Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 16. Januar 2002
Aktenzeichen: 2a O 172/01

(LG Düsseldorf: Urteil v. 16.01.2002, Az.: 2a O 172/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Düsseldorf hat in einem Rechtsstreit zwischen einer Klägerin und einer beklagten Gemeinde entschieden. Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Rollläden, Jalousien, Markisen und Rolltore herstellt und vertreibt. Sie verwendet den Namensbestandteil "bocklet" in ihrem Briefkopf und in Werbeprospekten. Die beklagte Gemeinde wurde erstmals im 13. Jahrhundert unter dem Namen "Bocklet" erwähnt und erhielt später das Recht, die Bezeichnung "Bad" zu führen. Die Beklagte ist Inhaberin verschiedener Internetdomänen, darunter "bocklet.de". Auf der entsprechenden Internetseite erscheint ein Foto unter dem Namen "Bad Bocklet". Die Klägerin forderte die Beklagte auf, die Nutzung der Domain "bocklet.de" zu unterlassen, was die Beklagte ablehnte und stattdessen eine Vermietung der Domain anbot. Die Klägerin argumentierte, dass die Beklagte ihr Namensrecht verletzt und sich unberechtigt des Namens "Bocklet" bedient habe. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Es stellte fest, dass die Klägerin zwar ein Namensrecht an der Bezeichnung "Bocklet" habe, die Beklagte jedoch ebenfalls ein eigenes Namensrecht an dem Namen habe. Der Namensschutz umfasse auch eine Kurzbezeichnung. Da der Verkehr dazu neige, längere Bezeichnungen zu verkürzen, werde er den Zusätzen "Markt" und "Bad" keine identifizierende Wirkung beimessen. Daher stehe der Klägerin kein Anspruch auf Unterlassung und Löschung der Domain "bocklet.de" zu.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 16.01.2002, Az: 2a O 172/01


Tenor

In dem Rechtsstreit

hat die 2 a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2001 durch die Vorsit-zende Richterin am Landgericht und die Richterinnen am Landgericht und

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.600,- Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, die seit Januar 1999 in das Handelsregister eingetragen ist, beschäftigt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Rolladen, Jalousien, Markisen und Rolltoren. Sie verwendet blickfangmäßig den Namensbestandteil "bocklet" in ihrem Briefkopf und in Werbeprospekten.

Die beklagte Gemeinde wurde erstmals unter dem Namen "Bocklet" in Stiftungsurkunden verschiedener Klöster Anfang des 13. Jahrhunderts erwähnt. Am 12.11.1937 erhielt sie das Recht verliehen, die Bezeichnung "Bad" zu führen. Im amtlichen Ortsverzeichnis von Bayern ist die Beklagte als "Markt Bad Bocklet" eingetragen. Die Beklagte ist seit 1997 registrierte Inhaberin der Domain "bocklet.de" sowie seit 1999/2000 der weiteren Domainen "badbocklet.de" und "badbocklet.de". Auf der jeweiligen Internetseite erscheint jeweils ein Foto unter dem Namen "Bad Bocklet" sowie verschiedene aufrufbare Rubriknamen wie z.B. Tourismus, Gesundheit etc. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 3 und 7 (Bl. 14, 26f. GA) Bezug genommen.

Die Klägerin, die sich durch die Beklagte an der Reservierung der Domain "bocklet.de" gehindert sieht, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.2.2001 auf, die Benutzung der Bezeichnung "bocklet.de" als Internetdomain zu unterlassen und diese zu ihren Gunsten freizugeben. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 25.1.2001 ab, bot aber gleichzeitig an, die Domain für drei bis vier Jahre, eventuell auch länger, gegen Zahlung einer Gebühr von DM 100,- monatlich an die Klägerin zu vermieten.

