Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2005
Aktenzeichen: 8 W (pat) 330/02

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2005, Az.: 8 W (pat) 330/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 1. März 2005 entschieden, dass das Patent 101 04 669 in beschränkter Form aufrechterhalten wird. Das Patent betrifft einen Antriebskopf für eine Werkzeugspindel mit zwei Drehachsen. Gegen die Patenterteilung hatten zwei Unternehmen Einspruch erhoben und beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen. Die Einspruchsgründe waren, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Die Einsprechenden haben ihre Einwände auf verschiedene Druckschriften gestützt. Das Patentgericht stellte fest, dass der Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Es wurde auch entschieden, dass die Einsprüche zulässig waren und zu einer Beschränkung des Patents geführt haben. Die Argumente der Einsprechenden wurden als nicht ausreichend angesehen, um eine Benutzung des Patents nachzuweisen. Das Patentgericht hielt den geltenden Patentanspruch 1 für bestandsfähig, ebenso wie die zugehörigen Unteransprüche 2 bis 4.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 01.03.2005, Az: 8 W (pat) 330/02


Tenor

Das Patent 101 04 669 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten.

Bezeichnung: Antriebskopf für NC-gesteuerte Stellbewegung einer Werkzeugspindel mit zwei Drehachsen Anmeldetag: 2. Februar 2001 Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung Seiten 1 bis 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2005, 2 Blatt Zeichnungen Figuren 1 und 2 aus der Patentschrift.

Gründe

I Das Patent 101 04 669 war am 02. Februar 2001 beim Patentamt angemeldet worden; die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 08. August 2002.

Gegen die Patenterteilung haben die Firmen D... GmbH in P..., - Einsprechende I -

und F... GmbH in B..., - Einsprechende II -

jeweils am 08. November 2002 Einspruch erhoben.

Die Einsprechenden sind der Auffassung, dass der Gegenstand des Patents nach §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei und beantragen, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Einsprechenden stützen ihre Einspruchsbegründungen auf folgende Druckschriften:

(1) DE 41 22 711 A1,

(2) DE 195 22 711 C2,

(3) DE 19 34 930 A1,

(4) DE 743 530 C,

(5) EP 09 23 421 B1,

(6) DE-Z: WERKSTATT UND BETRIEB, 127 (1994), S. 609 - 614,

(7) WO 96/41 695 A1.

Die Druckschriften (1), (2) und (7) sowie die

(8) EP 07 49 803 A1 waren im Erteilungsverfahren in Betracht gezogen worden.

Ferner macht die Einsprechende II unter Vorlage von diversen Firmenschreiben, Stücklisten, Rechnungen, Zeichnungen und Prospekten eine offenkundige Vorbenutzung geltend, die sich auf den Gegenstand der Entgegenhaltung (7) beziehen soll.

Der von der Einsprechenden I zunächst geltend gemachte weitere Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung wurde in der mündlichen Verhandlung fallengelassen.

Der Patentinhaber führt aus, dass der Patentgegenstand gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik patentfähig sei und beantragt, das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 4, der Beschreibung Seiten 1 bis 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2005, und 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2 aus der Patentschrift, aufrecht zu erhalten.

Die Einsprechende II ist, wie mit Schriftsatz vom 25. Februar 2005 angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

II 1. Die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche sind substantiiert auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gestützt und daher zulässig.

Sie sind insoweit erfolgreich, als sie zu einer Beschränkung des Patents führten.

