreszeiträume glaubhaft zu machen (vgl. Ströbele/ Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 14), vorliegend also für die Zeiträume von Februar 1997 bis Februar 2002 sowie von Dezember 2003 bis Dezember 2008. Diesen Verpflichtungen ist die Widersprechende nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.

Zwar hat die Widersprechende mit den die Jahre 1998 bis 2002 betreffenden Unterlagen Belege zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für den ersten Zeitraum von Februar 1997 bis Februar 2002 eingereicht; ob hierin aber -wie die Markenstelle meint -eine ausreichende Glaubhaftmachung der Benutzung für diesen Zeitraum zu sehen ist, kann indessen dahingestellt bleiben. Für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum von Dezember 2003 bis Dezember 2008 fehlt hingegen jegliches Glaubhaftmachungsmaterial. Die Einrede greift deshalb bereits aus diesem Grund durch, ohne dass es im Weiteren noch auf die Frage ankommt, ob und für welche Waren die eingereichten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in dem ersten fraglichen Zeitraum glaubhaft machen können.

Insoweit durfte die Widersprechende auch nicht mit einem, den Mangel der Glaubhaftmachung aufklärenden Hinweis des Senats (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 139 Abs. 1 ZPO) rechnen. Da die Ausgestaltung des Benutzungszwangs im Widerspruchsverfahren dem Beibringungsund Verhandlungsgrundsatz unterstellt ist (vgl. BGH GRUR 1998, 938, 939 "DRAGON"; GRUR 2006, 152, 154 "GALLUP"), ist es grundsätzlich Sache der Widersprechenden, von sich aus alle für eine rechtserhaltende Benutzung erforderlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BPatGE 42, 195, 198 ff. "Neuro-Vibolex"). In dieser Hinsicht trägt die Widersprechende die volle Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung und verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten (vgl. BGH a. a. O. "GALLUP"). Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Grundanforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung, die -wie vorliegend -in ständiger Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BPatG a. a. O. "Neuro-Vibolex").

Nachdem der Widerspruch bereits wegen unzureichender Glaubhaftmachung der Benutzung gemäß §§ 107, 114, 43 Abs. 1 Satz 2, 26, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG keinen Erfolg haben kann, kommt es auf die Frage einer zwischen den Vergleichsmarken bestehenden Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht mehr an.

Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Kirschneck Eisenrauch Ko






BPatG:
Beschluss v. 09.12.2008
Az: 24 W (pat) 125/06


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