Bundespatentgericht:
Urteil vom 14. Januar 2003
Aktenzeichen: 1 Ni 17/01

(BPatG: Urteil v. 14.01.2003, Az.: 1 Ni 17/01)

Tenor

I. Das deutsche Patent 198 03 899 wird für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 198 03 899 (Streitpatent), das am 2. Februar 1998 angemeldet worden ist und ein Verfahren zum Abbremsen von Rolltreppen bzw Rollsteigen sowie eine Bremseinrichtung für Rolltreppen bzw Rollsteige betrifft. Das Streitpatent umfaßt vier Patentansprüche, die folgenden Wortlaut haben:

1.

Verfahren zum lastunabhängigen Abbremsen des Stufenbzw. Palettenbandes einer Rolltreppe bzw. eines Rollsteiges, indem beim Ansprechen mindestens eines Sicherheitselementes mindestens ein mit dem Antriebsmotor (4) zusammenwirkender Frequenzumformer (6) angesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, daß einezeitabhängige Bremsrampe (3) aktiviert wird, über welche die Geschwindigkeit (v) des Stufenbzw. Palettenbandes im wesentlichen mit gleichbleibender Verzögerung bis auf den Wert 0 m/s gebracht wird, und daß etwa im Zeitpunkt (t1) des Stillstandes des Stufenbzw. Palettenbandes eine Stillstandsbremse (9) aktiviert wird, wobei bei Abweichungen von der Sollkurve der Bremsrampe (3) die Stillstandsbremse (9) unter Einhaltung des maximalen Bremsweges (b) des Stufenbzw. Palettenbandes unverzüglich aktiviert wird, und daß die Auswertung mittels eines im Bereich der Steuerung (5) der Rolltreppe bzw. des Rollsteiges vorgesehenen Mikroprozessors erfolgt.

2.

Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Frequenzumformer (6) als Betriebsbremse und die Stillstandsbremse (9) als Sicherheitseinrichtung bei Störungen im Bereich des Frequenzumformers (6) und/oder der Steuerung (5) vorgesehen werden.

3.

Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß bei Fehlinformationen sowohl im Bereich des Frequenzumformers (6) als auch im Bereich der Steuerung (5) bei einer vorgebbaren Überwachungszeit die Stillstandsbremse einfällt und der Frequenzumformer (6) vom Antriebsmotor (4) getrennt wird.

4.

Bremseinrichtung für das Stufenbzw. Palettenband einer Rolltreppe bzw. eines Rollsteiges, mit einer Betriebsbremse (6) und einer Stillstandsbremse (9), gekennzeichnet durch die Kombination folgender Merkmale:

-die Betriebsbremse (6) ist durch mindestens einen mit dem Antriebsmotor (4) in Wirkverbindung stehenden Frequenzumformer (6) gebildet,

-die Stillstandsbremse (9) ist eine mit Bauteilen des Antriebsmotors (4) in Wirkverbindung bringbare elektromechanische Bremse, insbesondere eine Backenbremse -zusätzliche Sicherheitselemente (19, 20) zur Überwachung von Fehlern im Bereich des Frequenzumformers (6) und/oder der mit diesem in Wirkverbindung stehenden Steuerung (5), die durch Abschaltelemente und/oder mechanische und/oder elektrische Zeitglieder gebildet sind.

Die Klägerin macht geltend, daß die durch das Streitpatent unter Schutz gestellten Gegenstände nicht patentfähig seien. Hierzu beruft sie sich auf folgende Druckschriften:

DE 35 09 207 A1 (Anlage K3);

Al-Sharif, Das Anhalten/Abbremsen von Fahrtreppen und die Gefahr eines Sturzes der Benutzer, in: LIFT-REPORT 1996, S. 34-40 (Anlage K4);

Deutsche Fassung der Europäischen Norm EN 115/1995: Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Fahrtreppen und Fahrsteigen (Anlage K6);

Fahrtreppen Normausschreibung 1996 des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 32, S. 1-3, 25, 27-29, 32-34 (Anlage K8).

Des weiteren behauptet die Klägerin, daß die Lehre des Streitpatents sowohl auf dem Flughafen Zürich/Kloten (vgl Anlage K5) als auch in der Metro der Stadt Marseille offenkundig vorbenutzt worden sei.

