Oberlandesgericht München:
Urteil vom 9. September 2009
Aktenzeichen: 7 U 1997/09

(OLG München: Urteil v. 09.09.2009, Az.: 7 U 1997/09)

Tenor

I. Die Berufung des Klägers zu 3) gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger zu 3) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger zu 3) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger zu 3) und die Beklagte streiten mittels Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage um die Wirksamkeit mehrerer Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten.

Die Beklagte - eine börsennotierte Aktiengesellschaft aus der IT-Branche mit einem in 4.130.633 Stückaktien eingeteilten Grundkapital von 4.130.633, -€ veröffentlichte am 18.07.2008 im elektronischen Bundesanzeiger die Einladung zu ihrer Hauptversammlung für den 26.08.2008.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Bekanntmachung wird auf die Feststellungen des Landgerichts sowie auf Anlage K 2 aus dem hinzuverbundenen Verfahren 5 HKO 16857/08 Bezug genommen.

Der Kläger zu 3) hielt als Treuhänder 52.262 Aktien für Herrn Leo V. als Treugeber. Herr Leo V. sowie die Aktionäre Dr. Thomas G. und Sabine G. hatten ihr Verhalten abgestimmt. Der Kläger zu 3) versandte am 04.07.2008 an die Beklagte wie auch an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend BaFin genannt) eine Stimmrechtsmitteilung gemäß § 21 WpHG, wonach ihm direkt 52.262 Aktien zustehen und weitere 186.830 Aktien gemäß § 22 Abs. 2 WpHG zugerechnet wurden (Anlage B 1). Herr Leo V. selbst meldete der Beklagten ebenfalls am 04.07.2008 (Anlage B 2) die Überschreitung von 3 % und 5 % der Meldeschwelle dergestalt, dass ihm direkt null Aktien zustehen und weitere 52.262 Aktien gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zugerechnet würden. Ebenfalls am 04.07.2008 meldeten Herr Dr. Thomas G. und Frau Sabine G. jeweils das Überschreiten von Schwellenwerten (Anlage B 3, B 4). Am 07.07.2008 übermittelte der Kläger zu 3) der Beklagten eine Korrekturstimmrechtsmitteilung, wonach er erläuterte, dass er die Anteile treuhänderisch für Herrn Leo V. halte (Anlage B 5). Herr Leo V. übermittelte der Beklagten am 09.07.2008 ein an die BaFin gerichtetes Telefax (Anlage B 8), in dem Folgendes ausgeführt wurde: €Sehr geehrte Frau B., hiermit werden die Meldungen für Herrn Peter E. gemäß §§ 21, 22 WpHG vom 04.07.2008 und vom 07.07.2008 (Korrektur der Meldung vom 04.07.2008) hinsichtlich seiner Stimmrechte an der TR. AG zurückgenommen.

Die korrigierten Meldungen erhalten Sie hiermit beiliegend.€

Nach den ersten Meldungen vom 04.07.2008 übermittelten sowohl die Eheleute Dr. Thomas und Sabine G. sowie auch Herr V. weitere Korrekturmitteilungen am 07.07., 09.07. und 10.07.2008. Zuletzt erhielt die Beklagte folgenden Stand übermittelt:

direktzugerechnet durch wen Zurechnungnormnach WpHGDr. Thomas G. 93.411 93.410Ehefrau§ 22 Abs. 2Sabine G.93.41093.41152.262EhemannE.§ 22 Abs. 2Leo V.052.26293.41093.311E.Hr. G.Fr. G.§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 § 22 Abs. 2§ 22 Abs. 2Peter E.00 Hinsichtlich der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse wird auf die landgerichtlichen Feststellungen und Anlage K 3 Bezug genommen.

Der Kläger erhob Anfechtungsklage, hilfsweise Nichtigkeitsklage zu den in der Hauptversammlung gefassten Beschlüssen zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 4, 5, 6 und 7.

Das Landgericht hat die Klage des Klägers zu 3) als unbegründet abgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, dem Kläger zu 3) fehle die Anfechtungsbefugnis aus § 245 Nr. 1 AktG. Dies ergebe sich aus der Vorschrift des § 28 WpHG, weil der Kläger zu 3) seinen Meldepflichten nach §§ 21, 22 WpHG nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der Kläger zu 3) sei unstreitig Treuhänder von 52.262 Aktien gewesen, deren Treugeber Herr Leo V. war, der wiederum in einem €acting in concert€ mit den Eheleuten Dr. Thomas und Sabine G. verbunden war, so dass § 22 Abs. 2 WpHG eingreife. Da dem Kläger zu 3) das Verhalten seines Treugebers Leo V. zugerechnet werde, sei er ebenfalls Beteiligter des €acting in concert€ gewesen. Hier bestehe daher eine Meldepflicht auch hinsichtlich der über § 22 Abs. 2 WpHG zugerechneten Aktien für den Treuhänder. Andernfalls könnte durch die Begründung von Treuhandverhältnissen die Meldepflicht umgangen werden. Demgemäß sei der Kläger zu 3) verpflichtet gewesen, auch die Aktien aus dem acting in concert zu melden. Da er dies unterlassen hat, bestünden die Rechte aus den Aktien gemäß § 28 WpHG nicht.

