Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 10. Juli 2014
Aktenzeichen: 6 U 98/13

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 10.07.2014, Az.: 6 U 98/13)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in diesem Urteil entschieden, dass der Begriff "Allnet Flat" als Bezeichnung für einen Telefontarif keine Verletzung eines Unternehmenskennzeichenrechts ist. Die Klägerin, die sich mit Netzwerk- und Kommunikationstechnologien beschäftigt und das Unternehmenskennzeichen "ALLNET" führt, hatte gegen die Beklagte geklagt, die den Begriff "ALLNET FLAT" in ihrer Werbung für einen Telefontarif verwendet. Das Gericht stellte fest, dass der Begriff "ALLNET" als rein beschreibend angesehen werden kann und keine Herkunftsfunktion hat. Die Verwendung des Begriffs "ALLNET FLAT" wird vom Verkehr daher als rein beschreibender Hinweis verstanden und nicht als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin. Das Gericht verwies zudem darauf, dass auch andere Unternehmen in ihrer Werbung den Begriff "Allnet Flat" verwendeten und dieser Begriff auch in sonstigen Publikationen verwendet werde. Die Klage wurde daher abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und kann nur durch Sicherheitsleistung abgewendet werden. Die Klägerin kann gegen das Urteil keine Revision einlegen, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 10.07.2014, Az: 6 U 98/13


Der als Bezeichnung für einen Telefontarif verwendete Begriff "Allnet Flat" stellt eine rein beschreibende Benutzung dar und verletzt daher mangels kennzeichenmäßigen Gebrauchs nicht ein ein fremdes Unternehmenskennzeichenrecht an dem Firmenschlagwort "ALLNET",

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.03.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klägerin, die sich mit Netzwerk- und Kommunikationstechnologien befasst, geht aus ihrem Unternehmenskennzeichen €ALLNET€ gegen die Bezeichnung €ALLNET FLAT€, die die Beklagte in ihrer Werbung für einen Telefontarif verwendet, vor. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO), mit dem das Landgericht die Beklagte zu Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung verurteilt.Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Die zunächst eingelegte Anschlussberufung gegen die Abweisung des Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten hat die Klägerin zurückgenommen. Die Klägerin stützt die Klageansprüche im Berufungsverfahren nur noch auf ihr Unternehmenskennzeichenrecht.

Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen; wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. sowie die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten € in der Berufung nur noch auf ihr Unternehmenskennzeichenrecht gestützten €Klageansprüche nicht zu.

Die Klägerin hat ein Unternehmenskennzeichenrecht (§ 5 IIMarkenG) an ihrem Firmenschlagwort €ALLNET€. Zwar erkennt der Verkehr in diesem Zeichen die englischen Worte für €alle(s)€ und €Netz€, die für die Betätigung der Klägerin in der Netzwerktechnologie auch einen beschreibenden Anklang haben. Gleichwohl verfügt das Firmenschlagwort über eine originäre Unterscheidungskraft, weil für den Verkehr jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich ist, was mit den genannten Begriffen konkret zum Ausdruck gebracht werden soll.

Das Unternehmenskennzeichen der Klägerin wird jedoch von der Beklagten nicht rechtsverletzend benutzt (§ 15 II MarkenG), weil es an dem dafür erforderlichen kennzeichenmäßigen Gebrauch fehlt.Dieser setzt voraus, dass die angegriffene Bezeichnung aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Hinweis auf ein Unternehmen oder die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden kann (vgl. BGH GRUR2009, 685 € ahd.de, juris-Tz. 20). In der konkret angegriffenen Verletzungsform € der Verwendung des Begriffs €ALLNET FLAT€ im Rahmen der im Tenor des wiedergegebenen Urteils wiedergegebenen Werbung - sieht der Verkehr jedoch einen rein beschreibenden Hinweis, dem keinerlei Herkunftsfunktion beigemessen wird.