Die Klägerin ist der Ansicht:

Die Registrierung der Domain "bocklet.de" verletze ihr Namensrecht an der Bezeichnung "Bocklet" als schützfähiges Firmenschlagwort. Der Beklagten stehe weder ein vorrangiges noch ein gleichrangiges Recht an der Domain zu. Auf ein eigenes Recht könne sie sich nicht berufen, da ihr Name im Hinblick auf Art.2 Abs. l BayGO iVm § l Abs. l der bayerischen Verordnung über kommunale Namen, Hoheitszeichen und Gebietsänderungen (BayNHGV) und dem amtlichen Ortsverzeichnis für Bayern

"Bad Bocklet" sei. Das Führen der Bezeichnung "Bocklet" ohne den Zusatz "Bad" sei rechtsmißbräuchlich. Seit 1937 nutze sie die Bezeichnung Bocklet auch nicht mehr als schlagwortartige Kennzeichnung. Auf ein fremdes bzw. abgeleitetes Recht könne sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Im Hinblick darauf, daß die Beklagte die Internetseite zur Miete anbiete, erfülle sie den Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB bzw. verhalte sich wettbewerbswidrig iSv §§ l, 13 UWG.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

gegenüber der F-e.G., in die Löschung der Domain (Internetadresse)

"Bocklet.de" einzuwilligen;

es bei Meidung eines bei jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, die Kennung "bocklet.de" als Domainnamen im Datennetz World Wide Web (Internet) zu benutzen oder benutzen zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht:

Ihr Name sei Bocklet. Unter diesem sei sie ebenso bekannt wie unter dem Namen Bad Bocklet. Niemand verwechsele die Klägerin als Gewerbebetrieb mit der Beklagten als Gemeinde. Es liege der Fall der Koexistenz zweier gleicher Namen vor, so daß wechselseitige Unterlassungsansprüche ausgeschlossen seien. Die Beklagte behauptet: Die Inanspruchnahme der drei Domainen habe den Hintergrund, neue Kundenkreise zu erschließen, insbesondere im Ausland. Da im Englischen das Wort "Bad" von der Internetsuchmaschine als "bad" im Sinne von "schlecht, übel" erkannt werde, sei die Nutzung der Domain "bocklet.de" erforderlich. Ferner sollten auch Gäste angesprochen werden, die nur von ihr als Gemeinde Bocklet gehört hätten. Außerdem halte sie mit der Reservierung ihren Bürgern mit dem Nachnamen "Bocklet", die derzeit einen Internetauftritt personell und finanziell nicht realisieren könnten, die Option offen, die Domain zukünftig nutzen zu können. Schließlich vermeide sie mit der Reservierung einen Mißbrauch ihres Namens.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungs- und Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung und Löschung der Internetdomain "bocklet.de" aus § 12 BGB. Es liegt weder der Fall der Namensleugnung noch der des unbefugten Gebrauchs des gleichen Namens durch die Beklagte vor.

l.)

Der Klägerin steht zwar an der von ihr verwendeten Bezeichnung

"Bocklet" grundsätzlich ein Namensrecht zu. Es handelt sich dabei um einen Bestandteil des vollständigen Firmennamens der Klägerin, welches als sogenanntes Firmenschlagwort dann Namensschutz genießt, sofern es seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (st. Rechtsprechung , vgl. nur BGH GRUR 1997, 468f. - NetCom) . "Bocklet" ist der allein unterscheidungskräftige Firmenbestandteil. Der Zusatz "GmbH ist lediglich ein Hinweis auf die Gesellschaftsform und somit nicht unterscheidungskräftig. Auch den Vornamen "Karl" wird der Verkehr in seiner Neigung, Bezeichnungen in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH GRUR 199 241, 244 - Lions), weglassen. Es besteht zwar kein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, daß der Verkehr einem Vornamen grundsätzlich keine Bedeutung zumisst. Vorliegend ist jedoch zu beachten, daß bereits der Nachname Bocklet sehr einprägsam ist. Außerdem ist nicht ersichtlich, daß der Verkehr auf dem Gebiet "Rolladen und Sonnenschutz" daran gewöhnt ist, daß Kennzeichen aus einem vollständigen Vor- und Familiennamen umfassenden Namen bestehen. Anders als z.B. in der Kosmetikbranche wird er auch nicht an eine hinter der Ware stehende Person denken und damit auf die genaue Individualisierung durch den Vornamen in aller Regel keinen Wert legen (BGH GRUR 1991, 475,477 - Caren Pfleger; BGH 2000, 233, 234 -RAUSCH/ELFI RAUCH). Ist mithin die Eignung des Begriffs "Bocklet" als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen zu bejahen, kommt es auf eine tatsächliche Verkehrsdurchsetzung dieser Bezeichnung nicht an.

