Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 186/04

(BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az.: 28 W (pat) 186/04)

Tenor

Die Beschwerden der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wort/Bildmarke 300 13 117

(Farben: grau, schwarz ,weiß)

ist am 16. November 2000 für die Waren Dichtungen, Packungsringe, Dichtungsbänder, Dichtungsschnüre, Dichtungsträger, Stützkörper für Dichtungen, Dichtungsmaterialien, vorgenannte Waren, soweit in den Klassen 7 und 17 enthaltenin das Markenregister eingetragen worden.

Hiergegen ist aus vier prioritätsälteren Marken Widerspruch erhoben worden. Es handelt sich dabei um die deutsche Marke 1 179 070 sowie um die Gemeinschaftsmarken GM 147 074 GM 146 878 und GM 147 199 SKF Markeninhaberin der Gemeinschaftsmarken ist die A... in Schweden, die deutsche Marke gehört der S... GmbH in Schweinfurt. Alle Widerspruchsmarken sind u.a. für Waren der Klasse 7, wie z.B. Dichtungen, Dichtscheiben, Dichtringe, Gleitlager, Kugellager udgl. eingetragen.

Die Widersprechende hat im Verfahren vor der Markenstelle die Benutzung der deutschen Marke bestritten und nach Vorlage von Benutzungsunterlagen die Benutzung dieser Marke für "Dichtringe" und "Nadellager" anerkannt.

Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss eine Verwechslungsgefahr verneint und die Widersprüche zurückgewiesen. Auch bei identischen Waren hielten die Marken wegen des Bestandteils "INDITECH" in der jüngeren Marke einen ausreichenden Abstand zueinander ein. Aber selbst wenn man SKF und S.K.S. gegenüberstelle, blieben noch ausreichend klangliche Unterschiede.

Hiergegen haben die Widersprechenden Beschwerde eingelegt und sich insbesondere auf eine erhöhte Bekanntheit des Firmenschlagwortes SKF, einem der weltgrößten Wälzlagerhersteller berufen. In der jüngeren Marke sei der Bestandteil INDITECH grafisch isoliert angebracht und werde nicht der Buchstabenfolge S.K.S. zugeordnet. Infolgedessen und wegen des erhöhten Schutzumfanges der Widerspruchsmarke, seien Verwechslungen der Marken zu besorgen.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren die Benutzung der drei Gemeinschaftsmarken bestritten und in Hinblick auf die Verwechslungsgefahr darauf hingewiesen, dass eine erhöhte Bekanntheit der Marken für "Wälzlager" noch nicht zu einem erweiterten Schutzumfang auch für die Waren "Dichtungen" führe. Im übrigen hält sie die Ausführungen der Markenstelle für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässigen Beschwerden der Widersprechenden (§§ 165 Abs. 4, 66 Abs. 1 MarkenG) sind nicht begründet. Der Senat hält die Voraussetzungen für die Bejahung einer Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken für nicht gegeben, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei von einer Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

Auf Seiten der Widerspruchsmarke DE 1 179 070 ist von einer Benutzung für die anerkannten Waren "Dichtringe, Nadellager" auszugehen, was bedeutet, dass sich die Marken im Bereich der "Dichtungen" auf überwiegend identischen Waren begegnen können. Auch in Hinblick auf die drei Gemeinschaftsmarken kann zu Gunsten der Widersprechenden von einer Benutzung identischer Waren ausgegangen werden. Der Abstand der Marken muss demnach erheblich und erkennbar sein. Etwas gemildert werden dies Anforderungen durch eine überwiegende Beteiligung von Fachverkehr, sowie durch den Umstand, dass Anbieter von Wälzlagertechnik häufig eine Drei-Buchstaben-Kennzeichnung für ihren Firmennamen verwenden (z.B. INA, NTN, NMB, NSK, FAG), was zu einer gewissen Gewöhnung des Verkehrs an derartige Marken und zu einer erhöhten Aufmerksamkeit führt. Anders als die Widersprechendende meint, steht ihr zumindest bei den Waren "Dichtungen" kein erweiterter Schutzumfang wegen erhöhter Kennzeichnungskraft des Firmenkennzeichens SKF zu. Zwar handelt es sich bei der SKF-Gruppe um einen der weltgrößten Hersteller von Wälzlagern, diese Bekanntheit erstreckt sich aber nicht ohne weiteres auf die hier in erster Linie maßgeblichen "Dichtungen". Zum Lieferprogramm der Widersprechenden gehören zwar auch "Dichtringe", nach dem hier vorgelegten Katalog für "Nadellager" werden sie aber nur unter der Rubrik "Einzelteile und Zubehör" geführt. Die Dichtringe sind damit entweder Bauteil der kompletten Wälzlager oder aber Zubehör für Nadellager, für die z.B. handelsübliche Dichtungen nicht erhältlich sind. Auch der Gesamtumsatz der unter der deutschen Marke verkauften Produkte zeigt diese untergeordnete Rolle der Dichtungen, denn nach den für die Benutzung der deutschen Marke vorgelegten Unterlagen wurden in den Jahren 1996 bis 2000 für "Nadellager und Teile hiervon" jeweils über ... DM Umsatz jährlich erzielt, für "Dichtringe" hingegen nur ... DM im Jahr. Hinzukommt, dass diese Bekanntheit des Firmennamens SKF für "Dichtungen" von der Markeninhaberin ausdrücklich in Abrede gestellt worden ist, womit sich die erhöhte Kennzeichnungskraft ohne weiteres aus den vorgelegten Unterlagen ergeben müsste (dann wäre das Bestreiten der Markeninhaberin nicht ausreichend substantiiert und unbeachtlich), was aber, wie dargelegt, nicht der Fall ist. Es bleibt also bei dem Grundsatz, wonach den Widerspruchsmarken mangels ausreichender anderer Erkenntnisse, für die identischen Waren "Dichtungen" nur ein durchschnittlicher Schutzumfang zugebilligt werden kann.

