Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 148/00

(BPatG: Beschluss v. 16.01.2001, Az.: 33 W (pat) 148/00)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patentamts vom 9. Juni 2000 aufgehoben, soweit mit ihm der Marke 399 74 088.0 der Schutz versagt worden ist.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 25. November 1999 die Wortmarkebrandscriptzur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 9. Juni 2000 für folgende Waren und Dienstleistungen teilweise zurückgewiesen:

Klasse 9: Datenverarbeitungsprogramme und Computersoftware (jeweils soweit in Klasse 9 enthalten), mit Programmen versehene Datenträger aller Art Klasse 35: Werbung, Büroarbeiten Klasse 42: Entwicklung, Erstellung und Wartung von Programmen für die Datenverarbeitung, Planung und Durchführung von Projekten auf dem Gebiet der Datenverarbeitung Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handle und daß es der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziff 1 MarkenG). Die Angabe "brandscript" weise unmittelbar darauf hin, daß die von dem Anmelder angebotenen Waren und Dienstleistungen ein Script zum Gegenstand hätten, das sich mit Marken beschäftige.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 9. Juni 2000 aufzuheben und die Marke "brandscript" - Aktenzeichen 399 74 088.0/35 - einzutragen.

Er trägt vor, daß es sich bei dem aus den Wörtern "brand" und "script" zusammengesetzten Zeichen um eine phantasievolle sprachwidrige Wortneubildung handle; ein glatt waren- bzw dienstleistungsbeschreibender Ausdruck sei nicht gegeben.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke "brandscript" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st. Rspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with des Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - Yes; BGH GRUR 1999, 1093 - For You mwN).

Zwar hat die Markenstelle des Patentamts zutreffend ausgeführt, daß die angemeldete Marke aus den Begriffen "brand" und "script" zusammengesetzt sei und daß beide Einzelbegriffe - obwohl ursprünglich aus der englischen Sprache stammend - breiten Kreisen der deutschen Verbraucher in ihrem Bedeutungsgehalt verständlich seien. Dennoch hält es der Senat nicht für ausreichend wahrscheinlich, daß sich den hier beteiligten Verkehrskreisen, auch wenn es sich hauptsächlich um weitgehend fachlich orientierte Abnehmer handelt, der vom Patentamt festgestellte Sinngehalt der Bezeichnung "brandscript" ohne weiteres aufdrängt.

Ein eindeutiger Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke setzt zunächst voraus, daß der angesprochene Verkehr ohne weitere Überlegung überhaupt erkennt, daß die angemeldete Bezeichnung aus englischen Wörtern zusammengesetzt ist. Für ein derartiges Erfassen, könnte zwar sprechen, daß auf dem Gebiet der beanspruchten Waren und Dienstleistungen häufig englische Ausdrücke verwendet werden. Das Wort "brand" könnte aber spontan auch dem deutschen Wortschatz zugeordnet werden, etwa weil es als Substantiv des Verbes "brennen" verstanden wird oder auch andere Assoziationen (zB iVm Weinbrand oder Brandy) auslösen wird.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, daß die Marke aus englischen Wörtern zusammengesetzt ist, steht aufgrund der Mehrdeutigkeit des Begriffes "script" vorliegend kein beschreibender Begriffs- oder Aussagegehalt des angemeldeten Zeichens im Vordergrund. Der Ausdruck "script" wird in Law Dictionary, von Beseler/Jacobs-Wüstefeld, 1986, übersetzt mit "Handschrift", "Schrift (-Art)", "Manuskript", "Urschrift", "Erstausfertigung", "Testamentsurkunde" und "(schriftliche) Prüfungsarbeit" (ebenso Der Große Eichborn, Wirtschaft, Recht, Verwaltung, Verkehr, Umgangssprache, sowie Dietl/Moss/Lorenz, Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik). Für die angesprochenen Verkehrskreise läßt sich im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht entnehmen, was unter einer "Markenschrift" oder einem "Markenmanuskript" zu verstehen ist. Zu denken wäre an eine Zusammenstellung von Marken in einer Art Heft oder Buch, wobei fraglich bleibt, welchem Zweck dies dienen sollte, weil entsprechende Auflistungen im deutschen "Markenblatt" oder entsprechenden internationalen Publikationen bereits erfolgen. Der an sich nicht sprachregelwidrig gebildete Ausdruck "brandscript" wird mit Sicherheit auch nicht im Sinne eines markenrechtlichen Manuskripts verstanden werden. Ingesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr den Begriff nur im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Möglichkeiten der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen wertet, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe, die bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PRO TECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - Change; BGH aaO - For You).

Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "brandscript" nicht. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird. Wie ausgeführt, ist der Begriff "brandscript" mehrdeutig und kann daher von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht ohne weiteres als beschreibende Angabe verstanden werden.

Der angefochtene Beschluß war mithin aufzuheben.

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 16.01.2001
Az: 33 W (pat) 148/00


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