2. Der Patentgegenstand betrifft nach dem geltenden Patentanspruch 1 einen Antriebskopf für NC-gesteuerte Stellbewegungen einer Werkzeugspindel mit zwei Drehachsen (A, B), einem Gehäuse (1) und einem zweiten Antriebsgehäuse (1'), wobei konzentrisch um jede Drehachse (A, B) mindestens ein mehrpoliger Außenläufermotor (2) angeordnet ist, wobei der um die erste Drehachse (A) angeordnete Außenläufermotor (2) einen in das Gehäuse (1) eingesetzten ringförmigen weichmagnetischen Stator (3) mit Einzelpolwicklungen sowie ein mit Permanentmagneten (4) belegtes ringförmiges Rotorjoch (5) aufweist, wobei das Rotorjoch (5) des um die erste Drehachse (A) angeordneten Außenläufermotors (2) endseitig an einen im Gehäuse (1) drehbar gelagerten Rotorkörper (6) angeschlossen sowie zwischen dem Stator (3) und einem zylindrischen Gehäuseabschnitt mit einer auf das Rotorjoch (5) wirkenden Blockiereinrichtung (7) angeordnet ist, wobei der um die zweite Drehachse (B) angeordnete Außenläufermotor (2) einen in dem zweiten Antriebsgehäuse (1') angeordneten ringförmigen weichmagnetischen Stator (3) mit Einzelpolwicklungen sowie ein mit Permanentmagneten belegtes ringförmiges Rotorjoch (5) aufweist, wobei das Rotorjoch (5) des um die zweite Drehachse (B) angeordneten Außenläufermotors (2) endseitig an einen im zweiten Antriebsgehäuse (1') drehbar gelagerten Rotorkörper (6) angeschlossen sowie zwischen dem Stator (3) und einem zylindrischen Gehäuseabschnitt mit einer auf das Rotorjoch (5) wirkenden Blockiereinrichtung (7) angeordnet ist, wobei das zweite Antriebsgehäuse (1') an den Rotorkörper (6) des um die erste Drehachse (A) angeordneten Außenläufermotors fest angeschlossen ist undwobei die Blockiereinrichtungen (7) jeweils aus einer fluidbeaufschlagten, deformierbaren Membran (8) bestehen, die sich unter Fluiddruck an das Rotorjoch (5) anlegt.

Gemäß der auf Seite 2, Abs. 1 der geltenden Beschreibung angegebenen Aufgabe soll damit ein derartiger Antriebskopf möglichst einfach und kompakt aufgebaut sein und präzise Stellbewegungen bei hohem Antriebsmoment ermöglichen.

3. Der geltende Patentanspruch 1 beruht auf dem erteilten Patentanspruch 1 unter Hinzunahme von Merkmalen aus dem erteilten Patentanspruch 3. Sein Gegenstand ist damit gegenüber der erteilten Fassung im Rahmen der erteilten Unterlagen beschränkt. Da er auch kein aliud enthält, ist er zulässig.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 gehen auf die erteilten Ansprüche 2, 4 und 5 zurück und sind damit ebenfalls zulässig.

4.1 Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, wie auch von den Einsprechenden nicht in Frage gestellt wurde.

So zeigt mit Ausnahme der WO 96/41 695 A1 keine der angeführten Druckschriften eine Werkzeugspindel mit zwei Drehachsen, während die Werkzeugspindel nach der WO 96/41 695 A1 keinen Außenläufermotor aufweist.

4.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die dem Patentgegenstand am nächsten kommende WO 96/41 695 A1 zeigt einen Antriebskopf für Stellbewegungen einer Werkzeugspindel mit mehreren Drehachsen und mehreren Gehäusen.

Ein wesentlicher Unterschied zu diesem Stand der Technik liegt in der Ausführung des jeweiligen Antriebs um die einzelnen Drehachsen. Während bei dem Antriebskopf nach der WO 96/41 695 A1 ein Innenläufermotor zum Einsatz kommt, ist der entsprechende Antrieb beim Patentgegenstand als Außenläufermotor ausgebildet. Diese Motorbauart weist prinzipbedingt die zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe entscheidenden Vorteile eines hohen erzielbaren Drehmoments bei kompakten Abmessungen auf, wobei zusätzlich, einem weiteren Aspekt der patentierten Erfindung Rechnung tragend, ein relativ großer Freiraum am Antriebskopf für durchzuführende Fluid- und Elektroleitungen verbleibt.

