Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Oktober 2002
Aktenzeichen: 17 W 236/02

(OLG Köln: Beschluss v. 09.10.2002, Az.: 17 W 236/02)

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Beschwerde ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RpflG statthaft und begegnet auch im übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat es zutreffend abgelehnt, die von den Beteiligten zu 1) als Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) vorgelegten Gerichtskosten im Betrage von (192,50 DM =) 98,42 EUR in die Festsetzung der den Beteiligten zu 1) gebührenden gesetzlichen Vergütung einzubeziehen. Der Senat hat von jeher die Auffassung vertreten und hält auch nach erneuter Prüfung daran fest, dass die Gerichtskosten, die der Rechtsanwalt für seine Partei verauslagt hat, einer Festsetzung im Verfahren nach § 19 BRAGO unzugänglich sind. Wegen der hierfür maßgebenden Erwägungen wird auf den in Rpfl. 1992, 462 veröffentlichen Beschluss vom 24. Mai 1993 - 17 W 322/92 - Bezug genommen, in welchem der Senat seinen Rechtsstandpunkt erneut eingehend begründet und sich mit der u. a. vom Landgericht Köln in ständiger Rechtsprechung vertretenden Gegenmeinung (vgl. nur Anwaltsblatt 1997, 46), auf die sich die Beschwerde stützt, im einzelnen auseinandergesetzt hat. Das Verfahren nach § 19 BRAGO ist auf die Festsetzung der gesetzlichen Vergütung beschränkt, die dem Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten, Beistand, Unterbevollmächtigten oder Verkehrsanwalt zusteht. Die gesetzliche Vergütung umfasst jedoch nach § 1 Abs. 1 BRAGO ausschließlich die in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorgesehenen und geregelten Gebühren und Auslagen. Der festsetzbaren gesetzlichen Vergütung sind demnach lediglich die in den §§ 25 Abs. 3, 26 -28 BRAGO bezeichneten Auslagenersatzansprüche zuzurechnen. Die Gegenansicht, die über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch Aufwendungen anderer Art, die der Anwalt auf Bitten oder in mutmaßlichen Einverständnis seines Auftraggebers macht, als Bestandteil der gesetzlichen Vergütung für festsetzbar hält (aus neuerer Zeit z. B. OLG Nürnberg, Anwaltsblatt 1994, 423; OLG Köln - 25. Zivilsenat - Jurbüro 1991, 1036), erweitert den Anwendungsbereich des vereinfachten Festsetzungsverfahrens mit Erwägungen, die in der gesetzlichen Regelung keine Stütze finden und keine Handhabe bieten, den Begriff der gesetzlichen Vergütung in § 19 Abs. 1 BRAGO anders zu verstehen als er in § 1 Abs. 1 BRAGO definiert ist. Zu den Auslagen des Anwalts, die nach den Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zu bemessen sind, aber gehören vorgelegte Gerichtskosten fraglos nicht. Weder der Umstand, dass die Auslagenregelung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte keine Beschränkung eines weitergehenden materiellrechtlichen Aufwendungsersatzes darstellt, noch die Erwägung, dass auch die spezialgesetzlich geregelten Auslagen des Anwalts unter den Begriff der materiellrechtlich zu erstattenden Aufwendungen im Sinne der §§ 675, 670 BGB fallen und sich hinsichtlich ihres Anspruchsgrundes insoweit nicht von den vom Rechtsanwalt für seinen Mandanten verauslagten Gerichtskosten unterscheiden, hilft über die gesetzliche Begrenzung des vereinfachten Festsetzungsverfahren hinweg. Nur solche Teile der auf dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag beruhenden Vergütung, die sich aus dem Anwaltsgebührenrecht herleiten lassen, können der gesetzlichen Vergütung im Sinne der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zugerechnet werden. Inwiefern für den materiellrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch, soweit er anwaltlich verauslagte Gerichtskosten zum Gegenstand hat, etwas anderes gelten soll, zeigt die von der Beschwerde vertretene Gegenmeinung weder überzeugend noch gar zwingend auf. Der Hinweis von Lappe in seiner Anmerkung zum Senatsbeschluss vom 20. Mai 1985 - 17 W 185/85 -, Kostenrechtsprechung § 19 BRAGO Nr. 83 (nur Leitsatz), dass § 154 Abs. 2 KostO dem Notar ausdrücklich gestatte, etwa vorgelegte Gerichtskosten in seine Kostenberechnung aufzunehmen und sich zu ihr auch insoweit die Vollstreckungsklausel zu erteilen, gibt für eine erweiternde Auslegung des § 19 BRAGO nichts her. Das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung im Anwaltsgebührenrecht spricht im Gegenteil eher für die vom Senat vertretene begriffliche Auffassung. Prozessökonomische Erwägungen können zwar ausnahmsweise zur Berücksichtigung unstreitiger materiellrechtlicher Tatsachen in einem nicht zu ihrer Überprüfung bestimmten Festsetzungsverfahren führen. Über das Fehlen einer gesetzlichen Festsetzungsgrundlage helfen solche Gesichtspunkte jedoch nach der vom Senat auch sonst (z. B. zur Frage der Zulässigkeit einer Rückfestsetzung, vgl. Jurbüro 1988, 494) vertretenen Auffassung nicht hinweg. Für eine Festsetzung der vom Anwalt für seine Partei vorgelegten Gerichtskosten ist mithin kein Raum (wie hier z. B. OLG Hamm, NJW - RR 1996, 763; OLG Karlsruhe, Rechtspfleger 1996, 83; OLG Koblenz MDR 1995, 104; OLG Karlsruhe, Rechtspfleger 1994, 341; KG, MDR 1993, 483; OLG Frankfurt (4. Zivilsenat), Jurbüro 1989, 1545; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Aufl., § 19 Rn. 16 m. w. N.; Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 19 BRAGO, Rn. 6).

Da die Frage, ob die von dem zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt für seine Partei verauslagten Gerichtskosten einer Festsetzung im Verfahren nach § 19 BRAGO zugänglich sind, in der Rechtsprechung nach wie vor umstritten ist (vgl. nur Gerold/Schmidt/von Eicken, a. a. O. und die dortigen Nachweise aus der Rechtsprechung), hat der Senat gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung geboten erscheint.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert des Beschwerdeverfahren: 98,42 EUR.






OLG Köln:
Beschluss v. 09.10.2002
Az: 17 W 236/02


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