Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 26/02

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2003, Az.: 24 W (pat) 26/02)

Tenor

Der Antrag der Widersprechenden, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Inhaberin der angegriffenen Marke aufzuerlegen, und der hilfsweise gestellte Antrag, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 27. November 1995 erfolgte und am 26. Februar 1996 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke 395 24 123 "Alter Simpl" für die Waren "Verpflegung; Bewirtung von Gästen" hat die Inhaberin der prioritätsälteren, am 19. August 1985 für die Waren "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" eingetragenen Wortmarke 1 080 804 "ALTER SIMPEL" Widerspruch erhoben. Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Mit Beschluß eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 18. März 1999 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch aus der Marke 1 080 804 wegen mangelnder Glaubhaftmachung der zulässig bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs 1, 26, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat dieselbe Markenstelle, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, durch Beschluß vom 5. Dezember 2001 mit der Begründung zurückgewiesen, die Widersprechende habe die Benutzung der Widerspruchsmarke (noch) nicht glaubhaft gemacht, insbesondere fehle ein Nachweis dafür, daß die Benutzung der Widerspruchsmarke durch Dritte hinsichtlich des Benutzungszeitraums gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG mit Zustimmung der Markeninhaberin erfolgt sei (§ 26 Abs 2 MarkenG).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach Ihrer Auffassung ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bereits im Verfahren vor der Markenstelle ausreichend glaubhaft gemacht worden. Abgesehen davon reiche sie als weitere Glaubhaftmachungsunterlagen exemplarisch Kopien von Pacht- und Franchiseverträgen der Widersprechenden mit verschiedenen Gaststättenpächtern aus dem Zeitraum von 1988 bis 2001 ein.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach Zustellung der auf ihren Antrag erfolgten Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Löschung ihrer Marke beantragt.

Die Widersprechende beantragt daraufhin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Inhaberin der angegriffenen Marke gemäß § 71 Abs 1 Satz 1, Abs 4 MarkenG aufzuerlegen, hilfsweise gemäß § 71 Abs 3 und 4 MarkenG anzuordnen, daß die Beschwerdegebühr zurückbezahlt wird.

Die Widersprechende hat ihre Kostenanträge nicht begründet.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke erachtet eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu ihren Lasten als unbillig, da erst aufgrund der weiteren, im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen ein hinreichender Benutzungsnachweis für die Widerspruchsmarke erbracht worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat sich durch den Verzicht der Inhaberin der angegriffenen Marke auf ihre Marke (§ 48 Abs 1 MarkenG) in der Hauptsache erledigt (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 48 Rdn 12).

Die von der Widersprechenden im Rahmen der Beschwerde gestellten Kostenanträge sind zulässig, sachlich jedoch nicht begründet (§ 71 Abs 1, 3 und 4 MarkenG).

1) Nach § 71 Abs 1 MarkenG kann das Patentgericht bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das Markengesetz geht mithin davon aus, daß grundsätzlich jeder Beteiligte die ihm durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten selbst zu tragen hat und nur bei Vorliegen besonderer Umstände von dieser Regelung abgewichen werden soll. Im Unterschied zu den Bestimmungen der Zivilprozessordnung rechtfertigt dabei der Verfahrensausgang allein, also die bloße Tatsache des Obsiegens oder Unterliegens, noch nicht die Überbürdung der Kosten auf den jeweils Unterlegenen. Vielmehr wird als solcher besonderer, von der Norm abweichender Umstand in erster Linie ein Verhalten angesehen, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist, wenn also ein Verfahrensbeteiligter in einer, von vornherein kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation an seiner Rechtsposition festhält (vgl BGH GRUR 1972, 600, 601 "Lewapur"; GRUR 1996 399, 401 "Schutzverkleidung"; BPatG Mitt 1974, 17; Mitt 1977, 73, 74; Althammer/Ströbele aaO, § 71 Rdn 18; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 71 Rdn 12). Ein derartiges, mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbarendes Verhalten der Inhaberin der angegriffenen Marke ist vorliegend nicht erkennbar und wird auch von der Widersprechenden nicht vorgetragen. Dem steht schon das zweimalige Obsiegen der Inhaberin der angegriffenen Marke im Widerspruchs-/Erinnerungs-Verfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts entgegen. Angesichts dieses für sie positiven Verfahrensstandes wäre der Inhaberin der angegriffenen Marke selbst dann kein mutwilliges sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen gewesen, wenn sie auf ihre Marke nicht verzichtet, sondern die Entscheidung des Gerichts abgewartet hätte. Daß sie, sobald sich für sie aufgrund der weiteren im Beschwerdeverfahren eingereichten Benutzungsunterlagen sowie der auf ihren Antrag erfolgten Terminsladung ein möglicherweise negativer Ausgang des Beschwerdeverfahrens abzeichnete, auf ihr Markenrecht verzichtet hat, kann ihr insoweit erst recht nicht angelastet werden.

2) Unbegründet ist auch der hilfsweise gestellte Antrag, mit dem die Widersprechende die Rückzahlung der Beschwerdegebühr begehrt. Mit der Einlegung einer rechtswirksamen Beschwerde ist die Beschwerdegebühr verfallen. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs 3 MarkenG ist die Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflicht für die Beschwerde und kann daher nur geordnet werden, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine Einbehaltung der Gebühr unbillig wäre (vgl BPatGE 2, 61, 64ff; BPatG Mitt 1985, 238 "TIFFANY"; Althammer/Ströbele aaO, § 71 Rdn 36f; Ingerl/Rohnke, aaO, § 71 Rdn 30). Besondere Umstände, die vorliegend die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angezeigt erscheinen ließen, sind von der Widersprechenden nicht vorgetragen und auch für den Senat nicht ersichtlich. Allein der Umstand, daß die Beschwerde der Widersprechenden möglicherweise sachlich Erfolg gehabt hätte, falls nicht auf die angegriffene Marke verzichtet worden wäre, rechtfertigt die Rückzahlung nicht. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Entscheidung bereits deshalb zu treffen gewesen wäre, weil die Markenstelle die von der Widersprechenden bis dahin eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke unzutreffend gewürdigt hat, oder ob die Benutzung erst zusammen mit den im Beschwerdeverfahren eingereichten ergänzenden Unterlagen hinreichend glaubhaft gemacht worden ist. Denn für eine grob fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts, wie zB eine nicht vertretbare Abweichung von feststehender unbestrittener Rechtsprechung, die Anwendung einer veralteten Gesetzesfassung oä, welche allenfalls einen Rückzahlungsgrund darstellen könnte (vgl Ingerl/Rohnke, aaO, § 71 Rdn 33f, m Nachw a d Rspr), gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Ströbele Guth Kirschneck Bb






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