Kammergericht:
Beschluss vom 6. Oktober 2006
Aktenzeichen: 5 W 205/06

(KG: Beschluss v. 06.10.2006, Az.: 5 W 205/06)

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2 und 3 wird das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 20. Juni 2006 - 16 O 598/05 - im Kostenpunkt abgeändert:

Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz hat die Klägerin zu tragen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 9.000 €.

Gründe

A.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3. August 2006 gegen den Kostenpunkt des erstinstanzlichen Urteils ist als eine solche (nur) der Beklagten zu 2 und 3 aufzufassen, denn die Beklagte zu 1 ist durch den Kostenpunkt nicht beschwert und macht dergleichen auch nicht geltend.

I.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 91a Abs. 2 Satz 1, § 569 ZPO zulässig. Nach der zuerst genannten Vorschrift ist sie im Fall übereinstimmend abgegebener Teilerledigungserklärungen gegen eine in einem Urteil nach §§ 91, 91a ZPO getroffene sogenannte gemischte Kostenentscheidung - isoliert - statthaft, soweit (wie hier der Fall) die zu dem erledigten Teil gehörige Kostenentscheidung angegriffen werden soll (vgl. BGHZ 40, 265, 269 f.).

II.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht hinsichtlich der ursprünglich gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten und dann übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsklage die Beklagten zu 2 und 3 (anteilig) mit den Kosten des Rechtsstreits belastet.

1. Nach beiderseitiger Erledigungserklärung ist über die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat grundsätzlich diejenige Partei die Kosten zu tragen, die ohne den Eintritt des erledigenden (bzw. des die Erklärung veranlassenden) Ereignisses voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen wäre (vgl. BGH WRP 2005, 126; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 24, m.w.N.).

2. Ob danach hier die Beklagten zu 2 und 3 deshalb mit den Kosten (anteilig) zu belasten wären, weil die gegen sie gerichtete Klage auf Unterlassung ursprünglich zulässig und begründet war, oder ob es sich gegenteilig verhält (weil etwa die Unterlassungsklage auf eine "gesamtschuldnerische Verurteilung" der Beklagten abgezielt hat), kann offen bleiben. Denn im Streitfall ist eine Kostentragungslast der Klägerin insoweit - entgegen der Auffassung des Landgerichts - jedenfalls in entsprechender Anwendung des aus § 93 ZPO folgenden Rechtsgedankens anzunehmen.

Nach besagter Vorschrift fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und wenn er den Anspruch sofort anerkennt. Die erstgenannte Voraussetzung liegt ihrem Wortlaut nach, die zweite ihrem Rechtsgedanken nach vor.

a) Die Beklagten zu 2 und 3 haben nicht zur Erhebung der gegen sie gerichteten Unterlassungsklage "Veranlassung" gegeben. Dies gibt regelmäßig nicht schon wer - hier unterstellt - das Recht verletzt, sondern nur, wer trotz Abmahnung kein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abgibt (vgl. Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, § 12 Rdn. 4 m.w.N.). An einer vorgerichtlichen Abmahnung der Beklagten zu 2 und 3 fehlt es indes.

Es war, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 26. Januar 2005 die Beklagte zu 1 abgemahnt hatte, auch nicht etwa (zur Vermeidung des aus § 93 ZPO folgenden Kostenrisikos) entbehrlich, die Beklagten zu 2 und 3, welche die Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zu 1 sind, ebenfalls förmlich abzumahnen. Zwar wird zuweilen die Auffassung vertreten, dass es einer gesonderten Abmahnung des Geschäftsführers einer GmbH zur Vermeidung des aus § 93 ZPO folgenden Kostenrisikos bei gerichtlicher Inanspruchnahme des Geschäftsführers nicht bedürfe, wenn die zuvor abgemahnte GmbH die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, da sich das Erfordernis einer weiteren Abmahnung dem Geschäftsführer gegenüber dann als reine Förmelei darstellte (so LG Dortmund WRP 2004, 520). Diese Auffassung kommt im Streitfall aber bereits deshalb nicht zum Tragen, weil die vorgerichtliche Abmahnung der Beklagten zu 1 gerade nicht erfolglos war, sondern im Gegenteil die Vergleichsvereinbarung einschließlich Unterwerfung nach sich zog, die die Beklagte zu 1 auch niemals aufgesagt hat. Mithin hätte umso mehr Veranlassung bestanden, den Beklagten zu 2 und 3 ebenfalls vor deren gerichtlicher Inanspruchnahme per Abmahnung die Gelegenheit zu geben, sich förmlich zu unterwerfen.

9b) Ein vom Wortlaut des § 93 ZPO gefordertes prozessuales Anerkenntnis des ursprünglich eingeklagten Unterlassungsanspruchs hat es zwar nicht gegeben. Das ist aber unschädlich, denn nach einhelliger Auffassung greift § 93 ZPO in entsprechender Anwendung des aus ihm folgenden Rechtsgedankens auch bei übereinstimmender Erledigungserklärung infolge - wie hier geschehen - strafbewehrter Unterlassungserklärung des Beklagten Platz, sofern letztere "sofort" erfolgt ist (vgl. dazu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 55 Rdn. 10, m.w.N.).

