Das Patent 101 15 897 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
Der Einspruch ist unzulässig.
I Für die am 30. März 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des Patents am 24. Juli 2003 veröffentlicht worden. Das Patent hat die Bezeichnung
"Verfahren und Vorrichtung zur Bereitstellung von Informationen für die Analyse von Fehlern bei einer technischen Anlage."
Gegen das Patent hat die V... GmbH, Berghauser Straße in R..., am 21. Oktober 2003 Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 und auch des Patentanspruchs 11 mangele es jeweils an Neuheit gegenüber einer Firmenschrift (Druckschrift 1), von der sie dem Einspruchsschriftsatz Ablichtungen der Titelseite, der Seite 38 und einer einen Druckvermerk tragenden unnumerierten Seite beigefügt hat.
Auf die Erwiderung der Patentinhaberin, in der diese ua die Zulässigkeit des Einspruchs - insbesondere im Hinblick auf fehlende Angaben zur öffentlichen Zugänglichkeit der Druckschrift 1 vor dem Anmeldetag des Streitpatents - bestreitet, hat die Einsprechende eine weitere Firmendruckschrift in Ablichtung vorgelegt, die weder im Titelblatt noch der den Druckvermerk tragenden Seite mit der Druckschrift 1 übereinstimmt.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2006 hat die Einsprechende die Rücknahme des Einspruchs erklärt.
Die Patentinhaberin beantragt (Bl 1 Abs 1 vom 1. April 2004)
den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Gemäß PatG § 147 Abs 3 liegt die Entscheidungsbefugnis bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat).
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
III.
Die Einsprechende hatte ihren Einspruch zwar in rechter Frist erhoben (PatG § 59 Abs 1, Satz 1) und mit dem Hinweis auf § 59 in Verbindung mit §§ 1 bis 4 PatG auch auf mangelnde Patentfähigkeit als Widerrufsgrund gestützt.
Der Einspruch ist jedoch unzulässig.
Nach PatG § 59 Absatz 1 Satz 2 ist der Einspruch gegen ein Patent zu begründen. Nach den Sätzen 4 und 5 dieser Vorschrift sind bis zum Ablauf der Einspruchsfrist die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen anzugeben.
Darunter ist die Gesamtheit der Tatsachen zu verstehen, aus denen die von der Einsprechenden begehrte Rechtsfolge, nämlich der Widerruf des Patents, hergeleitet wird.
Insbesondere muß sich die öffentliche Zugänglichkeit des entgegengehaltenen Standes der Technik aus der Einspruchsbegründung oder aus dem als Stand der Technik entgegengehaltenen Dokument selbst ergeben (vgl Schulte, PatG, 7. Auflage, Rn 90 zu § 59).
Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BlPMZ 1988, 289, 290 - Messdatenregistrierung) unter Hinweis auf weitere Entscheidungen hervorgehoben, es sei keineswegs in das Belieben des Einsprechenden gestellt, was und in welchem Umfang er zur Stützung seines Einspruchsbegehrens vorträgt. Danach genüge die Begründung des Einspruchs den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes - hier: mangelnde Patentfähigkeit gegenüber dem in einer Firmendruckschrift Offenbarten - maßgeblichen Umstände so vollständig darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt (und dementsprechend nach der Änderung des Einspruchsrechts der Senat) daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können.
Diesen Anforderungen genügt die innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Begründung der Einsprechenden nicht.
In ihrem Einspruchsschriftsatz vom 20. Oktober 2003 nennt die Einsprechende als Widerrufsgrund die mangelnde Neuheit des im erteilten Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrens sowie der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 11 gegenüber einer als "Druckschrift 1" bezeichneten Firmenschrift.
Dem Einspruchsschriftsatz beigefügt sind die - offensichtlich aus Firmendruckschriften der Einsprechenden entnommenen - Ablichtungen einer Titelseite und einer einen Druckvermerk tragenden weiteren Seite, sowie die Ablichtung der Seite 38 einer Druckschrift.
Wenn die Einsprechende auf Seite 1 vom 20. Oktober 2003 hinsichtlich der Druckschrift 1 die Angaben auf der beigefügten Titelseite zitiert, und mit der in Klammern angefügten Angabe "November 2000" offensichtlich auf die üblicherweise das Druckdatum beinhaltende Angabe "11/2000 V" auf der den Druckvermerk tragenden Ablichtungsseite Bezug nimmt, und schließlich auf Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, letzter Absatz wiederholt auf die Seite 38 der Druckschrift 1 Bezug nimmt, kann man diesen Ausführungen ohne weiteres entnehmen, dass die drei beigefügten Ablichtungen aus einer mit der Titelseite versehenen einzigen Firmendruckschrift kopiert sind, die im November 2000 gedruckt wurde.
Jedoch ist weder im Einspruchsschriftsatz behauptet noch aus den drei beigefügten Seiten der Druckschrift 1 ersichtlich, ab wann diese Firmendruckschrift vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich war.