Die hilfsweise erhobene Nichtigkeitsklage sei ebenfalls unbegründet, da der Kläger zu 3) keinen Nichtigkeitsgrund geltend machen konnte. Die Voraussetzungen nach § 241 Nr. 1 AktG seien nicht erfüllt. Mängel über Ausführungen zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht würden nicht die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach sich ziehen.

Wegen der weiter erhobenen Rügen wird auf die landgerichtlichen Feststellungen (Ziffer II 2-4) verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers zu 3).

Der Kläger zu 3) ist der Auffassung, er sei anfechtungsbefugt. Ihn selbst treffe keine Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 WpHG.

Das Erstgericht habe rechtsfehlerhaft die Stimmrechte des Treugebers Herrn Leo V., dem Kläger zu 3), als seinem Treuhänder, gemäß § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG zugerechnet. Diese blieben für etwaige Meldepflichten des Klägers zu 3) als Treuhänder außer Betracht.

Die Voraussetzungen für eine Zurechnung gemäß § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG würden nicht vorliegen.

Der klare Wortlaut der Vorschrift des § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG sehe eine solche Zurechnung nicht vor. Eine Analogie sei darüber hinaus unzulässig und nicht geboten. Sie komme mangels Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke auch nicht in Betracht. Zudem gebiete die Interessenlage keineswegs eine Meldepflicht. Zweck der Mitteilungspflicht sei die Darlegung der Kontrollverhältnisse, nicht die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse per se.

Da der weisungsabhängige Treuhänder keinerlei Kontrollrechte über den Treugeber ausüben könne, sondern vielmehr von dessen Weisungen abhängig sei (§ 665 BGB), habe er keine Einflussmöglichkeit auf die Stimmrechte des Treugebers.

Eine Zurechnung der Stimmrechte nach § 22 Abs. 2 WpHG aufgrund abgestimmten Verhaltens (€acting in concert€) scheide ebenfalls aus. Es liege ein solches Abstimmungsverhalten zwischen dem Kläger zu 3) und Herrn und Frau G. bereits im Ansatz nicht vor, da zu ihnen keine Kommunikation erfolgte; für den Kläger zu 3) sei vielmehr alleiniger Ansprechpartner Herr Leo V. gewesen. Welche Absprachen dieser mit weiteren Aktionären treffe, sei für ihn ohne Belang.

Wegen der Treuhandvereinbarung mit Herrn V. sei er gemäß § 665 BGB dessen Weisungen unterworfen, ein eigenverantwortliches Vorgehen und somit ein aus eigener Entscheidungsmacht stammendes Abstimmen mit Dritten scheide zwingend aus.

Mangels einer Meldepflicht komme ein Rechtsverlust gemäß § 28 WpHG nicht in Betracht.

Selbst bei hypothetisch angenommener Meldepflichtverletzung fehle es an einem für § 28 WpHG relevanten Rechtsverstoß.

Nach dem eindeutigen Wortlaut lasse § 28 WpHG die Anwendung von § 22 Abs. 2 WpHG nicht ausreichen. Das Erstgericht bediene sich einer unzulässigen Analogie.

Zudem fehle es für den Rechtsverlust gemäß § 28 WpHG am Verschulden des Klägers zu 3) als Meldepflichtiger. Die wiederholten Stimmrechtsänderungen würden zum einen darauf beruhen, dass die BaFin die hier dargestellte Rechtsauffassung vertritt, an diese sei der Meldepflichtige gebunden. Der Kläger habe auf die Rechtsauffassung der BaFin vertrauen dürfen, ihn treffe daher kein Verschulden.

Im Übrigen sei kein Rechtsverlust eingetreten wegen von Anfang an gegebener Transparenz. Bei Unterstellung der Richtigkeit der landgerichtlichen Entscheidung, sei immerhin die erste Meldung des Klägers zu 3), der Meldung des acting in concert, richtig erfolgt. Den Zweck der Meldevorschriften, ein €Anschleichen€ zu verhindern, habe der Kläger zu 3) daher von Anfang an erfüllt.

Der Kläger zu 3) hält seine Anfechtungsklage auch weiterhin für begründet und stützt sich dabei im Wesentlichen auf die in erster Instanz bereits vorgetragenen Gründe.

Der Kläger zu 3) beantragt daher:

Unter Abänderung des am 29. Januar 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az. 5 HK O 16785/08, wird erkannt:

I. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss der Hauptversammlung zu Punkt 2) der Tagesordnung, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Mitgliedern des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen

und gleichlautend so beschlossen wurde, wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 2 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist.

II. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Punkt 3) der Tagesordnung, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen

und gleichlautend so beschlossen wurde, wird für nichtig erklärt

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 3 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist.

III. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

Der Aufsichtsrat schlägt vor, die AWT H. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2008 zu bestellen

und gleichlautend so beschlossen wurde, wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist

IV. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

Die Vergütung des Aufsichtsrats soll auf ein angemessenes Niveau erhöht und § 12 Abs. 1 der Satzung deshalb entsprechend angepasst werden.

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen daher vor, folgenden Beschluss zu fassen: § 12 Abs. 1 der Satzung wird insgesamt wie folgt neu gefasst:

€Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten für jedes volle Geschäftsjahr ihrer Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat eine feste Vergütung in Höhe von € 12.500,00, zahlbar nach Ablauf des Geschäftsjahres. Der Vorsitzende erhält den Doppelten, der Stellvertreter den 1,5-fachen Betrag. Aufsichtsratsmitglieder, die dem Aufsichtsrat nicht während eines vollen Geschäftsjahres angehört haben, erhalten die Vergütung entsprechend der Dauer ihrer Aufsichtsratszugehörigkeit.€

und gleichlautend so beschlossen wurde, wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist.

V. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

(1) Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 4.130.633,00, eingeteilt in € 4.130.633,00 auf den Inhaber lautenden Stückaktien wird um € 3,00 auf € 4.130.630,00, eingeteilt in € 4.130.630,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien, herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt zum Zwecke der Abrundung des Grundkapitals zur Vorbereitung auf eine Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form im Verhältnis 7 : 1 durch Einziehung von 3 Aktien, die der Gesellschaft von dem Aktionär ce GL. AG, München, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

(2) Das gemäß Ziffer 1 herabgesetzte Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 4.130.630,00, eingeteilt in € 4.130.630,00, auf die Inhaber lautende Stückaktien, wird um € 3.540.540,00 auf € 590.090,00, eingeteilt in € 590.090,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien zum Zweck der Deckung von Verlusten herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) im Verhältnis 7 : 1. Sie wird in der Weise durchgeführt, dass jeweils sieben auf den Inhaber lautende Stückaktien zu einer auf den Inhaber lautende Stückaktie zusammengelegt werden.

(3) Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Einzelheiten der Durchführung des Beschlusses zu regeln.

(4) In Anpassung an die vorstehenden Beschlüsse erhalten § 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung (Höhe und Einteilung des Grundkapitals) mit Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung folgende Fassung:

€(1) Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt € 590.090,00€

€(2) Das Grundkapital der Gesellschaft ist eingeteilt in 590.090,00 Stückaktien€

der abweichend vom ursprünglichen Vorschlag wie folgt beschlossen wurde:

Beschlussfassung über die Herabsetzung des Grundkapitals in vereinfachter Form zum Zwecke der Deckung von Verlusten und Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage durch Zusammenlegung von Aktien und über die Anpassung der Satzung:

(1) Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 4.130.633,00, eingeteilt in € 4.130.633,00 auf den Inhaber lautenden Stückaktien wird um € 5,00 auf € 4.130.628,00, eingeteilt in € 4.130.628,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien, herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt zum Zwecke der Abrundung des Grundkapitals zur Vorbereitung auf eine Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form im Verhältnis 6 : 1 durch Einziehung von 5 Aktien, die der Gesellschaft von dem Aktionär ce GL. AG, München, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

(2) Das gemäß Ziffer 1 herabgesetzte Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 4.130.628,00, eingeteilt in € 4.130.628,00, auf die Inhaber lautende Stückaktien, wird um € 3.442.190,00 auf € 688.438,00, eingeteilt in € 688.438,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) im Verhältnis 6 : 1 um in Höhe von € 3.012.506,06 bestehende Wertminderungen zum 30.06.2008 auszugleichen und sonstige Verluste zu decken sowie Beträge in Höhe von € 429.683,94 in die - zum Ausgleich der Verluste zuvor teilweise aufgelöste - Kapitalrücklage einzustellen. Die Kapitalherabsetzung wird in der Weise durchgeführt, dass jeweils sechs auf den Inhaber lautende Stückaktien zu einer auf den Inhaber lautenden Stückaktie zusammengelegt werden.

(3) Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Einzelheiten der Durchführung des Beschlusses zu regeln.

(4) In Anpassung an die vorstehenden Beschlüsse erhalten § 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung (Höhe und Einteilung des Grundkapitals) mit Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung folgende Fassung:

€(1) Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt € 688.438,00€

€(2) Das Grundkapital der Gesellschaft ist eingeteilt in 688.438,00 Stückaktien€

wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist.