Die Verletzungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die mit dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin übereinstimmende Bezeichnung €ALLNET€ um den Begriff €FLAT€ ergänzt wird, den € wie das auch das Landgericht zutreffend angenommen hat € der Verkehr als Abkürzung des Begriffs €Flatrate€ erkennt. Zudem heißt es unterhalb der blickfangartig Hervorhebung von €ALLNET FLAT€ auf der ersten Seite der Werbung €Hier findest Du alle Details zu Deinem Tarif€. Damit wird deutlich, dass es sich bei €ALLNET FLAT€ um die Bezeichnung für einen bestimmten von der Beklagten angebotenen Telefontarif handeln soll. In der Funktion als Bezeichnung für einen Telefontarif wird €ALLNETFLAT€ vom angesprochenen Verkehr aber allein dahin verstanden, dass der so bezeichnete Tarif eine Flatrate in alle Netze beinhaltet. Auch aus der Tatsache, dass die englischen Begriffe in diesem Sinnzusammenhang grammatisch nicht korrekt verwendet werden, ergibt sich kein kennzeichnender Überschuss, da der Verkehr sich an diese Art der Begriffsbildung inzwischen gewöhnt hat. Ein kennzeichenmäßiger Gebrauch der angegriffenen Verletzungsform kann schließlich nicht aus der großen Bekanntheit des Klagezeichens hergeleitet werden (vgl. allgemein hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rdz. 33 zu § 15 sowie Rdz.151 zu § 14 m.w.N.); denn dass das Unternehmenskennzeichen der Klägerin innerhalb der Verbraucher, an die sich Beklagte mit ihrer Werbung richtet, einen erhöhten Bekanntheitsgrad verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Die getroffenen Feststellungen zum rein beschreibenden Verständnis der angegriffenen Bezeichnung kann der erkennende Senat, deren Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis gehören,aus eigener Sachkunde treffen. Sie werden im Übrigen durch die von der Beklagten vorgelegten zahlreichen Beispiele dafür bestätigt,dass auch in der Werbung von Mitbewerbern sowie in sonstigen Publikationen wie etwa dem Heft der Stiftung Warentest oder in Vergleichsportalen die Begriff €Allnet Flat€ oder €Allnet Flatrate€ € teilweise in abweichender Schreibweise € in dem dargestellten rein beschreibenden Sinn verwendet werden (Anlagen B 1- 26, Bl. 174 ff. d.A., B 28-30, Bl.292 ff. d.A., B 31-34, Bl. 409 ff. d.A.).

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, dass die vorgelegten Beispiele aus der Zeit nach 2012 und damit der erstmaligen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung durch die Beklagte stammten. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs, für den auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist, ist dieser Einwand von vornherein unbeachtlich. Aber auch ein Schadensersatzanspruch für einen vorübergehenden Zeitraum nach Aufnahme der angegriffenen Verletzungshandlung besteht nicht; denn die von der Klägerin vorgelegten Verwendungen Dritter haben das vom Senat festgestellte,von Anfang an bestehende beschreibende Verständnis der Verletzungsform lediglich indiziell bestätigt.

Soweit € worauf der Klägervertreter in der Senatsverhandlung hingewiesen hat € der vielfache Gebrauch der beschreibenden Tarifbezeichnung €ALLNET FLAT€ zu einer gewissen Verwässerung des Klagezeichens führen kann, ist dies Folge der an beschreibende Begriffe angelehnten Wahl dieses Unternehmenskennzeichens und von der Klägerin daher hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711ZPO.

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass in der bereits erstinstanzlich vorgenommenen Streichung der Worte €ALLNET€ und €oder€ aus dem Unterlassungsantrag keine teilweise Klagerücknahme, sondern lediglich eine Klarstellung des Verbotsziels lag; denn der Antrag nahm zugleich auf die konkrete Verletzungsform Bezug, in der die Bezeichnung €ALLNET€ nicht isoliert verwendet wird. Der bereits festgesetzte Berufungsstreitwert entspricht daher dem Streitwert der ersten Instanz.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 IIZPO) sind nicht erfüllt. Die Entscheidung hängt von der Anwendung anerkannter markenrechtlicher Grundsätze auf den vorliegenden Einzelfall ab.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 10.07.2014
Az: 6 U 98/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a4afcbf6d24d/OLG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_10-Juli-2014_Az_6-U-98-13




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