Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Februar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 355/02

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 21. August 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarkeacademia dentalist von der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts teilweise und zwar für die Dienstleistungen Erziehung; Ausbildung, insbesondere Fachausbildung sowie Unterricht für Mitarbeiter anderer Unternehmen in der Dentaltechnikwegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Marke in ihrem Gesamtverständnis in der Bedeutung "Dentalakademie" erschöpfe. Der Beschluss wurde den anwaltlichen Vertretern der Anmelderin am 23. August 2002 zugestellt. Die Beschwerde und die Beschwerdegebühr gingen jedoch erst am 24. September 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein. Gegen die Versäumung der Frist hat die Anmelderin Wiedereinsetzung mit der Begründung beantragt, dass die ausgebildete, zuverlässige und überwachte nichtanwaltliche Mitarbeiterin ausnahmsweise versehentlich den Auftrag zur Übermittlung der Beschwerde per Telefax auszuführen unterlassen habe.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig; der Anmelderin ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig. Er ist innerhalb zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses beantragt worden und enthält Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet, da die Anmelderin ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt gegenüber die Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr einzuhalten. Eine Sorgfaltspflicht ist weder der Anmelderin, noch ihrem Anwalt, dessen Verschulden gemäß §§ 82 Abs. 1 MarkenG, 51 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zu behandeln wäre, vorzuwerfen. Insbesondere liegt kein Organisationsverschulden vor. Es ist durch eidesstattliche Versicherung der nichtanwaltlichen Mitarbeiterinnen glaubhaft gemacht, dass die Frist zur Beschwerdeerhebung ordnungsgemäß notiert und die Beschwerdeeinlegung sowie der diesbezügliche Postausgangsvermerk überprüft wurde. Aus nicht mehr feststellbaren Gründen hat die ansonsten zuverlässige Mitarbeiterin den Beschwerdeschriftsatz entgegen der Anweisung des Anwalts nicht per Telefax, sondern mit normaler Post hinausgegeben. Hieraus ergibt sich kein Verschulden des Anwalts. Er durfte sich - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte - darauf verlassen, dass die ansonsten zuverlässige, ausgebildete und eingewiesene Mitarbeiterin sowie Anweisungen ausführt; weitere organisatorische Sicherungsmaßnahmen als die ordnungsgemäße Führung eines Fristenbuchs und dessen Kontrolle musste er nicht ergreifen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st Rspr; vgl BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Die von der Marke noch beanspruchten Dienstleistungen richten sich - im wesentlichen - an Mitarbeiter der Dentaltechnik. Diesen kann nach der Lebenserfahrung die Kenntnis gewisser Grundbegriffe der lateinischen Sprache unterstellt werden. Diejenigen, die die Marke nicht aus dem Lateinischen übersetzen können, werden in ihr ohnehin eine Phantasiebezeichnung sehen. Diejenigen, die so gute lateinische Sprachkenntnisse haben, dass sie die Marke ins Deutsche übersetzen können, werden erkennen, dass keine sprachregelgerechte lateinische Wortfolge vorliegt. Korrekte Ausdrücke wären etwa "akademia dentis" oder "akademia dentium". Nicht sprachregelgerechte Wortzusammensetzungen wird der angesprochene Verkehr jedoch eher als Kennzeichen, als eine im Vordergrund beschreibende Sachangabe ansehen.

b) Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können. Unter das Schutzhindernis fallen nur eindeutige Angaben (vgl BGH, BlPMZ 2001, 242, 243 - Test it), die bei nicht sprachregelgerecht gebildeten Wortzusammensetzungen nicht vorliegen.

Winkler Dr. Albrecht Sekretarukbr/Na






BPatG:
Beschluss v. 28.02.2003
Az: 32 W (pat) 355/02


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