VI. Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7, der wie folgt zur Beschlussfassung angekündigt war:

(1) Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen

Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 25. August 2013 einmalig oder mehrmals auf den Inhaber lautende Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu € 1.000.000,00 mit einer Laufzeit von längstens zehn Jahren zu begeben und den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen, Wandlungsrechte auf bis zu insgesamt 304.000 neue, auf den Inhaber lautende Stückaktien der Gesellschaft nach näherer Maßgabe der Wandelanleihebedingungen zu gewähren. Die Wandelschuldverschreibungen können gegen Bareinlagen in Euro begeben werden, die Wandelschuldverschreibungen können ferner gegen Sacheinlagen, insbesondere gegen Übertragung von Darlehensforderungen begeben werden, sofern der Wert der Sacheinlage dem Ausgabepreis der Wandelschuldverschreibungen entspricht, d.h. bei Darlehensforderungen entspricht eine Forderung von € 1,00 einer Teilschuldverschreibung in Höhe von € 1,00.

Den Aktionären steht grundsätzlich ein Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen zu; die Wandelschuldverschreibungen können auch von einem Bankenkonsortium mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats Spitzenbeträge, die sich aufgrund des Bezugsverhältnisses ergeben, von dem Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. Der Vorstand wird ferner ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, soweit Wandelschuldverschreibungen gegen Sacheinlagen ausgegeben werden.

Die Inhaber der Wandelschuldverschreibungen erhalten das Recht, ihre Teilschuldverschreibungen nach näherer Maßgabe der Wandelanleihebedingungen in Aktien der Gesellschaft umzutauschen. Das Umtauschverhältnis ergibt sich aus der Division des Nennbetrages der Teilschuldverschreibung durch den festgesetzten Wandlungspreis für eine Aktie der Gesellschaft. Das Umtauschverhältnis kann sich auch durch die Division des unter dem Nominalbetrag liegenden Ausgabebetrages einer Teilschuldverschreibung durch den festgesetzten Wandlungspreis für eine neue Aktie der Gesellschaft ergeben. Das Umtauschverhältnis kann in jedem Fall auf volle Zahlen auf- oder abgerundet werden; ferner kann eine in bar zu leistende Zuzahlung festgelegt werden. Im Übrigen kann vorgesehen werden, dass Spitzen zusammengelegt und/oder in Geld ausgeglichen werden. Die Wandelanleihebedingungen können auch eine Wandlungspflicht zum Ende der Laufzeit oder zu einem anderen Zeitpunkt begründen. Der anteilige Betrag am Grundkapital der bei Wandlung auszugebenden Aktien darf den Nennbetrag der Wandelschuldverschreibung nicht übersteigen.

Der Wandlungspreis für eine Aktie der Gesellschaft beträgt € 1,00; § 9 Abs. 1 AktG bleibt unberührt. Wenn die Gesellschaft während der Laufzeit der Wandelanleihe unter Einräumung eines Bezugsrecht an ihre Aktionäre das Grundkapital erhöht oder weitere Wandelanleihen begibt oder garantiert und den Inhabern der Wandelschuldverschreibungen kein Bezugsrecht in dem Umfang eingeräumt wird, wie es ihnen nach Ausübung des Wandlungsrechts zustehen würde, wird weder der Wandlungspreis angepasst noch wird das Wandlungsverhältnis in Fällen einer kapitalen Herabsetzung gleich welcher Art angepasst. Die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen haben also auch nach der Durchführung einer Kapitalherabsetzung weiterhin das unentziehbare Recht, jede Teilschuldverschreibung im Nennwert von € 1,00 in eine Inhaber-Stammaktie der Emittentin mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von € 1,00 ohne Zuzahlung zu wandeln.

Der Vorstand der Gesellschaft wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Ausgabe und Ausstattung der Wandelschuldverschreibungen, insbesondere Zinssatz, Laufzeit und Stückelung auf den Wandlungszeitraum festzusetzen.

(2) Aufhebung des (bisherigen) Bedingten Kapitals I bei gleichzeitiger Schaffung eines neuen bedingten Kapitals

(a) Gemäß § 5 Abs. 6 der Satzung besteht ein bedingtes Kapital (Bedingtes Kapital I) in Höhe von € 30.000,00 zur Ausgabe von Aktien zur Bedingung von Bezugsrechten, die im Rahmen des Aktienoptionsprogramms 2000 gewährt wurden. Diese Optionen sind verfallen und können nicht mehr ausgeübt werden. Deshalb soll das Bedingte Kapital I aufgehoben werden.