Die Klägerin beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise für den Fall, daß Patentanspruch 4 keinen Bestand hat, verteidigt sie das Streitpatent mit der Maßgabe, daß dieser Anspruch die Fassung gemäß Anspruch 3 des mit Schriftsatz vom 13. Januar 2003 eingereichten Hilfsantrags erhält.

Sie hält die Lehre des Streitpatents für patentfähig und tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst hierzu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die durch das Streitpatent geschützten Gegenstände sind nicht patentfähig (§ 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 PatG).

I 1.

Nach den Angaben in der Streitpatentschrift wurden vor dem Anmeldetag des Streitpatents die Bremsen des Stufenbzw Palettenbandes einer Rolltreppe bzw eines Rollsteiges im wesentlichen als mechanische oder elektromechanisch betätigbare Bremsen, insbesondere als Backenbremsen ausgeführt. Bei den bekannten Vorrichtungen werde üblicherweise die Schwungmasse am Motor gleichzeitig als Bremstrommel verwendet. Die Schwungmasse sei bei Rolltreppen im Hinblick auf die Belastung durch die Personenzahl und bei Rollsteigen nach deren Länge und der darauf befindlichen Personenlast auszulegen.

Als nachteilig sieht das Streitpatent bei solchen Bremsen an, daß der Bremsweg lastabhängig sei und daß sie zum Teil - etwa bei überlangen Rollsteigen - sehr große Schwungmassen erforderten. Darüber hinaus unterlägen die Bremsbeläge einem relativ hohen Verschleiß, was aus Sicherheitsgründen eine kontinuierliche Nachstellung der mechanischen Bremsen erforderlich mache (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z 7-44).

2.

Hieraus wird die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe abgeleitet, zur Erhöhung der Sicherheit und zur Einhaltung der in den einschlägigen Normen geforderten Bremswege (abwärts und aufwärts) sowie zur Reduzierung des mechanischen Aufwands (Schwungmassen) einerseits ein andersartiges Bremsverfahren und zum anderen eine vom Stand der Technik abweichende Bremseinrichtung zu konzipieren, die nicht mehr lastabhängig und weitgehend verschleißfrei sein soll (aaO Sp 2 Z 12-19).

Als Lösung schlägt das Streitpatent das Verfahren nach Patentanspruch 1 und eine Bremsvorrichtung nach Patentanspruch 4 vor.

II 1. Patentanspruch 1 läßt sich im Anschluß an die klägerische Merkmalsanalyse (Anlage K2) wie folgt aufgliedern:

1 Verfahren zum lastunabhängigen Abbremsen des Stufenbandes bzw Palettenbandes einer Rolltreppe bzw eines Rollsteiges, 1.1 indem beim Ansprechen mindestens eines Sicherheitselementes mindestens ein mit dem Antriebsmotor (4) zusammenwirkender Frequenzumformer (6) angesteuert wird;

-Oberbegriff -

1.2 eine zeitabhängige Bremsrampe (3) wird aktiviert, über welche die Geschwindigkeit (v) des Stufenbandes bzw Palettenbandes im wesentlichen mit gleichbleibender Verzögerung bis auf den Wert 0 m/s gebracht wird;

1.3 etwa im Zeitpunkt (t1) des Stillstandes des Stufenbandes bzw Palettenbandes wird eine Stillstandsbremse (9) aktiviert;

1.4 bei Abweichungen von der Sollkurve der Bremsrampe (3) wird die Stillstandsbremse (9) unter Einhaltung des maximalen Bremsweges (b) des Stufenbandes bzw Palettenbandes unverzüglich aktiviert und 1.5 die Auswertung erfolgt mittels eines im Bereich der Steuerung (5) der Rolltreppe bzw des Rollsteiges vorgesehenen Mikroprozessors.