10Kommt es demzufolge darauf an, ob die Beklagten zu 2 und 3 sich im Sinne von § 93 ZPO "sofort" unterworfen haben, so ist - anders als im angefochtenen Urteil geschehen - nicht erst auf die Unterwerfung mit Schriftsatz vom 13. Juni 2006 abzustellen (welche allerdings nicht "sofort" nach Klageerhebung, sondern erst kurz vor Ende des ersten Rechtszugs erfolgt ist). Mit Recht weisen die Beklagten zu 2 und 3 nämlich in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Unterwerfung schon wesentlich früher, und zwar mit der - fristgerecht eingereichten - Klageerwiderung vom 10. November 2005 (Seite 12 = Bl. 47 der Akten) erfolgt ist. Dort haben die Beklagten zu 2 und 3 erklärt, dass sie der Unterlassungsverpflichtungserklärung (der Beklagten zu 1) aus der Vergleichsvereinbarung inhaltsgleich beitreten. Bereits seinerzeit war die Klägerin also hinsichtlich eines (etwaigen) Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten zu 2 und 3 klaglos gestellt, zumal die im Vergleich geregelte - anspruchsbeschränkende - Aufbrauchfrist zum Zeitpunkt besagter Beitrittserklärung aufgrund Zeitablaufs bereits hinfällig geworden war.

c) Die Unterwerfungserklärung der Beklagten zu 2 und 3 vom 10. November 2005 ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung "sofort" i.S. von § 93 ZPO erfolgt.

aa) Ein Einlenken des Beklagten gemäß oder entsprechend § 93 ZPO erfolgt dann "sofort", wenn es bei der ersten prozessual dafür in Betracht kommenden Gelegenheit geschieht (OLG Düsseldorf MDR 1991, 257). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht bei der (auch hier erfolgten) Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens dem Beklagten nicht nur die zweiwöchige Notfrist des § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft, sondern darüber hinaus - also zeitlich nach erfolgter Verteidigungsanzeige - die gesetzte Klageerwiderungsfrist zur Verfügung, um (unter Wahrung des aus § 93 ZPO folgenden Kostenvorteils) zu entscheiden, ob und wie er sich gegen die Klage verteidigen oder den Klageanspruch anerkennen will (vgl. BGH NJW 2006, 2490, 2492).

bb) Offen geblieben ist nach besagter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) bislang allerdings, ob ein innerhalb der Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis auch dann "sofort" i.S. des § 93 ZPO erfolgt ist, wenn zuvor binnen besagter Notfrist nicht nur Verteidigungsbereitschaft angezeigt, sondern auch - wie hier mit Schriftsatz vom 30. September 2005 geschehen - schon ein Klageabweisungsantrag angekündigt worden war. In dieser Allgemeinheit muss die Frage indes auch im Streitfall nicht entschieden werden.

14Denn nach Auffassung des Senats steht die Ankündigung eines Klageabweisungsantrags der Kostenfolge des § 93 ZPO jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es nicht um die Sofortigkeit eines nachfolgenden Anerkenntnisses geht (§ 93 ZPO in direkter Anwendung), sondern um die Sofortigkeit einer nachfolgenden Unterwerfung (§ 93 ZPO in entsprechender Anwendung). Denn der angekündigte Klageabweisungsantrag steht zu einer nachfolgenden Unterwerfung keineswegs in Widerspruch (wie möglicherweise zu einem nachfolgenden Anerkenntnis), sondern geht mit einer solchen einher, weil diese dem eingeklagten Unterlassungsanspruch - anders als das Anerkenntnis - durch Ausräumung der Wiederholungsgefahr die Grundlage entzieht. Der (angekündigte) Klageabweisungsantrag ist demzufolge sogar nach Abgabe des strafbewehrten Unterlassungsversprechens noch solange berechtigt und aus Sicht des Beklagten prozessual sachgerecht, wie nicht der Kläger seinerseits die prozessual zutreffende Konsequenz aus dem Versprechen zieht und den Unterlassungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gerade im Streitfall, wo eine solche Erledigungserklärung der Klägerin auch nach der in der Klageerwiderung erfolgten Unterwerfung noch lange Zeit auf sich warten ließ, hat sich gezeigt, dass der - schon innerhalb der Notfrist und im Übrigen später auch nochmals in der Klageerwiderung angekündigte - Klageabweisungsantrag noch über einen längeren Zeitraum hinweg ein prozessual folgerichtiges Verhalten der Beklagten zu 2 und 3 gewesen ist.

B.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß § 3 ZPO nach Maßgabe der in erster Instanz entstandenen Kosten, soweit diese vom Beschwerdeverfahren, das die Beklagten zu 2 und 3 betreiben, erfasst sind.






KG:
Beschluss v. 06.10.2006
Az: 5 W 205/06


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