(b) Zugleich soll ein neues Bedingtes Kapital wie folgt geschaffen werden:

Das Grundkapital der Gesellschaft wird um bis zu weitere € 304.000,00 durch Ausgabe von bis zu € 304.000,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bar- und/oder Sacheinlagen bedingt erhöht. Die bedingte Kapitalerhöhung dient der Gewährung von Wandlungsrechten an die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen, die gemäß vorstehender Ermächtigung begeben werden. Die Ausgabe erfolgt zu dem gemäß Ziffer 1 festgelegten Wandlungspreis. Die bedingte Kapitalerhöhung wird nur insoweit durchgeführt, wie von Wandlungsrechten Gebrauch gemacht wird oder Wandlungspflichten aus solchen Wandelschuldverschreibungen erfüllt werden. Die aufgrund der Ausübung der Wandlungsrechte oder durch Erfüllung von Wandlungspflichten ausgegeben neuen Aktien nehmen vom Beginn des Geschäftsjahrs an, in dem sie durch Ausübung von Wandlungsrechten oder durch Erfüllung von Wandlungspflichten entstehen, am Gewinn teil. Die Wandelschuldverschreibungen werden, soweit sie nicht gegen Bareinlagen übernommen werden, im Austausch gegen Sacheinlagen ausgegeben. Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Durchführung der bedingten Kapitalerhöhung festzusetzen.

(3) Satzungsänderungen

(a) § 5 Abs. 6 der Satzung (Bedingtes Kapital I) wird ersatzlos aufgehoben.

(b) § 5 der Satzung (Höhe und Einteilung des Grundkapitals) erhält folgenden Abs. 9:

€Das Grundkapital ist um bis zu weitere € 304.000,00 durch Ausgabe von bis zu € 304.000,00 auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bar- und/oder Sacheinlagen bedingt erhöht (bedingtes Kapital 2008). Die bedingte Kapitalerhöhung wird nur insoweit durchgeführt, wie die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen, zu deren Ausgabe der Vorstand von der Hauptversammlung vom 26. August 2008 ermächtigt wurde, von ihren Wandlungsrechten Gebrauch machen oder ihre Pflichten zur Wandlung erfüllen. Die aufgrund der Ausübung der Wandlungsrechte oder durch Erfüllung von Wandlungspflichten ausgegebenen neuen Aktien nehmen vom Beginn des Geschäftsjahres an, in dem sie durch Ausübung von Wandlungsrechten oder durch Erfüllung von Wandlungspflichten entstehen, am Gewinn teil. Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Durchführung der bedingten Kapitalerhöhung festzusetzen.€

und gleichlautend so beschlossen wurde, wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.08.2008 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 gemäß dem vorstehenden Inhalt nichtig ist.

VII. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und der Streithelfer zu 3) beantragen, die Berufung des Klägers zu 3) zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie berufen sich weiterhin auf die fehlende Anfechtungsbefugnis des Klägers zu 3).

Sie führen aus, der Normzweck der §§ 21 ff WpHG sei auf die Schaffung von Transparenz am Kapitalmarkt ausgerichtet. Eine analoge Anwendung der Vorschriften komme jedenfalls in Betracht. Das Verschuldenserfordernis nach § 28 WpHG liege vor. Aufgrund der Vielzahl der vorgenommenen Korrekturen könne kein schützenswertes Vertrauen in die Richtigkeit der Rechtsauffassung der BaFin mehr angenommen werden.

Zudem sei die Anfechtungsklage unbegründet, die zu Tagesordnungspunkt 2, 3, 5, 6 und 7, gefassten Beschlüsse nicht nichtig.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers zu 3) ist unbegründet.

1. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Dem Kläger zu 3) fehlt die Anfechtungsbefugnis aus § 245 Nr. 1 AktG.

Auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 Bezug genommen.

Ergänzend ist Folgendes anzumerken:

a) Nach der Regelung in § 28 Satz 1 WpHG bestehen Rechte aus Aktien, die einem Meldpflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpHG zugerechnet werden, nicht für die Zeit, für welche die Meldepflichten nach § 21 Abs. 1 oder 1a WpHG nicht erfüllt wurden.

Von dem Rechtsverlust erfasst ist auch die Befugnis zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen nach § 245 AktG, weil mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte insoweit nach § 28 WpHG nicht bestehen (vgl. Assmann/Schneider WpHG, 5. Auflage 2009, § 28 Rz. 30 m.w.N., Uwe Schneider WM 2006, 1321).

b) Nach Auffassung des Senats traf den Kläger zu 3) eine Meldepflicht aufgrund der Vorschrift der §§ 21 Abs. 1 Satz 1; 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2, Abs. 2 WpHG.

97Zunächst ist festzustellen, dass nach dem Grundsatz der doppelten Zurechnung (vgl. Assmann/Schneider a.a.O. § 22 Rz.15; Münchner Kommentar zum Aktiengesetz, Anhang zu § 22 AktG/Bayer, § 21 WpHG,Rz.10), nach der Vorschrift des § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG sowohl Herr Leo V. als Treugeber als auch der Kläger zu 3) als Treuhänder und €Dritter€ im Sinne dieser Vorschrift meldepflichtig sind (vgl. Assmann/Schneider a.a.O., § 22 Rz. 50 - 58).

In welchem Umfang die Zurechnung der Stimmrechte erfolgt, ergibt sich sowohl aus § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG als auch aus § 22 Abs. 2 WpHG.