-Kennzeichen -

2. Das Verfahren ist gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik gemäß Anlagen K3 und K4 neu. Von dem in der Entgegenhaltung K3 beschriebenen Verfahren unterscheidet es sich zumindest durch die Merkmalsgruppe 1.1, denn dort ist kein Frequenzumformer vorgesehen, der angesteuert werden könnte. Auch die Schrift gemäß Anlage K4 nimmt die Lehre des Patentanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg. Nach Merkmal 1.2 des Patentanspruchs 1 ist die Geschwindigkeit des Stufenbzw Palettenbandes mit im wesentlichen gleichbleibender Verzögerung auf den Wert 0 m/s zu bringen. Dieser Vorgang wird in Figur 1 des Streitpatents idealisiert veranschaulicht. Demnach setzt im Zeitpunkt t0 der Bremsvorgang ein, der sodann mit gleichbleibender Verzögerung bis zum Stillstandspunkt t1 abläuft, was in dem linearen Verlauf der Kurve (Bremsrampe) (3) zum Ausdruck kommt. Bei einem solchen Bremsverfahren treten in den Zeitpunkten t0 und t1 zwangsläufig relativ hohe Stoßwerte - das sind Werte für Beschleunigungsänderungen über der Zeit - auf. Auch im praktischen Betrieb sollen diese Stoßwerte nach der Lehre des Streitpatents nicht wesentlich reduziert werden, denn das Merkmal 1.2 des Patentanspruchs 1 verlangt eine "im wesentlichen" gleichbleibende Verzögerung, also einen im wesentlichen linearen Verlauf der Bremsrampe (3). Demgegenüber will das in der Schrift K4 vorgeschlagene Verfahren ein "stoßfreies Anhalten (ohne Sturzrisiko für die Benutzer)" erreichen (K4, S 40 li Sp, 1. Abs aE iVm S 35 mi Sp Z 13 ff). Dem entspräche in Figur 1 des Streitpatents ein im wesentlichen umgekehrt S-förmiger Verlauf der Bremsrampe (3) mit einem gerundeten Übergang von der Normalgeschwindigkeit in den Verzögerungsbereich bei t0 und einem gerundeten Auslaufen des Verzögerungsbereichs bis zum Stillstand bei t1.

Ob die Lehre des Patentanspruchs 1 auch im übrigen - insbesondere gegenüber den von der Klägerin behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen - neu ist, kann dahinstehen. Denn die Lehre des Anspruchs beruht jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

3. Nächstkommender druckschriftlicher Stand der Technik ist die deutsche Offenlegungsschrift 35 09 207 gemäß Anlage K3.

Diese Schrift offenbart nach dem Oberbegriff ihres Anspruchs 1 und den Ausführungen auf S 3, 2. Abs der Beschreibung ein Verfahren zum Abbremsen einer Rolltreppe bzw des Stufenbzw Palettenbandes einer Rolltreppe, das lastunabhängig ist. Dies entspricht Merkmal 1 des Anspruchs 1 des Streitpatents. Nach Anspruch 3 der Entgegenhaltung K3 wird der Abbremsvorgang so durchgeführt, dass die Geschwindigkeit der Rolltreppe in bezug auf die Zeit gleichförmig verlangsamt wird (vgl auch K3, S 4, 5. Abs). In der Sprache des Streitpatents (vgl Streitpatentschrift Sp 4 Z 5-11) entspricht dies der Aktivierung einer zeitabhängigen Bremsrampe, über welche die Geschwindigkeit des Stufenbzw Palettenbandes im wesentlichen mit gleichbleibender Verzögerung auf den Wert 0 m/s gebracht wird. Damit ist auch das Merkmal 1.2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents bei dem Verfahren nach der Entgegenhaltung K3 verwirklicht.

Gleiches gilt im Hinblick auf das Merkmal 1.3. Denn auch nach dem bekannten Verfahren wird etwa im Zeitpunkt des Stillstandes der Rolltreppe eine Stillstandsbremse (Blockierbremse) aktiviert (s K3, S 8, 3. Abs).