Vor diesem Hintergrund reicht der Abstand der Marken aus, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Anders als die Markenstelle meint, wäre dies jedoch nicht der Fall, wenn man allein die beiden Bestandteile SKF und S.K.S. gegenüberstellt. Selbst unter Berücksichtigung der Rechtssprechung zu Kurzwortzeichen, wonach bei Kurzwörtern schon geringfügige Abweichungen ausreichen können um Verwechslungen zu verhindern, haben diese Buchstabenfolgen, die jeweils akzentuiert ausgesprochen werden, wegen der Klangnähe der beiden sog. stimmlosen Blaslaute F und S derart gewichtige Übereinstimmungen, dass bei identischen Waren ein sicheres Auseinanderhalten nicht mehr gewährleistet wäre. Für ein solch isoliertes Herausgreifen des Bestandteiles S.K.S wäre aber eine Vernachlässigung des weiteren Bestandteiles INDITECH notwendig, was hier aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen aber nicht zulässig ist. Es entspricht dem Regelfall, dass der Gesamteindruck einer Marke von all ihren Bestandteilen bestimmt wird und nur ausnahmsweise durch einen Teil der Marke derart geprägt wird, dass sich der Verkehr allein an diesem Teil orientiert und den weiteren Teil der Marke vernachlässigt. Bei Wort/Bildmarken kann z.B. die grafische Gestaltung Grund für eine derartige Gewichtung sein; hier jedoch trifft dies nicht zu. Der Bestandteil "S.K.S." ist zwar durch die Anbringung im Kreisrund hervorgehoben, aber auch INDITECH wird dem Betrachter durch den darunter liegenden Balken zur Benennung der Marke angeboten. Die Prägung eines Markenteils kann auch durch den beschreibenden Gehalt des anderen Markenteils begründet sein, dazu muss der beschreibende Gehalt aber unzweideutig und für den Verkehr erfassbar feststehen. Auch daran fehlt es hier. INDITECH ist weder die geläufige Abkürzung für einen Fachbegriff, noch hat es einen ohne weiteres erkennbaren Bedeutungsanklang etwa im Sinn von "industrial technic". Weder dem Gericht noch den Widersprechenden gelang es, diesem Wort einen eindeutigen Aussagegehalt zuzuordnen oder entsprechende Bezeichnungsgewohnheiten auf dem angesprochenen Warengebiet darzulegen. Auch wenn TECH einzig für "Technik" stehen kann, so ist die Bedeutung von INDI unklar; es kann für Industrie oder industrial stehen, es wäre dann aber eine ungewöhnliche Abkürzung, der Gesamtbegriff ist somit ein Phantasiewort. Der Verkehr wird also, will er die Gewähr haben, sein Produkt unzweideutig zu identifizieren, diesen Bestandteil in seine Benennung mit einbeziehen. Damit ist das Herausgreifen von S.K.S als isoliert kollisionsbegründender Bestandteil nicht möglich.

Auch die neuere Rechtsprechung der Bundesgerichtshofes, wonach ein identisch oder ähnlich in die zusammengesetzte, angegriffene Marke übernommener Markenteil den Gesamteindruck dort deshalb prägen kann, weil er in der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft besitzt, (BGH, MarkenR 2005, 519 - coccodrillo) führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Voraussetzung nämlich wäre, dass eine erhöhte Bekanntheit von SKF gerade für die Ware "Dichtungen" nachgewiesen ist, wofür es hier - wegen der im Registerverfahren nur eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten - an ausreichenden Anhaltspunkten fehlt.

Stehen sich aber die Marken in ihrer Gesamtheit gegenüber, ist eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

Die Beschwerden sind deshalb ohne Erfolg.

Zu einer Kostenentscheidung bestand keine Veranlassung, MarkenG § 71.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Hu






BPatG:
Beschluss v. 07.12.2005
Az: 28 W (pat) 186/04


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