Der Kläger zu 3) war unstreitig Treuhänder von 52.262 Aktien, deren Treugeber Herr Leo V. war, der wiederum in einem €acting in concert€ mit den Eheleuten Dr. Thomas G. und Sabine G. verbunden war.

Dieser treuhänderisch gehaltene Anteil an Aktien in Höhe von 52.262 überschreitet für sich allein genommen zwar noch nicht den in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG genannten Schwellenwert von 3 % der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft. Der Kläger zu 3) hätte daher allein hierdurch noch nicht seine Mitteilungspflicht nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verletzt.

Dem Kläger werden aber gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WpHG auch Stimmrechte aller am €acting in concert€ Beteiligten zugerechnet, deren Meldung von Aktien er unstreitig hier unterließ.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Herrn Leo V. sind neben diesen genannten Stimmrechtsanteilen von 52.262 Aktien wegen der Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 WpHG zusätzlich die Stimmrechte aller am €acting in concert€ Beteiligter anzurechnen.

Der Einwand des Klägers zu 3), die Sanktionsvorschrift des § 28 WpHG greife für diesen Fall nicht, weil dort ausdrücklich nur auf § 22 Abs. 1 WpHG verwiesen wird, greift nicht.

Der Kläger zieht aus dem Fehlen der Vorschrift des § 22 Abs. 2 WpHG die falschen Schlüsse.

Grundsätzlich sind die Rechtsfolgen für die Beteiligten an einem €acting in concert€, dass für die Mitteilungspflichten nach § 21 WpHG die Stimmrechte aller Beteiligter zusammengerechnet werden. Dabei werden auch Stimmrechte eines Beteiligten, die ihm nach § 22 Abs. 1 WpHG zugerechnet werden, einbezogen und danach bestimmt sich, ob gemeldet werden muss. Meldet ein Beteiligter eines €acting in concert€ nicht, obgleich er unter Zurechnung der Stimmrechte der anderen Beteiligten meldepflichtig ist, so hat er nicht nur ein Bußgeld zu erwarten, sondern er verliert auch die Rechte aus den Aktien, die ihm gehören. Kein Rechtsverlust entsteht demgegenüber nach dem Wortlaut von § 28 Satz 1 WpHG für Aktien, die dem Meldepflichtigen aufgrund einer anderen Norm zugerechnet werden. Eindeutig gehören dazu neben den in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 - 6 WpHG geregelten Zurechnungstatbeständen auch die Fälle des § 22 Abs. 2 WpHG, also des €acting in concert€. Beim €acting in concert€ bedeutet dies:

Meldet ein Beteiligter eines €acting in concert€, weil er unter Hinzurechnung der Stimmrechte der anderen Beteiligten meldepflichtig ist, so verliert er nicht deshalb seine Rechte aus Aktien, die ihm gehören, weil dieanderenBeteiligten nicht melden. Meldet ein Beteiligter eines €acting in concert€ nicht, obgleich er unter Hinzurechnung der Stimmrechte der anderen Beteiligten meldepflichtig wäre, so gehen nur die Rechte aus den Aktien verloren,die ihm gehören.

Wenn daher ein Mitbeteiligter des €acting in concert€ seine Pflichten versäumt, behält der pflichtgemäß Handelnde gleichwohl sein Stimmrecht, der Kapitalmarkt ist über den ihn betreffenden Sachverhalt informiert. Auf die Erfüllung der Mitteilungspflichten durch pflichtvergessene Beteiligte hat er keinen Einfluss (vgl. Uwe Schneider WM 2006, 1321, 1326; Sven Schneider/Uwe Schneider ZIP 2006, 493, 497; Assmann/Schneider a.a.O., § 28 Rz. 56; vgl. auch BGH vom 16.03.2009 = II ZR 302/06 = NJW-RR 2009, 828 ff).

109Wegen des oben genannten Grundsatzes der doppelten Zurechnung nach § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG wäre daher - neben dem Treugeber Leo V. (von dem eine entsprechende Mitteilung auch tatsächlich letztlich erfolgt ist, vgl. Anlage B 16) - auch der Kläger zu 3) zur entsprechenden umfassenden Meldung der dem Treugeber nach § 22 Abs. 2 WpHG zuzurechnenden Stimmrechte aus dem €acting in concert€ verpflichtet gewesen.

Nach § 21 WpHG soll ein hohes Maß an Transparenz bezüglich der Veränderungen von Aktienbeteiligungen erreicht werden (Anlegerschutz durch Transparenz, vgl. Begründung Regierungsentwurf Bundestags-Drucksache 12/6679 S. 52; Münchener Kommentar zum Aktiengesetz/Bayer, a.a.O, § 21 Rz. 1; Nomos/Rimbeck, Aktienrecht und Kapitalmarkt, 2. Auflage 2007, §§ 21 Rz. 2; 22 Rz. 1).