Schließlich weist das in der Entgegenhaltung K3 beschriebene Verfahren auch das Merkmal 1.4 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf, wonach bei Abweichungen von der Sollkurve der Bremsrampe die Stillstandsbremse unter Einhaltung des maximalen Bremsweges (b) des Stufenbzw Palettenbandes unverzüglich aktiviert wird: Auf Seite 4 der Entgegenhaltung K3 ist im letzten Absatz beschrieben, daß die Steuerelektronik der Thyristorschaltung in jeder Situation denjenigen Bremsstrom berechnet, der nötig ist, um eine gegebene Verlangsamung, welche in bezug auf die Zeit gleichförmig ist, zu erreichen. Hierzu wird der Bezugsgeschwindigkeitswert der Rolltreppe (= momentaner Sollwert der Geschwindigkeit, dh momentaner Geschwindigkeitswert auf der Sollkurve der Bremsrampe) mit dem tatsächlichen Geschwindigkeitswert verglichen. Dieser Vergleich wird durch eine Vergleichsschaltung durchgeführt. Das Ausgangssignal der Vergleichsschaltung wird nach Anspruch 5 der Entgegenhaltung an die Steuerung der mechanischen Bremse angelegt, die parallel zur elektrodynamischen Motorbremsung benutzbar ist. Nach der Beschreibung ist diese Anordnung in solchen Fällen vorteilhaft, in denen der zur Verfügung stehende Bremsstrom nicht in jeder Situation ausreicht, um die Rolltreppe in der gewünschten Weise abzubremsen (K3, S 5, 2. Abs), dh - wiederum in der Sprache des Streitpatents - wenn es zu Abweichungen von der Sollkurve der Bremsrampe kommt. Das streitpatentgemäße Verfahren unterscheidet sich von der Lehre der Entgegenhaltung K3 somit allein durch den Einsatz eines Frequenzumformers (Merkmal 1.1) und die Auswertung mittels eines Mikroprozessors (Merkmal 1.5). Es ist zu berücksichtigen, daß die Schrift K3 aus dem Jahr 1985 stammt. Am Anmeldetag des Streitpatents, also etwa 13 Jahre später, lag es für einen Fachmann - einen auf dem Gebiet der Entwicklung von Steuerungen und Sicherheitseinrichtungen von Fahrtreppenantrieben tätigen Diplom-Ingenieur (TU) der Fachrichtung Elektrotechnik - nahe, die genannten Bauelemente bei der Durchführung des in der Entgegenhaltung K3 beschriebenen Verfahrens einzusetzen.

Daß die Verwendung von Frequenzumformern zum Abbremsen von Rolltreppen am Anmeldetag des Streitpatents dem Fachmann geläufig war, ergibt sich zum einen aus der Schrift K4 (vgl S 40 iVm Abbildung 2). Auch die "Fahrtreppen-Normausschreibung 1996" der Stadt Wien gemäß Anlage K8 sieht auf S 27 unter Ziffer 13.3 den Einbau von Frequenzumrichtern zum gleichmäßigen Beschleunigen und Abbremsen von Fahrtreppen vor. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß Frequenzumformer den Herstellern von Rolltreppen schon seit etwa 1992/93 angeboten wurden. Auch die Beklagte hat dies eingeräumt. Des weiteren war der Einsatz von Mikroprozessoren für die Steuerung von Rolltreppen bekannt (vgl die "Normausschreibung" gemäß Anlage K8, S 25 Ziffer 12.4, 5. Abs).

Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner erfinderischen Tätigkeit, um diese bekannten Bauteile in die Steuerung einer Rolltreppe bzw eines Rollsteiges zu implementieren und sie zur Durchführung eines lastunabhängigen Abbremsens mit den Sicherheitseinrichtungen der Rolltreppe bzw des Rollsteiges gemäß den Merkmalen 1.1 und 1.5 zu verbinden. Diese Maßnahmen lagen vielmehr im Bereich fachmännischen Könnens.

Patentanspruch 1 kann nach alledem keinen Bestand haben.

4. Die Unteransprüche 2 und 3 weisen keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt auf. Die dort vorgesehenen Maßnahmen ergeben sich für den Fachmann bereits aus der Schrift K4, S 40 li Sp, 3. Abs, bis mittlere Sp, 1. Abs.

III 1. Der nebengeordnete Patentanspruch 4 läßt sich in folgende Merkmale aufgliedern:

4 Bremseinrichtung für das Stufenbzw Palettenband einer Rolltreppe bzw eines Rollsteiges mit einer Betriebsbremse (6) und einer Stillstandsbremse (9);

4.1 die Betriebsbremse (6) ist durch mindestens einen mit dem Antriebsmotor (4) in Wirkverbindung stehenden Frequenzumformer (6) gebildet;

4.2 die Stillstandsbremse (9) ist eine mit Bauteilen des Antriebsmotors (4) in Wirkverbindung bringbare elektromechanische Bremse, insbesondere eine Backenbremse;

4.3 es sind zusätzliche Sicherheitselemente (19, 20) zur Überwachung von Fehlern im Bereich des Frequenzumformers (6) und/oder der mit diesem in Wirkverbindung stehenden Steuerung (5) vorgesehen, die durch Abschaltelemente (7) und/oder mechanische und/oder elektrische Zeitglieder gebildet sind.

