Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Februar 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 176/06

(BPatG: Beschluss v. 05.02.2009, Az.: 30 W (pat) 176/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke

"INFOSYS"

für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42

"Computerprogramme und Software, nämlich Datenbanksysteme und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanksystemen, insbesondere Booking-Engines zum Buchen/Reservieren von Reisen, Hotelzimmern, Flugverbindungen und anderen Personentransporten; Hardware im Bereich der Medienund Datentechnik für Datenbanksysteme und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanksystemen, insbesondere für Booking-Engines zum Buchen/Reservieren von Reisen, Hotelzimmern, Flugverbindungen und anderen Personentransporten; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware, nämlich Entwurf und Entwicklung von Datenbanksystemen und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanksystemen, insbesondere von Booking-Engines zum Buchen/Reservieren von Reisen, Hotelzimmern, Flugverbindungen und anderen Personentransporten; Entwurf und Entwicklung von Hardware im Bereich der Medienund Datentechnik für Datenbanksysteme und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanksystemen, insbesondere für Booking-Engines zum Buchen/Reservieren von Reisen, Hotelzimmern, Flugverbindungen und anderen Personentransporten; Bereitstellen von Datenbanksystemen und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanksystemen nebst hierzu erforderlicher Hardware aus dem Bereich Medienund Datentechnik, insbesondere das Bereitstellen von Booking-Engines zum Buchen/Reservieren von Reisen, Hotelzimmern, Flugverbindungen und anderen Personentransporten in elektronischen Medien, insbesondere im Internet".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts (DPMA) hat die Anmeldung durch Beschluss einer Prüferin des höheren Dienstes nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen mit der Begründung, als beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei die Marke freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Die hiesigen Verkehrskreise verstünden die Wortbestandteile "Info" und "Sys" ohne weiteres als Gesamtbegriff in der Bedeutung von "Informationssystem", der im Bereich der Datenverarbeitung als Fachbegriff eingeführt sei. Wegen des im Vordergrund stehenden Sinngehaltes werde der Verkehr dem Markenwort keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen, auch wenn es bisher nicht verwendet worden sein sollte. Als ohne weiteres erkennbare Abkürzung des Fachbegriffs unterliege die angemeldete Marke auch einem Freihaltungsbedürfnis für die beanspruchten Waren und DL, die sämtlich in Zusammenhang eines Informationssystem stehen könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Wertung der Markenstelle beruhe auf einer unzulässigen zergliedernden Betrachtungsweise und berücksichtige nicht die ungewöhnliche Wortbildung, die deshalb die Anforderungen an die Unterscheidungskraft erfülle. Selbst die Einzelbestandteile seien mehrdeutig, zumal sich "sys" als Abkürzung für "System" nicht im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt habe. Auch für das Gesamtwort existierten unterschiedliche Begriffbestimmungen. Auch das in der Informatik herrschende Verständnis des Begriffes sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend, da diese kein Informationssystem darstellten, sondern nur Bestandteile.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 20.9.2006 aufzuheben und die Wortmarke wie angemeldet einzutragen.

Der Senat hat der Anmelderin vor Beschlussfassung Internet-Fundstellen mit dem Markenwort mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt, wovon die Anmelderin jedoch keinen Gebrauch gemacht hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die konkrete Eignung einer Marke, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis für die von ihr erfassten Waren und/oder Dienstleistungen aufgefasst zu werden (st. Rspr., BGH, GRUR 2008, 710 -Visage). Nur wenn eine Marke diese Herkunftsfunktion erfüllen kann, ist es gerechtfertigt, sie durch die Eintragung ins Register der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen und zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, Rdn. 48 -52 -Arsenal FC). Die Feststellungen zur Unterscheidungskraft sind dabei im Hinblick auf die konkret angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen zu treffen, wobei nach dem Verbraucherleitbild des EuGH auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren/ Dienstleistungen abzustellen ist, der mit den Gepflogenheiten auf dem einschlägigen Wirtschaftssektor vertraut ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, Rdn. 24 -SAT.2).