Denn die Titelseite trägt in der rechten oberen Ecke den optisch markanten und mit Ausrufungszeichen versehenen Hinweis "Nur für den Fachhandwerker!".
Anders als bei einer Informationsschrift für Kunden oder einer Werbebroschüre kann für die Druckschrift 1 deshalb auch nicht unterstellt werden, dass für diese eine "alsbaldige Verteilung" an eine unbegrenzte Öffentlichkeit üblich ist (Schulte, PatG, 7. Auflage, Rn 90 (S 876 Abs 1) zu § 59).
Für eine "Installations- und Wartungsanleitung" muß vielmehr davon ausgegangen werden, dass diese erst bei der Auslieferung des jeweiligen Geräts diesem beigepackt ist.
Damit ist der Einspruch aber in seinem Kern auf eine behauptete Vorbenutzung gestützt.
Für Vorbenutzungen ist aber innerhalb der Einspruchsfrist regelmäßig anzugeben, was, wann, wo, durch wen geschehen ist (Schulte PatG, 7. Auflage, Rn 103 zu § 59).
Dieser Anforderung genügt hätten bspw Angaben über Lieferungen ohne Geheimhaltungsverpflichtung des auf der beigefügten Titelseite genannten "Thermoblock..", aber auch Angaben zur Serienproduktion dieses Geräts (aaO Rn 109 zu § 59) oder zur Besichtigungsmöglichkeit für einen unbeschränkten Personenkreis (aaO Rn 113).
Im Einspruchsschriftsatz ist aber nicht einmal behauptet, dass das zugehörige Gerät - und damit die beigepackte Druckschrift 1 - vor dem Anmeldetag durch Lieferung ohne Geheimhaltungsverpflichtung der Öffentlichkeit zugänglich geworden ist.
Damit war aber weder der hier zuständige Senat des Bundespatentgerichts noch die Patentinhaberin in die Lage versetzt, das Vorliegen des behaupteten Widerrufsgrundes abschließend und ohne eigene Ermittlungen zu prüfen (aaO Rn 79 zu § 59).
Damit hat die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist die tatsächlichen Voraussetzungen eines der in PatG § 21 genannten Widerrufsgründe nicht ausreichend dargetan, so dass die Unzulässigkeit des Einspruchs festzustellen war.
Die Ausführungen der Einsprechenden in dem am 5. April 2004 - und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist - eingegangenen Schriftsatz vom 1. April 2004 mussten außer Betracht bleiben.
IV.
Lag somit kein zulässiger Einspruch vor, war das Patent ohne weitere Sachprüfung unverändert aufrechtzuerhalten.
Ist der einzige Einspruch - oder sind alle Einsprüche - gegen ein Patent unzulässig, ist die Aufrechterhaltung des Patents (ohne weitere Sachprüfung) auszusprechen. Ein alleiniger Ausspruch über die Verwerfung des Einspruchs - oder der Einsprüche - kommt nicht in Betracht.
Wie der 20. Senat des Bundespatentgerichts in der Entscheidung 20 W (pat) 344/02 ausführlich dargelegt hat, bleibt auch dann, wenn der einzige oder alle Einsprüche unzulässig sind und folglich eine sachliche Überprüfung der Bestandskraft des Patents aufgrund vorgebrachter Widerrufsgründe ausscheidet, nur der Ausspruch über die unveränderte Aufrechterhaltung des Patents. Denn in PatG § 61 Abs 1 Satz 1 ist abschließend geregelt, durch welche Art der Entscheidung das Einspruchsverfahren zu beenden ist. Es ist durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Patent aufrechterhalten oder widerrufen wird. Die bloße Verwerfung des Einspruchs als unzulässig ist nicht vorgesehen.
Sie kann nun, angesichts der Neuregelung des Einspruchsrechts (PatG § 147), nicht mehr mit einer planwidrigen Unvollständigkeit und einer daher sachgerecht erforderten Ergänzungsbedürftigkeit des Einspruchsrechts begründet werden, wie dies auf der Grundlage der Entscheidung des Juristischen Beschwerdesenats vom 23. März 1984 (BPatGE 26, 143) bisher durchgängige Auffassung war. Wenn, wie der Senat bereits herausgestellt hat (vgl BPatGE 46, 134, 136), Gegenstand des gerichtlichen Einspruchsverfahrens das Patent ist, dann kann - mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung - auch im Falle eines oder mehrerer unzulässiger Einsprüche nichts anderes gelten vgl BlfPMZ 2004, 198.
Da dem Hauptantrag der Patentinhaberin in vollem Umfang stattgegeben wird, konnte der Senat nach Rücknahme des einzigen Einspruchs von der beabsichtigten mündlichen Verhandlung absehen.
Dr. Kellerer Schmöger Dr. Kaminski Dr. Scholz Pü
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