2. Auch die Bremseinrichtung nach Patentanspruch 4 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie ist vielmehr weitgehend aus dem Aufsatz gemäß Anlage K4 bekannt und ergibt sich im übrigen aus handwerklichen Maßnahmen. Der Aufsatz nach Anlage K4 beschreibt unter Ziffer 5.1 (S 39-40) eine Bremseinrichtung für das Stufenbzw Palettenband einer Rolltreppe bzw eines Rollsteiges, die über eine Betriebsbremse und eine Stillstandsbremse (Feststellbremse) verfügt (Merkmal 4). Sobald eine Sicherheitseinrichtung ausgelöst wird, wird dies von einer Steuereinheit erfasst, die einem Umrichter (Frequenzumformer) signalisiert, einen kontrollierten, stoßfreien Anhaltevorgang einzuleiten (K4, S 40 li Sp, 3. Abs iVm Abbildung 2). Die Betriebsbremse ist somit durch einen Frequenzumformer gebildet, der mit dem Antriebsmotor in Wirkverbindung steht (Merkmal 4.1). Des weiteren sind bei der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung K4 zusätzliche Sicherheitselemente in Form von elektrischen Zeitgliedern (Sicherheitszeitgebern) vorhanden, die im Falle von Fehlfunktionen des Frequenzumformers die Fahrtreppe abschalten (aaO S 40 li Sp, 3. Abs bis mittlere Sp, 1. Abs; Merkmal 4.3).

Nicht näher beschrieben ist in dem genannten Abschnitt des Aufsatzes K4 lediglich die Ausgestaltung der Stillstandsbremse. Die insoweit in Merkmal 4.2 gegebene Lehre, wonach die Stillstandsbremse eine mit Bauteilen des Antriebsmotors in Wirkverbindung bringbare elektromechanische Bremse, insbesondere eine Backenbremse sein soll, ergab sich jedoch für den Fachmann in naheliegender Weise. Denn schon in der Europäischen Norm EN 115 (Anlage K6) ist in Abschnitt 12.6.1 gerade (auch) für den Fall, daß die Betriebsbremse keine elektromechanische Bremse ist (also zB durch einen Frequenzumformer gebildet ist), angeordnet, daß Fahrtreppen und geneigte Fahrsteige mit einer unmittelbar auf den formschlüssigen Teil des Antriebssystems für die Stufen, Paletten oder den Gurt wirkenden Zusatzbremse ausgerüstet sein müssen. Die am Anmeldetag des Streitpatents geltenden Sicherheitsvorschriften forderten somit bei einer Bremsvorrichtung, wie sie in der Entgegenhaltung K4 beschrieben ist, gerade die Maßnahmen, die das Merkmal 4.2 des Patentanspruchs 4 vorsieht.

Auch der erteilte Patentanspruch 4 kann demnach keinen Bestand haben.

3. Auch in seiner hilfsweise verteidigten Fassung enthält der Patentanspruch 4 keine patentfähige Lehre. Mit dem hilfsweise verteidigten Patentanspruch 4 soll eine Bremseinrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach dem erteilten Patentanspruch 2 oder dem erteilten Patentanspruch 3 unter Schutz gestellt werden, die die gegenständlichen Merkmale des erteilten Patentanspruchs 4 aufweist.

Da die hilfsweise beanspruchte Bremseinrichtung gegenüber der Bremseinrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 4 keine zusätzlichen gegenständlichen Merkmale enthält, teilt sie das Schicksal des erteilten Anspruchs 4.

IV Das Streitpatent war nach alledem aufgrund des druckschriftliche Standes der Technik in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine weitere Aufklärung der von der Klägerin behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Dr. Landfermann Dr. Barton Dr. Frowein Ihsen Dr. Hacker Be






BPatG:
Urteil v. 14.01.2003
Az: 1 Ni 17/01


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