Die erforderliche Unterscheidungskraft ist insbesondere solchen Marken abzusprechen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachaussage zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 ff., Rdn. 86 -Postkantoor; BGH GRUR 2006, 850 ff., Rdn. 19 -FUSSBALL WM 2006). Hierbei ist es grundsätzlich irrelevant, ob es sich bei einer angemeldeten Wortmarke um eine sprachliche Neuschöpfung handelt oder ob ihre Verwendung bereits nachweisbar ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 ff., Rdn. 19 -BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 418 f. -BerlinCard, BPatG 26 W (pat) 175/01 -Travel Point, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 89). Auch der vorliegenden Marke werden die angesprochenen Verkehrskreise lediglich eine Sachaussage zuordnen; denn sie besteht aus dem Begriffspaar von "INFO" und "SYS", was der Verkehr gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgrund ihres ohne weiteres erkennbaren Sinngehaltes lediglich als Hinweis auf ein Informationssystem auffassen wird, auch wenn sie zusammengeschrieben sind.

Der Anfangsbestandteil ist aufgrund seiner in der deutschen Umgangssprache massenhaft verwendeten Form als Abkürzung für "Information" ohne weiteres erkennbar. Dies gilt im Ergebnis auch für den zweiten Bestandteil "Sys", selbst wenn dieser als Abkürzung für "System" in der Alltagssprache nicht so geläufig sein mag. Allerdings lässt er sich lexikalisch ohne weiteres nachweisen und liegt, wie die Markenstelle zu Recht unter Hinweis auf Fundstellen in der Rechtsprechung ausgeführt hat, gerade im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen sehr nahe. Zudem hat der Senat der Anmelderin eine Reihe von Internet-Fundstellen übersandt, in denen die Marke insgesamt als beschreibender Hinweis auf "Informationssystem" verwendet ist und mitunter gleichsam als saloppe Abkürzung mit diesem Begriff gleichgesetzt wird. So wird unter anderem geworben mit der Überschrift "Herzlich willkommen bei City-InfoSYS, dem Informationssystem Ihrer Stadt im Internet" und mit der Schlusszeile "wir wünschen Ihnen künftig viel Spaß und gute Suchergebnisse mit City-InfoSYS -Ihrem Stadtinformationssystem" (vgl. http://www.evoxx.de/). An anderer Stelle heißt es unter der Überschrift "InfoSys und Elektronisches Telefonbuch":"In diesem Lernprogramm stellen wir Ihnen das InfoSys (Informationssystem der Bremischen Verwaltung) vor" (vgl. http://www.afz.bremen.de/detail.php). Auf einer Seite der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven findet man unter dem Thema und gleichlautenden Betreff "Infosys FB Wirtschaft" die Zuschrift: "Hallo an das ASTA-Team, da hier in letzter Zeit viel über ein Infosystem für den FB Wirtschaft diskutiert wurde, ..." (vgl. http://forum.fhoow.de/viewtopic.php). Schließlich wird unter der ISBN-Nr. 978-3-7741-0779-3 ein "Benutzerhandbuch InfoSys Gefahrstoffe" angeboten (vgl. http://www.govi.de/xtcommerce/product_info.php).

Wenn die Anmelderin einwendet, dass ihr Markenwort aus sich heraus nicht verständlich oder mehrdeutig sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Marke stets im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu würdigen und ihr die Eintragung zu versagen ist, wenn sie hierbei in einer ihrer möglichen Bedeutungen beschreibend ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 -biomild). Im vorliegenden Fall werden die angesprochenen Verkehrskreise dem Markenwort aufgrund seines sehr allgemeinen Begriffsgehalts lediglich entnehmen, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Informationssystem stehen oder erbracht werden. Der Markentext erschöpft sich somit ausschließlich in einer Bezeichnung, die in werbeüblicher Weise Sachangaben auf die Waren und Dienstleistungen enthalten. Damit kann der Marke aber nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zugesprochen werden. Dies gilt insbesondere für die Fachkreise der IT-Branche, die als entscheidungserheblicher Verkehrskreis heranzuziehen sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 83, 88).

Ob der Marke darüber hinaus auch das Eintragungshindernis einer unmittelbar beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, lässt der Senat dahingestellt, obwohl das Markenwort angesichts seines breit verwendbaren Sinngehaltes jedenfalls für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend einsetzbar erscheint.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Dr. Vogel von Falckenstein Viereck Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.02.2009
Az: 30 W (pat) 176/06


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