Ein weiterer entscheidender Unterschied zu diesem Stand der Technik ist in der Ausführung der Blockiereinrichtung zu sehen, welche beim Patentgegenstand aus einer fluidbeaufschlagten, deformierbaren Membran besteht, die sich unter Fluiddruck an das Rotorjoch radial klemmend anlegt. Bei dem Antriebskopf nach der WO 96/41 695 A1 hingegen ist eine sog. "sleeve clamp" (Klemmhülse) vorgesehen, die zwar hydraulisch, also durch Fluiddruck betätigt wird, jedoch keine deformierbare Membran aufweist und sich auch nicht radial klemmend an das Rotorjoch anlegt sondern, wie insbesondere aus Fig. 3 ersichtlich, als axial verschiebbare Hülse ausgebildet ist, die sich nur stirnseitig an einen entsprechenden Gehäuseabschnitt anlegen kann.

Die aus der WO 96/41 695 A1 bekannte Lehre stellt dem Durchschnittsfachmann, für den hier ein Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der Werkzeugmaschinen anzusetzen ist, somit ein fertiges und in sich schlüssiges Konzept für den Antrieb einer Werkzeugspindel mit um mehrere Drehachsen drehbaren Gehäusen zur Verfügung. Eine Anregung, hierbei auf ein gänzlich anderes Motorenkonzept umzustellen oder für die Blockiereinrichtung anstelle der axialen Klemmhülse eine deformierbare Membran einzusetzen, kann deshalb von dieser Druckschrift nicht ausgehen.

Die DE 41 22 711 A1 zeigt eine Klemmvorrichtung für eine rotierende Antriebswelle, welche, insoweit mit dem entsprechenden Merkmal des angegriffenen Patentanspruchs 1 übereinstimmend, eine fluidbeaufschlagbare deformierbare Membran aufweist. Auch ist dort zum Antrieb der Welle um eine einzige Drehachse ein Außenläufermotor vorgesehen. Dieser Druckschrift ist jedoch keinerlei Hinweis darauf zu entnehmen, dass ein solcher Aufbau für eine Werkzeugspindel mit zweiachsigem Antrieb in zwei Gehäusen Vorteile bieten könnte und daher einem Konzept, wie in der WO 96/41 695 A1 angegeben, vorzuziehen sei. So ist weder das aus der Außenläuferbauart resultierende hohe Drehmoment angesprochen noch der Vorteil der hohen Haltekraft einer außenliegenden Klemmmembran mit dementsprechend großer Anpressfläche erwähnt. Auch der Aspekt eines großen Freiraums für Leitungsdurchführungen spielt bei diesem Stand der Technik keine Rolle.

Der Fachmann, wie er oben definiert ist, wird sich daher auch in Kenntnis der DE 41 22 711 A1 nicht veranlasst sehen, die aus der WO 96/41 695 A1 bekannte Werkzeugspindel unter völliger Abkehr von dem dort als vorteilhaft beschriebenen Antriebskonzept und unter Inkaufnahme eines entsprechend hohen Aufwandes gänzlich umzukonstruieren.

Die weiteren Druckschriften zum Stand der Technik sind von den Einsprechenden lediglich als zusätzlicher Beleg für die Verwendung von Hülsen-Klemmeinrichtungen bzw. zu Merkmalen von Unteransprüchen angeführt worden und liegen sämtlich weiter ab vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 als der vorstehend abgehandelte Stand der Technik.

5. Wegen des Nichterscheinens der Einsprechenden II zur mündlichen Verhandlung konnte der von ihr behaupteten Vorbenutzung nicht weiter nachgegangen werden. Insbesondere hätte der vom Senat bisher als hierzu nicht hinreichend substantiiert angesehene Sachvortrag einer weiteren Aufklärung bedurft, um ggf. eine den Patentgegenstand entgegenstehende Benutzung feststellen zu können.

6. Nach alledem ist der geltende Patentanspruch 1 bestandsfähig. Mit ihm sind auch die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 bestandsfähig, da ihre Gegenstände über bloße Selbstverständlichkeiten hinausgehen.

Kowalski Eberhard Dr. Huber Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 01.03.2005
Az: 8 W (pat) 330/02


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