2.)

Die Beklagte hat sich des Namens "Bocklet" auch durch die Reservierung und Nutzung der Domain "bocklet.de" bedient. Denn die Domainen haben, wie die Kammer in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung bereits wiederholt entschieden hat, nicht nur Adressen-, sondern auch Namensfunktion. Der Verkehr ist es gewohnt, daß Domainen nicht durchweg, aber vielfach aus dem Namen desjenigen gebildet werden, der unter dieser Adresse sich, sein Unternehmen, sein Tätigkeitsfeld oder sein geschäftliches Angebot präsentiert (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 626,628- ufa.de; LG Düsseldorf NJW-RR 1999, 623f.-NAZAR).

3.)

Die Nutzung des Namens der Klägerin erfolgt jedoch nicht unbefugt. Der Beklagten steht an dem Namen "Bocklet" ein eigenes Namensrecht zu. Zwar ist der amtliche Name der Beklagten gemäß Art. 2 Abs. l BayGO iVm § l Abs. l BayNHGV und dem amtlichen Ortsverzeichnis für Bayern "Markt Bad Bocklet". Der Namensschutz gemäß § 12 BGB erstreckt sich, wie bereits ausgeführt, aber nicht nur auf den vollen amtlichen Namen, sondern auch auf eine Kurzbezeichnung. Dies gilt grundsätzlich nicht nur für die Klägerin als juristische Person des Privatrechts, sondern auch für die Beklagte als öffentlichrechtliche Körperschaft (vgl. OLG Köln NJW-RR 99, 622 - herzogenrath.de; Fezer, Markenrecht, 3.Aufl., § 15 RN 32). Die Bezeichnung "Bocklet" ist der einzig unterscheidungskräftige Namensbestandteil. Da der Verkehr erfahrungsgemäß dazu neigt, längere Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen, wird er den Bestandteilen "Markt" und "Bad" keine identifizierende Wirkung beimessen und diese weglassen. Denn bei der Bezeichnung "Markt", welche eine Gemeinde, die eine Mittelstellung zwischen Dorf und Stadt einnimmt, bezeichnet, handelt es sich lediglich um ein quantitatives Element, welches nur auf eine bestimmte Einwohnerzahl schließen läßt. Daß dieses nicht unterscheidungskräftig ist, davon geht auch die Klägerin aus. Dasselbe gilt aber auch für den Bestandteil "Bad". Dies ergibt sich zum einen daraus, daß dieser Zusatz nach § l Abs. 2 Satz 2 BayNHGV und der von der Klägerin dazu vorgelegten Kommentierung (B1.49 GA) ebenso wie der Zusatz "Markt" nicht ohne weiteres als Namensbestandteil gilt, selbst wenn die Gemeinde zu deren Führen berechtigt ist. Zum anderen handelt es sich lediglich um einen Hinweis auf einen besonders erholsamen Ort. Wie sich an dem Beispiel der Stadt "Aachen" zeigt, neigt der Verkehr aber dazu, diesen quantitativen Zusatz wegzulassen.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 16.01.2002
Az: 2a O 172/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a00c4eab3e5f/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_16-Januar-2002_Az_2a-O-172-01




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