§ 22 WpHG wurde an die Vorgaben der neuen Transparenzrichtlinie angepasst und ergänzt die Mitteilungspflichten nach § 21 WpHG dahin, dass dem Aktionär auch fremde Stimmrechte zugerechnet werden, wenn er auf deren Ausübung von Rechts wegen oder auch nur faktisch Einfluss hat oder haben kann. § 22 WpHG will damit sicherstellen, dass in der Marktöffentlichkeit ein zutreffendes Bild über die rechtlichen und tatsächlichen Stimm-, Einfluss- und Machtverhältnisse bei der Gesellschaft entsteht. Sinn und Zweck der Vorschrift ist auch, die Marktöffentlichkeit frühzeitig über den Aufbau oder Abbau wesentlicher Beteiligungen zu informieren. Durch § 22 WpHG soll zugleich Umgehungsstrategien entgegengewirkt werden. Hieran hat sich die Auslegung zu orientieren (vgl. Münchener Kommentar/Bayer a.a.O/., § 22 Rz. 1; Assmann/Schneider a.a.O., § 22 Rz. 3, 4).

Immerhin sind auch Veränderungen wesentlicher Stimmrechtsbeteiligungen grundsätzlich ein wichtiger Hinweis auf vorstehende Unternehmensübernahmen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine kapitalmarktrechtliche Transparenz zu fordern ist (vgl. Assmann/Schneider a.a.O., vor § 21 Rz. 30).

Gerade bei einer geplanten Beschaffung der für einen Squeeze-out gemäß § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlichen Kapitalmehrheit von 95 % wäre bei unzureichender Offenlegung der Zusammenhänge zwischen Treuhandverhältnis und einem €acting in concert€ eine Verfälschung der erkennbaren Stimmenverhältnisse in der Hauptversammlung durchaus denkbar.

Die tatsächlichen Stimmrechtsverhältnisse müssen grundsätzlich nach Außen transparent bleiben.

Der Senat verkennt nicht, dass bei Eingriffen in, durch Art.14 GG geschützte, Mitgliedschaftsrechte besondere Anforderungen an die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Eingriffsnorm zu stellen sind, daher grundsätzlich eine restriktive Auslegung zu erfolgen hat. Gleichwohl ist im hier zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 3) über €seine€ Aktienrechte nicht frei verfügen kann, sondern durch das zugrundeliegende Treuhandverhältnis gebunden ist. Deswegen ist im Blick auf den Zweck der melderechtlichen Vorschrift hier eine weite Auslegung geboten, sodass sich - neben dem Treugeber V. - für den Kläger zu 3) als Treuhänder die Meldepflicht auch hinsichtlich der über § 22 Abs. 2 WpHG seinem Treugeber zugerechneten Stimmrechte ergibt.

Auf die Frage, ob ansonsten für die aufsichtsrechtliche Vorschrift eine analoge Anwendung in Betracht zu ziehen wäre, kommt es daher hier nicht mehr an (vgl. Assmann/Schneider a.a.O. vor § 21 Rz. 47, 48).

Wegen dieses Regelungszweckes ist auch der Einwand des Klägers zu 3), dass für ihn alleiniger Ansprechpartner Her Leo V. war, unerheblich. Entscheidend ist, dass der weisungsbefugte Treugeber seinerseits durch ein €acting in concert€ gebunden war und dadurch in der Person des Klägers zu 3) ein meldepflichtiger Tatbestand entstanden war.

Ohne Belang ist deshalb auch die Behauptung des Klägers zu 3), er habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, sich an Weisungen oder Auffassungen der am €acting in concert€ weiter Beteiligten Herrn und Frau G. in irgendeiner Weise zu unterwerfen.

Auf die tatsächliche Beziehung zwischen den Kläger zu 3) und den Eheleuten G. kommt es nicht an. Allein maßgeblich ist hier das zwischen dem Kläger zu 3) und Herrn Leo V. bestehende Treuhandverhältnis, welches fürbeideeine Mitteilungspflicht nach § 22 Abs. 1 S.1 Nr. 2 WpHG auslöst.

Der Leitgedanke der Zurechnung nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG liegt im Auseinanderfallen der formalen Mitgliedschaft und der Zuordnung der wirtschaftlichen Chancen und wirtschaftlichen Risiken; dabei ist auch hier eine abstrakte Betrachtungsweise anzuwenden. Der Meldepflichtige hat aufgrund des von ihm zu tragenden wirtschaftlichen Risikos typischerweise auch die rechtliche, zumindest aber die tatsächliche Möglichkeit, den formalen Rechtsinhaber anzuweisen, wie er die Stimmrechte auszuüben hat (abstrakte Betrachtungsweise). Für die Zurechnung ist insoweit nicht erforderlich, dass der Meldepflichtige auch tatsächlich Weisungen erteilt und der Aktionär damit zum bloßen Strohmann wird. Erfasst sind vielmehr alle Ausgestaltungsmöglichkeiten ganz unabhängig von dem Bestehen oder der Ausübung eines Weisungsrechts (vgl. Assmann/Schneider a.a.O., § 22 Rz. 57, 58).

Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3) steht die von ihm zitierte Entscheidung des BGH, II ZR 302/06, dieser Auslegung nicht entgegen. Dort bezog sich die Frage der Verletzung der Mitteilungspflicht auf eine darlehensweise Übertragung der Aktien, so dass die Fallkonstellation bereits eine andere ist. Auch die sonstigen Ausführungen des BGH sprechen nicht gegen die hiesige Auslegung.

c) Den Kläger zu 3) als Meldepflichtiger trifft auch ein Verschulden, da er zumindest fahrlässig seine Mitteilungspflicht nicht erfüllt hat (vgl. Assmann/Schneider a.a.O., § 28 Rz. 20).

Ebenso wie das Erstgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der Kläger zu 3) angesichts der komplexen Gesamtumstände nicht darauf vertrauen konnte, die Rechtsauffassung der BaFin sei die allein denkbare.

Im Rahmen der Stimmrechtsmitteilungen hat Herr Leo V., handelnd sowohl für den Kläger zu 3) als auch für die Eheleute G., und für sich selbst als Beteiligter insgesamt 16 Stimmrechtsmitteilungen gemäß § 21 WpHG abgegeben (vgl. Anlage B 1 - B 18) mit zusätzlichen Anschreiben an die BaFin gemäß Anlage B 11, B 15 und dabei mehrfach Korrekturen vorgenommen. Da für die Abgabe der Stimmrechtsmitteilungen Herr Leo V. unstreitig auch für den Kläger zu 3) tätig wurde, muss sich der Kläger zu 3) jedenfalls auch dessen Verhalten in der Stimmrechtsabgabe zurechnen lassen. Zudem sind allein für den Kläger zu 3) bereits drei verschiedene Stimmrechtsmitteilungen erfolgt (vgl. Anlage B 1, B 5, B 8).

Der Kläger zu 3) gibt hierzu an, die erste Korrektur der Stimmrechtsänderung sei wegen der Rechtsauffassung der BaFin erfolgt (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 17.04.2009, S. 17 = Bl. 137 d.A.).

Der klägerische Vortrag zu den Umständen der Mitteilung durch die BaFin ist bereits unsubstantiiert, da nicht näher dargetan wurde, welche konkrete Rechtsauffassung die BaFin dargelegt hat, wann und von wem dies erfolgt sein soll. Der Beweisaufnahme hierüber bedurfte es daher nicht.

Soweit es sich um ein Telefonat vom 07.07.2008 handeln sollte, wie in der schriftsätzlichen Mitteilung für den Kläger zu 3) vom 07.07.2008, dort Seite 2 (Anlage B 5) festgehalten, hat der Kläger zu 3) nach dieser Mitteilung jedenfalls noch eine dritte Mitteilung vom 09.07.2008 (Anlage B 8) an die BaFin erteilt. Dass diese Mitteilung erneut aufgrund einer Falschinformation seitens der BaFin erfolgt sein sollte, behauptet der Kläger zu 3) nicht und ist auch aus den sonstigen vorgelegten Anlagen nicht erkennbar.

Bei dieser Situation, in der der Kläger zu 3) bzw. der für ihn Handelnde Leo V. wiederholt durch Änderungen der Stimmrechtsmitteilungen jedenfalls eine unübersichtliche Lage geschaffen hat, durfte sich der Kläger zu 3) auf eine einmal erteilte Auskunft der BaFin nicht verlassen, sondern er wäre gehalten gewesen, fachkundigen Rechtsrat einzuholen.

Er hat jedenfalls seine Informationsverschaffungspflicht verletzt und hierbei die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet und daher fahrlässig gehandelt.

Die Anfechtungsklage des Klägers zu 3) war daher als unbegründet zurückzuweisen, da ihm die Anfechtungsbefugnis aus § 245 Nr. 1 AktG fehlt.

2. Auch die hilfsweise erhobene Nichtigkeitsklage des Klägers zu 3) führt nicht zum Erfolg.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Nichtbestehen von Rechten gemäß § 28 WpHG auch die Erhebung der Nichtigkeitsklage ausschließt.

Jedenfalls konnte der Kläger zu 3) keinen Nichtigkeitsgrund geltend machen.

Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts Bezug.

Hiergegen wurden seitens des Klägers zu 3) auch keine weiteren begründeten Einwände vorgetragen (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 17.04.2009, S. 23 = Bl. 143 d.A.).

Ergänzend wird lediglich ausgeführt, dass der Senat an seiner Rechtsauffassung fest hält, wonach Mängel über Ausführungen zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht nicht die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach sich ziehen (vgl. insoweit auch Entscheidung des Senats vom 03.09.2008 = AG 2008, 460 = ZIP 2008, 2117, 2119 f).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.






OLG München:
Urteil v. 09.09.2009
Az: 7 U 1997/09


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